Die Behandlung von anorektalen Fisteln kann für den Betroffenen/die Betroffene eine starke Belastung darstellen.

Die Therapie bewegt sich im Spannungsfeld zwischen optimalem Heilungserfolg auf der einen Seite und minimaler Beeinträchtigung der Kontinenzleistung auf der anderen. Während die höchsten Heilungsraten für radikale Verfahren, wie die Spaltung, beschrieben werden, sind neuere Methoden, wie die Injektion verschiedener Substanzen, mit deutlich geringeren Heilungsraten assoziiert. Dadurch sind häufig mehrfache Nachoperationen notwendig, die aufgrund des zeitlichen Aufwands und der Narbenbildung ebenfalls eine Belastung der meist jüngeren Patienten/Patientinnen darstellen können.

Die Heilung einer Analfistel ist nur operativ möglich

Verständlicherweise sind heute relevante Inkontinenzraten von bis zu 30 % (davon 10 % Grad 3), wie sie im Jahr 1956 von Altmeister Prof. Stelzner als vertretbar und erfolgreich beschrieben wurden [6], nicht mehr im Aufklärungsgespräch vermittelbar. Insofern ist die Suche nach einem idealen Operationsverfahren wichtigste Bedingung für eine optimale Therapie.

Die Behandlung bzw. Prävention von Analfisteln beginnt dabei bereits bei der akuten Form, dem Abszess. Eine frühzeitige und ausreichende Drainage kann möglicherweise in vielen Fällen die Ausbildung einer Fistel verhindern [2]. Insofern sollte auch diese nicht dem jüngsten Assistenten überlassen werden, sondern unter der Aufsicht eines koloproktologisch versierten Operateurs erfolgen.

In den 2011 vorgestellten Leitlinien wurden die in der Literatur beschriebenen Operationsverfahren erstmals für Deutschland in eine wissenschaftlich fundierte Empfehlung zusammengefasst [1, 5]. Diese wurde im Jahr 2016 überarbeitet [3, 4]. Trotz des Versuchs, evidenzbasierte Therapievorschläge zu geben, muss jedoch festgehalten werden, dass die zugrunde liegende wissenschaftliche Evidenz gering ist. Die Analfistel stellt ein hochindividuelles Krankheitsbild dar, das immer anhand des lokalen Befundes und der speziellen Beschwerden des/der Betroffenen behandelt werden muss. Insofern sind randomisierte Studien mit unterschiedlichen Therapieverfahren sehr schwierig standardisiert durchzuführen. Letztlich ist das Krankheitsbild auch nicht so häufig, dass einzelne Kliniken randomisierte Studien mit hohen Patientenzahlen und mehreren Operationsverfahren in einer vertretbaren Beobachtungszeit durchführen könnten. Hier wären klinikübergreifende Studien mit entsprechend hohen Fallzahlen unter Aufsicht der entsprechenden Fachgesellschaften zu fordern. Letztlich spielt aber gerade auch beim Analfistelleiden die persönliche Erfahrung des jeweiligen Operateurs eine entscheidende Rolle für die Wahl des richtigen Operationsverfahrens und dessen Durchführung.

Neuere Verfahren konnten bisher keinen eindeutigen Vorteil gegenüber den etablierten Techniken aufzeichnen

In dem vorliegenden Leitthema konnten wir namhafte Autoren finden, die die verschiedenen Aspekte des Analfistelleidens vor dem Hintergrund der aktuellen Literatur und anhand persönlicher Erfahrungen vorstellen.

So werden im ersten Artikel von Priv-Doz. Dr. Stelzner aus Dresden zusammen mit dem Anatom Prof. Wedel aus Kiel die anatomischen Grundlagen des Analfistelleidens erläutert, die letztlich entscheidend für das Verständnis des Leidens als solches und für die entsprechende Therapie sind.

Als ältestes Therapieverfahren stehen die verschiedenen Flap-Techniken zur Verfügung. Wir freuen uns, dass Dr. Berg als Nachfolger des Pioniers dieser Technik, Prof. Girona, dieses Verfahren insbesondere in der Version, die in Recklinghausen weiterhin erfolgt, vorstellt und bewertet.

Als Alternative wurden in der Vergangenheit die Sphinkterrekonstruktion und das sog. LIFT-Verfahren („ligation of intersphincteric fistula tract“) in der Literatur beschrieben. Eine Aufarbeitung der Literatur erfolgte hier durch Dr. Kronberger aus Innsbruck und Prof. Iesalnieks aus München.

Da letztlich alle diese Verfahren doch als relativ invasiv einzustufen sind und die Heilungsraten 70 % nicht wirklich überschreiten, wurden neuere minimal-invasive Techniken vorgestellt, die ohne relevante operative Maßnahmen durch Okklusion mit Fremdmaterial (z. B. Gewebskleber, Fibrin, Plug) oder durch Klammertechniken (OTSC® u. a.) einen Fistelverschluss herbeiführen sollen. Nach anfänglich übermittelten exzellenten Ergebnissen kommt jedoch auch hier die neuere Literatur auf den Boden der Tatsachen mit z. T. doch sehr niedrigen Heilungsraten zurück. Dieses wichtige Thema wird von Dr. Jongen aus Kiel bearbeitet.

Wir hoffen, unseren Lesern somit eine Zusammenstellung an die Hand geben zu können, die sie entweder in ihrem gelebten Vorgehen bestätigt oder auch neue Wege für eine optimale Versorgung unserer Patienten aufzeigt.

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Dr. A. Ommer