Vorbemerkungen

Kniegelenknahe Osteotomien haben in den letzten Jahrzehnten zunehmend Beachtung gefunden für die Behandlung von unikompartimentellen Gonarthrosen bei jüngeren Patienten als auch für die Behandlung bzw. Behebung prädisponierender Faktoren bei ligamentären Instabilitäten.

Achsabweichungen in der koronaren Ebene (Varus‑/Valgusdeformitäten) sind dabei der wahrscheinlich häufigste Grund für eine kniegelenknahe Osteotomie, welche mittels einer proximalen Tibiaosteotomie oder distalen Femurosteotomie adressiert werden können.

Darüber hinaus finden Korrekturen in der sagittalen Ebene, z. B. Slope-korrigierende Tibiakopfosteotomien, bei sagittalen Instabilitäten zunehmende Beachtung, ebenso wie Korrekturen in der transversalen Ebene bei patellofemoralen Pathologien, z. B. derotierende Femurosteotomien. Während bei Letzteren für die Quantifizierung der Deformität zumindest eine Messung anhand einer 3‑D-Schichtbildgebung notwendig ist, ist der aktuelle Standard für eine Korrekturosteotomie weiterhin die 2‑dimensionale (2-D-)Analyse gemäß den Prinzipien von Paley [1]. Die präoperative 3‑dimensionale (3-D-)Planung von Osteotomien der unteren Extremität hat jedoch angesichts der modernen chirurgischen Technologien zunehmend an Bedeutung gewonnen [2].

Für eine präoperative 3‑D-Analyse einer Deformität werden CT-Daten der betroffenen Extremität benötigt, welche das Hüftzentrum, proximales Femur, das Kniezentrum mit distalem Femur, proximaler Tibia und proximaler Fibula sowie das obere Sprunggelenkzentrum mit distaler Tibia, distaler Fibula und Talus beinhalten. Während die CT-Auflösung im Bereich der geplanten Osteotomie möglichst hoch gewählt sein sollte (Schichtdicke ca. 1 mm), kann diese für kniegelenknahe Osteotomien im Bereich des distalen Unterschenkels und insbesondere auch im Bereich der strahlensensibleren Regionen um das Becken niedriger gewählt werden, um die Strahlenbelastung zu reduzieren [3]. Aus gleichen Überlegungen können zusätzlich die Schaftbereiche des Femurs und des Unterschenkels ausgespart werden.

Der grundlegende Schritt für die 3‑D-Analyse ist die Generierung von 3‑D-Oberflächenmodellen der pathologischen Extremität und ggf. auch der kontralateralen gesunden Extremität [4, 5]. Dabei werden häufig Thresholding- und Region-growing-Algorithmen für die Segmentierung (Abb. 1) verwendet und der Marching-cubes-Algorithmus für die Generierung des 3‑D-Modells (Abb. 1; [5]).

Abb. 1
figure 1

Der grundlegende Schritt für die 3‑D-Analyse ist die Generierung von 3‑D-Oberflächenmodellen. Dabei werden häufig Thresholding- und Region-growing-Algorithmen für die Segmentierung (Markierung) der CT-Daten verwendet und der Marching-cubes-Algorithmus für die Generierung des 3‑D-Modells

Da die meisten Messungen und auch die geplanten Korrekturen auf 2‑dimensional (2-D) projizierten Messwerten basieren, ist die a.-p-Ausrichtung der Extremität von essenzieller Bedeutung. Dabei wird ähnlich wie beim Erstellen eines Orthoradiogramms, bei dem darauf geachtet wird, dass die Patella nach ventral gerichtet ist, die Patella als Referenz für die Ausrichtung der Extremität verwendet [4, 6]. Dies ist insbesondere bei größeren Deformitäten sowie Flexionskontrakturen des Kniegelenks von Bedeutung [7].

