Einleitung

Mit einer durchschnittlichen 12-Monats-Prävalenz von 7,1 % bei Frauen und 5,4 % bei Männern ist Asthma bronchiale eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland [1], was es zu einer der wichtigsten Volkskrankheiten macht [2]. Asthma ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, die durch eine bronchiale Überempfindlichkeit (Hyperreaktivität) und eine variable Atemwegsobstruktion charakterisiert ist [3].

Das im Kindes- oder Jugendalter auftretende Asthma bezeichnet man als Childhood- oder Early-onset Asthma (COA). In den meisten Fällen zeigen sich erste Symptome vor dem 6. Lebensjahr [4]. Man geht davon aus, dass Risikofaktoren für COA vor allem eine genetische Prädisposition direkt für Asthma sowie das Vorhandensein von allergischen Erkrankungen in der Familie sind. Weiterhin können virale respiratorische Infektionen, das Mikrobiom sowie eine frühkindliche Allergensensibilisierung und auch Passivrauchen eine Rolle bei der Entstehung von Asthma in der Kindheit spielen [5].

Im Gegensatz zum vergleichsweise intensiv erforschten COA ist über das Late- oder Adult-onset Asthma (LOA/AOA) [6] noch relativ wenig bekannt. Ab welchem Alter man von Late- bzw. Adult-onset Asthma spricht, ist nicht eindeutig definiert [6, 7] und je nach Definition kann dies bereits ab dem 12. oder erst ab dem 65. Lebensjahr beginnen [8, 9]. Adult-onset Asthma ist seltener als COA mit Allergien assoziiert, es geht häufiger mit Übergewicht einher als COA und wird häufiger bei Frauen beobachtet als bei Männern [10]. Ebenso können bei der Entstehung des LOA bzw. AOA berufliche Expositionen eine Rolle spielen [7]. Es ist zudem durch eine schlechtere Lungenfunktion [10, 11] und eine niedrigere Remissionsrate als COA charakterisiert [10, 12]. Eine US-amerikanische Studie zeigte eine 5‑Jahres-Inzidenz bei über 65-Jährigen von 103/100.000 Personenjahre [13]. In der Studie zur Gesundheit Erwachsener (DEGS) 1 wurde nicht zwischen beiden Formen des Asthmas getrennt und altersstratifizierte Prävalenzen unabhängig vom Zeitpunkt der Erstdiagnose berichtet. Es gibt in Deutschland bisher keine Forschungsarbeit, die sich explizit mit AOA befasst [14].

Unsere aktuelle Arbeit beschreibt, inwiefern die in der NAKO Gesundheitsstudie erhobenen Daten zur Halbzeit der Basiserhebung die aus anderen Quellen bekannten Daten zu Asthma widerspiegeln. Zudem wird das berichtete Alter bei Erstdiagnose der NAKO-Studienteilnehmenden analysiert, um so den Anteil derjenigen zu ermitteln, die von COA bzw. AOA betroffen sind.

Material und Methoden

Die vorliegende Analyse beruht auf einem Datensatz zur Halbzeit der Basiserhebung der NAKO mit 101.723 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die von März 2014 bis März 2017 in insgesamt 18 Studienzentren untersucht wurden. Die NAKO ist eine bundesweite bevölkerungsbezogene Kohortenstudie mit über 200.000 Teilnehmenden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt stehen bereinigte Daten der 18 Studienzentren von 101.723 Personen zur Verfügung, welche eine erste Auswertung ermöglichen. Das Altersspektrum der teilnehmenden Personen lag bei der Rekrutierung bei 20–69 Jahren, da aber von der Stichprobenziehung bis zur Untersuchung teilweise 5 Jahre vergingen, sind Daten von Personen bis zu einem Alter von 75 Jahren (>69 Jahre: N = 2962) enthalten. Da in den DEGS-Daten die oberste Altersgruppe 70–79 Jahre ist, kann nur diese hier zum Vergleich herangezogen werden. Detaillierte Beschreibungen zum Studiendesign und zur Rekrutierung der Teilnehmenden sind den Designpublikationen zu entnehmen [15, 16].

