Die Ab-interno-Trabekulotomie mit dem Kahook-Messer (TO) gehört zu den neuen minimal-invasiven glaukomchirurgischen Verfahren (MIGS). Es handelt sich um ein kammerwinkelchirurgisches Verfahren, bei dem mit einem an beiden Seiten geschärften Mikromesser ein etwa 230 µm großes Stück des Trabekelmaschenwerks (TM) durch einen Ab-interno-Zugang herausgeschält wird [1, 2]. Es werden zwischen 3 und 5 Uhrzeiten des TM herausgeschnitten; Ziel ist eine Senkung des trabekulären Abflusswiderstandes [2, 3]. Schwere Komplikationen nach Trabekulektomie (TE) sind Hypotonie, Blutung und ggf. Endophthalmitis [4]. Diese sind nach TO deutlich seltener, da es sich um ein nicht filtrierendes Verfahren handelt [2, 5]. Vorangegangene Studien zeigen 60- bis 70 %ige Erfolgsraten dieser Technik bezogen auf eine Intraokulardruck(IOD)-Reduktion um 20 % nach 12 Monaten sowohl als isoliertes als auch als kombiniertes Verfahren mit einer Kataraktoperation (Cat-OP) [3, 5,6,7].

Mit dieser Studie haben wir die TO-Ergebnisse an 2 spezialisierten Zentren analysiert und die Erfolgsraten bei Patienten mit IOD > 21 mm Hg an 2 aufeinanderfolgenden Visiten ohne und mit kombinierter Cat-OP (Cat-TO) untersucht. Bei den eingeschlossenen Patienten hätten wir früher entsprechend den Empfehlungen der European Glaucoma Society Terminology guidelines and Guidelines for Glaucoma [8] die Indikation zur Trabekulektomie (TE) gestellt. Indikationen zur TE sind hier wie folgt genannt: 1) andere Therapieformen waren nicht erfolgreich (Meds, Laserbehandlung), 2) andere Therapieformen sind nicht möglich (Compliance oder Nebenwirkungen sind ein Problem), 3) ein Zieldruck ist notwendig, der nicht mit Meds oder Laserbehandlung erreicht werden kann, 4) Augen mit fortgeschrittener Glaukomerkrankung und hohem IOD, in denen andere Therapieformen nicht Erfolg versprechend sind [8]. Wir konzentrierten uns in dieser Studie auf therapieresistente Fälle mit IOD-Werten > 21 mm Hg.

Können wir mit der TO oder Cat-TO (Cat-9TO) also die TE hinauszögern oder gar verhindern?

Patienten und Methoden

Von 179 durchgeführten (Cat‑)TO zwischen 2019 und 2021 in der Klinik für Augenheilkunde der Uniklinik der RWTH Aachen und dem Augenzentrum am Annapark wurden alle Augen in diese Studie eingeschlossen, die Cat-TO oder TO bekommen haben und trotz maximal tolerierbarer Meds keine Drucksenkung < 21 mm Hg erreichten. Bei mehr als einem betroffenen Auge pro Patient wurde zufällig ein Auge ausgewählt. Es ergaben sich 37 Augen von 37 Patienten (primäres Offenwinkelglaukom [POWG] = 23, Pseudoexfoliationsglaukom [PEX] = 11, okuläre Hypertension [OHT] = 3), die in diese retrospektive Studie eingeschlossen wurden. Bei diesen Augen war trotz maximal tolerierbarer Meds keine Drucksenkung < 21 mm Hg möglich.

Zwei Patienten hatten eine Tropfunverträglichkeit und erhielten präoperativ keine Meds.

Bei 2 der mit OHT eingeschlossenen Patienten stand bereits eine Cat-OP an, sodass wir uns hier bei einem IOD von 23 mm Hg und 28 mm Hg für den kombinierten Eingriff entschieden. Der dritte mit OHT eingeschlossene Patienten hatte präoperative Augeninnendruckwerte bis 40 mm Hg. Da wir aus der OHT-Studie wissen, dass das Konversionsrisiko in ein Glaukom mit der Höhe des IODs steigt, entschieden wir uns hier zur TO [9].

