Die radiologische Untersuchung der Lunge ist eine der klassischen bildgebenden Routineuntersuchungen des klinischen Alltags. Die Computertomographie (CT) und die Röntgenuntersuchung machen über 90 % der Untersuchungen des Thorax aus, gehen jedoch immer mit einer Strahlenbelastung für den Patienten einher und sind limitiert in Bezug auf funktionelle Beurteilungen. Die Magnetresonanztomographie (MRT) bietet hingegen das Potenzial der dreidimensionalen morphologischen und funktionellen Darstellung ohne Einsatz ionisierender Strahlung. Die Niederfeld-MRT hat dabei aufgrund physikalischer Vorteile besonders gute Voraussetzungen.

Die diagnostische Bildgebung des Thorax stellt nach wie vor die zweithäufigste Routineuntersuchung in der klinischen Praxis dar [1]. Wichtige Indikationen für die Durchführung einer solchen Untersuchung umfassen Infektionen, Tumoren und Fibrosen. Dazu müssen Rundherde, Konsolidierungen, Milchglasverdichtungen, Retikulationen und Narbenstränge detektiert und differenziert werden. Gegenüber der klassischen Projektionsradiographie der Lunge zeigen die modernen Verfahren der Schnittbildgebung diagnostische Vorteile, z. B. in Bezug auf die dreidimensionale Charakterisierung und Zuordnung von Pathologien, sodass eine deutlich höhere Inter-Reader Reliabilität erreicht wird [2]. Die CT ist dabei der aktuelle Goldstandard und ermöglicht schnell und zuverlässig hochaufgelöste Darstellungen zur Beurteilung von Pathologien im Thorax.

Die Gesamtanzahl der MRT-Untersuchungen ist in den letzten Jahren stark angewachsen und hat in verschiedenen klinischen Anwendungsgebieten, wie in der onkologischen, muskuloskeletalen oder zentralnervösen Bildgebung einen hohen Stellenwert. In der Thoraxradiologie konnte sie sich dagegen bislang nicht als primäre Untersuchungsmodalität etablieren [3]. Der limitierte Stellenwert der MRT für die Bildgebung der Lunge hat hierbei physikalische, technische und organisatorische Gründe. Der geringe Wassergehalt und die ultrakurzen transversalen Relaxationszeiten des Lungenparenchyms führen zu sehr niedrigen Signalintensitäten, sodass die Lunge in der MRT-Bildgebung oftmals als schwarzes Loch bezeichnet wird. Um dies zumindest teilweise auszugleichen, können längere Messzeiten, geringere räumliche Auflösungen und spezielle Messtechniken, die ultrakurze Echozeiten ermöglichen, verwendet werden. Da sich die Thoraxorgane kontinuierlich bewegen, sind jedoch zusätzliche Trigger- bzw. Kompensationstechniken oder kurze Akquisitionszeiten zur Vermeidung von Bildartefakten nötig. Daraus resultieren entweder lange Messzeiten oder eine reduzierte räumliche Auflösung. Zudem treten Suszeptibilitätsartefakte besonders an Luft-Gewebe-Grenzflächen auf, wie sie in der Lunge zahlreich vorhanden sind.

Die Computertomographie vereint hingegen kurze Untersuchungszeiten und eine hohe Auflösung und hat ihre intrinsische Stärke an Luft-Gewebe-Grenzen. Die CT ist weltweit relativ breit verfügbar, auch wenn erhebliche nationale und regionale Unterschiede bestehen. Die Stärken der MRT, die strahlungsfrei multiparametrische Sequenzen und funktionelle Analysen erlaubt, werden daher bislang wenig genutzt.

