Das Basalzellkarzinom (BCC) gilt als der häufigste (semi)maligne Tumor der Regio orbitalis und nimmt daher eine besondere Stellung in der Ophthalmologie ein. In der Literatur variieren die Rezidivraten nach chirurgischer Exzision von 0–30 % und variieren je nach Art des BCC (primär oder rezidiviert), Dauer der Nachbeobachtung, Operationstechnik und der Art der histologischen Untersuchung.

Hintergrund

Jährlich erkranken ungefähr 100 pro 100.000 Einwohner an einem BCC bei weiterhin steigender Inzidenz [14]. In der Regio orbitalis macht das BCC > 90 % aller malignen Tumoren aus [26]. Die Diagnose eines BCC kann von erfahrenen Ärzten/Ärztinnen in der Regel bereits klinisch gestellt werden [16]. Gesichert wird die Diagnose jedoch erst durch eine histopathologische Untersuchung des exzidierten Gewebes. Der Goldstandard in der Therapie ist die histologisch kontrollierte Exzision des BCC im Gesunden (R0) [12, 19]. Da aber eine großflächige Exzision in der Regio orbitalis aufgrund funktioneller und ästhetischer Aspekte beschränkt ist, stellt eine sichere In-sano-Resektion hier oft eine besondere chirurgische Herausforderung dar [9]. Für die Therapie speziell von periokulären BCC liegen zum aktuellen Zeitpunkt jedoch keine konkreten Leitlinien vor.

Im Vergleich zu anderen Körperregionen besteht für BCC im Gesichtsbereich ein höheres Rezidivrisiko [16]. Innerhalb des Gesichts werden weitere Einteilungen in verschiedene Risikozonen vorgenommen, wobei speziell die Regio orbitalis als High-Risk-Zone (H-Zone) eingestuft wird [2]. Für die Rezidivprognose eines BCC spielt außerdem der histologisch nachgewiesene Subtyp eine wichtige Rolle. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) unterscheidet zwischen den folgenden Subtypen: nodulär, superfiziell, mikronodulär, infiltrativ, sklerodermiform/morpheaform, basosquamös (= metatypisch), fibroepithelial, keratotisch, BCC mit adnexaler Differenzierung und andere [16]. Dabei wird den infiltrativen, sklerodermiformen, basosquamösen und mikronodulären BCC ein erhöhtes Rezidivrisiko zugeschrieben (High-Risk-Subtypen). Demgegenüber sind beispielsweise der noduläre und der superfizielle Subtyp mit einem niedrigen Rezidivrisiko assoziiert (Low-Risk-Subtypen) [14]. Das Rezidivrisiko wird zudem davon beeinflusst, ob es sich um ein primäres BCC (pBCC) oder um ein bereits rezidiviertes BCC (rBCC) handelt, da Rezidive ein erhöhtes Risiko aufweisen, ihrerseits ein erneutes Rezidiv auszubilden [15]. Da das BCC nur äußerst selten metastasiert, handelt es sich bei einem BCC-Rezidiv in der Regel um ein Lokalrezidiv. Bisher existiert keine eindeutige Definition für ein Lokalrezidiv [24].

Ziel dieser retrospektiven Studie war es, die Rezidivraten und den rezidivfreien Verlauf (RFV) von pBCC gegenüber rBCC zu eruieren. Weiterhin sollte die Abhängigkeit der Rezidivraten von der BCC-Lokalisation innerhalb der Regio orbitalis und zusätzlich von dem histologischen Subtyp untersucht werden.

Patienten und Methoden

Studienaufbau

In unserer retrospektiven konsekutiven Studie wurden 270 periokuläre BCC von 243 Patienten/Patientinnen (Alter 73 ± 11,5 Jahre) erfasst, die im Zeitraum von 2009 bis 2020 an der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums des Saarlandes operiert wurden. Eingeschlossen wurden alle histopathologisch gesicherten BCC mit mindestens einem Nachsorgebefund. Das Studienkollektiv (n = 270) umfasste 231 pBCC und 39 rBCC. Bei der Erfassung der Nachsorgebefunde wurde zwischen „klinisch unauffälligem Befund“, „klinischem Rezidiv“ und „gesichertem Rezidiv“ zur entsprechenden Nachsorgeuntersuchung unterschieden. In der Auswertung wurden „klinisches Rezidiv“ und „gesichertes Rezidiv“ zusammengefasst. Als ein Rezidiv bzw. Lokalrezidiv definierten wir jedes BCC (klinisch oder gesichert), das mit einem Abstand von bis zu 1,5 cm zum Primärtumor (klinische Dokumentation, Fotodokumentation oder Zeichnungen) aufgetreten ist.