In 18 phaken Augen wurde die TO mit einer Cat-OP kombiniert. Eine isolierte TO wurde in 19 pseudophaken Augen durchgeführt.

Die Patienten hatten milde bis fortgeschrittene Glaukomformen. Gesichtsfelddefekte wurden mit der statischen Computerperimetrie dokumentiert. Dabei wurde das Humphrey 24‑2 Swedish Interactive Thresholding Algorithm(SITA)-Programm (Carl Zeiss Meditec, Jena, Deutschland) verwendet. Die mittlere Defekttiefe (MD) war in der Cat-TO-Gruppe −7,2 ± 9,0 dB (−0,3 bis −23,6 dB) und in der TO-Gruppe −12,6 ± 10,0 dB (−1,9 bis −29,8 dB).

Alle Operationen wurden in einer standardisierten Technik zwischen Januar 2019 und Mai 2021 durchgeführt.

Meds, IOD und Komplikationen wurden 2, 6 und 12 Monate nach (Cat‑)TO analysiert. Absoluter Erfolg bedeutete, dass Patienten den Zieldruck (≤ 21 mm Hg, ≤ 18 mm Hg, ≤ 16 mm Hg) ohne Meds und relativer Erfolg unabhängig von Meds erreichten.

Als Versager galten Patienten, die bis zur 12-Monats-Visite einen weiteren glaukomchirurgischen Eingriff benötigten oder die an 2 aufeinanderfolgenden Visiten einen IOD > 21 mm Hg hatten. Diese wurden ab der ersten IOD-Messung > 21 mm Hg aus der Auswertung ausgeschlossen. Wir präsentieren zusätzlich in Tab. 1 die IOD- und Meds-Werte der Versager unter Einschluss der 2 Follow-ups mit IOD > 21 mm Hg, die zum Ausschluss führten, bzw. die Daten bis zum Zeitpunkt des weiteren glaukomchirurgischen Eingriffes.

Tab. 1 Intraokulardruck (IOD) und topische Glaukommedikamente (Meds) präoperativ (präop) und nach 2, 6 und 12 Monaten nach Kahook-Trabekulotomie mit kombinierter Kataraktoperation (Cat-TO) oder nach isolierter Kahook-Trabekulotomie (TO). Wir zeigen zusätzlich in Klammern die IOD- und Meds-Daten der Versager unter Einschluss der 2 Follow-ups mit IOD > 21 mm Hg, die zum Ausschluss führten, bzw. die Daten bis zum Zeitpunkt des weiteren glaukomchirurgischen Eingriffes

Die Ethikkommission an der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen genehmigte die Studie (EK410/20). Die Studie wurde in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Deklaration von Helsinki durchgeführt.

Chirurgische Technik

Die Cat-OPs wurden mittels Phakoemulsifikation (Phako) und Implantation einer faltbaren Acryllinse (CT Asphina 409 MP, Carl Zeiss Meditec, Jena, Deutschland) in den Kapselsack durchgeführt. Alle Kataraktoperationen verliefen komplikationslos.

Anschließend wurde Acetylcholinchlorid 1 % (Miochol‑E, Dr. Gerhard Mann, Berlin, Deutschland) in die Vorderkammer instilliert, um eine Pupillenkonstriktion zu erreichen. Zum Vertiefen des Kammerwinkels wurde ein kohäsives Viskoelastikum (Sodium Hyaluronate 1 %, Healon Pro, Johnson & Johnson, New Brunswick, NJ, USA) in den nasalen Kammerwinkel injiziert. Das doppelschneidige Kahook-Mikromesser (Kahook Dual Blade, New World Medical, Rancho, CA, USA) wurde durch eine temporale Parazentese eingeführt. Die Exzision des TM mit dem Kahook-Mikromesser startete an der nasalen 3/9-Uhr Position und wurde nach inferior und anschließend nach superior fortgesetzt. Die Spitze des Messers wurde vorsichtig in das TM eingeführt und wurde entlang des Schlemm-Kanals (SK) vorgeschoben. Die komplette TM-Exzision erfolgte über 5 Uhrzeiten. Im Falle eines großen mobilen TM-Streifens wurde eine 23-G-Pinzette (Geuder AG, Heidelberg, Deutschland) verwendet, um diesen über die temporale Parazentese zu entfernen. Nachdem das Viskoelastikum aus der Vorderkammer ausgespült wurde, wurde erneut Acetylcholinchlorid 1 % in die Vorderkammer injiziert, um die Pupille weiter zu verengen. Es erfolgte das Hydrieren der Parazentesen. Am Ende der Operation wurde der IOD auf einem leicht erhöhten Niveau belassen, ca. 20–25 mm Hg, um einen Blutreflux in die Vorderkammer zu verhindern.