Moderne Niederfeld-MRT-Geräte haben das Potenzial, die physikalisch-technischen Limitationen der MRT bei der Bildgebung der Lunge deutlich zu reduzieren, darüber hinaus die Kosteneffizienz der MRT-Diagnostik insgesamt zu verbessern und damit eine breitere Verfügbarkeit zu ermöglichen. Die Kombination mit den neuesten softwarebasierten Untersuchungsunterstützungen und Auswerteverfahren könnte die Bedeutung der Lungen-MRT in der klinischen Praxis stärken und neue Möglichkeiten für Diagnostik- und Behandlungsprozesse schaffen. Seit November 2020 wird am Universitätsklinikum Erlangen ein neu entwickeltes 0,55-T-MRT mit supraleitendem Magneten (MAGNETOM Free.Max; Siemens Healthcare GmbH, Erlangen) verwendet.

Dieser Artikel soll einen Überblick über die potenziellen physikalischen Vorteile eines Niederfeldsystems (< 1,0 T) für die Lungenbildgebung, die aktuelle Studienlage über die Lungen-MRT und erste eigene Erfahrungen mit der neuesten Generation der supraleitenden Niederfeld-MRT geben.

Niederfeld-MRT

Die klassische Herausforderung der Lungen-MRT ist im anatomischen Aufbau des Lungengewebes begründet. Die Lungenstruktur mit Alveolen, Acini und sekundären Lobuli bedingt eine geringe lokale Protonendichte in den abgebildeten Voxeln des Lungengewebes, sehr kurze transversale Relaxationszeiten sowie daraus resultierend ein sehr geringes Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR; [4]). Eine etablierte Möglichkeit, das schnell zerfallende Signal des Lungengewebes in der Hochfeld-MRT besser zu detektieren, sind spezielle Messtechniken, die ultrakurze Echozeiten (UTE) ermöglichen [5]. Diese sind grundsätzlich auf die Niederfeld-MRT übertragbar. Wielpütz et al. (2018) konnten bei 3 T noduläre Läsionen der Lunge ab einer Größe von 4 mm mit hoher Sensitivität nachweisen. Die Akquisitionszeiten der UTE-Sequenzen betrugen maximal 20 s und konnten innerhalb einer Atempause erfolgen [6]. Bei der Niederfeld-MRT sind die transversalen Relaxationszeiten des Lungengewebes deutlich länger (T2* bei 0,55 T: 10 ± 2 ms vs. 1,5 T: 1–2 ms; [7]). Infolgedessen lässt sich das Signal im Lungengewebe grundsätzlich auch mit konventionellen Messtechniken effizient detektieren. Die Auswahl an Sequenzen ist daher bei niedrigeren Feldstärken potenziell größer. Trotz dieser günstigeren Voraussetzungen sind auch in der Niederfeld-MRT meist zusätzlich wiederholte Mittelungen nötig, um das niedrige SNR teilweise zu kompensieren. Die dafür benötigte Verlängerung der Akquisitionszeit führt in der Lunge wiederum zu einer erhöhten Anfälligkeit für Atem- und Pulsationsartefakte. Zudem ist die Akquisitionszeit für Aufnahmen, die in einer Atemphase durchgeführt werden sollen, auf ca. 15–20 s begrenzt. Bei schwerer Vorschädigung der Lunge kann dieses Akquisitionsfenster noch deutlich kürzer sein. Daher ist auch in der Niederfeld-MRT häufig eine klinische Abwägung zwischen schnellen Sequenzen mit geringerer Bildqualität in Atemanhaltetechnik und längeren Akquisitionen mit Atem-Trigger erforderlich, mit denen eine bessere Bildqualität erreicht werden kann (Tab. 1).

