Einführung in das Thema

Die medizinische Aufklärung von plötzlichen Todesfällen aus natürlicher Ursache gehört zum rechtsmedizinischen Arbeitsalltag. Speziell die Abklärung von seltenen Todesursachen erfordert eine profunde Kenntnis typischer makromorphologischer Befunde und möglicher klinischer Manifestationen. Nur so ist es möglich, schon während der Obduktion unter Berücksichtigung der Vorgeschichte zu einer Arbeitsdiagnose zu gelangen, sodass sinnvolle ergänzende Untersuchungen eingeleitet werden können.

Die Sarkoidose ist eine systemische Erkrankung, die neben anderen Organsystemen auch das Herz betreffen kann. Eine kardiale Sarkoidose oder, wenn der Nachweis sarkoidosetypischer Veränderungen in anderen Organen nicht gelingt, eine idiopathische granulomatöse Myokarditis kann sich in einem plötzlichen Herztod manifestieren, ohne vorher symptomatisch gewesen zu sein. Die wichtigste Differenzialdiagnose der kardialen Sarkoidose ist die Riesenzellmyokarditis [1, 2], bei der es sich ebenfalls um eine nichtinfektiöse Myokarditis handelt.

Im Folgenden werden 2 Fälle von plötzlichem Herztod vorgestellt. Die postmortalen Diagnosewege werden anhand der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur beschrieben. Vor allem werden differentialdiagnostische Überlegungen zur Abgrenzung der kardialen Sarkoidose von der Riesenzellmyokarditis aufgezeigt.

Falldarstellungen

Fall 1

Anamnese

Zur Obduktion gelangte die Leiche einer 55 Jahre alt gewordenen Frau. Nach Angaben ihres Ehemannes habe sie im Bett gelegen und am frühen Morgen plötzlich um Luft gerungen. Nachdem die Frau das Bewusstsein verloren habe, habe der Ehemann unmittelbar mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen, welche durch den Notarzt fortgesetzt worden seien. Schließlich seien die Maßnahmen vor Ort erfolglos eingestellt worden. Nach den Angaben des Ehemannes seien keine relevanten Vorerkrankungen bekannt gewesen. Die Verstorbene habe sich längere Zeit nicht in ärztlicher Behandlung befunden. Ein Allgemeinmediziner, welchem die Verstorbene persönlich nicht bekannt war, bescheinigte eine ungeklärte Todesart und verständigte die Polizei. Auf der Todesbescheinigung wurde vermerkt, dass die Verstorbene vor ihrem Tod keine gesundheitlichen Beschwerden angegeben habe. Als Vorerkrankung wurde auf der Todesbescheinigung lediglich eine Eisenmangelanämie dokumentiert. Die Leichenschau vor Ort ergab keine Hinweise auf eine Gewalteinwirkung.

Obduktionsbefund

Bei der äußeren Besichtigung der Leiche (169 cm, 77 kg) waren an postentzündliche Hyperpigmentierung erinnernde, fleckige Hautveränderungen im Gesicht, an der Brust, an den Armen und an den Beinen zu erkennen. Bei der inneren Besichtigung wurde eine linksbetonte konzentrische Herzhypertrophie (Herzgewicht 438 g) festgestellt. Besonders auffällig waren umschriebene großfleckige Veränderungen des Myokards, die sich auch auf das Endokard ausdehnten (Abb. 1). Die Läsionen waren von grau-weißer Farbe und grober Textur; sie wirkten narbenartig. Sie waren überwiegend im linken Ventrikel sichtbar, hier v. a. im herzbasisnahen Anteil des Septum interventriculare, und in den Papillarmuskeln der Trikuspidalklappe. Die Vorhöfe waren nicht betroffen. Neben den blutreichen Organen mit oberer venöser Einflussstauung sowie Lungenödem, Schocknieren und akut gestautem Milzgewebe waren makroskopisch keine dem kardialen Befund ähnlichen Veränderungen an den übrigen Organen sichtbar. Die Lymphknoten waren nicht abnorm vergrößert. Dem makroskopischen Aspekt zufolge wurde ein kardiales Versagen auf dem Boden einer unbekannten (systemischen?) Erkrankung als Todesursache angenommen. Eine Myokarditis wurde vermutet, und histologische Untersuchungen wurden veranlasst.