In die hier vorliegende Analyse gingen die Variablen Alter, Geschlecht sowie die Antworten zu folgenden Fragen aus dem persönlichen Interview ein: 1) „Wurde bei ihnen jemals Asthma bronchiale von einem Arzt diagnostiziert?“, 2) „Wenn ja, in welchem Alter/Jahr zum ersten Mal?“ und 3) „Wurden Sie in den letzten 12 Monaten wegen Asthma bronchiale ärztlich behandelt?“

Die NAKO-Daten wurden mit den Daten der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland DEGS (1; [17]; 2008–2011) mit 7896 Personen verglichen. Bei dieser Studie handelt es sich um einen Teil des Gesundheitsmonitorings des Robert Koch-Instituts (RKI), in dem seit 2008 bundesweit repräsentative Gesundheitsdaten bei Personen mit einem Altersspektrum von 18–79 Jahren erhoben werden. Die DEGS-(1)-Daten wurden den Public-Use-Files entnommen und beinhalteten die Variablen Alter, Geschlecht sowie die Antworten auf die Fragen, ob jemals Asthma bronchiale vom Arzt diagnostiziert wurde und ob Asthma in den letzten 3 Monaten behandelt wurde oder eine ärztliche Behandlung in den folgenden 3 Monaten geplant ist.

Erstdiagnosen von Asthma vor dem 18. Geburtstag wurden in dieser Analyse als Childhood-onset Asthma (COA) sowie Erstdiagnosen im Erwachsenenalter als Adult-onset Asthma (AOA) definiert. Die Angaben zur Häufigkeit von Asthma wurden stratifiziert nach Alter und Geschlecht dargestellt und mit 95 %-Konfidenzintervallen (Clopper-Pearson) ergänzt. Statistische Auswertungen wurden mit R 3.6.0 durchgeführt.

Ergebnisse

Von 101.723 Teilnehmenden wurden 439 Beobachtungen wegen fehlender Angaben ausgeschlossen, sodass insgesamt 101.284 Personen in die folgenden Analysen eingeschlossen wurden. Insgesamt gaben 8035 (7,9 %; 95 % KI [7,8 %, 8,1 %]) Personen an, dass bei ihnen jemals im Laufe ihres Lebens Asthma von einem Arzt diagnostiziert wurde (Abb. 1). Von diesen gaben 51,1 % (N = 4107) an, in den letzten 12 Monaten behandelt worden zu sein (N = 5 ohne Angabe). Frauen waren mit 8,7 % (N = 4747; 95 % KI [8,5 %, 9,0 %]) häufiger betroffen als Männer mit 7,0 % (N = 3288; 95 % KI [6,8 %, 7,2 %]). In der DEGS-Studie (N = 7896) waren die Zahlen für jemals diagnostiziertes Asthma mit 9,5 % bei Frauen (N = 393; 95 % KI [8,6 %, 10,4 %]) und 6,8 % bei Männern (N = 257; 95 % KI [6,1 %, 7,7 %]) ähnlich. In beiden Studien waren insbesondere in den höheren Altersklassen Frauen häufiger von Asthma betroffen als Männer (Abb. 2). Noch deutlicher wird dieser Geschlechterunterschied, wenn man nur die Teilnehmenden mit Asthma betrachtet, die momentan in Behandlung sind. In der NAKO waren 4,7 % der Frauen (N = 2561; 95 % KI [4,5 %, 4,8 %]), aber nur 3,3 % der Männer (N = 1546; 95 % KI [3,1 %, 3,5 %]) in den letzten 12 Monaten wegen Asthma in ärztlicher Behandlung. Das entspricht 53,9 % der Frauen (95 % KI [52,5 %, 55,3 %]) bzw. 47,0 % der Männer (95 % KI [45,3 %, 48,7 %]), bei denen jemals Asthma diagnostiziert wurde. In DEGS waren 4,0 % der Frauen, aber nur 1,7 % der Männer in ärztlicher Behandlung (3 Monate davor oder geplant in den nächsten 3 Monaten), was einem Anteil von 38,2 % bzw. 23,7 % aller, bei denen jemals Asthma diagnostiziert wurde, entspricht.