Tab. 1 Messparameter der dargestellten Aufnahmen bei 0,55 T

Während in den meisten anderen Körperregionen die Erhöhung der Feldstärke eine gute Möglichkeit ist, um das SNR in der Bildgebung zu erhöhen bzw. umgekehrt die Untersuchungsdauer bei unverändertem SNR zu reduzieren, trifft dies in der Lunge nicht zu. Multiple Luft-Gewebe-Grenzflächen verursachen lokale Magnetfeld-Inhomogenitäten [4]. Die hieraus resultierenden Suszeptibilitätsartefakte können die Bildqualität stark beeinträchtigen und sind bei niedrigerer Feldstärke signifikant geringer als bei den höheren Feldstärken von 1 und 3 T [7]. Das bei niedrigeren Feldstärken homogenere Magnetfeld reduziert zudem Distorsionen. Campbell-Washburn et al. konnten zeigen, dass aufgrund dieser Effekte bei einer Feldstärke von 0,55 T eine insgesamt bessere Bildqualität, sowohl der morphologischen als auch der Ventilations-Perfusions-Messung, entsteht [7]. Anders als bei gadoliniumhaltigen klinischen Kontrastmitteln, die bei 0,55 und 1,5 T eine vergleichbare T1- und T2-Relaxivität aufweisen, ist die T1-Relaxivität von Sauerstoff bei der niedrigeren Feldstärke erhöht. Die Inhalation von reinem Sauerstoff kann daher die T1-Relaxationszeiten des Lungengewebes verkürzen und so zur zusätzlichen Kontrasterzeugung verwendet werden.

Neben den diagnostischen Leistungsparametern spielt die Verfügbarkeit der Lungen-MRT in der klinischen Routine eine wichtige Rolle. Wenn sich die Erwartung bestätigen sollte, dass es zu einer Erweiterung des Indikationsspektrums der Lungen-MRT kommt und diese Untersuchungen häufiger angefordert werden, muss auch die Effizienz und Verfügbarkeit verbessert werden. Moderne Niederfeld-MRT-Geräte haben aufgrund niedriger Anschaffungs- und Betriebskosten das Potenzial, hierzu einen wichtigen Beitrag zu leisten. Der reduzierte Helium- und Strombedarf ist zusätzlich geeignet, die Einstiegsschwelle für Neuinstallationen niedrig zu halten und eine verbesserte ökologische Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Die Integration der in den letzten Jahren mehr und mehr im Hochfeldbereich etablierten Algorithmen zur Untersuchungsunterstützung kann den Einstieg in die Durchführung der modernen Niederfeld-MRT erleichtern. Gerade für die Lungenbildgebung könnten so auf die klinische Situation des jeweiligen Patienten angepasste Untersuchungsprotokolle etabliert werden. Diese können beispielsweise Kurzprotokolle bei Kindern als mögliche Alternative zum Röntgenbild, multiparametrische morphologische Detailuntersuchungen sowie funktionelle Abklärungen und individuelle Kombinationen beinhalten.

Morphologische Lungendarstellung

Moderne Akquisitionstechniken in der MRT, wie atemgetriggerte und artefaktreduzierende Sequenzen (z. B. Periodically Rotated Overlapping Parallel Lines with Enhanced Reconstruction, PROPELLER/BLADE) oder Sequenzen mit ultrakurzer Echozeit (UTE) ermöglichen eine Untersuchung der Lunge mit einer hohen räumlichen Auflösung [8, 9]. Damit besteht grundsätzlich die Möglichkeit, auch interstitielle Lungengerüstveränderungen und Lungenrundherde zu detektieren. Für die MRT wurden hierbei Sensitivitäten von bis zu 90 % für Mikronoduli und 100 % für Rundherde ab einer Größe von 5–6 mm in Untersuchungen mit einer Feldstärke von 1,5 T beschrieben [10, 11]. Die MRT scheint daher prinzipiell auch für den Einsatz zur schnellen, strahlungsfreien Detektion von kleinen suspekten Lungenrundherden geeignet zu sein (Abb. 1). Durch atemgetriggerte UTE-Sequenzen mit Scanzeiten von mehreren Minuten und modernen Rekonstruktionsverfahren können Bilddatensätze in isotroper Auflösung von 1,75 mm bei diagnostischem SNR erstellt werden. Diese können z. B. in der Diagnostik von interstitiellen Lungenerkrankungen eine Ergänzung zur hochaufgelösten CT darstellen [12].