Die Analyse einer Deformität kann dabei den Prinzipien von Paley folgen ([1]; Abb. 2), wobei standardisierte Landmarken in 3‑D verwendet werden für die Berechnung der projizierten Messwerte [6, 8]. Für diese landmarkenbasierte Deformitätsanalyse werden v. a. folgende Messwerte definiert, welche bei der Bestimmung des Korrekturausmaßes als auch des Korrekturortes (z. B. distaler Femur vs. proximale Tibia) herangezogen werden können (Abb. 3).

  • HKA mechanische femorotibiale Winkel („hip knee ankle angle“)

  • mLDFW (mechanischer lateraler distaler Femurwinkel)

  • mMPTW (mechanischer medialer proximaler Tibiawinkel)

  • JLCA (Gelenklinienwinkel „joint-line conversion angle“)

  • Femorale Torsion

  • Tibiale Torsion

  • Tibialer Slope

  • TTTG („tibial tuberosity trochlear groove“)

Abb. 2
figure 2

Analyse einer Deformität und der geplanten Korrektur am Orthoradiogramm bei einem Varus von 6,7° und einem mMPTA von 82,8° nach den Prinzipien von Paley

Abb. 3
figure 3

Bei der landmarkenbasierten Analyse einer Deformität werden die wichtigen in 2‑D definierten Messungen anhand 3‑D-Landmarken reproduziert und die Winkel bzw. Distanzen durch die entsprechenden Projektionen ermittelt

Die Belastung der Extremität hat dabei einen großen Einfluss insbesondere auf den HKA als auch auf den JLCA [8]. Dies muss insbesondere bei der Bestimmung des Korrekturwinkels berücksichtigt werden. Ein möglicher Lösungsansatz zur Berücksichtigung der Belastung bei der Verwendung von CT-Daten ist entweder die Verwendung einer belasteten CT-Untersuchung (Weight-bearing-CT) oder die 3‑D-2-D-Regristiereung, d. h. die Fusion von unbelasteten 3‑D-CT-Daten mit belasteten 2‑D-Orthoradiogrammen [2].

Eine weitere Möglichkeit einer Deformitätsanalyse neben der landmarkenbasierten Methode ist die templatebasierte Methode, welche insbesondere bei posttraumatischen, multidimensionalen Deformitäten von Vorteil ist (Abb. 4). Dabei kann entweder die gespiegelte kontralaterale Anatomie [9, 10] oder ein statistisches Modell [10, 11] als Vorlage verwendet werden. Durch das Übereinanderlegen der 3‑D-Modelle der pathologischen Extremität und des Templates proximal der Deformität kann das Ausmaß der Deformität bereits visualisiert werden (Abb. 4 proximale Registrierung). Nach einer simulierten Osteotomie auf Höhe der Deformität wird anschließend das 3‑D-Modell der pathologischen Extremität distal der Deformität mit dem Template übereinandergelegt (Abb. 4 distale Registrierung). Dieser Unterschied zwischen proximaler und distaler Registrierung entspricht dem Ausmaß der Deformität und kann als Transformationsmatrix kodiert und für die weitere 3‑D-Planung verwendet werden, z. B. Berechnung einer Rotationsachse oder einer Single-Cut-Osteotomie-Ebene. Das Ergebnis einer templatebasierten Deformitätsanalyse muss jedoch immer mit der vorliegenden Pathologie und auch der Klinik abgeglichen werden, da physiologisch vorkommende intraindividuelle bilaterale Unterschiede das Ausmaß der tatsächlich vorliegenden Deformität verfälschen können [12].