Im Anschluss an die Operation wurden Patienten mit topischen Antibiotika (Ofloxacin 0,3 %, Floxal EDO, Dr. Gerhard Mann, Berlin, Deutschland) 5‑mal täglich für 1 Woche behandelt, um eine Infektion zu verhindern. Gegen eine Entzündungsreaktion erhielten die Patienten zusätzlich Prednisolonacetat 1 %-Augentropfen (Inflanefran forte, Allergan, Frankfurt am Main, Deutschland) alle 2 h für 1 Woche, gefolgt von 3‑mal täglich für 2 Wochen postoperativ, um eine Infektion und Entzündung zu vermeiden. Pilocarpin-Augentropfen (Pilomann 2 %, Dr. Gerhard Mann, Berlin, Deutschland) wurden 2‑mal täglich für 1 Woche appliziert. Die drucksenkende Medikation wurde zunächst postoperativ abgesetzt. Sofern der IOD nach (Cat‑)TO 1.malig > 21 mm Hg war, wurden die präoperativen Meds sukzessive wieder angesetzt.

Statistische Analyse

Alle Werte wurden als Mittelwerte ± Standardabweichung angegeben (Spanne: Minimum bis Maximum). Die statistische Analyse (Software Stat View for Windows, Version 5.0; SAS Institute Inc., http://www.sas.com, Cary, NC, USA) wurde durchgeführt unter Verwendung des gepaarten und ungepaarten t‑Tests. Vergleiche zwischen kategorialen Variablen wurden mit dem exakten Test nach Fisher durchgeführt. Entsprechend den Kolmogorov-Smirnov-Tests waren alle Parameter normal verteilt. Ein p-Wert von < 0,05 wurde als statistisch signifikant bewertet.

Ergebnisse

Eine Zusammenfassung der Patientencharakteristika ist Tab. 2 zu entnehmen.

Tab. 2 Charakteristika der Patienten, die bei intraokularen Druckwerten > 21 mm Hg unter maximaler Lokaltherapie eine Kahook-Trabekulotomie (TO) mit oder ohne Kataraktoperation (Cat-TO) erhielten

Bei allen Patienten konnten die Operationen (Cat-TO/TO) komplikationsfrei durchgeführt werden.

Cat-TO

Der mittlere IOD vor Cat-TO war 26,8 ± 5,9 mm Hg (23,0–48,0 mm Hg) unter 2,1 ± 1,3 (0 bis 4,0) Meds. Der mittlere IOD reduzierte sich signifikant von präoperativ zu 2 Monaten postoperativ (IOD 16,0 ± 2,9 mm Hg [10,0–19,0 mm Hg], p < 0,001). Meds wurden auf 1,3 ± 1,3 (0 bis 4,0) nach 2 Monaten postoperativ gesenkt (p = 0,11). IOD und Meds veränderten sich weder signifikant von 2 zu 6 (IOD 17,3 ± 2,0 mm Hg [12,0–20,0 mm Hg], p = 0,98; Meds 0,8 ± 1,1 [0 bis 3,0], p = 0,97) noch von 2 zu 12 Monaten postoperativ (IOD 18,3 ± 2,0 mm Hg [15,0–21,0 mm Hg], p = 0,20, Meds 0,9 ± 1,2 [0 bis 3,0], p = 0,84) (s. Abb. 1 und 2).

