Zusammenfassung
Ziel
In diesem Beitrag wird evaluiert, ob die radiologischen Diagnosekriterien ausreichen, um die Diagnose einer pigmentierten villonodulären Synovitis (PVNS) anhand eines Magnetresonanztomographie(MRT)-Befunds sicher stellen zu können und daraus eine Operationsindikation abzuleiten. Hierzu wurde überprüft, inwieweit die radiologische Diagnose mit dem histopathologischen Befund übereinstimmte.
Methoden
In einer retrospektiven Datenanalyse wurden 52 Patienten mit PVNS (22 männlich, 30 weiblich, mittleres Alter: 38 Jahre), die sich zwischen 1991 und 2019 einem operativen Eingriff unterzogen hatten, analysiert. Einschlusskriterien waren ein positiver MRT-Befund mit Hinweis auf Hämosiderin und anschließende Synovektomie sowie eine entsprechend dokumentierte histopathologische Aufarbeitung.
Ergebnisse
In 71 % der Fälle stimmten der MRT-Befund und das histologische Ergebnis überein, was jedoch darauf hindeutet, dass nach der radikalen Synovektomie in etwa 29 % der Fälle histologisch keine PVNS nachgewiesen werden konnte. Das Kniegelenk stellte sich als das am häufigsten betroffene Gelenk dar, gefolgt von Hüft- und Sprunggelenk.
Diskussion
Die PVNS tritt meist bei jungen Erwachsen auf. Frauen waren im eigenen Kollektiv etwas häufiger betroffen als Männer. In der aktuellen Literatur findet man keinen etablierten Algorithmus zur Behandlung einer PVNS. Im Zweifelsfall sollte unbedingt eine histologische Diagnosesicherung mittels arthroskopischer oder offener Biopsiegewinnung der radikalen Synovektomie vorgeschaltet werden.
Schlussfolgerung
Aufgrund der Invasivität der radikalen Synovektomie ist die präoperative Biopsie eine weitere Möglichkeit zur Diagnosesicherung und sollte im Zweifelsfall unbedingt eingesetzt werden. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von Radiologen und Tumorradiologen ist hierbei essenziell.
Abstract
Objective
The aim of this article is to evaluate whether the radiological diagnostic criteria are sufficient to be able to make a certain diagnosis of pigmented villonodular synovitis (PVNS) based on magnetic resonance imaging (MRI) findings and from this to derive the indications for surgery. Therefore, it was examined to what extent the radiological diagnosis corresponded to the histopathological results.
Method
In a retrospective data analysis, 52 patients with PVNS (22 male, 30 female, average age 38 years) who underwent a surgical intervention between 1991 and 2019 were analyzed. Inclusion criteria were positive MRI findings with indications for hemosiderin and subsequent synovectomy as well as an appropriately documented histopathological work-up.
Results
In 71% of the cases the MRI findings corresponded to the histological results; however, this indicates that after the radical synovectomy a PVNS could not be histologically confirmed in approximately 29% of the cases. The knee joint was found to be the most frequently affect joint, followed by hip and ankle joints.
Discussion
A PVNS mostly occurred in young adults. In this collective, women were slightly more affected than men. No established algorithm for the treatment of PVNS can be found in the current literature. When in doubt it is imperative that histological confirmation of the diagnosis by arthroscopic or open biopsy should be carried out before a radical synovectomy.
Conclusion
Due to the invasive nature of a radical synovectomy, a preoperative biopsy is a further option to confirm the diagnosis and in case of doubt should categorically be implemented. In this context a close interdisciplinary cooperation between radiologists and tumor radiologists is essential.
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Die pigmentierte villonoduläre Synovitis (PVNS) ist eine gutartige, lokal aggressive synoviale, proliferative Erkrankung, deren Ätiologie unbekannt ist [1]. Im Gelenk kommt es zu einer entzündlichen Schwellung der Synovia mit histologisch nachweisbaren Hämosiderinablagerungen und mehrkernigen Riesenzellen [2]. Die Prävalenz wird in der Literatur mit rund 1,8 Fällen pro 1 Mio. Einwohner/Jahr angegeben [3].
