Definition
Eine international einheitliche Definition der akuten viralen Bronchiolitis existiert nicht [1]. In den meisten Ländern Europas sowie in Australien und Neuseeland wird eine virale Infektion der unteren Atemwege im Säuglingsalter als akute Bronchiolitis bezeichnet; der Altersgipfel liegt in den ersten 6 Lebensmonaten [2]. In dieser Definition wird der Begriff akute Bronchiolitis manchmal auch nur für die erste derartige Erkrankung verwendet [1]. Der charakteristische Auskultationsbefund ist ein vorwiegend endinspiratorisches Knisterrasseln („crackles“), verursacht durch den erhöhten Strömungswiderstand in den mit Sekret gefüllten distalen Bronchiolen. Ein pfeifendes bzw. giemendes exspiratorisches Geräusch („wheezing“) ist nur in manchen Fällen vorhanden [2]. In vielen Leitlinien werden als klinische Charakteristika der akuten Bronchiolitis eine vorangegangene bzw. bestehende Infektion der oberen Atemwege, Husten, Zeichen einer vermehrten Atemarbeit und verminderte Nahrungsaufnahme angeführt [1]. Sehr junge Säuglinge (v. a. Frühgeborene) können sich auch ausschließlich mit zentralen Apnoen präsentieren [3, 4]. In Nordamerika wird der Begriff akute Bronchiolitis für jede virale Infektion der unteren Atemwege mit Obstruktion (auch bei nur vorhandenem „wheezing“) in den ersten 2 Lebensjahren verwendet. Dadurch kommt es zu einer Überschneidung mit dem im deutschsprachigen Raum als obstruktive Bronchitis klassifizierten Krankheitsbild. Durch die Heterogenität der Definition einer akuten Bronchiolitis werden die Interpretation und der Vergleich von klinischen Studien erschwert [2].
Ätiologie und Epidemiologie
Im Säuglingsalter ist die akute Bronchiolitis die häufigste virale Infektion der unteren Atemwege [2]. Je nach Definition wird die Prävalenz von akuten Bronchiolitiden im 1. Lebensjahr mit 18–32 % beschrieben [5]. Die höchste Inzidenz besteht zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat [3]. In Nordamerika werden 2–3 % aller Kinder im 1. Lebensjahr mit der Diagnose akute Bronchiolitis stationär aufgenommen [6]. Somit ist die akute Bronchiolitis der häufigste Grund für eine Hospitalisierung in dieser Altersgruppe [7]. Die Mortalität ist jedoch in ressourcenreichen Ländern wie Nordamerika äußerst gering [3]. Das humane respiratorische Synzytialvirus (RSV) ist die Hauptursache von akuten Bronchiolitiden und kann bei 50–80 % der hospitalisierten Patienten isoliert werden [6]. Als zweithäufigster Erreger wird humanes Rhinovirus im nasopharyngealen Sekret nachgewiesen. Seltener detektiert werden Parainfluenzavirus, humanes Metapneumovirus, Coronavirus, Adenovirus, Influenzavirus oder Enterovirus [6]. Je nach Studie konnten bei 6–30 % von hospitalisierten Kindern mit akuter Bronchiolitis gleichzeitig mehrere Viren in den Atemwegen nachgewiesen werden. Nicht eindeutig ist die Datenlage, ob es bei viraler Koinfektion (zumeist RSV und Rhinovirus [5]) zu schwereren Krankheitsverläufen kommt [6, 7].Des Weiteren wurde gezeigt, dass bei bis zu 30 % der symptomfreien Kinder im Alter unter 6 Jahren zumindest ein respiratorisches Virus nachweisbar ist, sodass ein Virusnachweis auch einer prolongierten Virusausscheidung nach Infektion oder einer asymptomatischen Kolonisation entsprechen könnte [4, 7]. Der Nachweis von RSV korreliert fast immer mit einer akuten Erkrankung [4].