Abb. 4
figure 4

a Bei der templatebasierten Analyse einer Deformität kann die gespiegelte kontralaterale Anatomie oder ein statistisches Modell als Vorlage verwendet werden. Durch die proximale Registrierung, d. h. Übereinanderlegen beider Modelle, kann das Ausmaß der Deformität visualisiert werden. Nach einer simulierten Osteotomie auf Höhe der Deformität erfolgt die distale Registrierung. Die Transformation des distalen Fragments zwischen proximaler und distaler Registrierung entspricht dem Ausmaß der Deformität. b Diese Quantifizierung der Deformität kann verwendet werden, um im 3‑D-Raum die Deformität bzw. Korrektur mit einem Winkel und einer 3‑D-Rotationsachse zu beschreiben

In den letzten Jahren gibt es zunehmende Studien, welche den Vorteil von 3‑D-Planung und patientenspezifischen Instrumenten (PSI) bei distalen Femurosteotomien und proximalen Tibiaosteotomien belegen und insbesondere die hohe Genauigkeit der Korrektur und den geringen Anteil an Outliern hervorheben [13,14,15,16,17]. Randomisierte Studien fehlen jedoch, und ebenso fehlt auch der Vergleich zur klassischen Navigation.

Im folgenden Artikel werden die Grundprinzipien der Umsetzung kniegelenknaher Osteotomien anhand PSI beschrieben (Abb. 5 und 6), wobei das Hauptaugenmerk auf Korrekturen in der koronaren als auch der axialen Ebene gelegt wird. Mit zunehmender Erfahrung anhand dieser „einfacheren“ Korrekturosteotomien können die Prinzipien auch für „komplexere mehrdimensionale“ Korrekturosteotomien angewendet werden. Die Kombination einer Korrektur in mehreren Ebenen, z. B. koronaren und sagittalen Ebene, kann durch eine einzelne Rotation um eine kombinierte Rotationsachse erreicht werden (Abb. 4b, rote Rotationsachse). Die intraoperative Umsetzung unter Berücksichtigung dieser resultierenden Rotationsachse ist jedoch ohne PSI kaum möglich, wobei aus diesem Grund die Anwendung von PSI insbesondere bei mehrdimensionalen posttraumatischen Deformitäten nicht mehr wegzudenken ist.

Abb. 5
figure 5

Die Abbildungen sind mit der Planungssoftware CASPA (Balgrist CARD AG, Zürich, Schweiz) erzeugt worden. Für die intraoperative Umsetzung des präoperativen Plans werden zumindest ein Schnittblock und ein Korrekturblock designed und mittels 3‑D-Druck hergestellt. Der Schnittblock beinhaltet Bohrhülsen für insgesamt 4 Schanz-Schrauben, wobei zusätzliche Bohrhülsen (gelb) zum einfacheren Anbringen und Entfernen der Guides verwendet werden können. In der Schnittführung des Sägeblattes kann zur Kontrolle der korrekten Höhe der Osteotomie ein 2,0-mm-K-Draht eingebracht werden (rot). Die Höhe der Schnittführung erlaubt das vollständige Einbringen des 90 mm langen Sägeblattes und eine Osteotomie bis zur Rotationsachse (blaue Hinge). Der Korrekturblock ermöglicht die Einstellung der geplanten Korrektur anhand der einbrachten Schanz-Schrauben. Um die noch vorhandene Rotationsfreiheit der Platzierung der Platte mit der korrekten Position der Schanz-Schrauben und somit der Schrauben in der Platte zu kontrollieren, werden die grünen Reduktionshülsen in den Korrekturblock platziert, wobei der Innendurchmesser dem Durchmesser der Bohrhülse für die Platte entspricht

Abb. 6
figure 6

Anhand der präoperativen Planung können die geplanten Abmessung angepasst werden und auch die Schraubenlängen ausgemessen werden

Operationsprinzip und -ziel

Ziel ist, durch eine Osteotomie entweder die prätraumatischen anatomischen Verhältnisse wiederherzustellen oder die Belastung in weniger betroffene Kompartimente zu verlagern. Patientenspezifische Instrumente (PSI) ermöglichen dabei die exakte intraoperative Umsetzung des präoperativen Planes. Bei der beschriebenen Technik werden jeweils 2 Schanz-Schrauben proximal bzw. distal der geplanten Osteotomie verwendet, wobei PSI insbesondere für folgende Schritte verwendet werden: zum Platzieren der Schanz-Schrauben, für die Osteotomie und auch für die Korrektur unter Verwendung der Schanz-Schrauben.