Morphologisch unterscheidet man die vergleichsweise langsam fortschreitende noduläre Variante von der aggressiveren diffusen Form [4]. Die noduläre Form ist gut abgegrenzt, gelappt und ohne Beteiligung des umgebenden Gewebes beschrieben [1, 4, 5]. Histologisch wird ein gut differenzierter, meist makroskopisch weißgrauer, gelb bis bräunlich gefärbter nodulärer Bereich mit einer Ausdehnung von 0,5–4 cm beschrieben (Abb. 1; [4,5,6]). Die diffuse Form (Abb. 2 und 3) kleidet die Gelenkskapsel rasenförmig gleichmäßig aus. Es zeigen sich vereinzelte Zottenbildungen, nodulär verdichtete Strukturen kommen nicht vor.
Obwohl die beiden Formen histopathologisch und genetisch identisch sind, unterscheiden sie sich in ihrem Verlauf: Die diffuse Form wird als aggressiver und invasiver beschrieben [5]. Eine frühzeitige Diagnose, operative Therapie und ggf. adjuvante Maßnahmen sind unabdingbar, um die Schwere der Erkrankung und die Rezidivrate zu reduzieren [7, 8].
Die Therapieoption für beide Formen ist neben operativen Eingriffen im Sinne einer offenen (Abb. 4) oder arthroskopischen (Abb. 5) Intervention die adjuvante Radiosynoviorthese (RSO) mit 90-Yttrium. Shabat et al. postulieren, dass die Kombination von chirurgischem Eingriff und der Installation von Yttrium zu besseren Ergebnissen führt [9]. Bleibt die Synovektomie unvollständig, werden hohe Rezidivraten von 8–60 % verzeichnet [10].
Speziell bei diffusen Formen ist eine radikale, komplette Synovektomie der betroffenen Region notwendig [9]. Generell zeigt die arthroskopische Therapie ein etwas höheres Rezidivrisiko als die offene Therapiemethode [9]. Basierend auf der verfügbaren Literatur hat sich die Radiosynoviorthese (RSO) mit 90-Yttrium als vielversprechende und erfolgreiche Behandlungsoption für die diffuse Form der PVNS erwiesen. In der Regel erfolgt etwa 6 Wochen nach marginaler Entfernung der Synovia die Injektion von 90-Yttrium (β-Strahler) durch einen Nuklearmediziner [5, 6, 9, 11]. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein geschlossener Bereich (z. B. innerhalb einer Gelenkkapsel; nicht entlang von Sehnen) und eine vollständige makroskopische Entfernung der Läsion, da die β‑Strahlen in ihrer Reichweite begrenzt sind und daher größere Tumormassen nicht durchdringen können. Grundsätzlich kann die RSO wiederholt werden [9]. Eine weitere Möglichkeit ist die externe perkutane Bestrahlung, wobei jedoch langfristige Nebenwirkungen nicht auszuschließen sind und diese Therapiemethode daher dem Einzelfall vorbehalten bleiben sollte. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Imatinib, ein Tyrosinkinase-Inhibitor, erfolgreich bei der Behandlung von PVNS eingesetzt wurde [12]. Innerhalb einer PVNS überexprimieren einige Zellen den koloniestimulierenden Faktor‑1 (CSF1), dessen Rezeptoren durch Imatinib blockiert werden können. Eine Antikörpertherapie bei der Behandlung von PVNS, z. B. mit Bevacizumab, ist derzeit Gegenstand vieler Forschungsprojekte [12].
Methoden
In einer retrospektiven Datenanalyse wurden zwischen 1991 und 2019 insgesamt 137 Patienten unserer Abteilung untersucht, die sich mit der Diagnose PVNS einem operativen Eingriff unterzogen hatten. Insgesamt erfüllten 68 Patienten die Einschlusskriterien: positiver MRT-Befund mit Hinweis auf Hämosiderin und anschließende Synovektomie. Nach Sichtung der Krankenakten, Operationsberichte und histopathologischen Befunden wurde in 52 Fällen eine vollständige Dokumentation gefunden, die übrigen 16 Fälle mussten mangels vollständiger Dokumentation aufgrund extern erhobener Befunde ausgeschlossen werden. Die untersuchte Studiengruppe bestand aus 22 männlichen (42 %) und 30 weiblichen (58 %) Patienten. Das mittlere Alter bei der Diagnose betrug 38 Jahre (Spanne: 9–73 Jahre). Insgesamt stimmten in etwa 71 % der Fälle der MRT-Befund und das histologische Ergebnis überein, was jedoch darauf hindeutet, dass nach radikaler Synovektomie in rund 29 % der Fälle histologisch keine PVNS nachgewiesen werden konnte.
