Mit der 50. Ausgabe von Der Orthopäde haben Sie nun ein Sonderheft in der Hand, dass einen ganz besonderen Blick auf die deutsche Orthopädie wirft und dessen Lektüre wir Ihnen entsprechend besonders ans Herz legen.

50 Jahre hat Der Orthopäde nun die Medizin des Bewegungsapparates begleitet und dabei einen ganz besonderen Charakter entwickelt, der sich auch noch in der heutigen Beliebtheit und Verbreitung spiegelt. Dieser ist vor Allem gekennzeichnet durch die Elemente Evidenz und Erfahrung.

So begleitete Der Orthopäde über die fünf Dekaden interessanterweise eine wesentliche Entwicklung in Forschung und Publikation, die evidenzbasierte Medizin. Für uns heute Quasi-Standard unseres klinisch-wissenschaftlichen Denkens, liegen die Ursprünge noch gar nicht lange zurück. Fast parallel zur Erstausgabe von Der Orthopäde (Abb. 1a) erschien 1972 das Buch des Epidemiologen Archie Cochrane Effectiveness and Efficiency: Random Reflections on Health Services, was in gewisser Form die Grundzüge der Evidenzbasierten Medizin beschreibt. Was wir heute in Der Orthopäde in den EbM-Kommentaren überlegen, hat dabei durchaus auch eine deutsche Tradition: schon 1932 publizierte Paul Martini (1889–1964) die „Methodenlehre der therapeutischen (später therapeutisch-klinischen) Untersuchung“.

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a Cover der Erstausgabe von Der Orthopäde im April 1972. b Cover des ersten Heftes des 50sten Bandes von Der Orthopäde

Bekannt ist Der Orthopäde aber gerade auch für seine Elemente, die aus dem Erfahrungsschatz seiner Autoren resultieren und die nicht in Gänze über evidenzbasierte Medizin oder kontrollierte Studien abgedeckt werden können. Die Orthopädie ist in ihrer Komplexität ein Fach, das viel Erfahrung verlangt, Extraktionsvermögen von Details, Unterscheidung von „wichtig und unwichtig“ und permanente Prioritätensetzung. Diese Tradition steht in Verlängerung der zahlreichen Fachmonografien der deutschen Orthopäden des 19. Und 20. Jahrhunderts und darf in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden.

Zusätzlich ist die Idee der Themenhefte (Abb. 1b) eine Charakteristik, die die Orthopädie im Rahmen von exponentiell steigenden Publikationen überhaupt noch verständlich macht. Themenhefte, von erfahrenen Experten verfasst und aufeinander abgestimmt, dabei immer die evidenzbasierte Studienlage im Auge. Dies gibt dem Leser die Information, die er wirklich für seine Patienten verwenden kann. Dazu kommt die Ausrichtung auf die gesamte Bandbreite der operativen und konservativen Medizin. Seinen modernen Anspruch erkennt der Leser in Der Orthopäde, wenn neben Erfahrung und Studien nun auch die Register mit eigener Rubrik immer wichtiger werden. Vielleicht noch mehr eine Quelle für gute und faire Medizin, als wir aktuell noch glauben.

In diesem Sonderheft haben wir bewusst die Rolle des „Erfahrenen“ betonen wollen und einer Reihe von namenhaften Orthopäden eingeladen, um zu beschreiben, wie sich das Fach in einem Teilgebiet über die letzten 50 Jahre entwickelt hat. Dabei geht es um Fachliches, Innovatives, Berufspolitisches und Organisatorisches, alles Facetten, die unser Fach ausmachen und Kern von Der Orthopäde sind. Sehen Sie die Beiträge sehr persönlich vom Autor geschrieben, genießen Sie die interessanten Darstellungen. Ein solches einmaliges Format, so wichtig es eigentlich auch dauerhaft wäre, wird publikatorisch heute sonst nicht mehr angeboten. Nur der Erfahrene, der sich mit Evidenz beschäftigt und die Grenzen auch erkennt, kann die Komplexität des heutigen Wissens managen und letztendlich klinisch nutzen.

Das Sonderheft „50 Jahre Der Orthopäde“ ist aber insbesondere auch eine Würdigung der Autoren, Reviewer, Herausgeber, Editoren und der im Verlag Beteiligten. Wir hätten an dieser Stelle gerne eine Personenliste derjenigen angefügt, denen Der Orthopäde das Alles zu verdanken hat. Aber schon eine kurze Auseinandersetzung mit einer solchen Liste erzeugt das Gefühl, vielen Kollegen damit nicht gerecht zu werden. Daher wollen wir es so belassen und dieses Sonderheft stellvertretend Allen widmen, die in den letzten 50 Jahren den Orthopäden durch ihre Arbeit und Beiträge unterstützt haben. Insbesondere unseren jüngeren Lesern teilen wir mit: Lesen Sie die Beiträge der Erfahrenen und bilden Sie sich eine Meinung, wie Sie in Zukunft Erfahrungsschätze und Evidenzbasierte Medizin für Ihre Patienten bestmöglich kombinieren.

Auf die nächsten Jahrzehnte freuen sich

Ihr

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Henning Windhagen und

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Rüdiger von Eisenhart-Rothe