Hintergrund

Schnitt- und Nadelstichverletzungen gehören zu häufigen Arbeitsunfällen bei chirurgisch bzw. operativ und interventionell tätigen Ärzten. Diese sind als Akut- bzw. Notfälle zu betrachten, vor allem wenn Kontakt zu infektiösen Indexpatienten bestand bzw. die Infektionsgefährdung nicht auszuschließen ist. Folgend entstehen hohe volkswirtschaftliche Kosten, aber auch die individuelle Konfrontation mit einer durchaus nicht heilbaren Infektionskrankheit.

Eine Übersichtsarbeit von Darius et al. [1] stellt eine gute Übersicht über weitere Arbeitsbelastungen des Chirurgen sowie dessen effektiven Arbeitsschutz dar. Ergänzend dazu soll diese Übersichtsarbeit auf die allgemeinen und berufsbedingten Impfempfehlungen für Chirurgen sowie auf die postexpositionelle Prophylaxe von Hepatitis B, C und HIV eingehen und vor allem neue Aspekte beleuchten.

Eckpunkte

Hintergrund und gesetzliche Grundlagen

Zu den häufigsten Arbeitsunfällen beim Gesundheitspersonal gehören Stich- und SchnittverletzungenFootnote 1 [1, 2], was wiederum ein Risiko für Infektionserkrankungen darstellt [3]. Diesbezüglich zeigt sich das höchste Vorkommen der Nadelstichverletzungen bei Ärzten [3]. Bei knapp 50 % der befragten ÄrzteFootnote 2 kam mindestens eine Nadelstichverletzung innerhalb der letzten 12 Monate vor [3]. Bei Betrachtung der einzelnen Fachbereiche bot sich das höchste Vorkommen (46,9 %) von Nadelstichverletzungen bei Chirurgen. Vergleichend kamen bei Kollegen aus der HNO mit 43,5 %, der Inneren Medizin mit 40,2 % oder Anästhesie mit 32,3 % geringere Häufigkeiten von Nadelstichverletzungen vor [3]. In der Studie von Wicker et al. wurde auch die Vermeidbarkeit von Nadelstichverletzungen untersucht. Dabei war auffällig, dass ca. 45 % der Nadelstichverletzungen bei Chirurgen als nicht vermeidbar durch sichere Instrumente oder durch organisatorische Maßnahmen angegeben wurden. Vergleichend gaben Kollegen aus der HNO und der Inneren Medizin an, dass nur 3,3 % bzw. 6,5 % der Nadelstichverletzungen nicht vermeidbar gewesen wären [3].

Bedenklich ist, dass die Dunkelziffer nicht gemeldeter Nadelstichverletzungen eine hohe Spannweite zwischen 26–90 % aufweist [3,4,5]. Laut Weltgesundheitsorganisation erleiden jährlich ca. 3 Mio. Beschäftigte im Gesundheitswesen eine Nadelstichverletzung, von denen wiederum 16.000 eine Hepatitis-C-Virus(HCV)-, 66.000 eine Hepatitis-B-Virus(HBV)- und 1000 eine Human-immunodefiency-virus(HIV)-Infektion erleiden [3]. 90 % dieser Erkrankten leben in Entwicklungsländern [6]. Das mindert jedoch nicht die Relevanz für westliche Länder, denn die volkswirtschaftlichen Kosten für die Bundesrepublik werden auf rund 47 Mio. € geschätzt [7]. Allein die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) verzeichnete 2019 ca. 50.000 Stich- und Schnittverletzungen [8]. Die Zahl aller meldepflichtigen und nichtmeldepflichtigen BK-3101-Fälle betrug bei der BGW im Jahr 2017 insgesamt 8612 Fälle, darunter 10 Todesfälle durch Hepatitis B (n = 6) und C (n = 2; [9]). Eine Studie an deutschen Klinikpersonal zu blutübertragenen Infektionen durch Patienten ergab für HBV eine etwa 9‑mal, für HCV eine etwa 15- mal und für HIV eine etwa 82-mal höhere Infektionsrate als für die deutsche Gesamtbevölkerung [10]. Für das Individuum selbst steht jedoch die Konfrontation mit einer durchaus nicht heilbaren Erkrankung, wie HIV, im Vordergrund.