In den meisten Teilen Europas (entsprechend der gemäßigten nördlichen Hemisphäre) treten durch RSV verursachte akute Bronchiolitiden vorwiegend in den Wintermonaten auf, typischerweise von Ende Oktober bis April mit einem Gipfel der Erkrankungsfälle im Januar und im Februar [7]. Möglicherweise haben auch wetterbedingte Faktoren (wie das Einatmen trockener, kalter Luft und das vermehrte Aufhalten in Innenräumen) einen Einfluss auf die Virusausbreitung und Schwere der Erkrankung [6, 7]. Durch Rhinoviren verursachte Erkrankungsfälle werden v. a. im Herbst und Frühling beobachtet und sind mit kürzeren Krankenhausaufenthalten assoziiert als RSV-induzierte akute Bronchiolitiden [6].
Pathogenese und Pathophysiologie
Neben direkt zytopathischen Effekten der krankheitsverursachenden Viren spielen in der Pathogenese der akuten Bronchiolitis v. a. lokale und systemische (zelluläre) Immunreaktionen eine Rolle. Die Variabilität der individuellen Immunreaktionen stellt die Basis für unterschiedlich schwere Krankheitsverläufe dar. Es wird vermutet, dass eine neurogen vermittelte Immunantwort für eine erhöhte bronchiale Reagibilität nach einer RSV-Infektion verantwortlich ist [2].
Die akute Bronchiolitis ist gekennzeichnet durch Nekrose respiratorischer Epithelzellen, gefolgt von einer ausgeprägten entzündlichen Reaktion mit Ödem der Atemwege und des umgebenden Gewebes sowie einer verstärkten Sekretproduktion. Abgeschilferte nekrotische Epithelzellen und Sekret führen zu einer partiellen oder totalen Obstruktion der Bronchiolen; daraus resultieren Lungenabschnitte mit Überblähung (durch den Ventilmechanismus bei partieller Atemwegsobstruktion, der auch das typische endinspiratorische Knisterrasseln erklärt) oder Atelektasen (durch Wegfall der Belüftung bei totaler Atemwegsobstruktion). Beide Phänomene resultieren in einem Ventilation-Perfusion-Missverhältnis und führen konsekutiv zu Hypoxämie. Bei schweren Verläufen kann die durch Atemwegsobstruktion erhöhte Atemarbeit zu respiratorischer Erschöpfung führen. Zentrale Apnoen können als Resultat einer direkten Affektion des Atemzentrums durch eine RSV-Infektion auftreten [2, 7].
Symptome und klinischer Verlauf
Zunächst tritt ein Prodromalstadium mit Zeichen und Symptomen einer viralen Infektion der oberen Atemwege (verlegte Nasenatmung, Rhinorrhoe und in etwa 30 % der Fälle Fieber unter 39 °C) auf [7]. Es folgt nach 24–72 h eine Infektion der unteren Atemwege [3]. Persistierender Husten, Tachypnoe und Zeichen einer vermehrten Atemarbeit (interkostale, subkostale oder supraklavikuläre Einziehungen, Nasenflügeln, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur) sind typische Zeichen und Symptome [7]. Der charakteristische Auskultationsbefund ist inspiratorisches Knisterrasseln, während „wheezing“ nur in manchen Fällen vorhanden ist [2]. Je nach Schweregrad der akuten Bronchiolitis kann es typischerweise nach 3 bis 5 Krankheitstagen zu einer Einschränkung der Ernährung bis hin zur Trinkunfähigkeit und Dehydratation kommen [2, 3]. Bei schweren Verlaufsformen kann eine respiratorische Insuffizienz auftreten, sodass intensivmedizinische Maßnahmen und ggf. ein respiratorischer Support notwendig werden; diese Fälle treten aber sehr selten auf [2, 4]. Bei Säuglingen in den ersten 2 Lebensmonaten, insbesondere bei Frühgeborenen, kann sich eine akute Bronchiolitis einzig durch Apnoen manifestieren [6]. Typisch für das klinische Erscheinungsbild von akuten Bronchiolitiden ist, dass die Symptomatik besonders am Krankheitsbeginn von Minute zu Minute sehr variabel ist, wodurch eine Einschätzung des Schweregrads der Erkrankung schwierig sein kann [7]. Im Schnitt sistieren die Symptome nach 14 Tagen, 10 % der Kinder mit akuter Bronchiolitis weisen nach 3 Wochen noch Husten auf [3, 7].