Chirurgisches Vorgehen und histologische Aufarbeitung

Um funktionelle sowie ästhetische Aspekte bestmöglich zu erhalten, wurde stets eine sparsame, gewebeschonende, aber dennoch histologisch gesicherte R0-Resektion angestrebt, sofern die Patienten/Patientinnen und die Situation dies zuließen. Ein solches Vorgehen wird auch von anderen Autoren empfohlen [11, 19].

Alle Resektate wurden vom Institut für Pathologie des Universitätsklinikums des Saarlandes histologisch untersucht. Aufgrund der meist geringen Größe der Exzidate aus der Regio orbitalis wurde eine modifizierte Variante der „Brotlaibtechnik“ angewendet. Mit dieser sehr kleinstufigen Gewebeaufarbeitung wird die Qualität einer sog. „mikrographischen“ Chirurgie mindestens annähernd erreicht und hierdurch eine valide Aussage zum Resektionsrand ermöglicht [5].

Zielgrößen

Zur Untersuchung der Faktoren, die ein Rezidiv begünstigen könnten, wurde jedes BCC mit der Angabe als ein pBCC oder als ein zu behandelndes rBCC und mit der Angabe zu seiner genauen Lokalisation innerhalb der Regio orbitalis und zu seinem histologischen Subtyp in eine Microsoft Access-Datenbank (Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) aufgenommen.

Innerhalb der Regio orbitalis wurde sowohl im Bereich des Ober- als auch des Unterlids zwischen nasal, mittig und temporal unterschieden (Abb. 1). Die Rezidivraten wurden für jede Lokalisationen einzeln berechnet und einander gegenübergestellt (Oberlid: nasal vs. mittig vs. temporal; Unterlid: nasal vs. mittig vs. temporal).

Abb. 1
figure 1

Einteilung der Regio orbitalis in 6 Areale. Im Bereich des Oberlids (OL) und des Unterlids (UL) unterscheiden wir jeweils nasal, mittig und temporal

Die histologischen Subtypen wurden den Befundberichten der Pathologie entnommen und konnten als „solide/nodulär“, „superfiziell-multizentrisch“, „infiltrativ/sklerodermiform“, „basosquamös“ und „gemischt“ unterschieden werden. Als „gemischt“ galten alle BCC, bei denen Anteile von mindestens 2 Subtypen vertreten waren. Für jede der 5 Subtypkategorien wurde die Rezidivrate allgemein und zusätzlich in Abhängigkeit des mikroskopischen Resektionsrands (R0 vs. R?/R1) ermittelt.

Statistische Auswertung

Die Erfassung der Daten erfolgte mithilfe einer Microsoft Access-Tabelle. Zur Auswertung der Zielgrößen wurden die Programme Excel und IBM SPSS Statistics Version 22 genutzt.

Die Rezidivrate beschreibt den prozentualen Anteil aller in der Nachsorge festgestellten Rezidive für die jeweils untersuchte Gruppe. Zur Interpretation wurden die Rezidivraten von 2 oder mehr Gruppen mittels Chi2-Test verglichen. Für die Untersuchung des RFV wurde das Kaplan-Meier-Verfahren angewendet, bei dem ein Rezidiv als eintretendes Ereignis abhängig vom Intervall zwischen Exzision und Auftreten eines Rezidivs festgelegt wurde. Auch die kumulative 2‑Jahres-Rezidivrate wurde mittels Kaplan-Meier-Verfahren berechnet. Der mittlere RFV wird mit dem Standardfehler (SE) angegeben. Zur Interpretation des RFV wurde der Log-Rank-Test herangezogen. Signifikanzwerte kleiner als 0,05 wurden als signifikant erachtet.

