Sowohl pertrochantäre Femurfrakturen wie auch proximale Humerusfrakturen gehören bei älteren Patienten zu den sog. Fragilitätsfrakturen, die durch Niedrigenergietraumata verursacht werden. Aufgrund der reduzierten Verankerung der Implantate im osteoporotischen Knochen stellt die Versorgung solcher Frakturen eine Herausforderung dar. Ein Fixationsversagen kann zu einer sekundären Dislokation der Fraktur, einer Dislokation des Osteosynthesematerials bis hin zu einer Schraubenperforation ins Gelenk führen. Die Augmentation vergrößert die Kontaktfläche zwischen Implantat und Knochen und erhöht die biomechanische Stabilität der Osteosynthese.

Hintergrund

Proximale Humerus- und auch proximale Femurfrakturen treten gehäuft beim älteren Patienten auf [18, 26]. Meist werden sie durch Niedrigenergietraumata, wie einen Sturz aus dem Stand, verursacht und entsprechen sog. Fragilitätsfrakturen. Die zugrunde liegende Problematik ist die Osteoporose [10, 20, 37]. Da mediale Schenkelhalsfrakturen bei älteren Patienten (> 65-jährig) mehrheitlich mithilfe des Gelenksersatzes versorgt werden, wird in diesem Beitrag nicht auf diese Frakturentität eingegangen [4]. Die Osteoporose ist nicht nur ein Risikofaktor für die Frakturentstehung, sondern auch für das Versagen einer Frakturfixation [32].

Osteoporose ist ein Risikofaktor für die Frakturentstehung und das Versagen einer Frakturfixation

Sowohl bei pertrochantären Femur- wie auch proximalen Humerusfrakturen kann ein Versagen der Frakturfixation zur sekundären Dislokation der Fraktur und zur Dislokation des Osteosynthesematerials, einschließlich der Penetration in das entsprechende Gelenk, führen [1, 9]. Die Häufigkeit solcher Komplikationen beträgt für pertrochantäre Femurfrakturen zwischen 1,8 und 8 % [1, 5, 28, 29] sowie für proximale Humerusfrakturen zwischen 7,5 und 20 % [8, 23, 40].

Mit der Zementaugmentation wird versucht, die Lastübertragung zwischen Implantat und Knochen zu optimieren, indem ihre Kontaktflächen vergrößert werden. Ziel ist es, Spitzenbelastungen auf die rarefizierten Trabekel des osteoporotischen Knochens zu verringern und die Stabilität des Konstrukts zu erhöhen, um die Rate des Fixationsversagens zu reduzieren [44].

Operationstechnik

Proximales Femur

Der Trochanteric Fixation Nail-Advanced (TFNA; Fa. DePuy Synthes, Schweiz) ist in 4 Größen erhältlich, die alle dank perforierter Schenkelhalsklinge resp. -schraube eine Augmentation mit hochviskösem Polymethylmethacrylatzement (TRAUMACEM V+; Fa. DePuis Synthes, Synthes GmbH, Zuchwil, Switzerland) nach Einbringen des Implantats erlauben. Alle Repositions- und Operationsschritte werden unabhängig von einer Augmentation gleich durchgeführt. Diese Schritte wurden bereits anderweitig beschrieben und können ebenso der technischen Anleitung des TFNA entnommen werden [27, 29]. Auch bei geplanter Augmentation sind eine anatomisch anatomisch richtige Reposition und die korrekte Lage des Osteosynthesematerials unabdingbar [35]. Vor der Applikation von Zement sollte der Anästhesist informiert werden, da der Patient mit einem Blutdruckabfall reagieren kann [33].