Vorteile

  • Höhere Genauigkeit

  • Weniger Outlier

  • Reduktion der Operationszeit

  • Reduktion der Verwendung der intraoperativen Fluoroskopie

Nachteile

  • Kosten

  • Herstellungszeit für die PSI

  • Weniger intraoperative Flexibilität

  • Kein minimal-invasiver Zugang

Indikationen

  • Einfache und komplexe kniegelenknahe Korrekturosteotomien

Kontraindikationen

  • Allgemeine Kontraindikationen für die Durchführung einer Computertomographie (CT) oder für einen offenen Zugang für die Durchführung der Operation wie Infekt, schlechte Weichteile.

Patientenaufklärung

  • Allgemeine Risiken einschließlich Gefäß‑, Nervenverletzungen und Infektion

  • Kompartmentsyndrom

  • Über- und Unterkorrektur

  • Pseudarthrose

Operationsvorbereitungen

  • Rx a.-p./seitlich und Ganzbeinaufnahme (Orthoradiogramm)

  • CT der betroffenen Extremität mit einer Schichtdicke von 1 mm einschließlich Hüftzentrum, proximalem Femur, Kniezentrum mit distalem Femur, proximaler Tibia und proximaler Fibula sowie das obere Sprunggelenkzentrum mit distaler Tibia, distaler Fibula und Talus

  • 3‑D-Planung und Herstellung patientenspezifischer Instrumente

Instrumentarium

  • Patientenspezifische Instrumente (Schnitt- und Korrekturblöcke, Bohrhülsen; MyOsteotomy, Medacta SA, Schweiz)

  • Eva-Haken

  • Langenbeck-Haken

  • 4 × 4,0 mm Schanz-Schrauben

  • 2,0-mm-K-Draht

  • Oszillierende Säge mit einem breiten Sägeblatt (Länge 90 mm, Dicke 1 mm) und einem schmalen Sägeblatt (Länge 50 mm, Dicke 1 mm) für die biplanare Osteotomie

  • Osteotomiemeißel

  • Knochenspreitzer

  • 3,5-mm-Kortikalisschrauben

  • Osteosynthese‑/Osteotomieplatte, welche bei der präoperativen 3‑D-Planung als optimal definiert wurde

  • Bildwandler

Anästhesie und Lagerung

  • Allgemein- oder Regionalanästhesie

  • Rückenlagerung auf röntgendurchlässigem Tisch

  • Ev. Beinhalter

  • Ev. Blutsperre

Operationstechnik

(Abb. 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 15)

Abb. 7
figure 7

Die Grundprinzipien und die Zugänge zur proximalen medialen Tibia [18], zum distalen medialen Femur [19] und distalen lateralen Femur [20] entsprechen grundlegend den zuvor beschrieben Techniken [18,19,20,21]. Bei der Verwendung von PSI ist jedoch darauf zu achten, dass der Zugang insbesondere zu Beginn nicht zu klein gewählt wird, um die intraoperative korrekte Lage des ersten Schnittblocks zu erkennen bzw. nicht durch Weichteilspannung abgelenkt zu werden. Der Zugang zur proximomedialen Tibia (im Bild rechtes Kniegelenk) erfolgt über einen vertikalen anteromedialen Hautschnitt, welcher auf Höhe des Gelenkspaltes beginnt und entsprechend der Länge des PSI angepasst wird. Nach subkutaner Präparation wird der Pes anserinus dargestellt und dieser ab Oberrand der Gracilissehne abgelöst, die Gracilis. und Semitendinosussehne werden mobilisiert sowie für die spätere Fixation unter der Platte mit 2er-Vicryl armiert. Die distal der Osteotomie liegenden Anteile des medialen Seitenbandes werden von distal bis zur Höhe der geplanten Osteotomie mobilisiert, um eine Spannungszunahme beim späteren Aufklappen der Osteotomie zu vermeiden