Abb. 1
figure 1

Studienpopulation zur Halbzeit der NAKO-Basiserhebung bzgl. der Antworten auf Fragen zu Asthma

Abb. 2
figure 2

Anteil der von Asthma bronchiale betroffenen Personen in NAKO und Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) nach Alter und Geschlecht. a Jemals Asthma von einem Arzt diagnostiziert; b Asthma behandelt in den letzten 12 Monaten (NAKO) bzw. 3 Monate vor der Befragung oder in den nächsten 3 Monaten beabsichtigt (DEGS), mit jeweils 95 % Konfidenzintervallen. Hinweis: Die Altersgruppe 70–79 Jahre in der NAKO umfasst Personen bis max. 75 Jahre

In beiden Studien und jeweils bei beiden Geschlechtern waren die jüngeren Altersstrata häufiger (jemals) von Asthma betroffen als die höheren Altersstrata. Am häufigsten war Asthma in der jüngsten Alterskategorie bei den Frauen vertreten: in der NAKO (20–29 Jahre) mit 10,3 % (95 % KI [9,4 %; 11,2 %]) sowie in DEGS (18–29 Jahre) mit 13,5 % (95 % KI [10,7 %; 16,7 %]). In den gleichen Altersstrata hatten in der NAKO 10,0 % der Männer Asthma (95 % KI [8,9 %; 11,1 %]), in DEGS waren es 10,8 % (95 % KI [8,2 %; 13,8 %]). Im Gegensatz dazu waren in den höchsten Altersstrata (70–75 Jahre NAKO; 70–79 Jahre DEGS) 8,7 % der Frauen in der NAKO von Asthma betroffen (95 % KI [7,3 %; 10,3 %]) und 8,0 % der Frauen in DEGS (95 % KI [6,0 %; 10,4 %]) sowie 5,8 % der Männer in der NAKO (95 % KI [4,7 %; 7,1 %]) bzw. 4,6 % der Männer in DEGS (95 % KI [3,0 %; 6,6 %]).

Eine Stratifizierung der NAKO-Teilnehmenden nach Geburtsjahr zeigt, dass 10,4 % der jüngsten Geburtsjahrgänge (1990–1999) in ihrem bisherigen Leben bereits eine Asthmadiagnose erhielten (Abb. 3). Im Vergleich dazu lag diese Zahl in den ältesten Geburtsjahrgängen der NAKO (1940–1949) bei nur 7,4 % (Frauen 10 %, Männer 6 %) für das gesamte bisherige Leben. Der Anstieg der kumulativen Asthmadiagnosen ist damit bei den jüngeren Geburtsjahrgängen deutlich steiler.

Abb. 3
figure 3

Anteil von Männern und Frauen, die bis zum Alter x die Erstdiagnose von Asthma in den verschiedenen Geburtsjahrgängen erhalten haben; a Asthma jemals diagnostiziert, Männer, b Asthma jemals diagnostiziert, Frauen

Nach der Definition für AOA ab 18 Jahren waren 31 % (N = 2512) der asthmaerkrankten NAKO-Teilnehmenden von COA betroffen und 67 % von AOA (N = 5345; N = 178 ohne Altersangabe für Erstdiagnose). Während von allen COA-Betroffenen 51,4 % männlich und 48,6 % weiblich waren, verschob sich dieses Verhältnis bei AOA zu den Frauen auf 63,8 % (Männer 36,2 %). Von allen COA-Betroffenen gaben nur 37 % der Frauen (95 % KI [34,7 %, 40,2 %]) und 30 % der Männer (95 % KI [27,3 %, 32,3 %]) an, in den letzten 12 Monaten ärztlich wegen Asthma behandelt worden zu sein. Bei AOA waren dies 60 % der Frauen (95 % KI [58,0 %, 61,2 %]) und 58 % der Männer (95 % KI [56,0 %, 60,3 %]).