Nach Einbringen der Schenkelhalsklinge/-schraube wird der Führungsdraht entfernt und die Injektionskanüle des TRAUMACEM V+-Sets, die vorgängig auf die Länge der Schraube/Klinge eingestellt wird, über den Zielbügel in Letztere eingebracht (Abb. 1) Die Kanüle weist im distalen Anteil eine Seitenöffnung auf, sodass der Zement durch Rotation der Kanüle gezielt in die gewünschte Richtung appliziert werden kann. Vor dem Einbringen des Zements muss mithilfe von wasserlöslichem Röntgenkontrastmittel dessen intraartikuläres Austreten ausgeschlossen werden. Durch das wasserlösliche Kontrastmittel wird eine Perforation der Kopfkalotte nachgewiesen. Das Kontrastmittel ist im Gegensatz zum Zement auswaschbar und für das Gelenk nicht schädlich. Hierzu wird das Kontrastmittel unter radiologischer Kontrolle mithilfe des C‑Bogens über die Injektionskanüle gespritzt. Sofern kein Kontrastmittel nach intraartikulär austritt, kann der Zementierungsprozess initiiert werden. Der Knochenzement wird angerührt und in die mitgelieferten Spritzen aufgezogen (Abb. 1). Unter Bildwandlerkontrolle wird der Zement, beginnend mit den weiß markierten 2‑ml-Spritzen, appliziert, wobei zu berücksichtigen ist, dass die ersten ca. 4 ml (entspricht dem Inhalt der beiden weißen Spritzen) lediglich dem Befüllen des Kanülensystems dienen. Durch Rotieren der Kanüle kann der Zement optimal um die Klinge/Schraube verteilt werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass eine Distanz von mindestens 6 mm zwischen Zement und Gelenkfläche eingehalten wird, um das Entstehen von Nekrosen durch die exotherme Reaktion des Zements zu verhindern [46]. Gemäß Anleitung sollen 3 ml Zement injiziert werden. In vitro wurden bei der Augmentation einer Schenkelhalsschraube mit 3 ml und 6 ml keine Temperaturen erreicht, die eine Nekrose induzieren könnten [6]. In vivo konnten bei der Verwendung von durchschnittlich 3,8–4,2 ml Zement ebenfalls keine Anzeichen einer Knochennekrose nachgewiesen werden [19, 21]. Nach Einbringen des Zements kann die Kanüle entfernt werden (Abb. 2) Die weitere Operation wird analog des Vorgehens ohne Zement fortgeführt.

Abb. 1
figure 1

Intraoperatives Vorgehen bei der Augmentation eines Trochanteric Fixation Nail-Advanced (TFNA; Fa. DePuy Synthes, Schweiz). a,b Injektionskanüle, die auf die Länge der Schenkelhalsklinge/-schraube eingestellt wurde, c farblich markierte Spritzen des TRAUMACEM V+-Sets (Fa. DePuis Synthes, Synthes GmbH, Zuchwil, Switzerland), d Zementapplikation über den Zielbügel

Abb. 2
figure 2

Postoperative Röntgenbilder nach Versorgung einer pertrochantären Femurfraktur mit augmentiertem Trochanteric Fixation Nail-Advanced (TFNA; Fa. DePuy Synthes, Schweiz). a Tiefzentrierte Beckenaufnahme, b axiale Aufnahme der rechten Hüfte

Proximaler Humerus

Eine Augmentation am proximalen Humerus wird durch plattenkompatible kanülierte und perforierte Schrauben ermöglicht. Auch am Humerus wird für die Augmentation der bereits beschriebene hochvisköse Knochenzement (TRAUMACEM V+) verwendet. Die Repositions- und Operationsschritte werden analog der Operation ohne Augmentation durchgeführt und wurden anderweitig bereits beschrieben [3, 7, 8]. Sie sind auch in der entsprechenden Operationsanleitung nachzulesen [46]. Es kann sowohl ein deltopektoraler wie auch ein anterolateraler Zugang (Deltasplit) gewählt werden. Eine anatomisch gerechte Reposition mit guter medialer Abstützung reduziert die Häufigkeit von implantatassoziierten Komplikationen und soll auch bei geplanter Augmentation angestrebt werden [2, 15]. Wenn eine Augmentation durchgeführt wird, müssen die entsprechenden kanülierten, winkelstabilen Schrauben in den proximalen Verriegelungslöchern Anwendung finden. Gemäß Operationsanleitung sollen 4 bis 6 Schrauben augmentiert werden. Die Anleitung empfiehlt prioritär, die oberste Schraubenlochreihe und die 5. kalkarnahe Reihe zu augmentieren. Wenn 4 Schrauben augmentiert werden, wird empfohlen, zusätzlich 2 weitere nichtaugmentierte Schrauben zu verwenden. Klare Empfehlung und Evidenz hierzu gibt es aber bisher nicht.

Unabhängig von einer Augmentation ist in jedem Fall die anatomisch korrekte Reposition anzustreben