Abb. 8
figure 8

Das ausgedruckte 3‑D-Modell vor geplanter Korrektur wird hierbei für die Orientierung der Höhe der Osteotomie verwendet, ebenso wie das präliminäre Anbringen des ersten Schnittblocks. Die abgelösten Fasern des medialen Seitenbandes können ebenso armiert und ebenso unterhalb der Platte nach der Osteotomie spannungsfrei refixiert werden

Abb. 9
figure 9

Als nächster Schritt erfolgt die Markierung der frontalen Osteotomie mit einem Meißel (a). Grundsätzlich werden fast alle Osteotomien am Femur und an der Tibia biplanar durchgeführt, einerseits wegen der höheren Primärstabilität und zuverlässigeren Heilung durch die Vergrößerung der Osteotomiefläche, andererseits zur besseren Kontrolle der Rotation. Auch derotierende Osteotomie am distalen Femur wird im Normalfall biplanar durchgeführt, wobei hierfür eine Keilresektion (= Verschnitt) bei der frontalen Osteotomie notwendig ist. Bei der proximalen Tibiaosteotomie wird die frontale Osteotomie großzügig nach distal ausgeleitet, insbesondere bei großen Korrekturen, patellofemoralen Beschwerden, hohen TTTG oder tief stehender Patella. Die Ausleitung kann entweder distal (wie in der Abbildung dargestellt) oder proximal der Tuberositas tibiae erfolgen und wird mit der oszillierenden Säge durchgeführt. Prinzipiell kann dieser Schnitt ebenso auch in den Schnittblock integriert und durch diesen geführt werden, ähnlich wie bei den Beispielen der Femurosteotomien beschrieben. Unserer Erfahrung nach sollte die frontale Osteotomie insbesondere bei femoralen Derotationsosteotomien auf jeden Fall im Schnittblock integriert werden, da in diesen Fällen bei der aszendierenden Osteotomie zusätzlich ein Keil reseziert werden muss. Mit der präsentierten Technik (MyOsteotomy, Medacta SA, Castel San Pietro, Schweiz) ist ein Austausch zwischen den Ingenieuren und dem Operateur unerlässlich, auch um einerseits die Klinik als auch die individuelle Präferenzen des Operateurs berücksichtigen zu können. Um während der axialen Osteotomie nicht die frontale Osteotomie zu überschreiten, kann ein Sägeblatt in situ in der frontalen Osteotomie belassen werden (b)

Abb. 10
figure 10

Mit dem elektrischen Kauter wird die tiefe Flexorenmuskulatur knochennah mit Periost von der posteromedialen Tibia mobilisiert, was eine einfachere Mobilisation mit einem gebogenen Rasp sowie das Einbringen eines Eva-Hackens in 90° Flexion ermöglicht. Anschließend erfolgt das Anbringen des Schnittblocks, dessen Unterfläche einem negativ des Knochenmodells des Patienten entspricht. Beim Design des Schnittblocks muss deswegen darauf geachtet werden, dass dieser nur in Bereichen mit dem intraoperativen Situs in unmittelbarem Kontakt ist, in welchen keine Weichteile vorhanden sind, welche nicht abgelöst werden sollten (z. B. Patellarsehne, mediales Seitenband proximal der Osteotomie). Zusätzlich hat es sich bewährt, zumindest 2 kleine Haken in beide Richtungen in den Schnittblock zu integrieren, um die Rotationsstabilität beim Anbringen des Schnittblocks zu erhöhen. Am ausgedruckten Knochenmodell kann durch Rotation des Schnittblocks die optimale Positionierung getestet werden, und auch zur besseren Visualisierung der relativen Verhältnisse auf dem Modell können die Grenzen des Schnittblocks markiert werden. Dabei ist zu beachten, dass in situ die Platzierung nie einfacher sein kann als auf dem ausgedruckten Modell. Die provisorische Fixation des Schnittblocks erfolgt mit einem 2,0-mm-K-Draht durch ein vorgegebenes Bohrloch in der Osteotomieführung des Schnittblocks, welches die Höhe der Osteotomie markiert. Es empfiehlt sich, zumindest zu diesem Zeitpunkt eine BV-Kontrolle durchzuführen. Hierbei können auch die beiden gelenknahen 4,0-mm-Schanz-Schrauben, welche für die Fixation und auch für die spätere Reposition verwendet werden, mit den dafür vorgesehenen Bohrhülsen (Abb. 5, gelbe Bohrhülse) im Schnittblock platziert werden für eine zusätzliche optische Kontrolle, um auch sicherzustellen, dass die Schanz-Schrauben den geplanten Abstand zum Gelenk haben