Von allen teilnehmenden Frauen waren 2,2 % von COA betroffen (N = 1221; 95 % KI [2,1 %, 2,4 %]) und 6,5 % von AOA (N = 3526; 95 % KI [6,3 %, 6,7 %]). Im Gegensatz dazu waren bei den Männern 2,7 % von COA (N = 1291; 95 % KI [2,6 %, 2,9 %]) und 4,2 % von AOA (N = 1997; 95 % KI [4,1 %, 4,4 %]) betroffen.

Diskussion

Zur Halbzeit der Basiserhebung der NAKO war die Häufigkeit der Asthmadiagnosen ähnlich wie in repräsentativen Daten für Deutschland (z. B DEGS), ebenso die Alters- und Geschlechterverteilungen. Der Anteil der aktuell wegen Asthma Behandelten lag hingegen niedriger als in den Vergleichszahlen. Zwei Drittel der Teilnehmenden mit Asthma (jemals) konnten dem AOA zugeordnet werden.

Die NAKO-Daten zeigen auch eine Übereinstimmung mit Abrechnungsdaten der Krankenkassen. In einer entsprechenden Erhebung wurde ein Anstieg der 12-Monats-Diagnoseprävalenz von knapp 5 % bei 30- bis 34-jährigen auf 8 % bei 70- bis 74-jährigen Frauen sowie eine leicht ansteigende 12-Monats-Diagnoseprävalenz bei Männern von 4,5 % auf 5 % in denselben Altersklassen verzeichnet [18]. Wenn man nur die Teilnehmenden mit Asthma in der NAKO betrachtet, die in den letzten 12 Monaten wegen Asthma behandelt wurden, sieht man leicht reduzierte Häufigkeiten mit ähnlichem Altersverlauf.

Die retrospektiven Angaben der Teilnehmenden in der NAKO zeigen, wie auch andere internationale Quellen, dass Jungen im Kindesalter häufiger von Asthma betroffen sind als Mädchen, was sich meist nach der Pubertät umkehrt [19, 20]. Frauen sind im mittleren Alter dann fast doppelt so häufig von Asthma betroffen wie Männer gleichen Alters [5, 12]. Die Daten der NAKO sowie aus DEGS und dem Versorgungsatlas (basierend auf bundesweiten Abrechnungsdaten der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland; [18]) zeigen jedoch, dass Frauen im mittleren Alter nur geringfügig häufiger betroffen sind als Männer und ein deutlicherer Anstieg in der Häufigkeit von Asthma bei Frauen erst nach den Wechseljahren zu erkennen ist [18]. Während andere Studien zeigen, dass die Asthmahäufigkeit im weiblichen Geschlecht nach den Wechseljahren wieder abnimmt [20], ist dies anhand der vorliegenden NAKO-Daten also nicht zu beobachten. Da endogene und exogene hormonelle Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von Asthma spielen können, erscheint eine Veränderung nach den Wechseljahren plausibel [21, 22].

Trotz Hinweisen darauf, dass sich Asthma auch bei Erwachsenen entwickeln kann, die als Kind nie relevante Atemwegssymptome hatten, gibt es immer noch einige Kontroversen über die Existenz von Asthma bei Erwachsenen als eigenständiges Krankheitsbild [23]. In der vorliegenden Untersuchung gaben nur etwa ein Drittel der NAKO-Teilnehmenden an, dass die Erstdiagnose Asthma im Kindes- oder Jugendalter gestellt wurde. Bei Teilnehmenden in den ältesten Geburtsjahrgängen (1940–1949) waren es sogar nur 13,5 %, die eine Asthmadiagnose vor dem 18. Lebensjahr angaben. In der aktuellen Untersuchung waren 68 % der Teilnehmenden mit Asthma (N = 5245) laut Selbstangabe von AOA betroffen. Bedeutend in diesem Zusammenhang ist, dass sich Teilnehmer mit AOA fast doppelt so häufig – in den letzten 12 Monaten – einer ärztlichen Behandlung unterzogen als Teilnehmer mit COA.