Die Aufgabe des Arbeitgebers ist u. a. eine Gefährdungsbeurteilung laut § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG 1996; [11]). Für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen gilt die Biostoffverordnung (BioStoffV; [12]), was auch für Gesundheitspersonal und somit auch für Chirurgen aufgrund ihrer beruflichen Arbeit am Menschen zutrifft, bei der sie mit BiostoffenFootnote 3 in Kontakt kommen können. Außerdem hat der Arbeitgeber nach § 3 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) die Pflicht, eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge zu gewährleisten und für die Beschäftigten, die mit biologischen Arbeitsstoffen umgehen, eine Pflichtvorsorge zu veranlassen [13]. Diese wird in der Regel durch einen beauftragten Arzt der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ durchgeführt. Die arbeitsmedizinischen Regel (AMR) 6,5 befasst sich zudem mit „Impfungen als Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“ [14]. Arbeitsmedizinische Indikationen für Impfungen werden aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung gestellt [15]. Da diese Impfungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge als Arbeitsschutzmaßnahmen zu betrachten sind, darf der Arbeitgeber Kosten für diese nicht dem Beschäftigten auferlegen (§ 3 Absatz 3 ArbSchG).

Ziel all dieser Maßnahmen und rechtlichen Bestimmungen ist es, Arbeitsbedingungen zu bewerten, Gefährdung zu minimieren und präventive Arbeitsschutzmaßnahmen durchzuführen. Hier ist von einer Bringschuld zu sprechen. Auf der anderen Seite ist von den Mitarbeitern zu erwarten, dass diese sich aktiv Informationen zu Arbeitsschutzmaßnahmen einholen (z. B. über Intranet, Internet, Kollegen, einschlägige Quellen der gedruckten Fachliteratur), was der sog. Holschuld entspricht. Prinzipiell wäre hier auch die Pflicht zur Meldung einer Nadelstichverletzung als Bringschuld des verletzten Arbeitnehmers anzusiedeln [7].

Für nichtimmune Beschäftigte (cave: geimpfte Nonresponder bei Hepatitis B) besteht ein Risiko für eine Hepatitis-B-Infektion von ca. 30 %, für eine Hepatitis-C-Infektion von ca. 1 % und für einer HIV-Infektion von ca. 0,3 % [4, 7, 10, 16]. Nach Infektion und chronischem Verlauf können chronisch infizierte Beschäftigte Auslöser für nosokomiale Infektionen sein. Betroffene sind grundsätzlich selbst verpflichtet, dem Arbeitgeber mitzuteilen, wenn diese eine Gefahr für Dritte darstellen können (§ 241, Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]; [15, 17]). Ohne eine Zustimmung des Betroffenen ist der Betriebsarzt nicht verpflichtet, eine chronische Infektionskrankheit zu melden (vgl. § 34 StGB; [18]). Er kann jedoch im Rahmen der Pflichtvorsorge den Mitarbeiter beraten und ihm empfehlen, dass er diese Informationen an den Arbeitgeber weiterleitet. Ausnahmen bestehen beim Vorliegen einer meldepflichtigen Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG; [15, 19]).

Ist die chronische Infektionskrankheit beruflich bedingt, besteht jedoch die Pflicht zur Meldung des begründeten Verdachtes auf eine berufsbedingte Infektionskrankheit nach BK 3101 an den Unfallversicherungsträger, z. B. an die Unfallkasse oder an die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW; [20]), je nachdem, wo der Beschäftigte gesetzlich unfallversichert ist. Grundlegend ist hier der § 202 des Sozialgesetzbuches (SGB) VII [21]. In Abb. 1 sind die gemeldeten Verdachtsfälle und die anerkannten Infektionskrankheiten nach BK 3101 für die Jahre 2013 bis 2017 dargestellt [22]. Es lässt sich erkennen, dass die Infektionskrankheiten Hepatitis B, C oder HIV seit 2016 leicht rückläufig sind, jedoch gehen die dokumentierten Infektionskrankheiten zum Teil mit schweren Krankheitsverläufen einher [22]. Somit sollte dieser Thematik weiterhin große Aufmerksamkeit gewidmet werden (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Gemeldete Infektionskrankheiten. HIV Humane Immundefizienz-Virus. (Nach BK3101 für 2013 bis 2017 [22])