Diagnose
Die Diagnose akute Bronchiolitis wird auf Basis der Anamnese und klinischen Untersuchung gestellt; auch der Schweregrad der Erkrankung wird so ermittelt [4, 7]. Da die klinischen Befunde oft binnen Minuten sehr variieren, sollten sie mehrfach über einen Beobachtungszeitraum erhoben werden [7]. Nach Absaugen der Nase kann die Symptomatik vonseiten der unteren Atemwege möglicherweise besser beurteilt werden [7]. Wenn möglich, soll bei allen Kindern mit Verdacht auf akute Bronchiolitis eine Messung der Sauerstoffsättigung mithilfe der Pulsoxymetrie erfolgen [3]. Zur Atemfrequenzbestimmung ist das Zählen der Atemzüge über die Dauer einer Minute genauer als bei kürzeren Intervallen [4]. Die Bestimmung von Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung bei Raumluft sowie die Beurteilung von thorakalen Einziehungen und der Ernährungssituation erlauben eine Einteilung der akuten Bronchiolitis in 3 Schweregrade (Tab. 1; [2]).
Tab. 1 Schweregrad einer akuten Bronchiolitis. (Aus Frey et al. [2])
Cave
Besonders bei Krankheitsbeginn können die klinischen Befunde von Minute zu Minute sehr variabel sein.
Bildgebende Diagnostik
Da der Röntgenbefund schlecht mit dem Schweregrad und dem Erkrankungsverlauf korreliert, wird ein Thoraxröntgen nicht in allen Fällen empfohlen [6]. Während das radiologische Bild einer Pneumonie ähneln kann, ist die Prävalenz einer gesicherten Pneumonie im Rahmen einer akuten Bronchiolitis niedrig [3, 7]. Die Unterscheidung zwischen Atelektasen und Infiltraten kann schwierig sein [2]. Es konnte wiederholt gezeigt werden, dass nach routinemäßiger Durchführung von Thoraxröntgen mehr Antibiotika verordnet wurden [2]. Differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden sollte eine bakterielle Pneumonie bei hohem Fieber (über 39 °C) bzw. fokalen „crackles“ [3]. Die meisten Guidelines empfehlen die Durchführung eines Thoraxröntgens daher nur bei nichttypischem klinischen Bild bzw. wenn es sich um einen schweren Krankheitsverlauf handelt [4, 7]. Typische radiologische Veränderungen bei akuter Bronchiolitis sind diskrete peribronchiale bzw. parenchymatöse Infiltrate, Überblähungsareale sowie (vorwiegend in den Oberlappen lokalisierte) Atelektasen ([2]; Abb. 1).
Cave
Die radiologischen Veränderungen können einer Pneumonie ähneln und damit zu unnötigen Antibiotikagaben verleiten.
Inwieweit die Sonographie der Lungen zukünftig eine Bedeutung für die Diagnosestellung oder Beurteilung des Schweregrads einer akuten Bronchiolitis haben wird, ist derzeit noch nicht geklärt [7]. Kleinere Studien zeigten eine gute Korrelation zwischen klinischem Bild und sonographischen Befunden; die Spezifität der Sonographie ist möglicherweise höher als die des Thoraxröntgens [7].