Ergebnisse

Innerhalb der Regio orbitalis ließen sich im Bereich des Oberlids 6 (2,2 %) BCC nasal, 11 (4,1 %) BCC mittig und 4 (1,5 %) BCC temporal lokalisieren. Im Bereich des Unterlids waren 108 (40,0 %) BCC nasal, 89 (32,9 %) BCC mittig und 52 (19,3 %) BCC temporal lokalisiert. Bei der Zuordnung zum Subtyp konnten 208 (77,0 %) solide/noduläre BCC, 20 (7,4 %) superfiziell-multizentrische BCC, 18 (6,7 %) infiltrativ/sklerodermiforme BCC, 9 (3,3 %) basosquamöse BCC und 15 (5,6 %) gemischte BCC erfasst werden. Bei 240 BCC (88,9 %) (davon bei 211 [91,3 %] der pBCC und bei 29 [74,4 %] der rBCC) konnte eine histologisch gesicherte In-sano-Resektion (R0) erreicht werden. Bei insgesamt 30 BCC (11,1 %) musste die Behandlung als histologisch „nicht sicher in sano“ (R?) oder als „non in sano“ (R1) beendet werden, beispielsweise weil Patienten/Patientinnen weitere Nachresektionen abgelehnt haben.

Rezidivrate

Von allen 270 BCC mit einer Nachsorgedokumentation fielen 56 (20,7 %) mit einem Rezidiv auf. Differenzierte man das Kollektiv in pBCC (n = 231) vs. rBCC (n = 39), entwickelten 38 (16,5 %) der pBCC ein Rezidiv und 18 (46,2 %) der rBCC ein erneutes Rezidiv. Die Rezidivrate der rBCC erwies sich als signifikant höher als bei den pBCC (p < 0,001). Die berechnete 2‑Jahres-Rezidivrate betrug bei den pBCC 9,2 %, bei den rBCC 37,8 %. Der mittlere RFV für die pBCC lag bei 108,6 ± 4,1 Monaten und derjenige für die rBCC bei 52,6 ± 9,0 Monaten. Es fällt auf, dass der RFV der rBCC signifikant kürzer war als der von den pBCC (p < 0,001). In Abb. 2 ist der RFV von pBCC gegenüber rBCC in einem Kaplan-Meier-Diagramm dargestellt.

Abb. 2
figure 2

Rezidivfreier Verlauf (RFV) der primären BCC (Basalzellkarzinome) (n = 231) und rezidivierten BCC (n = 39) nach unserer Behandlung in Monaten. Der RFV der rezidivierten BCC ist signifikant kürzer als derjenige der primären BCC (p < 0,001, Log-Rank-Test)

Lokalisationsbezogene Rezidivraten

Die lokalisationsbezogenen Rezidivraten für Ober- und Unterlid wurden getrennt voneinander ausgewertet (Tab. 1). Der direkte Vergleich zwischen der Rezidivrate am Oberlid (14,3 %) und der Rezidivrate am Unterlid (21,3 %) wies keinen statistisch signifikanten Unterschied auf (p = 0,330). Im Bereich des Oberlids/Unterlids ließ sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Rezidivraten nasal (16,7 %/18,5 %), mittig (9,1 %/23,6 %) und temporal (25,0 %/23,1 %) nachweisen (p = 0,724/p = 0,645).

Tab. 1 Darstellung der lokalisationsbezogenen Rezidivraten nasal, mittig und temporal im Bereich des Ober- und Unterlids

Subtypbezogene Rezidivraten

Die Auswertung der Rezidivraten zwischen den verschiedenen Subtypkategorien ergab, dass 33 (15,9 %) BCC des Subtyps „solide/nodulär“ und 9 (45,0 %) BCC des Subtyps „superfiziell-multizentrisch“ ein Rezidiv entwickelt hatten. Zudem wurde bei 5 (27,8 %) der infiltrativ/sklerodermiformen BCC, bei 3 (33,3 %) der basosquamösen BCC und bei 6 (40,0 %) der gemischten BCC ein Rezidiv diagnostiziert. Der Gesamtvergleich (solide/nodulär vs. superfiziell vs. infiltrativ/sklerodermiform vs. basosquamös vs. gemischt) wies einen signifikanten Unterschied zwischen den Rezidivraten auf (p = 0,001).