Gerade an dieser Stelle erwähnenswert ist die beruflich bedingte Erkrankung COVID-19 durch SARS-CoV‑2. Zwar bestehen durch die Corona-Krise weniger Arbeitsunfälle, jedoch mehr Berufskrankheiten. Seit Beginn der Pandemie wurden bis Ende Februar dieses Jahres 49.295 Fälle entschieden. 42.753 Berufskrankheiten wurden anerkannt [23]. Somit stiegen die Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit (für alle BK) um rund 24 % von 41.723 auf 51.789. Abzüglich der mit Corona in Zusammenhang stehenden Erkrankungen gingen die restlichen Berufskrankheiten also leicht zurück [23].

Allgemeine Impfempfehlungen für Erwachsene, Indikations- und Auffrischimpfungen

Für Kinder gibt es klare Empfehlungen, aber wann sollten sich Erwachsene gegen welche Krankheiten impfen lassen? Und welche sind besonders wichtig im Kontext der Tätigkeit im Gesundheitswesen? Diese allgemeinen Impfempfehlungen sind natürlich auch auf den Chirurgen übertragbar. Ganz klar lässt sich sagen, dass ein allumfassender Impfschutz die beste Alternative für Gesundheit ist. Idealerweise ist der Impfschutz im internationalen Impfpass (Abb. 2) dokumentiert. Die aktuelle Version des internationalen Impfpasses enthalten nun auch Dokumentationen zu Impfungen gegen COVID-19 und beruflich notwendige Impfungen. Wer seinen Impfpass nicht griffbereit hat, muss sich im ersten Schritt einen Überblick verschaffen und sollte dies bei der arbeitsmedizinischen Erstuntersuchung und im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge besprechen. Es empfiehlt sich, den Impfpass zu jeder Untersuchung beim Betriebsarzt mitzubringen, um den Impfstatus zu kontrollieren und geimpft zu werden. Dass ist besonders hilfreich für diejenigen, die selten zum Hausarzt gehen und somit durch das klassische Hausarztmodell fallen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Aktuelle Version des Internationen Impfpasses

Die aktuellen Impfempfehlungen setzen eine bestehende Grundimmunisierung im Kindesalter voraus. Diese Standardimpfungen zum Schutz vor Tetanus (T), Diphtherie (D/d), Pertussis (aP/ap), Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Poliomyelitis (IPV), Hepatitis B (HB), PneumokokkenFootnote 4, Rotaviren (RV), Meningokokken C (MenC), Masern, Mumps, Röteln (MMR), Varizellen (V) sowie gegen humane Papillomviren (HPV) und Influenza [24]. Für einige Impfungen sind auch Frischimpfungen notwendig. Tab. 1 zeigt eine Übersicht aller Standardimpfungen und die STIKO-Empfehlung zur Auffrischimpfungen. Für schwangere Frauen können andere Voraussetzungen gelten; diese sind jedoch in der Tabelle nicht mit aufgeführt und können im Epidemiologischen Bulletin 34/20 nachgelesen werden [24].

Tab. 1 Allgemeine Impfempfehlungen für Erwachsene und Chirurgen als Gesundheitspersonal

Impfungen aufgrund eines erhöhten beruflichen Risikos am Beispiel des Chirurgen

Beruflich indizierte Impfungen gehören der Kategorie B an, also aufgrund eines erhöhten Risikos im Zusammenhang mit der Tätigkeit. Dieses wird nach Empfehlungen nach erfolgter Gefährdungsbeurteilung gemäß ArbSchG [11] sowie Berücksichtigung der BioStoffV [12] und ArbMedVV [13] und/oder zum Schutz Dritter im Rahmen der beruflichen Tätigkeit durchgeführt [24]. Dabei zeigen die kursiv ausgezeichneten Zellen der Tab. 1 Impfungen, die besonders für Chirurgen aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit regelmäßig aufgefrischt werden sollten (Tab. 1).