Laboruntersuchungen
Signifikante bakterielle Sekundärinfektionen sind bei Kindern mit akuter Bronchiolitis äußerst selten [7]. Blutbilduntersuchungen und Blutkulturen werden in Guidelines daher nicht routinemäßig empfohlen [1]. Nur bei sehr jungen Säuglingen wird im Rahmen einer Fieberabklärung ein Blutbild empfohlen; Blutkulturen sollen nur bei Sepsisverdacht angelegt werden [7]. Blutgasanalysen und die Bestimmung der Serumelektrolyte können hilfreich sein, um eine respiratorische und/oder metabolische Entgleisung quantifizieren zu können; sie sind daher in schweren Fällen indiziert, nicht aber routinemäßig durchzuführen [2].
Das gleichzeitige Auftreten einer Harnwegsinfektion mit einer akuten Bronchiolitis wird mit 1–7 % angegeben [7]. Daher wird beispielsweise in den Guidelines des Paediatric Research in Emergency Departments International Collaborative (PREDICT) Network empfohlen, bei Säuglingen im Alter unter 2 Monaten mit Fieber über 38 °C und klinischer Unsicherheit eine Harnanalyse zu erwägen [8]. Eine rezente Metaanalyse, bei der eine positive Harnanalyse (Nitrit-positiv oder Pyurie) in die Definition einer Harnwegsinfektion inkludiert wurde, ergab eine geschätzte Prävalenz einer Harnwegsinfektion gleichzeitig mit einer akuten Bronchiolitis von 0,8 %, was unter dem Schwellenwert für die Notwendigkeit einer routinemäßigen Testung läge [9]. Harnuntersuchungen bei Kindern mit akuter Bronchiolitis werden daher in Leitlinien routinemäßig nicht empfohlen [10].
Virusnachweis
Die meisten Richtlinien empfehlen keine routinemäßige Virustestung, da das Ergebnis bislang weder eine Vorhersagekraft über das Outcome der Erkrankung noch eine therapeutische Konsequenz hatte [7, 10]. Es konnte jedoch beobachtet werden, dass die Krankheitsdauer kürzer ist, wenn die akute Bronchiolitis durch andere Viren als RSV verursacht ist [4]. Studien deuten auch darauf hin, dass eine hohe Viruslast bei RSV-Infektion mit einem schwereren Krankheitsverlauf assoziiert sein könnte [7]. Ein unterschiedliches Ansprechen auf medizinische Interventionen abhängig vom auslösenden Virus konnte bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden [6]. Manche Richtlinien empfehlen eine Testung auf RSV, um Patienten entsprechend kohortieren zu können und um epidemiologische Fragestellungen zu beantworten[10].
Risikofaktoren für schwere Krankheitsverläufe
Säuglinge mit einem chronologischen Alter unter 3 Monaten stellen eine Risikogruppe für schwere Verlaufsformen einer akuten Bronchiolitis dar [4]. Die höchsten Hospitalisierungsraten bei RSV-Bronchiolitiden treten im Alter zwischen einem und 3 Monaten auf [6]. In einer prospektiven populationsbasierten amerikanischen Studie konnte gezeigt werden, dass Frühgeborene mit einem Gestationsalter unter 30 Schwangerschaftswochen (SSW) ein deutlich höheres Risiko für eine Hospitalisierung haben als Termingeborene [11]. Gründe hierfür könnten eine verminderte transplazentare Immunglobulin-G-Übertragung bei extremer Frühgeburtlichkeit [6] oder eine veränderte Pathophysiologie der Erkrankung sein [1]. Als weitere Gründe für schwerere Erkrankungsverläufe werden Immundefizienzen, neurologische Erkrankungen, angeborene Anomalien sowie chronische Herz- und Lungenerkrankungen (einschließlich bronchopulmonale Dysplasie, BPD) mit Beeinträchtigung der respiratorischen Kapazität gesehen [3, 4, 8, 10]. Tabakrauchexposition ist mit einer höheren Hospitalisierungsrate und schwereren Krankheitsverläufen bei RSV-induzierter akuter Bronchiolitis assoziiert [3, 7]. In den australischen Richtlinien wird als weiterer Risikofaktor eine Stilldauer unter 2 Monaten angeführt, und in einigen anderen nationalen Richtlinien werden auch Luftverschmutzung und Armut als mögliche Ursachen für schwerere Krankheitsverläufe erwähnt [10]. Kleinere Atemwege im frühen Säuglingsalter (durch Frühgeburtlichkeit, männliches Geschlecht und/oder intrauterine Tabakexposition) resultieren in einem erhöhten Risiko für schwere, prolongierte Verläufe [2]. Inkonsistente Resultate ergaben Studien bezüglich der Frage, ob Kinder mit zystischer Fibrose oder Down-Syndrom (unabhängig von Herzfehlern) eine erhöhte Hospitalisierungsrate bei RSV-Infektion haben [6].