Abb. 1
figure 1

Übersicht des präparierten Herzens mit Blick in den linken Ventrikel. Die Läsionen des Myokards (a) sind durch das Endo- (b) und Epikard (c) sichtbar. Die innere Besichtigung erbrachte einen auffälligen Herzbefund, der die Annahme eines akuten Herzpumpversagens nahelegte

Die histologischen Untersuchungen zeigten eine ausgedehnte noduläre lymphohistiozytäre Infiltration unter Einbeziehung der noch verbliebenen Kardiomyozyten. Im Hintergrund war eine Fibrose zu erkennen (Abb. 2). Die Infiltration war nicht auf das Myokard beschränkt, sondern wucherte in das angrenzende Weichgewebe hinein. Es fanden sich auch einige nichtzusammenhängende entzündliche Knötchen. Innerhalb der Infiltration zeigten sich viele Riesenzellen und epitheloide Granulome ohne verkäsende Nekrosen (Abb. 4b mit CD68 und c mit Siriusrot). Der eher noduläre Aspekt, die epitheloiden Granulome und die Ausdehnung in das perikardiale Weichgewebe sprachen für eine kardiale Sarkoidose vom kombinierten granulomatösen und fibrotischen Typ und trotz der vielen Riesenzellen gegen eine Riesenzellmyokarditis.

Abb. 2
figure 2

Histologische Darstellung von Fall 1. HE-gefärbtes Gewebe in der Übersicht (a) (Vergrößerung 5x) und Vergrößerung (b,c) (Vergrößerung 10x) mit lymphohistozytärer Infiltration, Riesenzellen und epitheloiden Granulomen. Im Hintergrund ist eine Fibrose zu erkennen

Diagnose

Zusammenfassend konnte eine kardiale Sarkoidose (oder idiopathische granulomatöse Myokarditis) als Todesursache festgestellt werden. Infektiöse Myokarditiden sowie ischämische Veränderungen wurden bereits aufgrund der makroskopischen Befunde als unwahrscheinlich erachtet. Die Ausdehnung auf das Endokard, die Verteilung der Läsionen mit fokalem Befall des linken Ventrikels und das narbige Erscheinungsbild der einzelnen Läsionen begründeten den Verdacht auf eine kardiale Sarkoidose (Tab. 1). Eine Riesenzellmyokarditis konnte mikroskopisch ausgeschlossen werden. Der klinische Verlauf mit fehlenden extrakardialen Symptomen und Erstmanifestation durch einen plötzlichen Herztod erschien ebenfalls passend zur kardialen Sarkoidose.

Tab. 1 Kardiale Sarkoidose (granulomatöse Myokarditis) und Riesenzellmyokarditis im Vergleich

Bei den dermatologischen Befunden handelt es sich höchstwahrscheinlich um Zufallsbefunde, die nicht im Zusammenhang mit der todesursächlichen Erkrankung stehen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass diese Befunde abgeheilte Hautmanifestationen einer systemischen Sarkoidose sind.

Fall 2

Anamnese

Ein 41-jähriger Mann erhielt am Tag seines Todes Besuch von einem Bekannten. In Anwesenheit seines Bekannten kollabierte der Mann unerwartet. Die hinzugerufenen Rettungskräfte unternahmen Wiederbelebungsversuche, die jedoch vor Ort erfolglos beendet werden mussten.

Der Verstorbene trat in der Vergangenheit als Heroinkonsument auf, galt aber als „clean“. Zudem seien nicht näher beschriebene „Herzprobleme“ bekannt gewesen. Eine von der Polizei vorgelegte Kopie eines Arztbriefes ergab die Diagnosen einer linksbetonten „dilatativen Kardiomyopathie“ mit eingeschränkter Herzleistung sowie einer Sarkoidose mit ausgedehnter pulmonaler Beteiligung.

Obduktionsbefund

Obduziert wurde die Leiche eines stark übergewichtigen Mannes (182 cm, 148 kg) mit ausgedehnter Blutstauung im Kopf- und im Halsbereich. Das Herz wog 837 g. Es zeigte eine abgerundete Herzspitze, die durch den linken Ventrikel gebildet wurde. Die Kammerwanddicken maßen rechts 0,6 cm bzw. links 2 cm. Auf dem Flachschnitt durch die Wand des linken Ventrikels sowie beim Anschneiden der Papillarmuskeln zeigte sich ein diffus weißlich geflecktes Myokard mit verwaschener Gewebszeichnung. In der Wand des rechten Ventrikels fanden sich ebenfalls einige grau-weiße, fleckige Veränderungen. Die Koronararterien waren unauffällig. Es bestanden eine chronische und akute Leberstauung. Zudem war ein verfestigtes Lungengewebe auffällig, in dem hirseähnliche Knötchen zu tasten waren.

Die chemisch-toxikologischen Zusatzuntersuchungen ergaben keinen Hinweis auf einen akuten Drogenkonsum.

Die histologischen Untersuchungen zeigten wie im Fall 1 einen knotigen Umbau des Myokards mit lymphohistiozytärer Infiltration und vielen Riesenzellen (Abb. 3). Hier waren die Riesenzellen noch prominenter. Außerdem zeigten sich einige schlecht abgegrenzte epitheloide Granulome ohne verkäsende Nekrosen (Abb. 4e). In vielen Bereichen war die Entzündung ausgebrannt und hatte fibrotisch umgebautes Gewebe hinterlassen (Abb. 4f). Auch in diesem Fall waren die Veränderungen nicht vollständig auf das Myokard beschränkt.