Subtypbezogene Rezidivraten nach R0- versus R?/R1-Resektion

Die Rezidivraten der verschiedenen Subtypkategorien nach histologisch gesicherter In-sano-Resektion (R0) und Nicht-sicher-in-sano- (R?) bzw. Nicht-in-sano-Resektion (R1) sind in Tab. 2 dargestellt.

Tab. 2 Darstellung der subtypbezogenen Rezidivraten nach histologisch gesicherter R0-Resektion und R?/R1-Resektion

Die Rezidivrate der R0-resezierten solide/nodulären BCC war statistisch signifikant geringer als die der R?/R1-resezierten solide/nodulären BCC (p = 0,008). Bei den infiltrativ/sklerodermiformen BCC wiesen die Rezidivraten nach R0-Resektion und nach R?/R1-Resektionen keinen signifikanten Unterschied auf (p = 0,433). Bei den basosquamösen (p = 0,417) und gemischten BCC (p = 0,143) ließen sich ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen den Rezidivraten nach R0- und R?/R1-Resektion nachweisen. Für den superfiziell-multizentrischen Subtyp konnte die Gegenüberstellung der Rezidivraten nach R0- und R?/R1-Resektion nicht durchgeführt werden, da alle Resektionen in sano erfolgten.

Diskussion

Rezidivrate

Um eine bessere Vergleichbarkeit zu anderen Studien gewährleisten zu können, wurde die allgemeine Rezidivrate separat für die pBCC und für die rBCC bestimmt. Die meisten Arbeiten werten die Rezidivraten von pBCC und rBCC getrennt aus oder inkludieren ohnehin nur pBCC, da rBCC mit deutlich höheren Rezidivzahlen einhergehen. Anders als andere Studien haben wir uns jedoch bewusst dazu entschieden, die „R?“- und die „R1“-resezierten BCC nicht von der Auswertung auszuschließen. Dadurch möchten wir eine Rezidivhäufigkeit beschreiben, die das alltägliche Auftreten in der Praxis abbildet, da insbesondere in der Regio orbitalis häufiger R1-Resektionen auftreten als in anderen Regionen [18].

In der Regio orbitalis kommt es häufiger zu R1-Resektionen als in anderen Regionen