Es ist wichtig, vor dem Zementieren die Länge sämtlicher Schrauben im Bildverstärker zu kontrollieren, um eine primäre Perforation in das Gelenk auszuschließen [39]. Um die Unversehrtheit der Kopfkalotte zu dokumentieren und die Gefahr der intraartikulären Gabe des Zements zu minimieren, muss analog zum TFNA auch am proximalen Humerus vorgängig ein wasserlösliches Röntgenkontrastmittel appliziert werden. Unter Bildwandlerkontrolle sollten 0,5–1 ml Kontrastmittel pro zu augmentierende Schraube gespritzt werden. Damit klar ersichtlich ist, wohin das Kontrastmittel jeder einzelnen Schraube fließt, sollte das entsprechende Kontrastmittel jeweils mit Kochsalzlösung weggespült werden. Sämtliche Schrauben, die keinen Kontrastmittelaustritt nach intraartikulär zeigen, können augmentiert werden. Der Knochenzement wird gemäß Anleitung angerührt und in den mitgelieferten Spritzen aufgezogen. Nach Anbringen des Adapters auf die Spritzen kann der Zement durch festes Andrücken der Spritze in der Öffnung der kanülierten Schraube injiziert werden. Pro Schraube sollen, gemäß Operationsanleitung, maximal 0,5 ml Zement verwendet werden, wobei die ersten 0,05–0,15 ml Zement dem Befüllen des Hohlraums in der jeweiligen Schraube dienen. Insgesamt sollen pro Humeruskopf nicht mehr als 3 ml eingebracht werden (Abb. 3). Allfällige Zementreste in den Schraubenköpfen sollten entfernt werden, da sie sonst bei einer späteren Metallentfernung hinderlich sein können. Die Operation kann danach analog dem Vorgehen ohne Zement weitergeführt werden.

Abb. 3
figure 3

Augmentierte PHILOS-Platte (Fa. DePuy Synthes, Synthes GmbH, Zuchwil, Schweiz). a,b Postoperative Röntgenbilder in 2 Ebenen. c,d Verlaufskontrolle nach einem Jahr

Ergebnisse

Proximales Femur

Biomechanische In-vitro-Studien mit verschiedenen Implantaten („sliding hip screw“, PFNA [Proximaler Femurnagel Antirotation], TFNA) konnten aufzeigen, dass eine Augmentation die Stabilität der Versorgung erhöht [12, 13, 34,35,36]. Während nichtaugmentierte PFNA eine „Cut-out“-Häufigkeit bis zu 6,2 % aufweisen [29, 30], wurde nach erfolgter Augmentation in einer klinischen Studie mit 62 Patienten (ohne Kontrollgruppe) kein Fall von Cut out berichtet, was die Befunde der biomechanischen Studien unterstützt [19]. Zwei Beobachtungsstudien, die augmentierte mit nichtaugmentierten PFN (Proximaler Femurnagel) und TFNA verglichen, zeigten ebenfalls signifikant mehr Fixationsversagen (Varuskollaps und/oder Cut-out) ohne Augmentation [24, 45]. In einer dieser Studien war jedoch nicht ersichtlich, ob es zwischen den Gruppen einen Unterschied bezüglich der Knochendichte gab. Randomisierte Studien konnten die möglichen Vorteile der Augmentation bezüglich des Fixationsversagens bisher nicht bestätigen [11, 22].

Eine 2021 veröffentlichte Metaanalyse von Rompen et al., die augmentierte mit nichtaugmentierten Osteosynthesen von proximalen Femurfrakturen bei älteren Patienten verglichen hat und sowohl randomisierte wie auch Beobachtungstudien einschloss, konnte hingegen doch signifikant weniger implantat-/frakturassoziierte Komplikationen (Cut out, Cut through, Infektionen, „malunion“, etc.) bei Patienten mit augmentierten proximalen Femurnägeln nachweisen (19,9 % vs. 6,0 %, [31]). Diese Ergebnisse bekräftigen die Befunde der oben erwähnten biomechanischen Studien. Weiter wurden in Fällen mit augmentierten Osteosynthesen weniger Revisionen durchgeführt [22], der Krankenhausaufenthalt war kürzer [31], die Patienten gaben weniger Schmerzen an [31], und auch die Hüftfunktion war besser [11, 31].

Zementassoziierte Komplikationen, wie das „bone cement implantation syndrome“ sind gemäß aktueller Literatur äußerst selten, jedoch kann es im Rahmen der Zementapplikation zum Blutdruckabfall beim Patienten kommen, der zur einer vorübergehenden Vasoaktivabedürftigkeit führen kann [31, 33, 45]. Das Risiko von Zementaustritt ins Gelenk kann durch die vorgängige Kontrolle mithilfe des Kontrastmittels minimiert werden [33]. Bei der Verwendung von maximal 6 ml Zement wurden bisher keine thermischen Nekrosen beschrieben [6, 21].