Abb. 1
figure 1

77-jähriger Patient mit 6 mm großer Lungenmetastase eines Urothelkarzinoms im linken Oberlappen (Pfeile). Unterschiedliche Sequenzen bei 0,55 T erlauben einen sicheren Nachweis der Metastase: protonendichtegewichtete (PDw) BLADE transversal (a), T2w-BLADE-STIR (Short-Tau Inversion Recovery) koronal (b), T1w-UTE(„ultrashort echo time“)-Sequenzen transversal (c) und koronal (d). Multiplanare Rekonstruktion (MPR) einer Computertomographie (e, f) vom gleichen Tag (5 mm MPR, Faltungskern Br60). Die teilweise erkennbaren Suszeptibilitätsartefakte in der rechten Thoraxwand stammen von einer einliegenden Portkammer

Neben dem Einsatz in der zunehmend an Bedeutung gewinnenden onkologischen Früherkennung könnte die Technik auch einen klinischen Mehrwert für repetitive longitudinale Untersuchungen zum Verlaufsmonitoring bieten. Die Vermeidung der kumulativen Applikation von ionisierenden Strahlen bei Verlaufsuntersuchungen akuter Infektionen, wie z. B. Patienten mit kompromittiertem Immunsystem nach Knochenmarktransplantation und chronischen Erkrankungen wie der Mukoviszidose, ist aufgrund des verhältnismäßig jungen Durchschnittsalters dieser Patientengruppen besonders attraktiv. Auch die Verlaufskontrolle pulmonaler Zufallsbefunde oder onkologischer Erkrankungen erscheint bei geeigneter Patientenselektion ebenso sinnvoll wie der Einsatz als Screening-Untersuchung bei Risikogruppen (z. B. Raucher oder nach Asbestexposition). Unsere ersten Lungenuntersuchungen an einem modernen 0,55-T-Gerät konnten dabei die vielversprechenden Ergebnisse aus der Literatur, die hierfür einen von 1 auf 0,55 T umgerüsteten MRT-Scanner verwendeten, bestätigen [7].

Anders als die CT bietet die MRT die Möglichkeit, komplementäre Bildkontraste zur weiteren Charakterisierung eines Krankheitsgeschehens einzusetzen. Bei höheren Feldstärken konnten mit diffusionsgewichteten Sequenzen intrapulmonale Rundherde von anderen Pathologien, wie Konsolidierungen und Atelektasen, differenziert werden [13]. Auch diese Funktionalität scheint auf die moderne Niederfeld-MRT übertragbar zu sein (Abb. 2). Darüber hinaus stehen diffusionsgewichtete Sequenzen zur weiteren Charakterisierung von Lungenrundherden und zur Lymphknotendetektion zur Verfügung. Dabei werden durch Kartierung der Wassermolekülbewegung im Gewebe Korrelate der Zellularität bestimmt. Nach Angaben in der Literatur können Lungenrundherde ab einer Größe von 1 cm mit der diffusionsgewichteten Bildgebung (DWI) untersucht werden [14, 15]. Die multiparametrische Kombination der komplementären Signalcharakteristiken der MRT-Bildgebung könnte in Kombination mit den klassischen morphologischen Malignitätskriterien wie Größe und Wachstumsrate zukünftig auch dazu beitragen, die Rate an Lungenbiopsien zu reduzieren [3].