Abb. 11
figure 11

Die Schanz-Schrauben können entweder neben der Platte geplant werden oder auch in der korrekten Position, um später durch die Schrauben für die Fixation der Platte ersetzt zu werden. Aus diesem Grund wird ein Durchmesser der Schrauben kleiner als der Durchmesser der erforderlichen Bohrung für die Schrauben verwendet. Da die Biegesteifigkeit der Schanz-Schrauben jedoch proportional zur 4. Potenz des Durchmessers ist, empfiehlt es sich, möglichst dicke Schanz-Schrauben zu verwenden. Bei korrekter Lage des Schnittblocks können alle weiteren Schritte mit entsprechender Erfahrung auch ohne weitere BV-Kontrolle durchgeführt werden. Falls markante Referenzpunkte intraoperativ vorliegen, z. B. in situ befindliches Osteosynthesematerial oder Bohrlöcher nach vorangegangenen Operationen oder prominente Knochenvorsprünge, können diese im Schnittblock integriert werden, was die Registrierung des präoperativen Plans mit dem intraoperativen Situs häufig stark vereinfacht

Abb. 12
figure 12

a,b Nach Fixation des Guides mit insgesamt vier 4,0-mm-Schanz-Schrauben (2 proximal und 2 distal der Osteotomie) erfolgt die axiale Osteotomie in 90° Flexion unter dorsalem Schutz mit einer Eva, wobei die Tiefe der Osteotomie in der präoperativen 3‑D-Planung definiert ist und mit der Länge des zuvor eingebrachten 2,0-mm-Drahtes nochmals kontrolliert werden kann. Die Richtung der Osteotomie kann anhand des mitgelieferten 3‑D-Knochenmodells und des Schnittblocks zuvor ebenso noch verifiziert werden

Abb. 13
figure 13

a,b Durch die Osteotomie mit der oszillierenden Säge kann anschließend häufig die Osteotomie bereits aufgespreizt bzw. bei einer Closing-wedge-Osteotomie nach Durchführung des zweiten Schnittes und Entfernung des Knochenkeiles geschlossen werden. Es empfiehlt sich jedoch, durch das Einbringen mehrerer Osteotome die Vollständigkeit der Osteotomie nochmals zu kontrollieren. Da bei einer Closing-wedge-Osteotomie die exakte Resektion des Keils essenziell ist und das wiederholte Oszillieren den Schnittblock vom Knochen lösen könnte, ist eine Fixation des Schnittblocks mit einer monokortikalen 3,5-mm-Schraube ein sinnvoller zusätzlicher Schritt. Nach erfolgter Osteotomie kann der Schnittblock entfernt werden und durch präliminäres Aufspreizen der Osteotomie mit einer Knochenspreizzange der Korrekturblock zur genauen Festlegung der geplanten Korrektur angebracht werden. Um den Korrekturblock leichter über die Schanz-Pins zu platzieren, auch wenn das präliminäre Aufspreizen mit der Knochenspreizzange nicht exakt der geplanten Korrektur entspricht, sind die Löcher im Korrekturblock größer als die Schanz-Pins und entsprechen dem Außendurchmesser der (in der Abbildung gezeigten metallischen) Repositionshülsen. Erst durch das Einbringen der Repositionshülsen und Lösen der Knochenspreizzange entspricht die Korrektur der geplanten Korrektur