Des Weiteren gaben NAKO-Teilnehmende der älteren Geburtsjahrgänge insgesamt seltener an, jemals die ärztliche Diagnose Asthma erhalten zu haben, als die jüngeren Jahrgänge. Dem können verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Eine Ursache könnte sein, dass die Erinnerung an länger zurückliegende Diagnosen in den älteren Altersgruppen erschwert ist. Zur Erfassung von Asthma zeigte ein umfassendes Review, dass die Frage nach ärztlich diagnostiziertem Asthma eine hohe Spezifizität aufwies im Vergleich zu medizinischen Unterlagen. Hingegen lag die Sensitivität zwischen 48 % und 100 %, mit einem Mittelwert von 68 % [24, 25]. Es wäre naheliegend zu erwarten, dass länger zurückliegende Diagnosen, also solche in der Kindheit, insbesondere wenn inzwischen die Symptome abgemildert oder gänzlich verschwunden sind, seltener berichtet werden. Eine aktuelle Studie zeigte zwar eine hohe Reliabilität der Angabe zur Asthmadiagnose in zwei Untersuchungen im fünfjährigen Abstand, aber auch, dass die Reliabilität für länger zurückliegende Diagnosen in der Kindheit abnimmt [26]. Außer diesen Erklärungen in Richtung eines Recall-Bias sind aber auch andere Ursachen möglich, die für die niedrigeren Anteile in höheren Altersgruppen verantwortlich sein können. Es kann Perioden- bzw. Kohorteneffekte bzgl. der relevanten Expositionen geben, die dazu führen, dass das tatsächliche Neuauftreten von Asthma in den älteren Altersgruppen geringer war.

In fast allen Ländern steigen die Diagnosen allergischer Erkrankungen insbesondere auch von Asthma an [27, 28]. Dabei besteht sowohl Uneinigkeit darüber, welcher Anteil lediglich auf einen Anstieg der öffentlichen Wahrnehmung beruht, als auch, was mögliche Ursachen für einen tatsächlichen Anstieg sind. Sowohl die medizinische Versorgung als auch die Diagnostik von Asthma haben sich über die Jahre hin verbessert, z. B. werden Bodyplethysmographie und Spirometrie heute deutlich häufiger als früher verwendet und damit Asthma wahrscheinlich auch häufiger diagnostiziert. Weiterhin ist eine Unterscheidung zwischen Asthma und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) insbesondere im Alter schwierig, da sich die Symptome der beiden Krankheiten sehr ähneln [7]. In Betracht ziehen sollte man auch den niedrigschwelligeren Zugang zu diagnostischen Verfahren der jüngeren Teilnehmer als eine potenzielle Erklärung des geringeren diagnostizierten Anteils von Asthma bei älteren Teilnehmern.

Ein geringerer Anteil Erkrankter in höheren Altersgruppen kann sicher auch auf eine Selektion der leichteren Fälle, die überlebt haben, zurückzuführen sein. Die Asthmatherapie hat beispielsweise in den letzten Jahrzenten einen dramatischen Wandel erfahren und damit deutliche Fortschritte gemacht [2, 29], von denen die älteren Jahrgänge aber noch nicht profitieren konnten, sodass Personen mit schwerem Asthma möglicherweise früher verstorben sind.