Unsere Studie erfasste bei 16,5 % der pBCC ein Rezidiv, die berechnete 2‑Jahres-Rezidivrate beträgt dabei 9,2 %. Die Literaturangaben zu Rezidivraten variieren sehr stark: Es gibt Arbeiten, die für periokuläre BCC Rezidivraten von 15–30 % angeben [8, 19, 25], wohingegen andere Studien Rezidivraten von 0–10 % angeben. Ein Großteil dieser Studien mit geringeren Rezidivraten basiert jedoch auf einem kürzeren Follow-up, wodurch sich die Rezidivrate möglicherweise niedriger darstellt. Rowe und Carroll [20] weisen in ihrem Review darauf hin, dass BCC-Rezidive später eintreten als bisher angenommen. Sie konnten nachweisen, dass in den ersten beiden Jahren gerade einmal 50 % und nach 3 Jahren nicht einmal zwei Drittel der Rezidive eingetreten waren [20]. Auch wir konnten feststellen, dass unsere berechnete 2‑Jahres-Rezidivrate deutlich geringer ausfällt als unsere allgemeine Rezidivrate. Obwohl die sonst publizierten Rezidivraten durch ihre Dauer des Follow-up ggf. zu relativieren sind, erscheint die Rezidivrate in dieser Studie vergleichsweise hoch. Da BCC-Rezidive oft erst Jahre später auftreten und dann auch wie eine harmlos erscheinende Effloreszenz aussehen können [7], könnten sowohl die Erfahrung der Untersuchenden als auch die Methode bzw. Ausführung der Nachsorgeuntersuchung eine Rolle bei der Erkennung von Rezidiven spielen. Die unterschiedlichen Rezidivraten in der Literatur könnten weiterhin durch die Wahl der chirurgischen Technik, der Technik der histologischen Untersuchung und/oder durch die Zusammensetzung des Patientenkollektivs beeinflusst worden sein. Da dieser Studie eine konsekutive Datenerhebung zugrunde liegt, bei der alle behandelten Fälle aus dem genannten Zeitraum eingegangen sind, kann ein Selektionsbias weitgehend ausgeschlossen werden. Dieses Qualitätsmerkmal könnte ebenfalls begründen, warum eine höhere Rezidivrate verzeichnet wurde, als in Studien, in die nur ausgewählte Fälle eingehen. Darüber hinaus könnte unsere Definition eines „Lokalrezidivs“ weiter gefasst sein als in anderen Studien, was bedeutet, dass wir Befunde auch dann noch als Rezidiv gewertet haben, wenn sie in anderen Studien ggf. schon als neuer Primärtumor gewertet worden wären. Eine einheitliche Definition, bis wann bei einem BCC noch von einem Lokalrezidiv oder schon von einem Zweittumor gesprochen wird, existiert bislang nicht [24]. Die meisten Studien zu Rezidivraten von BCC machen keine Angaben, wann von einem „Rezidiv“ eines bereits exzidierten BCC bzw. einem „neuen“ BCC ausgegangen wird [1, 6, 8, 13, 24], was die Vergleichbarkeit dieser Studien einschränkt. In Studien, die ihre Definition zum „Lokalrezidiv“ anführen, findet man unterschiedliche Varianten. Stuart et al. [23] definieren ein Lokalrezidiv, wenn die Tumorart gleich war und die Lokalisation mit der des Primärtumors übereinstimmte oder ihr sehr nahe war („very close to“, ohne genaue Angaben eines Abstandes), wobei die Lokalisation anhand klinischer Notizen, Karten und Diagrammen zugeordnet wurde. Leitenberger et al. schlagen hingegen eine Definition vor, in der nur jene BCC als Rezidiv gezählt werden, die an die Operationsnarbe angrenzen [17]. Auch hier lässt der Begriff „angrenzend“ Interpretationsspielraum zu. Insbesondere unter der Berücksichtigung einer möglicherweise ursächlichen Feldkanzerisierung ist die Differenzierung zwischen einem Rezidiv und einem neuen Tumor ohnehin schwierig [17]. Anhand unserer Ergebnisse zu der Gruppe der rBCC, die in enger anatomischer Nähe zum Primärbefund wuchsen, können wir von einem signifikant erhöhten Risiko für weitere BCC in diesem Areal ausgehen, was für die Nachsorge von besonderer Bedeutung ist.

Insbesondere die Notwendigkeit eines Sicherheitsabstandes in der Regio orbitalis wird in vielen Arbeiten kontrovers diskutiert. Zum aktuellen Zeitpunkt existiert kein definierter Sicherheitsabstand für periokuläre BCC. Der für andere Lokalisationen definierte Sicherheitsabstand kann nicht ohne Weiteres auf die Regio orbitalis übertragen werden, da Funktion und Aussehen der Augenregion weitgehend erhalten bleiben müssen. Ziel bei der Exzision von periokulären BCC ist demnach eher eine sparsame R0-Resektion [19]. Daran orientierend, gestaltete sich die BCC-Exzision in dieser Studie ohne einen definierten Sicherheitsabstand, wobei nach Möglichkeit immer eine gesicherte In-sano-Resektion angestrebt wurde. Dadurch, dass die eingeschickten Exzidate durch eine Fadenmarkierung für die Pathologie anatomisch zuordenbar waren, konnten – sofern die Patienten/Patientinnen dem zustimmten – gezielte Nachresektionen bis zum Erreichen eines sicheren R0-Status durchgeführt werden. Andere Studien plädieren dringend für das Einhalten eines Sicherheitsabstandes in der Regio orbitalis und kommen dabei auf geringere Rezidivraten als wir. Abgesehen davon, dass unsere Rezidivrate u. a. durch den Einschluss der R?-BCC und R1-BCC eher hoch ausfällt, könnte sie jedoch auch darauf hinweisen, dass eine Resektion ohne Sicherheitsabstand jenen Operationsverfahren mit Sicherheitsabstand möglicherweise unterlegen ist.