Kriterien für eine Hospitalisierung
Die überwiegende Zahl der akuten Bronchiolitiden zeigt einen milden klinischen Verlauf, sodass nur bei 2–3 % der erkrankten Säuglinge eine Hospitalisierung erforderlich ist [2]. Die Notwendigkeit einer Hospitalisierung hängt in erster Linie vom Erkrankungsschweregrad ab [2]. Zusätzlich sind geografische Faktoren (beispielsweise ein langer Anfahrtsweg zum Krankenhaus) und soziale Aspekte (Adäquate Versorgung gewährleistet? Kann eine Verschlechterung des Zustands rechtzeitig erkannt werden?) zu beachten [3]. Risikofaktoren für schwere Krankheitsverläufe sind auch bei primär milder Symptomatik zu berücksichtigen [8]. Nach den Leitlinien des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) sollen Kinder jedenfalls hospitalisiert werden, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft: Apnoe (berichtet oder beobachtet), unzureichende Flüssigkeitszufuhr (entsprechend 50–75 % der normalen Menge), persistierend schwere Atemnotsymptomatik (mit deutlichen Einziehungen bzw. Atemfrequenzen über 70/min) oder persistierend eine Sauerstoffsättigung unter 92 % bei Raumluft [3]. Aktuellere Evidenz deutet allerdings darauf hin, dass sonst stabile Kinder mit akuter Bronchiolitis möglicherweise ebenfalls intermittierend Hypoxämien aufweisen [7]. Damit ist zu hinterfragen, ob überhaupt, und wenn ja, welche Sauerstoffsättigungsgrenze als alleiniges Kriterium für eine Hospitalisierung angewendet werden soll [7]. Aufgrund des variablen klinischen Bilds werden Kinder oft stationär aufgenommen, auch wenn sie keine schwerwiegenden Symptome aufweisen, da nicht unbedingt vorhersehbar ist, ob im weiteren Verlauf unterstützende Maßnahmen notwendig werden [6]. Für die Entscheidung über eine Hospitalisierung ist das Krankheitsstadium zu berücksichtigen; gerade zu Beginn der Erkrankung soll evtl. eine erneute medizinische Begutachtung veranlasst werden, wenn ein Kind nicht stationär aufgenommen wird [8].
Merke.
Stadium und Schweregrad der Erkrankung, soziale Aspekte sowie Risikofaktoren für schwere Krankheitsverläufe sollten bei der Entscheidung über eine Hospitalisierung berücksichtigt werden.
Therapie
Die wichtigsten Therapieansätze sind rein supportive Maßnahmen und bestehen aus minimalem Handling sowie Sicherung einer ausreichenden Hydratation und Oxygenierung (durch Sauerstoffgabe und, wenn notwendig, Atemunterstützung, [2]). Der Krankheitsverlauf kann durch keine der verfügbaren Therapien verkürzt werden [6]. Intensivmedizinische Behandlungsoptionen werden in diesem Beitrag nicht thematisiert.