Weitere Selektionsmechanismen sind denkbar, z. B. dass an der Studie nur jüngere Asthmaerkrankte teilgenommen haben, weil viele ältere Menschen mit Asthma sich nicht imstande fühlten an solch einer intensiven Untersuchung teilzunehmen. Dagegen sprechen allerdings die vergleichbaren Ergebnisse des Versorgungsatlas [18], bei denen ein Selektionsbias durch die unterschiedliche Teilnahmebereitschaft weitgehend ausgeschlossen werden konnte. Insgesamt ist die endgültige Bewertung der Ergebnisse derzeit schwierig – nicht zuletzt stehen andere Studien, die auf Fragebogenerhebungen zurückgreifen, auch vor den gleichen Fragen.

Die Unterschiede in der Häufigkeit von behandeltem Asthma in NAKO und DEGS können auch auf die hier genutzten unterschiedlichen Erfassungszeiträume zurückzuführen sein. Ebenso wären im Vergleich der Asthmahäufigkeit in NAKO und DEGS aufgrund einer unterschiedlichen Altersobergrenze, NAKO (75 Jahre) und DEGS (79 Jahre), Unterschiede möglich, aber nicht sichtbar.

In der NAKO-Stichprobe sind die Altersgruppen >40 Jahre gegenüber den jüngeren Altersgruppen überrepräsentiert. Da die Kernergebnisse unserer Untersuchung jedoch als altersgruppenspezifische Häufigkeiten dargestellt werden, wirkt sich diese Tatsache nur bei der altersgruppenübergreifenden Darstellung aus.

Stärken und Schwächen

Bei der NAKO handelt es sich um die größte jemals in Deutschland durchgeführte Kohortenstudie, mit ausreichenden Fallzahlen, um eine Unterscheidung von vielen Untergruppen zu ermöglichen. Einschränkend ist jedoch zu erwähnen, dass die berichteten Ergebnisse aus einer Teilstichprobe der NAKO stammen und Selektionseffekte innerhalb der NAKO-Stichprobe durchaus Einfluss auf die Häufigkeit der berichteten Asthmadiagnosen in dieser Auswertung haben können. Zudem können Aussagen über die Allgemeinheit bei Studien mit geringer Response zu Verzerrungen führen (Responserate bei NAKO 10–30 % je nach Studienzentrum bzw. DEGS 42 % [30]).

Außerdem konnten noch keine Angaben zum sozioökonomischen Status berücksichtigt werden, der mit dem Auftreten von Asthma assoziiert ist [31]. Mit vollständigem Datensatz und unter Berücksichtigung der Charakteristika aller Personen können bessere Aussagen zur Häufigkeit von Asthma in der NAKO getroffen werden. Eine zentrale Einschränkung stellt dar, dass die Untersuchung auf Selbstangaben der erwachsenen Teilnehmenden zu einer für das Kindesalter typischen Krankheit basiert. Falsche Angaben über den Krankheitsbeginn sind bei dieser Erhebungsmethode nicht ausgeschlossen. Eine externe Validierung könnte mittels Krankenkassendaten erfolgen, müsste sich allerdings auf relativ aktuelle Ereignisse und Diagnosen beschränken. Für die Life-Course-Epidemiologie von chronischen und oft transienten Krankheiten des Kindesalters wie Asthma und Allergien sind bevölkerungsbasierte Geburtskohortenstudien besser geeignet [32, 33].

Fazit und Ausblick

Die vorliegenden Ergebnisse geben einen ersten Einblick in die in der NAKO erhobenen Daten zur Häufigkeit von selbstberichtetem Asthma bronchiale. In weiteren Analysen können die berichteten Diagnosen mit aktuell eingenommenen Medikamenten abgeglichen werden. Ebenso wird es möglich sein, die Daten zur Lungenfunktion sowie Ergebnisse der bildgebenden Verfahren (MRT) zur Bewertung der Erkrankungsschwere hinzuzuziehen und den weiteren Verlauf der bereits diagnostizierten Erkrankungen und Risikofaktoren für neu auftretendes Asthma zu analysieren.