Die Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) aus dem Jahr 2022 unterstreichen die Bedeutung der interprofessionellen sowie interdisziplinären Zusammenarbeit der verschiedensten Berufsgruppen auf einer Intensivstation (ITS). Das Ziel ist die bestmögliche Versorgung kritisch kranker Patientinnen und Patienten mit ihren An- und Zugehörigen [6].

Dabei werden die Anforderungen an das Behandlungsteam aufgrund der Multimorbidität und des Anstiegs chronischer Erkrankungen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung mit zunehmend älteren Patientinnen und Patienten immer komplexer. Hinzu kommt eine rasante Weiterentwicklung der technischen und apparativen Möglichkeiten in der pflegerischen und ärztlichen Versorgung. Diese Entwicklungen verlangen eine hochkompetente und abgestimmte Versorgung mit einer mandatorischen engen Abstimmung im intradisziplinären, interdisziplinären und interprofessionellen Team. Die seit diesem Jahr geltende Änderung der Zentrums-Regelung des Gemeinsamen Bundesausschusses, die eine Etablierung von intensivmedizinischen Zentren verlangt, eröffnet ein neues Feld mit veränderten Strukturen [3]. Die Regelung zielt nicht nur auf eine engere Zusammenarbeit verschiedener Kliniken ab. Durch die Beschreibung der vom Zentrum zu erbringenden Leistungen wird der Stellenwert der interdisziplinären Zusammenarbeit deutlich.

Nicht nur in den intensivmedizinischen Zentren, auch in den Kliniken der Grund‑, Regel- und Maximalversorgung existiert eine Vielzahl an internen und externen Schnittstellen. Damit auch über die interdisziplinären, intra- und interprofessionellen Schnittstellen hinweg ein qualitativ hochwertiger Informationsaustausch gelingt, finden Übergaben in verschiedenen Kontexten und Situationen statt. Dabei erfordern der hohe Grad an Akuität, der meist rasch wechselnde Zustand der Patientinnen und Patienten sowie die körperliche und emotionale Belastung einen hohen Grad an Professionalität in der Kommunikation zwischen unterschiedlichen Berufsgruppen und Fachbereichen, um einen effektiven Informationstransfer im Behandlungsteam zu gewährleisten [2].

Notfallsituationen erfordern besondere kommunikative Kompetenzen

Notfallsituationen, wie eine Reanimation, erfordern besondere kommunikative Kompetenzen. Um die interprofessionelle Kommunikation im Team während einer Reanimation zu verbessern, sollte die Notfallsituation im Anschluss im Rahmen eines Debriefings besprochen und reflektiert werden. Ein weiterer Effekt stellt die Reduktion des Belastungserlebens einzelner Personen dar.

Vor einer ungewissen und möglicherweise belastenden Situation stehen auch die Angehörigen, wenn die Patientin oder der Patient von der Intensivstation entlassen wird. Dies trifft vor allem auf Eltern frühgeborener Kinder zu, die neben der starken emotionalen Einbindung oft auch einer Überforderung ausgesetzt sind. Die Überforderung entsteht durch den oft auch im häuslichen Bereich weiterbestehenden komplexen Versorgungsbedarf. Hier steht neben der medizinischen und pflegerischen Komponente auch die Fortführung zahlreicher therapeutischer Behandlungen im Mittelpunkt. Um eine möglichst sichere Überleitung zu gewährleisten, die alle beteiligten Berufsgruppen einbezieht, hat der Bunte Kreis e. V. gemeinsam mit dem Institut für Soziale Medizin in der Pädiatrie Augsburg (ISPA) basierend auf dem Case-Management-Ansatz ein Nachsorgekonzept zur Versorgung entwickelt [4]. Die sozialmedizinische Nachsorge adressiert neben den Kindern auch deren Eltern und Familien.

Die Familie als Angehörige sowie weitere Zugehörige der Patientinnen und Patienten auf einer Intensivstation nehmen im Versorgungs- und Genesungsprozess auf vielfältige Weise eine zentrale Rolle ein. Sie fungieren als Schnittstelle zwischen den zu versorgenden Personen und dem Behandlungsteam der Intensivstation, sie wollen sich einbringen, wirken motivierend auf die Patientin oder den Patienten und bieten ihnen durch ihre Anwesenheit Sicherheit. Trotz dieser wichtigen Funktion der An- und Zugehörigen darf nicht vergessen werden, dass auch sie sich in einer emotional und psychisch (manchmal auch physisch) belastenden Situation befinden, die sie auch nachhaltig negativ beeinflussen kann. Etwa die Hälfte der Zugehörigen von Intensivpatientinnen und -patienten beschreibt eine unzureichende Kommunikation [1, 5]. Bisher fehlen adäquate Angebote zur Begleitung und Nachbetreuung, die über vereinzelt vorzufindende Strukturen hinausgehen.

Die sektorenübergreifende Versorgung fördert das Schnittstellenmanagement

Vielleicht wäre es denkbar, dem Beispiel aus der Kinderkrankenpflege zu folgen und die sozialmedizinischen Nachsorgestrukturen von Frühgeborenen oder chronisch- und schwerstkranken Kindern und Jugendlichen auch in die Versorgung chronisch- und schwerstkranker Erwachsener sowie ehemaliger Intensivpatientinnen und -patienten im häuslichen Umfeld zu übertragen. Die sektorenübergreifende Versorgung fördert das Schnittstellenmanagement, sichert die bedarfsgerechte Versorgung der ehemaligen Patientinnen und Patienten und begleitet und unterstützt die An- und Zugehörigen.

Die vorliegenden Beiträge der aktuellen Ausgabe beleuchten die unterschiedlichen Schnittstellen in der Versorgung schwerkranker Patientinnen und Patienten. Die strukturierte Übergabe von relevanten patientenbezogenen Informationen in den unterschiedlichsten Situationen wird ebenso detailliert aufgearbeitet wie die Darstellung der neuen Zentren für Intensivmedizin. Die gelebte Interprofessionalität wird durch das Postreanimationsgespräch auf der ITS in den Mittelpunkt gerückt. Die sozialmedizinische Unterstützung während und nach der intensivmedizinischen Behandlung hat einen zunehmend hohen Stellenwert wie auch die Betreuung der Zugehörigen nach der Intensivtherapie.

Wir möchten den Autorinnen und Autoren der Beiträge für ihre exzellente Arbeit danken und Ihnen, den Leserinnen und Lesern, eine aufschlussreiche und spannenden Lektüre wünschen.