Unterschiede zwischen primären Basalzellkarzinomen und rezidivierten Basalzellkarzinomen

Die Rezidivrate der pBCC betrug 16,5 %, diejenige der rBCC 46,2 %. Demnach hat fast die Hälfte der rBCC nach der Resektion ein erneutes Rezidiv entwickelt. Dieser Unterschied ist hochsignifikant (p = 0,001). Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die pBCC häufiger in sano reseziert werden konnten als die rBCC, was auch hier den Vergleich der beiden Gruppen beeinflusst haben könnte. In den aktuellen Leitlinien wird auf das erhöhte Rezidivrisiko von rBCC hingewiesen [15]. Unsere Auswertung des mittleren RFV ergab, dass dieser bei den rBCC (52,6 ± 9,0 Monate) signifikant kürzer war als bei den pBCC (108,6 ± 4,1 Monate) (p < 0,001). Die rBCC entwickelten also nicht bloß häufiger, sondern auch früher ein erneutes Rezidiv. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch auch, dass Rezidive, die sich nach der Behandlung eines pBCC entwickeln, meist erst deutlich später entstehen. Es besteht die Gefahr, dass ein über lange Zeit unauffälliger Verlauf dazu führt, dass die Fortführung einer Nachsorge von Patienten/Patientinnen als unnötig erachtet wird. Doch auch nach mehreren Jahren ist eine Rezidiventwicklung noch möglich, weshalb weitere Autoren für eine mehrjährige oder sogar lebenslange Nachsorge plädieren [15, 25].

Lokalisationsbezogene Rezidivrate

Die erfassten Bereiche innerhalb der Regio orbitalis sind unterschiedlich häufig betroffen. Nasal und mittig am Unterlid lassen sich die meisten BCC lokalisieren. Bestehende Literatur kommt zu ähnlichen Ergebnissen [1, 22]. Nach unserer Datenlage scheint die genaue Lokalisation (nasal vs. mittig vs. temporal) sowohl im Bereich des Oberlids als auch im Bereich des Unterlids primär eine eher untergeordnete Rolle bezüglich der Rezidivrate zu spielen. Der mangelnde statistisch signifikante Unterschied zwischen der Rezidivrate am Oberlid (21,3 %) und Unterlid (14,3 %) könnte auf die geringe Fallzahl der Oberlid-BCC zurückzuführen sein. Inwiefern eine bestimmte periokuläre Lokalisation das Rezidivrisiko erhöht, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Al Wohaib et al. [1] konnten in ihrer Studie mit 129 Patienten/Patientinnen eine schlechtere Prognose für nasal in der Augenregion lokalisierte BCC feststellen. Auch wir vermuteten zunächst, dass nasal am Oberlid und nasal am Unterlid lokalisierte BCC aufgrund der anatomischen Nähe zum inneren Lidwinkel mit einer höheren Rezidivrate einhergehen würden. Unsere Ergebnisse konnten diese Annahme jedoch nicht bestätigen. Auch die Studien von Zimmermann et al. [25] und Gąsiorowski et al. [8] konnten keinen signifikanten Unterschied zwischen den Rezidivraten verschiedener Lokalisationen in der Augenregion nachweisen. Zur Beurteilung des periokulären Rezidivrisikos in Abhängigkeit der genauen Lokalisation sind weitere Studien mit höheren Evidenzgraden und die Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren erforderlich. Insbesondere im Hinblick auf das Einhalten eines etwaigen Sicherheitsabstandes könnte die genaue BCC-Lokalisation in der Regio orbitalis in Zukunft eine relevante Rolle einnehmen.