Abb. 2
figure 2

67-jährige Patientin mit einem Residuum eines Bronchialkarzinoms in der Lingula (gestrichelter Pfeil) und einer Strahlenfibrose im rechten Unterlappen (Pfeil) in einer transversalen protonendichtegewichteten (PDw) BLADE-Sequenz (a). Auch in der T1w-UTE(„ultrashort echo time“)-Sequenz in Atemanhaltetechnik bei derselben Patientin sind die Pathologien einschließlich des Bronchopneumogramms deutlich zu erkennen und morphologisch zu differenzieren (b). Korrespondierende Computertomographie (5 mm multiplanare Rekonstruktion [MPR], Faltungskern Br60) vom gleichen Tag (c)

Kinder sind aufgrund ihrer erhöhten Strahlensensibilität besonders durch ionisierende Strahlung gefährdet. Daher bietet sich die Niederfeld-MRT in der pädiatrischen Radiologie perspektivisch als Alternative zur klassischen Bildgebung an (Abb. 3). So konnte für die Lungen-MRT, im Vergleich zu den häufig aus Strahlenschutzgründen bei Kindern statt CT-Untersuchungen primär durchgeführten Röntgenaufnahmen, eine höhere diagnostische Genauigkeit in der Beurteilung der Tuberkulose gezeigt werden [16]. Nach ersten positiven Erfahrungen bei der Detektion von pulmonalen COVID-19-Pathologien bei Erwachsenen (Abb. 3) konnte diese an einem modernen 0,55-T-Gerät auch auf die Untersuchung von Kindern übertragen werden [17]. Mögliche weitere Indikationen sind chronische Erkrankungen, wie die zystische Fibrose, die Differenzialdiagnostik infektiöser Erkrankungen und die Abklärung von Komplikationen wie Ergüssen, Empyemen und Abszessen (Abb. 3, [18, 19]). Ein weiterer Vorteil der Niederfeld-MRT für die Untersuchung von Kindern sind niedrigere spezifische Absorptionsraten (SAR). Da die geltenden SAR-Grenzwerte unabhängig von der Magnetfeldstärke sind, ist die Wahl der optimalen Sequenzparameter im Niederfeld oftmals weniger eingeschränkt [7]. Auch die Möglichkeit der offenen Gestaltung der Gantry mit Tunnelweiten bis 80 cm sollten sich positiv auf die Untersuchung von Kindern und von Patienten mit Klaustrophobie auswirken. Die geringere Geräuschbelastung kann ebenfalls zum Patientenkomfort beitragen und die Akzeptanz erhöhen. Mehrere unserer Patienten fragen aufgrund ihrer positiven Erfahrungen gezielt nach einer Folgeuntersuchung am gleichen Niederfeld-Gerät.

Abb. 3
figure 3

Differenzialdiagnose pulmonaler Erkrankungen mittels atemgetriggerten transversalen protonendichtegewichteten (PDw) BLADE-Sequenzen bei 0,55 T in freier Atmung: a unauffällige Lungen-Magnetresonanztomographie (MRT) eines 11-jährigen Jungen zum Ausschluss von Infiltraten bei Fieber unklarer Ursache. Die Eltern hatten eine Röntgen-Thorax-Untersuchung aus Sorge vor der Strahlenbelastung abgelehnt. b 74-jähriger Patient mit bipulmonalen Infiltraten (Pfeile) bei COVID-19-Pneumonie. c 69-jährige Patientin mit Pleuraerguss links (Pfeil). Die Suszeptibilitätsartefakte links mammär stammen von einer einliegenden Portkammer. d Multiple kleine Lungenmetastasen bei einer 69-jährigen Patientin mit Sigmakarzinom (exemplarisch mit Pfeilen markiert)

Das sehr geringe Patientenrisiko einer nativen MRT-Untersuchung könnte in Zukunft Einsatzmöglichkeiten bei besonders vulnerablen Patientengruppen und auch neue Indikationsgebiete erschließen. So wären beispielsweise engmaschige Verlaufsuntersuchungen nach standardisierten Protokollen mit niedrigschwelligen Einschlusskriterien möglich. Daraus ergibt sich ein großes Potenzial für die translationale Forschung, z. B. in multizentrischen Studien zum pathophysiologischen Verständnis akuter und chronischer Lungenerkrankungen [20, 21].