Abb. 14
figure 14

a–d Wenn die Schanz-Schrauben durch die Plattenlöcher geplant sind, erfolgt das Anbringen des Korrekturblocks zusammen mit der darunterliegenden Platte. Prinzipiell könnte der Durchmesser in beiden PSI dem Durchmesser der Schanz-Schrauben entsprechen, um das Anbringen des Korrekturblocks jedoch zu erleichtern können wie in der Abbildung gezeigt metallische Bohrhülsen verwendet werden. Um die noch vorhandene Rotationsfreiheit der Platzierung der Platte mit der korrekten Position der Schanz-Schrauben und somit der Schrauben in der Platte zu kontrollieren, werden die in der Abbildung gezeigten ebenso ausgedruckten Reduktionshülsen in den Korrekturblock platziert, wobei der Innendurchmesser dem Durchmesser der Bohrhülse für die Platte entspricht. Zu diesem Zeitpunkt empfiehlt es sich, die Korrektur mit dem korrigierten 3‑D-Knochenmodell zu vergleichen und z. B. bei kompletten Osteotomien wie Rotationsosteotomien auch den eventuellen Versatz der Fragmente nochmals visuell zu überprüfen

Abb. 15
figure 15

Anschließend erfolgt bei einer Tibiaosteotomie in maximaler Extension eine Fixation der Tuberositas bei einer nach distal auslaufenden frontalen Osteotomie mit zwei 3,5-mm-Kortikalisschrauben in Zugschraubentechnik (a), bevor die Platte mit jeweils 2 winkelstabilen Schrauben proximal und distal der Osteotomie fixiert wird. Die Schanz-Schrauben werden schrittweise mit winkelstabilen Schrauben ersetzt (b). Falls die Schanz-Schrauben neben der Platte geplant waren, können die Schraubenlöcher ohne diesen Zwischenschritt besetzt werden und die Schanz-Schrauben erst zum Schluss entfernt werden. Zum Schluss werden das mediale Seitenband und der Pes anserinus, welcher zuvor armiert wurde, unter der Platte fixiert (c, d) und die Subkutis und die Haut in üblicher Art und Weise über eine subkutane Redondrainage verschlossen

Postoperative Behandlung

  • Elastische Wickelung des Beins inklusive des Oberschenkels im Operationssaal

  • Physiotherapie ab dem 1. postoperativen Tag

  • Teilbelastung für 6 Wochen

  • Thromboseprophylaxe z. B. mit niedermolekularen Heparinen bis zum Erreichen der sicheren Vollbelastung

Fehler, Gefahren, Komplikationen

  • Über- bzw. Unterkorrektur durch ungenügende oder falsche präoperative Planung und nicht korrekte Platzierung des Schnittblockes bzw. nicht stabile Reposition mit dem Korrekturblock aufgrund großer Spannungsverhältnisse. Durch eine nicht korrekte Rotation des Schnittblocks wird ein Fehler in einer zweiten Ebene eingebaut werden, wobei die Korrektur in der primär geplanten Ebene im Normalfall eher zu einer Unterkorrektur führen wird

  • Fraktur durch die Schanz-Schrauben-Löcher bei Platzierung neben der Platte

  • Hinge-Fraktur mit möglichem Korrekturverlust und Delayed-Union bzw. Non-Union

Ergebnisse

Es gibt mehrere Studien, welche die Genauigkeit der Umsetzung der geplanten Korrektur für kniegelenknahe Korrekturosteotomien mit der Verwendung patientenspezifischer Schnitt- und Korrekturschnittblöcke analysiert haben mit vielversprechenden Ergebnissen [13, 15, 17, 22,23,24]. Der klinische Benefit der gewonnenen Genauigkeit ist jedoch noch unklar. Im Folgenden werden klinische Beispiele von kniegelenknahen Korrekturosteotomien illustriert mit Hauptaugenmerk auf die Besonderheiten in den präoperativen Planung bzw. der intraoperativen Umsetzung (Abb. 16, 17, 18, 19, 20 und 21).