Proximaler Humerus

Eine biomechanische Studie, in der die Augmentation bei 3 verschiedenen Osteosyntheseverfahren am proximalen Humerus untersucht wurde, konnte aufzeigen, dass die interfragmentäre Bewegung durch die Augmentation deutlich reduziert und die Zahl der Belastungszyklen bis zum Versagen der Osteosynthese deutlich erhöht wurde [25]. In dieser Studie wurden jedoch inzwischen veraltete Fixationsmethoden verwendet, und der Zement musste vor dem Einbringen des Osteosynthesematerials in den Humeruskopf appliziert werden. Eine neuere biomechanische Studie, die PHILOS-Platten mit kanülierten Schrauben verwendete, konnte die Befunde jedoch bestätigen [41]. In dieser Studie war auffallend, dass Humeri mit schlechter Knochendichtewerte deutlich von einer Zementaugmentation profitierten, während solche mit guten Knochendichtewerte keinen wirklichen Benefit hatten. Aufgrund der limitierten Studiengröße und fehlender klinischer Daten dazu, ist aber noch kein Schwellenwert der Knochendichte bekannt, ab der die Augmentation vorteilhaft wäre.

In biomechanischen Studien erhöht die Augmentation die Stabilität der Frakturversorgung

Klinische Kohortenstudien zeigten bisher zwar keinen Unterschied bezüglich der Schulterfunktion, jedoch kam es bei erfolgter Augmentation signifikant seltener zu implantatassoziierten Komplikationen wie sekundärer Dislokation oder sekundärer Schraubenperforation [14, 16, 23]. Hierbei muss aber beachtet werden, dass die Patienten, die eine Augmentation erhielten, in einer dieser Studien deutlich häufiger eine Osteoporose aufwiesen und signifikant älter waren [16]. Daher ist es möglich, dass der Benefit einer Augmentation ggf. unterschätzt wird, da die Ergebnisse bei diesen Patienten ohne Augmentation ggf. schlechter ausgefallen wären [16]. In einer weiteren Studie ist unklar, welche Kriterien angewendet wurden, um die Entscheidung für eine Augmentation zu treffen [23]. Eine Verzerrung der Ergebnisse kann daher nicht ausgeschlossen werden. Eine randomisierte Studie, die die augmentierte mit der nichtaugmentierten Versorgung vergleichen sollte, wurde frühzeitig abgebrochen. In beiden Gruppen war die Häufigkeit eines Osteosyntheseversagens fast identisch und deutlich geringer als erwartet, sodass die Studie unter diesen Voraussetzungen eine zu geringe Teststärke aufwies [17].

Humeri mit schlechter Knochendichte scheinen deutlich von einer Zementaugmentation zu profitieren

Welche der 6 Schrauben augmentiert werden sollten, ist zurzeit noch unsicher. Eine biomechanische Studie zeigte bezüglich der Stabilität mögliche Vorteile der Augmentation von Schrauben, die im Bereich des Kalkars und im posterioren Anteil des Humeruskopfes zu liegen kommen [42]. Die Operationsanleitung zur PHILOS-Platte empfiehlt ebenfalls das Augmentieren der Kalkarschrauben, jedoch primär soll die proximalste Schraubenreihe augmentiert werden. Das Augmentieren der Kalkarschrauben scheint aber eine gewisse Gefahr des intraartikulären Austritts von Zement zu bergen, wie in der Studie von Foruria et al. demonstriert werden konnte. In dieser Studie fiel auch auf, dass eine partielle avaskuläre Nekrose nur um den Zement der proximalsten Schraubenreihe aufgetreten war [14].

Diskussion

Sowohl für pertrochantäre Femur- wie auch für proximale Humerusfrakturen scheint die Zementaugmentation aufgrund der bisherigen Datenlage biomechanische Vorteile zu haben. In beiden anatomischen Regionen konnte eine verbesserte Stabilität der Osteosynthese aufgezeigt werden [35, 41]. In der klinischen Anwendung ist die Evidenzlage hingegen noch nicht eindeutig. Während die Augmentation von proximalen Humerusfrakturen die Häufigkeit von Fixationsversagen in Form von sekundärer Dislokation mit oder ohne Schraubenperforation reduziert [14, 16, 23], konnten für klinische Parameter wie den Disabilities of Arm, Shoulder and Hand Score, den Constant Score oder den Short-Form-12-Fragebogen keine signifikanten resp. klinisch relevanten Unterschiede nachgewiesen werden [14, 16, 23, 38]. Auch bei pertrochantären Femurfrakturen ist die Datenlage aktuell noch unsicher. Während einige Studien zum Schluss kommen, dass die Augmentation die Häufigkeit von Fixationsversagen (Schraubenpenetration, Implantatbruch, sekundäre Dislokation) reduzieren kann, wurde in anderen Studien diesbezüglich wiederum kein signifikanter Unterschied nachgewiesen [11, 22, 24, 45]. Eine Metaanalyse, die die Versorgung von pertrochantären Femurfrakturen mit und ohne Augmentation anhand von 4 randomisierten kontrollierten Studien und 3 Beobachtungsstudien verglich, konnte allerdings signifikante Unterschiede, das Fixationsversagen und auch die klinischen Ergebnissen (Schmerzen, Hüftfunktions-Scores) betreffend, aufzeigen, was ein Hinweis sein könnte, dass die bisherigen Studienkohorten zu klein waren, um einen Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen nachzuweisen [31].