Abb. 3
figure 3

Histologische Darstellung von Fall 2. HE-gefärbtes Gewebe in der Übersicht (a) (Vergrößerung 5x) und Vergrößerung (b,c) (Vergrößerung 10x) mit teilweise spärlicher lymphohistozytärer Infiltration, Riesenzellen, Fibrose und epitheloiden Granulomen, die das Myokard zerstören und eine Fibrose hinterlassen

Abb. 4
figure 4

Histologischer Vergleich beider Fälle. HE-Färbung (a,d) (Vergrößerung 5x), Immunhistochemie mit CD68 zur Hervorhebung von Histiozyten und Granulomen (b,e) (Vergrößerung 5x) sowie Siriusrotfärbung zur Darstellung der Fibrose (c,f) (Vergrößerung 5x)

Zusammenfassend sprachen auch im Fall 2 die verwaschen abgegrenzten, nichtverkäsenden Granulome und die Fibrose für eine kardiale Sarkoidose vom kombinierten granulomatösen und fibrotischen Typ, die hier teilweise im Übergang zum fibrotischen Typ war. Das noduläre Verteilungsmuster, die epitheloiden Granulome und die Ausdehnung auf das angrenzende Gewebe sprachen trotz der starken Riesenzellkomponente gegen eine Riesenzellmyokarditis.

Diagnose

Der Verdacht einer Herzbeteiligung bei systemischer Sarkoidose ergab sich bereits am Obduktionstisch aufgrund der typischen Befunde im Myokard beider Ventrikel und in der Lunge. Die Zeichen der Herzhypertrophie und -insuffizienz waren wesentlich ausgeprägter als im ersten Fall. Mikroskopisch wurde der Verdacht auf eine kardiale Sarkoidose bestätigt; eine Riesenzellmyokarditis konnte ausgeschlossen werden (Tab. 1).

Die Anamnese mit zuvor bekannter Sarkoidose der Lungen und „Herzproblemen“ vor dem Tod passt zu einer kardialen Sarkoidose, stellt aber im Vergleich zum ersten Fall eine andere Verlaufsform mit einem symptomatischen Verlauf über einen längeren Zeitraum dar.

Diskussion

Die Sarkoidose ist eine systemische Erkrankung unbekannter Ätiologie, die verschiedene Organsysteme betreffen kann und sich histologisch durch nichtverkäsende Granulome auszeichnet. Ein Herzbefall manifestiert sich nicht selten erst durch den plötzlichen Herztod, wie klinisch-pathologische Erhebungen und Einzelfallstudien [3, 4, 6, 10] zeigen. Fehlende extrakardiale Symptome in Fällen tödlich verlaufender kardialer Sarkoidose scheinen nicht ungewöhnlich zu sein. Vereinzelt wird diskutiert, ob sich gar eine negative Korrelation zwischen der Ausprägungsstärke des kardialen und des extrakardialen Befalls behaupten lässt [8]. Auch postmortal erstdiagnostizierte Fälle kardialer Sarkoidose ganz ohne Nachweis sarkoidosetypischer Veränderungen in anderen Organen sind beschrieben [7]. Einerseits ist hier die Möglichkeit einer isolierten kardialen Sarkoidose bzw. idiopathischen granulomatösen Myokarditis zu erwägen, die bei längerem Überleben vielleicht in eine systemische Sarkoidose übergegangen wäre. Andererseits könnten in einem Teil dieser Fälle extrakardiale Krankheitsherde bei makroskopisch unauffälligen Organen und Geweben der mikroskopischen Untersuchung entgangen sein [4]. Es ist z. B. denkbar, dass befallene Lymphknoten nicht erkennbar vergrößert waren und daher einer histologischen Untersuchung gar nicht erst zugeführt wurden.

Diagnostische Schwierigkeiten können gerade beim Fehlen extrakardialer Befunde in der Abgrenzung der kardialen Sarkoidose von der Riesenzellmyokarditis liegen. Beide Entitäten sind nichtinfektiöse Myokarditiden, die sich in einem plötzlichen Herztod manifestieren können [6, 11]. Die korrekte Diagnose kann jedoch in Zusammenschau der makroskopischen Befunde und des klinischen Verlaufs mit den Ergebnissen der histopathologischen Untersuchungen gestellt werden (Tab. 1).

Fazit für die Praxis

Die gegenständlichen Fälle demonstrieren eine seltene, aber typische Ursache des plötzlichen Herztodes mit unterschiedlichen klinischen Verläufen. Eine interdisziplinäre Fallbeurteilung kann helfen, auch seltene Erkrankungen in der gerichtlichen Obduktion korrekt zu diagnostizieren. Klinisch sollte bei der Erstdiagnose einer Sarkoidose an eine mögliche Herzbeteiligung gedacht und die Möglichkeit des Auftretens einer solchen auch in der Verlaufsbeobachtung berücksichtigt werden.