Abb. 1
figure 1

Liniendiagramm des Intraokulardruck(IOD)-Verlaufes zu verschiedenen Zeitpunkten nach Kahook-Trabekulotomie mit kombinierter Kataraktoperation (Cat-TO) und nach isolierter Kahook-Trabekulotomie (TO): präop präoperativ, 2 Mo 2 Monate postoperativ, 6 Mo 6 Monate postoperativ, 12 Mo 12 Monate postoperativ. Der mittlere IOD reduzierte sich signifikant von präop zu 2 Mo (p < 0,001) mit keinen weiteren signifikanten Veränderungen zu 6 und 12 Mo postop. Asterisk Markiert signifikante Veränderung (p < 0,05)

Abb. 2
figure 2

Liniendiagramm des Verlaufes der topischen Glaukommedikamente (Meds) zu verschiedenen Zeitpunkten nach Kahook-Trabekulotomie mit kombinierter Kataraktoperation (Cat-TO) und nach isolierter Kahook-Trabekulotomie (TO): präop präoperativ, 2 Mo 2 Monate postoperativ, 6 Mo 6 Monate postoperativ, 12 Mo 12 Monate postoperativ. Es zeigte sich keine signifikante Reduktion von präop zu den postop Visiten (Cat-TO: p = 0,07, TO: p = 0,23). Nach 6 und 12 Monaten war allerdings die Meds-Reduktion signifikant größer in der Cat-TO-Gruppe (p = 0,02)

Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der IOD- und Meds-Reduktion nach Einschluss der Therapieversager.

Die mittlere IOD-Reduktion von präoperativ zu 2 sowie 6 Monaten nach Cat-TO war 39,0 ± 0,1 % und von präoperativ zu 12 Monaten nach Cat-TO war 34,0 ± 0,1 %. Meds wurden von präoperativ zu 12 Monate nach Cat-TO um 0,6 ± 1,3 reduziert.

Eine 20 %ige IOD-Reduktion von präoperativ zu 12 Monaten nach Cat-TO wurde in 72 % (13/18) erreicht.

Zwei Monate nach Cat-TO waren absoluter und relativer Erfolg 33 % (6/18) und 89 % (16/18) für IOD ≤ 21 mm Hg, 22 % (4/18) und 67 % (12/18) für IOD ≤ 18 mm Hg sowie 11 % (2/18) und 44 % (8/18) für IOD ≤ 16 mm Hg. Die Erfolgsraten für die 6‑ und 12-Monats-Visite sind Tab. 1 zu entnehmen.

In der Cat-TO-Gruppe gab es 2 Versager: 1 Patient benötigte einen filtrierenden Eingriff (Preserflo: n = 1) nach 48 Tagen. Ein Patient hatte an 2 aufeinanderfolgenden Visiten einen IOD > 21 mm Hg. Nach Ansetzen der maximal drucksenkenden Lokaltherapie war der IOD bei der nächsten Visite nach 27 Tagen wieder < 21 mm Hg.

TO-Gruppe

Der mittlere IOD vor TO war 28,2 ± 5,6 mm Hg (22,0–37,0 mm Hg) unter 2,7 ± 1,1 (0 bis 4,0) Meds. Der mittlere IOD reduzierte sich signifikant von präoperativ zu 2 Monate postoperativ (IOD 16,3 ± 3,5 mm Hg [9,0–21,0 mm Hg], p < 0,001). Meds wurden auf 2,2 ± 1,3 (1,0 bis 4,0) nach 2 Monaten postoperativ gesenkt (p = 0,23). IOD und Meds veränderten sich weder signifikant von 2 zu 6 (IOD 16,9 ± 2,4 mm Hg [13,0–21,0 mm Hg], p = 0,59; Meds 2,4 ± 1,1 [1,0–4,0], p = 0,63) noch von 2 zu 12 Monate postoperativ (IOD 15,9 ± 3,7 mm Hg [7,0–21,0 mm Hg], p = 0,44; Meds 2,4 ± 1,1 [1,0 bis 4,0], p = 1,0) (s. Abb. 1 und 2).

Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der IOD- und Meds-Reduktion nach Einschluss der Therapieversager.

Die mittlere IOD-Reduktion von präoperativ zu 2 Monate nach TO war 39,0 ± 0,2 %, von präoperativ zu 6 Monate nach TO 35,0 ± 0,1 % sowie von präoperativ zu 12 Monate nach TO 38,0 ± 0,1 %.

Meds wurden um 0,3 ± 1,0 von präoperativ zu 12 Monaten nach TO reduziert.

Eine 20 %ige IOD-Reduktion von präoperativ zu 12 Monaten nach TO wurde in 58 % (11/19) erreicht.

Zwei Monate nach TO konnte bei keinem Patienten ohne Meds der IOD auf ≤ 21 mm Hg gesenkt werden. Der relative Erfolg war 63 % (12/19) für IOD ≤ 21 mm Hg, 47 % (9/19) für IOD ≤ 18 mm Hg sowie 26 % (5/19) für IOD ≤ 16 mm Hg. Die Erfolgsraten für die 6‑ und 12-Monats-Visite sind Tab. 1 zu entnehmen.

In der TO-Gruppe gab es 7 Versager: 5 Patienten bekamen einen filtrierenden Eingriff (XEN-Stent: n = 3, TE: n = 2) nach 143,0 ± 97,6 Tagen (83,0 bis 224,0 Tage). Zwei Patienten hatten an 2 aufeinanderfolgenden Visiten einen IOD > 21 mm Hg: Bei einem Patienten war die zweite Visite die 12-Monats-Visite, und es wurde ein Termin zur filtrierenden Operation vereinbart, zu welcher der Patient nicht erschien. Bei einem weiteren Patienten wurde die maximal drucksenkende Lokaltherapie angesetzt, und der IOD war bei der nächsten Visite nach 18 Tagen wieder < 21 mm Hg.

Cat-TO versus TO

Zu keinem postoperativen Zeitpunkt zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der IOD-Reduktion zwischen der Cat-TO- und der TO-Gruppe. Nach 6 und 12 Monaten war allerdings die Meds-Reduktion signifikant größer in der Cat-TO-Gruppe (p = 0,02).

Komplikationen

Es gab keine intraoperativen Komplikationen. Zwei Augen aus der TO-Gruppe und 2 Augen aus der Cat-TO-Gruppe zeigten postoperativ ein Hyphäma < 1 mm ohne Druckanstieg. Dieses resorbierte sich vollständig in allen Fällen innerhalb der ersten postoperativen Woche. Bei 2 Augen aus der Cat-TO-Gruppe wurde ein Irvine-Gass-Syndrom in den ersten 2 Monaten diagnostiziert. Nach 1‑maliger 40 mg parabulbärer Triamcinolonacetonid-Injektion (Volon® A40, Dermapharm, Grünwald, Deutschland) war dieses bei der 6‑Monats-Visite vollständig verschwunden.

Diskussion

In dieser Studie konnten wir zeigen, dass die TO bei Patienten mit einem IOD von > 21 mm Hg bei maximaler lokaler Drucksenkung zu einer IOD-Reduktion von 38 % von präoperativ zum 12-Monats-Intervall führte. In der Cat-TO-Gruppe war die IOD-Reduktion vergleichbar (p = 0,31).

Die Meds-Reduktion war von vor (Cat‑)TO zu den jeweiligen postoperativen Visiten nicht signifikant. Nach 6 und 12 Monaten war allerdings die Meds-Reduktion signifikant größer in der Cat-TO-Gruppe. Während des 12-monatigen Nachbeobachtungsintervalls zeigten sich keine Komplikationen bis auf 2 Augen mit Irvine-Gass-Syndrom. In der Cat-TO-Gruppe gab es 2 Versager, in der TO-Gruppe 7.