Funktionelle Lungenbildgebung

Zusätzlich zur multiparametrischen Charakterisierung der Morphologie des Lungenparenchyms bietet die MRT auch die Möglichkeit, die Gewebefunktion zu untersuchen. Die kontrastmittelgestützte MR-Angiographie der Pulmonalarterien samt Lungenperfusionsmessung bietet eine hohe Sensitivität und Spezifität für Embolien und Perfusionsdefekte. Der Einsatz moderner Verfahren der parallelen Bildgebung erhöht dabei sowohl die zeitliche als auch die räumliche Auflösung [22, 23]. Dies kann die Diagnose von Lungenarterienembolien und deren Folgen bei Patienten mit Kontraindikationen für jodhaltiges Kontrastmittel und eine strahlungsfreie Verlaufsbildgebung zur Evaluation des Therapieerfolgs mit hoher Qualität ermöglichen [24, 25]. Die Perfusions-MRT wurde als Alternative zur Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) beschrieben und zeigte hier eine vergleichbare Genauigkeit bei höherer räumlicher Auflösung, z. B. für die Diagnose der chronisch-thrombembolischen pulmonalarteriellen Hypertonie (CTEPH; [3, 22, 26]).

Alternativ zu intravenösem Kontrastmittel kann hyperpolarisiertes Gas (Xenon 123 und Helium 3) als inhalatives Kontrastmittel zur Darstellung der Lungenventilation und -perfusion genutzt werden [27,28,29]. Da die Herstellung dieser Gase aufwändig ist und die Messung spezielle Spulen benötigt, ist der klinische Stellenwert dieser Technik bisher gering [30]. Eine kostengünstige und unkomplizierte Alternative stellt die inhalative Verwendung von Sauerstoff dar. Die höhere T1-Relaxation des Sauerstoffs bei niedrigeren Feldstärken verstärkt den Kontrast der Ventilations-Perfusions-MRT, was auch für 0,55 T in der Literatur bereits beschrieben wurde [3]. Die Untersuchung kommt dabei ohne Applikation von zusätzlichem Kontrastmittel aus und bietet die Möglichkeit einer dreidimensionalen Darstellung mit deutlich höherer Auflösung als die Lungenventilationsszintigraphie [31].

Die Fourier-Dekompositions-MRT (FD-MRT) bietet zudem eine nichtinvasive Möglichkeit der Lungenfunktionsdarstellung. Sie benötigt weder den Einsatz eines intravenösen noch eines inhalativen Kontrastmittels. Die Untersuchung beruht auf den durch Atmung und Pulsation des Blutes verursachten regionalen Intensitätsschwankungen. Diese werden mit einer schnellen, repetitiven Bildakquisition in „steady-state free precession“ (z. B. „true fast imaging with steady-state precession“, TRUFI) oder mit „spoiled gradient echo“ (z. B. „fast low-angle shot“, FLASH) erfasst und mittels Fourier-Dekomposition voneinander getrennt. Die FD-MRT wird in wenigen Minuten in freier Atmung durchgeführt und ist deshalb auch bei niedriger Compliance des Patienten möglich. Sequenzen an modernen 0,55-T-MRT-Geräten kommen dabei mit Akquisitionszeiten von ca. 1:30 bis 1:45 min aus. Die errechneten Ergebnisse von Ventilation und Perfusion können mittels graphischer Ventilations-Perfusions-Karten visualisiert und Störungen somit auch räumlich zugeordnet werden (Abb. 4, [32, 33]).

