Einleitung

Die komplette Bauchposition/Bauchlagerung (180°-Drehung) zeigt nachweislich positive Effekte auf die Oxygenierung, besonders beim akuten Lungenversagen („acute respiratory distress syndrome“, ARDS; [3]). Durch die Reduktion des beatmungsassoziierten Lungenschadens gibt es weitere Vorteile hinsichtlich der Mortalität, die jedoch nicht (ausschließlich) auf die Verbesserung der Oxygenierung zurückgeführt werden können [1].

Dieser Handlungsalgorithmus (Abb. 1) bezieht sich auf die im Jahr 2023 aktualisierte S3-Leitlinie „Lagerungstherapie und Mobilisation von kritisch Erkrankten auf Intensivstationen“ [2] sowie auf die Praxisempfehlung der American Association of Critical-Care Nurses (AACN; [8]).

Abb. 1
figure 1

Flussdiagramm zur Bauchlagerung bei kritisch kranken Patienten

1Indikation Bauchlagerung bei ARDS [2, 8]

  • paO2/FIO2 < 150 mm Hg bei intubierten Patienten (trotz Optimierung der Beatmung)

  • Akut hypoxisches Lungenversagen bei COVID-19 plus nichtinvasive Beatmung (NIV) → „awake-proning“

2Kontraindikationen [2, 8]

  • Offenes Abdomen

  • Wirbelsäuleninstabilität

  • Erhöhter intrakranieller Druck

  • Hämodynamisch relevante Herzrhythmusstörungen

  • Schock

3Therapeutische Ziele [2, 8]

  • Verbesserung des Ventilations-Perfusions-Verhältnis (V/Q)

  • Reduktion von Atelektasen

  • Verminderung des (beatmungsassoziierten) Lungenschadens

  • Sekretmobilisation

  • Atemarbeit ↓

  • Mortalität ↓

  • Vermeidung von Komplikationen

4Therapieprinzipien [2, 8]

  • Dauer: mind. 12 h, ideal 16 h, unklar, ob noch länger vorteilhaft

  • Auch bei vv-ECMO-Therapie möglich

  • Beenden, wenn mind. 2 Versuche erfolglos oder anhaltende Verbesserung der Oxygenierung in Rückenlage (RL) erreicht ist (4 h in RL: paO2/FIO2 ≥ 150; PEEP ≤ 10 cm H2O; FIO2 ≤ 0,6)

  • Inkomplette Bauchlagerung (≤ 180°) therapeutisch nicht geeignet

  • Lungenprotektive Beatmung

5Komplikationen [2, 8]

  • Druckulzerationen und Haut‑/Schleimhautdefekte

  • Augenschäden und Ödeme

  • Dislokationen von Zu- und Ableitungen

  • Herzrhythmusstörungen

  • Kreislaufinstabilität insbesondere beim Wendemanöver oder nach Rückkehr in Rückenlage

  • Reflux von Mageninhalt

  • Verletzung/Reizung des Plexus brachialis

6Allgemeine Maßnahmen [2, 4, 8, 9]

  • Erforderliche Ressourcen durch Klinikträger bereitstellen

  • Teamleitung hat Erfahrung mit Bauchlage

  • Interprofessionelle Fortbildung mindestens einmal jährlich, idealerweise mit Simulationstrainings

  • Training spezifischer Methoden, z. B. der 2‑Laken-Methode für Drehvorgang

  • Algorithmen und Checklisten verwenden (Beispiel: ESM 1 Hinweise zur korrekten Bauchlage bei ARDS)

  • Erläuterung der Maßnahme für Patienten und Angehörige

  • Druckulzeragefährdete Stellen prüfen und Maßnahmen einleiten (ggf. präventiv mit mehrlagigen Schaumstoffverbänden abpolstern)

  • Spezielle Augen‑, Nasen- und Mundpflege [5,6,7]

  • Beachten der Nackenfalte in BL

7Benötigte Materialien [2, 8]

  • Grundausstattung für hygienisches Arbeiten sowie spezielle pflegerische Versorgung

  • Geeignetes und zugelassenes Lagerungsmaterial/Positionierungshilfsmittel

  • Ggf. Weichlagerungssystem

  • Cave: Keine Handtücher als Lagerungshilfsmittel verwenden (Gefahr von Dekubitus)

8Therapieplanung und Dokumentation [2, 8]

  • Zieldefinition

  • Situationsbezogene Besonderheiten beschreiben

  • Blutgasparameter (paO2/FIO2, paCO2) in festgelegten Abständen erheben und dokumentieren

  • Ggf. Konsultation weiterer Fachexpertise (z. B. Pneumologe)

  • Strukturierte Dokumentation des Ist-Zustands vordefinierter Kriterien oder mit einem lokal erstellten Assessmentinstrument (z. B. Prüfung von Fixierungen und ggf. Unterpolsterungen (soweit einsehbar) in der Pflege- und Therapieplanung)