In den letzten Jahren haben zahlreiche Studien eine signifikante IOD-Reduktion bei Glaukompatienten nach (Cat‑)TO belegt [3, 5,6,7, 10,11,12], jedoch war in den meisten Studien der präoperative IOD ≤ 21 mm Hg. In der Literatur lassen sich sehr wenige Studien zu (Cat‑)TO mit Ausgangsdruckwerten > 25 mm Hg finden; so berichten Miller et al. [13] von 5‑Monats-Ergebnissen der (Cat‑)TO in 16 Augen mit uveitisassoziierter OHT. Der präoperative IOD war 28,1 ± 8,5 mm Hg unter maximal tolerierbaren Meds und wurde auf 17,4 ± 4,7 mm Hg zur letzten Visite gesenkt, sodass es sich bei einer IOD-Reduktion um 38 % um vergleichbare Werte zu unserer Studie handelt. Der Pathomechanismus des Sekundärglaukoms bei Uveitis und des POWGs unterscheiden sich jedoch.

Berdahl et al. präsentierten 6‑Monats-Daten von 53 Augen von Glaukompatienten nach TO mit signifikanter IOD-Senkung (p < 0,001) und unterteilten ihre Auswertung in 2 Subgruppen: Augen mit präoperativen IOD-Werten ≤ 23 mm Hg und Augen mit präoperativen IOD-Werten > 23 mm Hg. Augen mit höheren Ausgangsdruckwerten erreichten eine mittlere IOD-Reduktion von 13,7 mm Hg (46,5 %) nach 6 Monaten, und Augen mit niedrigeren Ausgangsdruckwerten erzielten eine IOD-Reduktion von 3,8 mm Hg (21 %) nach 6 Monaten [14]. Meds wurden nach 6 Monaten um 1,3 in Augen mit höheren Ausgangsdruckwerten reduziert und um 0,9 in Augen mit niedrigeren Ausgangsdruckwerten. Es zeigte sich eine signifikante IOD- und Meds-Reduktion in beiden Subgruppen mit deutlich größeren IOD- und vergleichbaren Meds-Reduktionen in der Subgruppe mit den höheren Ausgangsdruckwerten. Die größere IOD-Senkung in der Gruppe mit höherem Ausgangsdruckwert kann durch den Druckgradienten zwischen Vorderkammer und episkleralen Venen erklärt werden [15]. Da der episklerale Druck nahezu konstant bleibt [16], sind der Druckgradient und der Effekt der TO direkt abhängig vom Ausgangs-IOD.

Diese Studie bestätigt unsere Ergebnisse: Auch in Augen mit hohen Ausgangsdruckwerten (> 25 mm Hg) ist die (Cat‑)TO eine effektive, wenig invasive Therapiemöglichkeit. In unserer Studie war vor Cat-TO der IOD 27,6 ± 7,0 mm Hg und vor TO 28,2 ± 5,6 mm Hg. Entsprechend den Empfehlungen der European Glaucoma Society Terminology guidelines and Guidelines for Glaucoma [8] hätten wir früher bei diesen Patienten die Indikation zur TE gestellt. Wir konnten zeigen, dass 12 Monate nach Cat-TO bei der Mehrzahl der Patienten ein filtrierender Eingriff verhindert werden konnte. Allerdings wurde ein Zieldruck von ≤ 16 mm Hg trotz Meds nach 12 Monaten nur in 17 % (2/12) erreicht. Bei einem niedrigen Zieldruck (≤ 16 mm Hg) ist die Cat-TO als alleiniger Eingriff also nicht ausreichend, ist aber möglicherweise sinnvoll als Initialtherapie, insbesondere um eine kombinierte Kataraktoperation mit Filtrationschirurgie zu vermeiden. Nach isolierter TO war der relative Erfolg nach 12 Monaten 47 % (9/19) für IOD ≤ 18 mm Hg; der relative Erfolg für einen Zieldruck von ≤ 16 mm Hg wurde in 26 % (5/19) erreicht. Es konnte jedoch in keinem Fall eine Tropfenfreiheit erreicht werden. Im Falle einer Tropfunverträglichkeit und möglichst niedrigem Zieldruck (≤ 16 mm Hg) ist die alleinige TO entsprechend unseren Studienergebnissen nicht ausreichend.

