Zusammenfassung
Hintergrund
Für viele (ältere) Menschen stellt es – insbesondere bei chronischer Erkrankung – eine Herausforderung dar, einen gesundheitsförderlichen Lebensstil aufrechtzuerhalten oder zu entwickeln. Wissen und Möglichkeiten, den eigenen Alltag entsprechend zu gestalten, sind sozial ungleich verteilt; Mobilitätseinbußen und fehlende Unterstützung sowie eine ausgedünnte Angebotsstruktur im ländlichen Raum stellen weitere Hemmnisse dar. Im Rahmen des modellhaften Aufbaus eines Gesundheitszentrums in einem ländlich geprägten Quartier wurde deshalb ein auf freiwilligem Engagement gestützter Ansatz der Gesundheitsbegleitung, bei dem Freiwillige (n = 10) als „Peers“ eingesetzt wurden, entwickelt und erprobt.
Ziel der Arbeit (Fragestellung)
In diesem Beitrag werden die theoretische Einbettung, die konzeptionellen Eckpunkte der Qualifizierung (partizipatives Lernen) und des Engagementprofils (zugehende Begleitungsform) sowie erzielte Wirkungen beschrieben. Anhand der Projekterfahrungen und ausgewählter Evaluationsergebnisse werden sowohl förderliche Faktoren als auch Herausforderungen benannt, die bei der Weiterentwicklung des Engagementprofils und dessen Implementierung in die Praxis zu berücksichtigen sind.
Material und Methoden
Für die Evaluation wurde ein „mixed-methods design“ zu 2 Messzeitpunkten angewendet. In die Erhebungen wurden 14 Begleitete einbezogen. Die qualitativen Daten wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring, die quantitativen Daten deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen, dass durch die ehrenamtliche Gesundheitsbegleitung (eGb) chronisch erkrankte (ältere) Menschen erreicht werden. Die zugehende Unterstützung hat positive Wirkungen auf die Begleiteten und führt zu konkreten Verhaltensänderungen.
Diskussion
Zur Weiterentwicklung, Verbreitung und Verstetigung der eGb sind verschiedene Herausforderungen anzugehen und Anpassungen nötig.
Abstract
Background
For many (older) people, especially those with chronic diseases, it is a challenge to maintain or develop a health-promoting lifestyle. Knowledge and possibilities of organizing one’s own everyday life accordingly are distributed in a socially unequal way; loss of mobility and lack of support and a diluted supply structure in rural areas are further obstacles. As part of the development of a model health center in a rural neighborhood, an approach to health support based on voluntary work was developed and tested, in which volunteers (n = 10) were appointed as peers.
Objective
This article describes the theoretical embedding, the conceptual framework of the training (participative learning) and the volunteering profile (outreach support) as well as the effects achieved. On the basis of project experiences and selected evaluation results both beneficial factors as well as challenges were identified. These have to be considered in the further development of the volunteering profile and its implementation in the practice.
Material and methods
For the evaluation a mixed methods design was applied at two measurement points. In the surveys 14 accompanied persons were included. The qualitative data were analyzed by qualitative content analysis according to Mayring and the quantitative data by descriptive statistics.
Results
The results show that chronically ill (older) people are reached by the voluntary health companion (eGb). The outreach support has positive effects on the receivers and leads to concrete changes in behavior.
Conclusion
For the further development, dissemination and consolidation of the eGb, various challenges need to be addressed and adjustments are necessary.
Change history
14 December 2020
Im „Fazit für die Praxis“ wurde ein überflüssiger Satz entfernt.
Notes
Die Angaben beziehen sich auf eine Sonderauswertung des Freiwilligensurvey (FWS) 2009 [31]. Der Engagementbereich Pflege wird im FWS nicht separat erfasst.
Siehe ausführlich dazu das Praxishandbuch [5], das kostenlos zum Download bereitsteht: https://www.gz-ludgerushof.de/.
Bezogen auf die 7 während der Projektlaufzeit beendeten Begleitungen.
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Förderung
Die Autorinnen bedanken sich bei den Freiwilligen, den Begleiteten und beim Praxispartner L‑i‑A e. V., die die Projektumsetzung ermöglicht und befördert haben. Das Projekt „Gesundheitszentrum Spork: Aufbau und Verstetigung eines wirtschaftlich tragfähigen, interdisziplinären und zivilgesellschaftlichen Wertschöpfungsnetzwerkes im Quartier“ (2017–2020) wurde durch die LeitmarktAgentur.NRW, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung in Nordrhein-Westfalen (EFRE-NRW) gefördert. Projektergebnisse sind in Form einer Handbuchreihe veröffentlicht: https://www.gz-ludgerushof.de/.
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Interessenkonflikt
B. Bertermann, S. Lechtenfeld, A. Kuhlmann und A. Ehlers geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Bertermann, B., Lechtenfeld, S., Kuhlmann, A. et al. Gesundheitsbegleitung. Z Gerontol Geriat 54, 3–12 (2021). https://doi.org/10.1007/s00391-020-01817-z
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