Flüssigkeitszufuhr
Bei unzureichender peroraler Hydratation soll die Flüssigkeitszufuhr i.v. oder mittels transnasaler Magensonde erfolgen [4, 8]. Die NICE-Leitlinien erwähnen neben der transnasalen Route auch die Möglichkeit einer oralen Magensonde und empfehlen, eine Flüssigkeitssubstitution via Sonde gegenüber einer i.v.-Flüssigkeitssubstitution zu präferieren [3]. Bei Kindern mit schwerer akuter Bronchiolitis besteht ein erhöhtes Risiko für eine inadäquate Sekretion von antidiuretischem Hormon (SIADH oder Schwartz-Bartter-Syndrom) und konsekutive Ödembildung [2]. Bei i.v.-Verabreichung von hypotonischen Lösungen steigt das Risiko einer iatrogenen Hyponatriämie; daher scheinen isotonische Lösungen zur Flüssigkeitssubstitution sicherer [4].
Nasales Absaugen
Es existiert keine randomisierte kontrollierte Studie zu nasalem Absaugen bei akuter Bronchiolitis [7]. Da Säuglinge obligate Nasenatmer sind, könnte die Verminderung von Sekret in der Nase zu einer Verbesserung der Atmung beitragen. Andererseits verursacht nasales Absaugen Stress, der im Sinne des minimalen Handling vermieden werden soll [3]. Die Empfehlungen zu nasalem Absaugen sind in nationalen Guidelines sehr unterschiedlich; wenn überhaupt, wird zumeist nur oberflächliches Absaugen empfohlen [7].
Sauerstoffsupplementierung
In einer doppelblinden, randomisierten Studie wurden bei hospitalisierten Kindern mit akuter Bronchiolitis Zielgrenzen der Sauerstoffsättigung von 94 % und 90 % verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass eine Sauerstoffsupplementierung bei einer Sauerstoffsättigung unter 90 % genauso sicher und effektiv ist wie eine Supplementierung bereits bei einer Sauerstoffsättigung unter 94 %. Weitere Resultate waren eine kürzere Hospitalisierungsdauer und keine Unterschiede bei den Nebenwirkungen [12]. Die Leitlinie der American Academy of Pediatrics (AAP) empfiehlt 90 % als Sauerstoffsättigungsgrenze [4]. Britische und australische Leitlinien empfehlen eine Sauerstoffsupplementierung bei unter 92 %iger Sauerstoffsättigung. In der australischen Leitlinie wird als Begründung angegeben, dass es keine Langzeitstudien bezüglich des entwicklungsneurologischen Outcome bei Säuglingen mit akuter Bronchiolitis gibt und damit keine Langzeitevidenz für die Sicherheit von Sauerstoffsättigungsgrenzen unter 92 % vorhanden ist [3, 8].
Nasale „High-flow“-Therapie
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Studien zur Anwendung von „high flow nasal cannula“ (HFNC) bei akuter Bronchiolitis publiziert. Es konnte gezeigt werden, dass durch diese Maßnahme die Notwendigkeit von Intubationen reduziert werden kann [7] Darüber hinaus gibt es Evidenz dafür, dass HFNC sicher und effektiv auch auf Normalstationen angewendet werden kann [13]. Laut einem aktuellen Review, der nur randomisierte kontrollierte Studien analysiert hat, ist HFNC zwischen herkömmlicher Sauerstoffsupplementation und nasalem „continuous positive airway pressure“ (CPAP) zu positionieren und scheint nicht mit einer Verringerung der stationären Aufenthaltsdauer einherzugehen [14].
Physiotherapie
Ein systematischer Cochrane-Review aus dem Jahr 2016 kam zum Schluss, dass die Anwendung physiotherapeutischer Techniken bei akuter Bronchiolitis keine Verbesserung in Bezug auf die Schwere der Erkrankung, Hospitalisierungs‑/Krankheitsdauer oder Sauerstoffbedarf bringt und demzufolge nicht routinemäßig erfolgen soll. Nur die Technik einer langsamen assistierten Exspiration konnte eine sofortige, vorübergehende Besserung bei mittelschwer Erkrankten bewirken, jedoch ohne Einfluss auf die Krankheitsdauer [15].