Abb. 4
figure 4

Ventilations-Perfusions-Karte einer 57-jährigen Patientin (65 kg, 1,68 m) mit verbleibenden Perfusions- und Ventilationsrestriktionen (rote Pfeile) 7 Monate nach einer COVID-19-Infektion. Zur Erstellung der Lungenfunktionskarten wurde die PREFUL („phase-resolved function lung“)-Technik auf der Basis einer zeitaufgelösten T2w-TRUFI(„true fast imaging with steady state precession“)-Sequenz verwendet. Die Patientin hatte zum Zeitpunkt der Aufnahme weder Symptome noch morphologische Lungenveränderungen

In ersten eigenen Untersuchungen konnte die funktionelle Beurteilung des Lungenparenchyms mittels Niederfeld-MRT nach COVID-19-Infektionen bei Erwachsenen und Kindern gezeigt werden. Der Verzicht auf die Applikation von intravenösen Kontrastmitteln und ionisierender Strahlung eröffnet auch hier die Möglichkeit der repetitiven Anwendung. Daher könnten regionale Veränderungen der Perfusion und Ventilation im Lungengewebe auch im zeitlichen Verlauf überwacht und zur Stratifizierung von Therapien eingesetzt werden.

Personalisierte Lungendarstellung

Die multiparametrische und funktionelle Lungen-MRT bietet somit weit mehr als nur eine strahlungsfreie Alternative zur klassischen CT-Untersuchung. Die Vielzahl an Informationen, die über das Lungengewebe und seine Funktion erhoben werden können, kann insbesondere in der zunehmend wichtigen personalisierten Medizin einen Mehrwert generieren. So ist es perspektivisch denkbar, dass die optimale Kombination der einzelnen Sequenzen in der Lungen-MRT nicht nur für im Vorfeld festgelegte klinische Fragestellungen definiert ist.

Mithilfe von intelligenten Algorithmen könnten die Untersuchungsprotokolle direkt am Scanner auf den jeweils aktuellen Symptomkomplex der Patienten angepasst und sogar während der Untersuchung modifiziert werden. So wäre es z. B. denkbar, im Rahmen einer Screening-Untersuchung zunächst nur kurze UTE-Sequenzen auszuwählen, die nur beim Vorhandensein von Lungenläsionen um weitere Sequenzen ergänzt werden. Bei einer Kontrolle von bekannten Rundherden könnten hingegen diffusionsgewichtete Sequenzen im Falle einer Größenzunahme zur weiteren Bestimmung der Entität und zum Nachweis von Lymphknotenmetastasen ergänzt werden. Mittels künstlicher Intelligenz (KI) könnten automatisierte Detektionsalgorithmen in Zukunft Pathologien bereits während der laufenden Untersuchung automatisiert detektieren und Sequenzen zur weiteren Differenzierung vorschlagen. Neben der Primärdiagnostik könnte dies auch in der personalisierten Therapiestratifizierung und im Therapiemonitoring eine wichtige Bedeutung erlangen. Diese automatisiert generierten Ergebnisse könnten darüber hinaus zur Prognosebeurteilung und Therapieentscheidung genutzt werden. Da dies real-time geschieht, erscheint es zudem möglich, dass diese Informationen durch die Auswahl geeigneter MRT-Sequenzen während der laufenden Untersuchung sogar Einfluss auf die Primärdaten nehmen [34, 35]. Dies kann in Zukunft dazu beitragen, medizinische Therapien engmaschig auf ihre funktionelle und morphologische Wirkung hin zu überwachen, und so stärker patientenindividuelle Stratifizierungsmöglichkeiten klinisch zu etablieren. Die translationale Forschung und Entwicklung sollte so dazu beitragen, die Diagnostik und Überwachung von Lungenerkrankungen in der Patientenversorgung weiter zu stärken.

Fazit für die Praxis

  • Die Magnetresonanztomographie (MRT) der Lunge ermöglicht eine morphologische und funktionelle Charakterisierung des Lungengewebes.

  • Die Lungen-MRT könnte insbesondere bei vulnerablen Patientengruppen (Kinder, Schwangere, repetitive Verlaufskontrollen) einen klinischen Mehrwert bieten.

  • Die moderne Niederfeld-MRT profitiert von physikalischen Vorteilen und geringeren Kosten und kann so die Verfügbarkeit verbessern.

  • Die Erweiterung der personalisierten Charakterisierung des Lungengewebes durch Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI) wird zukünftig eine wichtige Rolle spielen.