Primärprophylaxe, Impfempfehlungen und Postexpositionsprophylaxe nach stattgehabten Stich- oder Schnittverletzungen

Zu den Aufgaben des Betriebsarztes gehört es auch, den Arbeitgeber zur Organisation und Qualitätssicherung der Nachsorge eines Arbeitsunfalles – hier im Sinne einer Nadelstichverletzung – zu beraten [15]. Im Akutfall ist dieser jedoch nicht der erste Ansprechpartner. Die Akutversorgung einer Nadelstichverletzung ist ein Notfall [25] und erfolgt durch einen D‑Arzt, jedoch kann im Vorfeld, gemeinsam mit den zuständigen D‑Ärzten und ggf. dem Labor, die grundsätzliche Verfahrensweise für ein Schadensereignis festgelegt werden [15]. Außerdem kann der Betriebsarzt Informationen, die für die Unterweisung der Beschäftigten im Rahmen notwendiger Handlungsschritte bei Nadelstichverletzungen notwendig sind, aufbereiten [15].

Die Akutversorgung einer Nadelstichverletzung umfasst auch eine Risikoanalyse mit Untersuchung der Indexperson. Diese Untersuchung ist jedoch nicht Voraussetzung zur Nachsorge der verletzten Person; eine Aufklärung und Einverständnis werden empfohlen [26]. Sofort nach dem Übertragungsereignis sollten folgende Serologien aus dem Blut der Indexperson bestimmt werden:

  1. 1.

    HBsAg und Anti-HBc (Anti-HBs) nur, wenn bei der verletzter Person kein sicherer HBV-Immunschutz besteht,

  2. 2.

    Anti-HCV oder HCV-NAT bei positiver oder bei unzureichender antiviraler Behandlung der Indexperson sowie bei immundefizienter Indexperson (und)

  3. 3.

    HIV-Screeningtest der 4. Generation oder Bestimmung der Viruslast mittels HIV-NAT bei positivem Indexpatienten [27].

Die Hepatitis-B-Virus-Übertragung im beruflichen Kontext des Chirurgen erfolgt parenteral über Blut, Blutprodukte, Sekrete und Exsudate. Bei einer Nadelstich- oder Schnittverletzung besteht hohes Übertragungsrisiko; durchaus bis zu 100 % bei einem positiven Envelope-Antigen-Träger (HBe-Ag; [5]). Die Inkubationszeit liegt bei 30 bis 180 Tagen je nach Viruslast [28]. Für chirurgisch tätige Ärzte ist ein vollständiger Impfschutz gegenüber Hepatitis B zu empfehlen. Das heißt mindestens 3‑malige Impfung mit Nachweis von Anti-HBs > 100 IU/I in den letzten 10 Jahren, was eine gesicherte Immunität bedeutet. Für diese Beschäftigten ergeben sich keine Akutmaßnahmen nach Nadelstichverletzung. Bei unsicherer Immunität werden die passive und aktive Immunisierung nach STIKO empfohlen [20, 27]: simultan Hepatitis-B-Immunglobulin intragluteal und Hepatitis-B-Impfstoff intradeltoidal. Die Schutzimpfung wird während der nächsten Monate gemäß den Vorschriften des Impfstoffherstellers für die Grundimmunisierung komplettiert [29]. Für den Fall, dass sich der Beschäftigte an einer unbekannten, gebrauchten Kanüle gestochen oder sonstiger Blutkontakt bestand und eine zweifelhafte Immunität besteht, sollte ein Schnelltest mit Bestimmung des Anti-HBs-Status erfolgen und bei fehlender Immunität ebenfalls simultan geimpft werden [29]. Nonresponder erhalten bei Exposition unverzüglich simultan HB-Impfstoff und HB-Immunglobulin [29].

Die Übertragung des Hepatitis-C-Virus im Setting chirurgischer Arbeitsplatz ist ähnlich wie bei Hepatitis B. Das Risiko einer Übertragung bei beruflichem Kontakt liegt bei etwa 2–10 % und ist damit niedriger als das Risiko bei einer Hepatitis B. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 15 Tagen und 4 bis 6 Monaten [28]. Weder eine Impfung noch eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) steht für die Hepatitis-C-Infektion [5] zur Verfügung. Ein HCV-Nukleinsäure-Amplifikationstest (HCV-NAT) bietet nach 4 bis 6 Wochen eine große diagnostische Sicherheit [27] und wird bei erhöhtem Risiko, HCV-infektiöser oder unbekannter Indexperson durchgeführt [27]. Ansonsten erfolgt die Bestimmung von Anti-HCV [27].