Hypertonische Kochsalzlösung
Anfänglich wurden in einigen Studien eine verkürzte Hospitalisierungsdauer (in einem Cochrane-Review aus dem Jahr 2013 um einen Tag [4]) und vorübergehende klinische Verbesserung durch die Inhalation von hypertonischer Kochsalzlösung bei akuter Bronchiolitis berichtet [7]. In aktuellerer Literatur sind die Resultate aber widersprüchlich [7]. In einem aktualisierten Cochrane-Review aus dem Jahr 2017 wurde nur mehr eine Verkürzung der stationären Aufenthaltsdauer um 10 h durch die Inhalation von hypertonischer im Vergleich zu isotonischer Kochsalzlösung festgestellt. Weitere Resultate dieser Analyse waren, dass die Anwendung von hypertonischer Kochsalzlösung keine schwerwiegenden Nebenwirkungen hat, und wenn eine Inhalation präklinisch bzw. in der Notaufnahme erfolgt, die Hospitalisierungsrate um 14 % reduziert werden kann. Die Autoren kommen aber aufgrund der schwachen bis moderaten Evidenz zum Schluss, dass weitere Studien notwendig sind, um die Vorteile einer Anwendung von hypertonischer Kochsalzlösung bei Bronchiolitis zu bestätigen [16]. In vielen Studien wurde hypertonische mit isotonischer Kochsalzlösung verglichen. Ob die Gabe von isotonischer Kochsalzlösung als Placebo geeignet ist oder per se bereits eine Therapie darstellt, hinterfragt ein aktueller systematischer Review, der zeigen konnte, dass die Inhalation von isotonischer Kochsalzlösung möglicherweise zu einer kurzzeitigen klinischen Verbesserung führt [17]. Die Empfehlungen in Leitlinien variieren. Laut den amerikanischen Leitlinien (allerdings aus dem Jahr 2014) kann die Anwendung von hypertonischer Kochsalzlösung bei hospitalisierten Kindern in Betracht gezogen werden, soll aber in der Notaufnahme nicht erfolgen [4]. Die britischen und noch aktuelleren australischen Leitlinien empfehlen eine Therapie mit hypertonischer Kochsalzlösung bei akuter Bronchiolitis nicht [3, 8].
Bronchodilatatoren
Die Anwendung von Bronchodilatatoren wie Salbutamol (Albuterol) führt zu keiner Verkürzung der Krankheitsdauer, reduziert weder die Rate noch die Dauer einer Hospitalisierung und führt auch nicht zu einer Verbesserung der Sauerstoffsättigung, wie ein systematischer Cochrane-Review aus dem Jahr 2014 zeigen konnte [18]; diese Ergebnisse sind aufgrund der Pathophysiologie der akuten Bronchiolitis nicht verwunderlich. Angesichts möglicher Nebenwirkungen (Tachykardie, Sauerstoffsättigungsabfälle und Tremor) und entstehender Kosten sind Bronchodilatatoren daher nicht effizient in der routinemäßigen Therapie der akuten Bronchiolitis [18]. Die Anwendung von Bronchodilatatoren in der Therapie der akuten Bronchiolitis wird daher nicht empfohlen [3, 4, 8]. Große, randomisierte, multizentrische Studien zeigten keine Verbesserung des Outcome bei ambulant betreuten oder hospitalisierten Kindern mit akuter Bronchiolitis nach Anwendung von Epinephrin [6]. Die meisten Guidelines empfehlen daher überhaupt keine oder zumindest keine routinemäßige Anwendung von vernebeltem Epinephrin [7].
Kortikosteroide
Ein systematischer Cochrane-Review aus dem Jahr 2014 und große, randomisierte, multizentrische Studien erbrachten eine klare Evidenz dafür, dass die Anwendung von Kortikosteroiden bei akuter Bronchiolitis keinen Vorteil bringt [4]. Im Speziellen gibt es auch keine Evidenz dafür, dass Kinder mit atopischen Manifestationen oder Atopie in der Familienanamnese von einer Kortikosteroidtherapie bei akuter Bronchiolitis profitieren [7].