Die Augmentation stellt eine wertvolle Erweiterung der Therapieoptionen bei Fragilitätsfrakturen dar

Gemäß der biomechanischen Studie von Unger et al. ist eine Augmentation v. a. bei niedrigen Knochendichtewerten vorteilhaft [41]. In bisherigen klinischen Studien wurde diesem Aspekt jedoch nicht genügend Rechnung getragen. So waren in den Studien von Hakimi et al. und Siebenbürger et al. signifikant mehr Patienten mit Osteoporose der augmentierten Gruppe zugeteilt als in der nichtaugmentierten Gruppe. Die fehlende Differenz bezüglich des klinischen Ergebnisses zwischen nichtosteoporotischem Knochen und augmentiertem osteoporotischem Knochen könnte aber ein Hinweis auf den positiven Effekt einer Augmentation bei geringer Knochendichte sein. Ein Schwellenwert der Knochendichte oder eine intraoperative Dichtmessung, die einen Schwellenwert zur Augmentation definieren könnte, steht bislang nicht zur Verfügung. Das Ausmaß der Osteoporose wird außerhalb von Studienprotokollen oft erst in der postoperativen Phase im Rahmen von alterstraumatologischen Patientenpfaden zur Einleitung einer Sekundärprophylaxe erfasst [43]. Deshalb kann die Entscheidungsfindung für oder gegen eine Augmentation weiterhin nicht auf evidenzbasierten Kriterien erfolgen.

Möglicherweise spielt der irreversible Aspekt der Zementaugmentation auch eine Rolle in der restriktiven Verwendung im klinischen Alltag [44]. Einmal eingebracht, kann der Zement nicht mehr umplatziert oder entfernt werden. Klinische Studien konnten aber klar zeigen, dass das Entfernen der Schrauben beim proximalen Humerus resp. der Schenkelhalsimplantate bei pertochantären Femurfrakturen trotz Augmentation problemlos möglich ist [23, 45] und das Risiko eines Zementaustritts ins Gelenk durch die vorgängige radiologische kontrastmittelunterstützte Kontrolle minimiert werden kann [33].

Zusammenfassend sind die Risiken einer Augmentation am proximalen Humerus und am proximalen Femur bei pertrochantären Frakturen gering, und das Verfahren ist sicher. Die Augmentation scheint, gemessen am Auftreten von Fixationsversagen in klinischen Studien, die biomechanischen In-vitro-Messungen zu bestätigen. Für die klinisch funktionellen Ergebnisse zeigt die Augmentation in diesen Lokalisationen bisher keinen evidenzbasierten Vorteil. Beim Patientenkollektiv mit Fragilitätsfrakturen, bei dem eine Reintervention durch sorgfältige Indikationsstellung und operative Technik vermieden werden muss, scheint die Augmentation, unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Reduktion von Fixationsversagern und der sicheren Augmentationstechnik, eine wertvolle Erweiterung der Therapieoptionen zu bieten.

Fazit für die Praxis

  • Proximale Humerus- und pertrochantäre Femurfrakturen werden bei Zuzug durch einen Sturz aus dem Stand als Fragilitätsfrakturen bezeichnet.

  • Die osteosynthetische Versorgung von Frakturen in osteoporotischem Knochen stellt im klinischen Alltag aufgrund verminderter Verankerungsmöglichkeit weiterhin eine Herausforderung dar.

  • Die Augmentation mit Zement erhöht die Stabilität einer Osteosynthese biomechanisch. Klinische Studien weisen auf eine Reduktion von Fixationsversagern hin. Für eine klare Aussage bezüglich einer Verbesserung funktioneller Ergebnisse ist die Evidenzlage noch ungenügend.

  • Die standardisierte Verwendung von Zement zur Augmentation von proximalen Humerus- und pertrochantären Femurfrakturen birgt nur geringe Risiken, solange auf die korrekte Anwendung geachtet wird.

  • Die Augmentation kann als wertvolle Erweiterung der Therapieoptionen bei Fragilitätsfrakturen am proximalen Humerus und bei pertrochantären Femurfrakturen betrachtet werden.