Ergebnisse
Nach Auswertung der Krankenakten konnten die klinische und MRT-Diagnose einer PVNS in 29 % der Fälle histopathologisch nicht bestätigt werden. Das bedeutet, bei knapp einem Drittel konnten die histopathologischen Merkmale in den intraoperativ gewonnenen Proben mikroskopisch nicht identifiziert werden. Die Gewebezusammensetzungen waren hier divers. Sie reichten von einfach entzündlichen Synovialitiden bis hin zu kollagenen Vernarbungen.
Histopathologische und radiologische Befunde stimmten in 71 % der Fälle überein. Die offen-chirurgische Sanierung war mit 60 % in 31 Fällen das am häufigsten gewählte Behandlungsverfahren; dies wurde teilweise mit den anderen o. g. Methoden kombiniert.
Vor diesem Hintergrund ist zu erwägen, bei Unsicherheit ein zweizeitiges Vorgehen zu wählen und die Diagnose mittels arthroskopischer (ggf. je nach Zugänglichkeit offener) Biopsieentnahme abzusichern und erst dann eine radikale Synovektomie durchzuführen.
Diskussion
Meist erkranken Patienten im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, wie im eigenen Patientengut bestätigt werden konnte [3]. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer (Durchschnittsalter: 38 Jahre, 42 % männlich und 58 % weiblich). Diffuse Gelenkschmerzen und schmerzlose Gelenkschwellungen werden bei der Erstmanifestation meist über Monate beschrieben [3, 4, 6, 10, 13]. Auch diese Beobachtung kann bestätigt werden. Aufgrund der diffusen Symptome wird die Diagnose oft erst spät gestellt. Bleibt das schnell durchführbare erste Röntgenbild unauffällig, kann es bis zur Erstdiagnose Monate dauern. Im eigenen Kollektiv war das Kniegelenk am häufigsten betroffen. Bei der nodulären Form können Einklemmungs- oder Blockadesymptome eine Meniskusläsion vortäuschen. Auch wiederkehrende Gelenkergüsse sind möglich. Daher sollte bei o. g. Symptomatik eine Abklärung mittels MRT erfolgen (Abb. 2).
In Anbetracht der vorhandenen Literatur gibt es keine einheitliche Leitlinie zur Behandlung der PVNS [3, 5, 9, 10, 12]. Anhand der Publikationen wurde bei Durchsicht der Fälle deutlich, dass ohne ein einheitliches Therapieregime die Expertise und Sicherheit des begutachtenden Radiologen sowie die Erfahrung und chirurgischen Fähigkeiten des Operateurs eine entscheidende Rolle spielen und sowohl die Diagnosestellung als auch den therapeutischen Algorithmus mehr beeinflussen, als es derzeit evidenzbasierte Studien tun. In diesem Beitrag soll die Arbeit und Expertise unserer geschätzten Kollegen in der Radiologie keineswegs in Frage gestellt werden, es sollen nur die Sinne geschärft werden, um dem chirurgischen Eifer eine zuverlässige Diagnostik voranzustellen. Denn, bei Wertung der falsch-positiven Rate histopathologischer Präparate als Komplikation, ergäbe dies eine Komplikationsrate von immerhin 28,84 %. Ein Wert, den man beispielsweise in der Endoprothetik niemals tolerieren würde.
Fazit für die Praxis
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Bei der Diagnose einer pigmentierten villonodulären Synovitis (PVNS) sollte im Zweifelsfall vor einer radikalen Synovektomie eine arthroskopische oder offene bzw. in Ausnahmefällen auch eine sonographisch gestützte Biopsiegewinnung vorangeschaltet werden.
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Die eigenen Ergebnisse können mangels ähnlicher Aufarbeitungen nicht mit anderen Untersuchungen verglichen werden.
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Mit diesem Beitrag soll jedoch ein oft unterschätztes Krankheitsbild und dessen Therapie in den wissenschaftlichen Fokus gerückt werden.
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Es bleibt zu hoffen, dass vergleichbare Studien Daten liefern, aus denen sich zukünftig ein etablierter diagnostischer und therapeutischer Algorithmus ableiten lässt.
Literatur
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Funding
Open access funding provided by University of Innsbruck and Medical University of Innsbruck.
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J. Neugebauer, D. Dammerer und W. Hackl geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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P. Lobenhoffer, Hannover
J. Kriegsmann, Trier
W. Hackl, Innsbruck
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Neugebauer, J., Dammerer, D. & Hackl, W. Pigmentierte villonoduläre Synovitis. Arthroskopie 35, 174–178 (2022). https://doi.org/10.1007/s00142-022-00531-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00142-022-00531-9