Leukotrienrezeptorantagonisten
Im Atemwegssekret von Patienten mit akuter Bronchiolitis wurden erhöhte Leukotrienwerte nachgewiesen [2]. Aufgrund der vorliegenden Evidenz ist laut einem systematischen Cochrane-Review aus dem Jahr 2015 jedoch keine definitive Schlussfolgerung bezüglich der Wirkung von Leukotrienrezeptorantagonisten auf Hospitalisierungsdauer oder Schweregrad bei Säuglingen mit akuter Bronchiolitis möglich [19].
Antibiotika
Antibiotika werden bei jungen Säuglingen mit akuter Bronchiolitis aus Angst vor unentdeckten bakteriellen Infektionen zu häufig verordnet [4]. Sekundäre bakterielle Infektionen bei akuter Bronchiolitis sind sehr selten [8]. Das Risiko für eine Sepsis oder Meningitis bei akuter Bronchiolitis beträgt unter 1 % [7]. Antibiotika sollten daher nur bei einer gesicherten bakteriellen Infektion oder bei starkem Verdacht auf eine bakterielle Infektion eingesetzt werden [4]. Gerechtfertigt kann eine antibiotische Therapie sein, wenn Kinder mit Atemversagen intubiert und mechanisch beatmet werden [4]. Ob Antibiotika persistierende Atemwegssymptome nach akuter Bronchiolitis (in den ersten 6 Monaten nach Erkrankung) reduzieren können, wurde in einem systematischen Cochrane-Review aus dem Jahr 2017 untersucht. Nach Meinung der Autoren gibt es keine ausreichende Evidenz für eine Therapie mit Antibiotika bezüglich dieser Fragestellung [15].
Merke.
In der Therapie der akuten Bronchiolitis wird die routinemässige Anwendung von Bronchodilatatoren, Kortikosteroiden, Leukotrienrezeptorantagonisten oder Antibiotika nicht empfohlen.
Prävention
Zur Prävention einer RSV-Infektion ist Palivizumab, ein humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper zugelassen [6]. Aufgrund der hohen Kosten dieser passiven Immunisierung (pro Saison sind bis zu 5 Dosen i.m. zu applizieren) soll eine Anwendung nur bei Hochrisikokindern erfolgen [2]. Die Empfehlungen zu den Indikationen für Palivizumab variieren [20]. Laut den nordamerikanischen Leitlinien der AAP soll eine RSV-Prophylaxe im 1. Lebensjahr bei allen Frühgeborenen mit einem Gestationsalter unter 29 Schwangerschaftswochen (SSW), bei Frühgeborenen unter 32 SSW mit BPD und bei Kindern mit hämodynamisch wirksamen Herzfehlern durchgeführt werden [4]. Dies empfehlen auch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AMWF) und die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Darüber hinaus inkludieren sowohl die deutschen als auch österreichischen Empfehlungen in der Risikobewertung für eine RSV-Infektion Faktoren wie Kinderkrippenbesuch, ältere Geschwister, schwere neurologische Erkrankungen, Entlassung von einer Neonatologie kurz vor oder während der RSV-Saison und chronologisches Alter zu Beginn der RSV-Saison (der Risiko-Score der ÖGKJ enthält darüber hinaus die Faktoren Mehrling, niedriges Gewicht, Tabakbelastung und Sozialstatus). Je nach resultierender individueller Risikoabschätzung wird auch für Frühgeborene mit einem Gestationsalter von 29 + 0 bis 34 + 6 SSW eine RSV-Prophylaxe empfohlen [20]. Des Weiteren wird bei therapiepflichtiger BPD im 2. Lebensjahr laut ÖGKJ und AAP, bzw. bis 3 Monate vor der RSV-Saison laut AMWF, eine Prophylaxe für die 2. RSV-Saison empfohlen.