Auch bei der HIV-Infektion erfolgt die Übertragung parenteral durch die Inokulation von infektiösem Blut, Blutprodukten oder anderen Körperflüssigkeiten sowie über die Konjunktiven. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 6 Wochen nach Infektion und nach etwa 2 Wochen sind Antikörper gegen HIV nachweisbar [20]. Auch für HIV existieren keine Impfungen, jedoch ist eine PEP möglich. Nach Kontakt zu einem HIV-positiven Indexpatienten sollte zügig eine HIV-PEP begonnen werden, optimalerweise sollte sie innerhalb der ersten 2 h nach Nadelstichverletzung erfolgen [5, 27]. HIV-AK-Testungen der 4. Generation sind sofort, nach 6 und 12 Wochen durchzuführen und eine Triple-Therapie für 4 Wochen zu initiieren, die unmittelbar nach Exposition begonnen werden sollte [28]. Zwei negative HIV-Tests schließen eine HIV-Infektion nach 12 bzw. 16 Wochen mit großer Sicherheit aus ([27], Tab. 2).

Tab. 2 Akut- und Nachsorge nach Nadelstichverletzung

An dieser Stelle soll die Empfehlung für eine COVID-19-Impfung nicht unerwähnt bleiben. Chirurgen gehören zu „Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen oder im Rahmen der Ausübung eines Heilberufes mit einem hohen oder erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV‑2 tätig sind, insbesondere Ärztinnen und Ärzte und Personal mit regelmäßigem Patientenkontakt … [30]“, somit besteht eine berufliche Indikation.

Primäre Schutzmaßnahmen orientieren sich am TOP-Prinzip, welches technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen umfasst [31] und hier auf die Vermeidung von Nadelstichverletzungen übertragbar ist.

Zu den technischen Maßnahmen gehören das Verwenden stichsicherer Nadelsysteme und Instrumente [5]. Stichsichere Instrumente bieten folgende Merkmale [32]:

  • Sicherheitsmechanismus ist Bestandteil des Instrumentes,

  • Aktivierung muss leicht erkennbar und hörbar sein sowie schnell und mit einer Hand durchführbar sein.

Außerdem sollte der Sicherheitsmechanismus nicht reversibel sein (kein „recapping“). Dazu gehört auch die Nutzung von Einwegmaterial. Gerade bei infektiösen Patienten ist das Tragen doppelter Handschuhe zu empfehlen [33].

Zu den organisatorischen Maßnahmen gehören die:

  • Beachtung und Unterweisung in die Sicherheitshinweise der Instrumente,

  • Vermeidung von Zeitdruck (und)

  • sachgerechte Instrumentenübergabe am Operationstisch (sowie)

  • sachgerechte Handhabung der Abwurfbehälter [31].

Zu den personenbezogenen Schutzmaßnahmen gehören neben der medikamentenösen Therapie (z. B. Schutzimpfung) auch folgende Maßnahmen, die unverzüglich und ohne Verzug einzuleiten sind [2]:

  • Erhöhung des Blutflusses durch Druck auf das umliegende Gewebe,

  • antiseptische Spülung und Nachspülung und Anlegen eines antiseptischen Wirkstoffdepots,

  • Eruierung und Untersuchung des Indexpatienten,

  • Aufsuchen eines D‑Arztes und Einleitung eines D‑Arzt-Verfahrens (prinzipiell Notfall [25]) (sowie)

  • zeitnahe Vorstellung beim Betriebsarzt [2].

Fazit

  • Ein voller Impfschutz ist die beste Grundlage für die Gesundheit(erhaltung), denn Chirurgen gehen einer beruflichen Tätigkeit nach, die infektionsgefährdend ist.

  • Neben den allgemeinen Impfempfehlungen besteht auch eine Reihe beruflich bedingter Impfungen, die im Rahmen der arbeitsmedizinischen Pflichtvorsorge kontrolliert und ggf. durchgeführt werden können.

  • Nadelstichverletzung sollten nicht verharmlost werden und bei kontaminierten Instrumenten sollte zügig ein D‑Arzt aufgesucht werden, um ggf. eine postexpositionelle Prophylaxe einzuleiten und damit etablierte Therapieansätze nutzbringend auszuschöpfen sowie auch mittelfristigen und Spätkonsequenzen vorzubeugen.