Nichtsdestotrotz lag der relative Erfolg 12 Monate nach TO für ≤ 18 mm Hg bei 47 % und für Cat-TO bei 61 %, sodass man orientierend formulieren kann, dass bei bestehender Toleranz für augendrucksenkende Tropfen, in ca. der Hälfte der Fälle eine filtrierende Operation zunächst vermieden werden konnte.

Zu beachten ist der IOD-senkende Effekt der Cat-OP. Bei Glaukompatienten werden MIGS-Eingriffe häufig mit einer Cat-OP kombiniert [17,18,19]. Auch neueste Studien belegten eine signifikante IOD-Reduktion nach Cat-OP, und die IOD-Reduktion war proportional zum Level des präoperativen IOD [20,21,22,23,24,25,26]. Bhallil et al. zeigten eine mittlere IOD-Reduktion von 2,3 mm Hg in 273 gesunden Augen [27], Kim et al. berichteten von einer mittleren IOD-Reduktion von 2,9 mm Hg bei 31 POWG-Patienten [28]. In unserer Studie zeigte sich allerdings kein signifikanter Unterschied in der IOD-Reduktion zwischen der Cat-TO- und der TO-Gruppe. Die Meds-Reduktion war nach 6 und 12 Monaten signifikant größer in der Cat-TO-Gruppe verglichen mit der TO-Gruppe (p = 0,02), was auf einen besseren drucksenkenden Effekt hinweisen könnte.

Limitationen dieser Studie umfassen die Definition der Erfolgskriterien. Diese wurde über absolute Druckwerte (≤ 21, ≤ 18, ≤ 16 mm Hg) definiert und nicht kombiniert mit einem relativen Drucksenkungsziel (z. B. 20 % oder 30 %). Für größer angelegte Studien wird ein kombiniertes Zielkriterium angestrebt.

Weitere Limitationen dieser Studie bestehen in dem relativ kleinen Patientenkollektiv und dem retrospektiven Studiendesign. Allerdings handelt es sich um ein spezielles Patientenkollektiv mit hohen Ausgangsdruckwerten, und es gibt bisher keine vergleichbaren Publikationen mit einem 12-Monats-Nachbeobachtungszeitraum. Darüber hinaus hat diese Studie eine hohe Relevanz für die klinische Therapieplanung. Weitere Studien sind notwendig, um prognostische Faktoren für dieses Patientenkollektiv zu identifizieren.

Auch wenn diese Studie Hinweise darauf gibt, dass bei 28 der 37 eingeschlossenen Patienten für 12 Monate eine TE hinausgezögert werden konnte, sind für eine abschließende Begutachtung längerfristige Studien nötig. Berücksichtigt werden muss auch, dass bei der Cat-TO tendenziell der zu erreichende Druck höher als bei einer TE ist und es so zu einer im Vergleich doch schnelleren Progression kommen kann. Um dies zu beurteilen, müsste idealerweise eine randomisierte verblindete Studie mit Cat-TO vs. TE durchgeführt werden und die Progression mittels RNFL/BMO und Gesichtsfelduntersuchungen gemonitort werden. Nichtsdestotrotz könnte insbesondere für ältere Patienten mit leichtem bis mittlerem Schaden die Cat-TO auch eine längerfristige Option darstellen.

Fazit für die Praxis

  • Die minimal-invasive (Cat‑)TO kann ein sinnvoller erster Therapieschritt auch bei Patienten mit deutlich erhöhtem IOD sein.

  • Nach 12 Monaten zeigte sich bei phaken Patienten nach Cat-TO ein relativer Erfolg von 61 % und in pseudophaken Augen nach TO von 47 % für einen IOD < 18 mm Hg.

  • Bei bestehender Toleranz für augendrucksenkende Tropfen kann in ca. der Hälfte der Fälle eine filtrierende Operation zunächst vermieden werden.

  • Bei Tropfunverträglichkeit und Zieldruckwerten < 16 mm Hg ist die Therapie mittels (Cat‑)TO bzw. TO als alleinige Therapie häufig nicht ausreichend. Gerade bei noch phaken Patienten kann sie aber dennoch ein sinnvoller erster Schritt sein.