Subtypbezogene Rezidivrate

Insgesamt weisen die solide/nodulären BCC die niedrigste Rezidivrate auf (15,9 %). Auch Al Wohaib et al. [1] können die geringste Rezidivrate bei solide/nodulären BCC verzeichnen. Die höchste Rezidivrate ließ sich in der vorliegenden Studie beim superfiziell-multizentrischen Subtyp nachweisen (45,0 %). Die Langzeitstudie von Bozan et al. [3] erfasste 159 faziale BCC und ergab ebenfalls eine erhöhte Rezidivrate für superfiziell-multizentrische („multilocal-superficial“) BCC. Diese Beobachtung widerspricht allerdings der allgemeinen Annahme, dass dieser Subtyp zu den sog. Low-Risk-Subtypen gehört. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die meisten Arbeiten zu subtypbezogenen Rezidivraten nicht auf periokuläre BCC begrenzt sind. Die Regio orbitalis weist gegenüber anderen Körperregionen jedoch Besonderheiten auf, so muss beispielsweise eine Resektion in der Regio orbitalis häufiger knapp erfolgen, um die Lidfunktion zu erhalten [10, 21]. Da das superfiziell-multizentrische BCC diskontinuierlich bzw. multifokal wachsen und auch nichtneoplastische Areale aufweisen kann, ist es möglich, dass ein Exzidat unter dem Mikroskop zwar eine tumorfreie Grenze aufweist (R0), aber dennoch Tumorreste im Patienten verblieben sind [3, 4]. Das könnte erklären, weshalb in dieser Studie eine erhöhte Rezidivrate beim superfiziell-multizentrischen Subtyp festgestellt wurde und das, obwohl alle Fälle histologisch gesichert „R0“ reseziert worden waren. Daraus könnte man ableiten, dass die Rezidivrate bei diesem Subtyp durch das Einhalten eines Sicherheitsabstandes positiv beeinflusst werden könnte und einer R0-Resektion möglicherweise überlegen wäre. Da bei den infiltrativ/sklerodermiformen BCC die R0-Resektion keine signifikant geringere Rezidivrate gegenüber einer R?/R1-Resektion ergeben hat, könnte die Überlegenheit eines chirurgischen Sicherheitsabstands ggf. auch für diesen Subtyp zutreffen. Für die solide/nodulären BCC ließ sich eine signifikant geringere Rezidivrate nach R0-Resektion gegenüber R?/R1-Resektion auswerten. Möglicherweise ist in der Regio orbitalis das Einhalten eines Sicherheitsabstands für den häufigsten Subtyp weniger relevant als für andere Subtypen.

Limitationen der Studie

Auf folgende Limitationen unserer retrospektiven Studie ist hinzuweisen: Wir können nicht ausschließen, dass bei einem mit unauffälliger Nachsorge dokumentierten Fall im weiteren Verlauf doch noch ein Rezidiv aufgetreten ist. Obgleich alle im Zeitraum 2009 bis 2020 an der Augenklinik in Homburg therapierten BCC in unsere Studie aufgenommen wurden, war die Fallzahl limitiert, weshalb im Datenpool nicht alle Lokalisationen ausreichend genug vertreten waren, um eine abschließende Aussage aus diesen Ergebnissen zu treffen. Da bei der Datenerhebung auf verschiedene Dokumentationsarten (Fotodokumentation und klinische Dokumentation) zurückgegriffen werden musste, sind geringe Abweichungen bei der Lokalisationszuordnung nicht auszuschließen. Die Rezidivdefinition dieser Studie wurde bewusst großzügig gewählt, um einer möglichen Unterschätzung der lokalen Rezidivrate im klinischen Alltag entgegenzuwirken. Es ist nicht auszuschließen, dass dadurch die tatsächliche Rezidivrate überschätzt wurde und so die Vergleichbarkeit zu anderen Studien eingeschränkt worden ist. Die Wahl einer Definition mit einem kleineren maximalen Abstand zum Primärtumor hätte womöglich eine geringere Rezidivrate ergeben.

Aus diesen Gründen geben unsere Ergebnisse nur eine Richtung vor, welche Aspekte das Rezidivrisiko nach einer BCC-Resektion in der Regio orbitalis erhöhen könnten. Weitere Arbeiten werden an unsere Ergebnisse anknüpfen und unsere Annahmen durch höhergradige Evidenzstudien bestätigen oder widerlegen.

Fazit für die Praxis

  • Es gibt viele Faktoren, die Einfluss auf die Rezidivrate nehmen und Ursache für die unterschiedlichen Angaben in der Literatur sein könnten.

  • BCC(Basalzellkarzinom)-Rezidive neigen besonders zu Re-Rezidiven und erfordern dringend eine engmaschige Nachsorge.

  • Patienten/Patientinnen sollten über das langjährige Rezidivrisiko von BCC aufgeklärt werden, damit sie die Notwendigkeit einer lebenslangen Nachsorge nachvollziehen können und es somit seltener zu Nachsorgeabbrüchen kommt.

  • Die Lokalisation des BCC innerhalb der Regio orbitalis scheint primär eine eher untergeordnete Rolle bei der Rezidivrate zu spielen.

  • Der Subtyp eines BCC ist von besonderer Bedeutung bei der Entwicklung von Rezidiven und sollte bei der Planung des operativen Vorgehens berücksichtigt werden.