Abb. 16
figure 16

Biplanare Open-wedge-Valgisationsosteotomie an der proximalen Tibia bei 6,7° Varus mit einem mMPTA von 82,8° (a). Intraoperativ BV-Kontrolle mit einem 2,0-mm-K-Draht durch die Schnittführung, um die korrekte Höhe des Schnittblocks zu verifizieren (b). Postoperatives Resultat mit Korrektur der Beinachse (c)

Abb. 17
figure 17

Biplanare Open-wedge-Valgisationsosteotomie an der proximalen Tibia bei 22° Varus mit einem mMPTA von 69° (a). Aufgrund des Ausmaßes der Korrektur Entscheidung einen Graft zu interpolieren (b); c postoperatives Resultat mit Korrektur der Beinachse. d Es wurde ein zusätzlicher Schnittblock zur Präparation des Grafts verwendet

Abb. 18
figure 18

Closing-wedge-Re-Varisationsosteomie bei St. n. Valgisationsosteotomie mit Hinge-Bruch und Überkorrektur mit 6,5° Valgus und einem mMPTA von 96,5° (a). b Intraoperative BV-Kontrolle und c postoperative Korrektur. Der Schnittblock beinhaltet 2 Schnittführungen zur Resektion des Keils mit Angabe der maximalen Sägelänge bis zum Hinge (d). Proximal wird ein ehemaliges Bohrloch einer Schraube vom zuvor implantierten Implantat als zusätzliche intraoperative Landmarke fürs korrekte Anbringen des Schnittblocks verwendet

Abb. 19
figure 19

Biplanare laterale Open-wedge-Varisationsosteotomie am distalen Femur bei St. n. VKB-Rekonstruktion mit konsekutiver Wachstumsstörung mit 7° Valgus, einem mMPTA von 76° und einer Beinlängendifferenz zuungunsten links von 1,2 cm (a). Aufgrund der Deformität wird eine mediale TomoFix-Platte der Gegenseite verwendet, welche bei der 3‑D-Planung besser passt als die laterale TomoFix-Platte (b). Postoperative Korrektur der Beinachse (c). Das femorale Fixationsplättchen von der VKB-Rekonstruktion erleichtert die intraoperative Platzierung des Schnittblocks (d)

Abb. 20
figure 20

Biplanare Closing-wedge-Varisationsosteotomie am distalen medialen Femur bei 7° Valgus und einem mMPTA von 84° (a). b Intraoperative BV-Kontrolle und c postoperative Korrektur der Beinachse. d Schnittblock für die biplanare Closing-wedge-Osteotomie

Abb. 21
figure 21

Biplanare Derotationsosteotomie am distalen lateralen Femur bei erhöhter femoraler Antetorsion und patellofemoraler Instabilität (a). b Intraoperative BV-Kontrolle und c postoperative Korrektur der Beinachse. d Bei der biplanaren frontalen Osteotomie muss ein Keil reseziert werden (rot)

Prinzipiell besteht die Möglichkeit, die Schanz-Schrauben durch die Platte oder neben der Platte zu platzieren. Der Hauptgrund, die Schraubenlöcher zu verwenden, ist, dass hierdurch der Guide und der Zugang etwas kleiner gewählt werden können. Die Platzierung der Platte am Femur ist jedoch am Computer am 3‑D-Modell etwas schwieriger, insbesondere da bisher keine Weichteile in der Planung berücksichtigt werden. So kann z. B. das distale Plattenende den Tractus iliotibialis bei einem lateralen Zugang irritieren. Aus diesem Grund bevorzugen wir, die Platte am Femur neben den Pins zu platzieren, damit wir hier etwas mehr variieren können. Das Ausmaß der Korrektur wird hierdurch jedoch voraussichtlich nicht verändert, und man kann sich für die Platzierung der Platte dennoch an den Schanz-Schrauben orientieren.