1 Einleitung

Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung in Deutschland steht zunehmend in der Kritik der Bevölkerung. Die Medienberichterstattung wird dabei oft als ein Treiber für die wachsende Entfremdung zwischen der Praxis der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung und der Gesellschaft angesehen. Obwohl es die Aufgabe der Medien als Informationsanbieter ist, auf Missstände in allen Bereichen der Gesellschaft aufmerksam zu machen, wird die Berichterstattung über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung oft in einem negativen Licht gesehen (Kothe und Mergenthaler 2020), häufig im Sinne des medialen Leitgedankens „Only bad news are good news“.

Die Medien spielen eine wichtige Rolle als Sprecher, Regulator, Meinungsbildner oder Verstärker einer kritischen Öffentlichkeit (Kothe und Mergenthaler 2020; Jarren und Wessler 2002). Daher haben sie einen erheblichen Einfluss auf die Bildung von Einstellungen (Kantar Emnid 2017) sowie auf die öffentliche Wahrnehmung und Akzeptanz der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung (Christoph-Schulz et al. 2018; Jarren und Wessler 2002). Die meisten Menschen nutzen täglich verschiedene Arten von Medien für ihre Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsbedürfnisse, sei es bewusst oder unbewusst (Baumann et al. 2011).

Die Ergebnisse der Befragung von Landwirtinnen und Landwirten im Arbeitspaket 1 (Monitoring) von SocialLab II haben gezeigt, dass die Darstellung der Landwirtschaft in allen Medien von einigen als unrealistisch wahrgenommen wird. Bislang blieb jedoch die Frage offen, wie die Medienberichterstattung über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung von Seiten der Bürgerinnen und Bürger beurteilt und bewertet wird. Es ist insbesondere unklar, inwieweit soziodemografische Merkmale und individuelles Mediennutzungsverhalten die Bewertung der Berichterstattung beeinflussen. Daher ist das Ziel des vorliegenden Beitrags, Antworten auf die folgenden Forschungsfragen zu geben:

  1. 1.

    F1: Wie wird die Medienberichterstattung über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung von Bürgerinnen und Bürgern bewertet?

  2. 2.

    F2: Besteht ein Zusammenhang zwischen der Mediennutzung und Bewertung der Medienberichterstattung über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung?

  3. 3.

    F3: Gibt es Unterschiede bezüglich der Bewertung der Medienberichterstattung über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung und bestimmter soziodemografischer Merkmale?

In diesem Beitrag wird der Begriff “Medien” allgemein verwendet, ohne eine Differenzierung hinsichtlich der spezifischen Arten von Medien (wie Rundfunkmedien, Printmedien oder digitale Medien) oder eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Medienkanälen (wie öffentlich-rechtlich, Boulevard usw.) vorzunehmen.

2 Daten und Methoden

Die folgenden Analysen basieren auf Daten, die im Februar 2022 im Rahmen einer standardisierten Befragung durchgeführt und von einem Marktforschungsinstitut erhoben wurden. Die Stichprobe von 1.800 Befragten war durch die Gewichtung der Daten in den wesentlichen soziodemografischen Merkmalen bevölkerungsrepräsentativ (Bardusch et al. 2022). Der Schwerpunkt der Befragung lag auf der Bewertung der Medienberichterstattung. Diese wurde anhand einer Reihe von sieben Statements gemessen. Drei Aussagen wurden aufgrund inhaltlicher Überschneidungen nicht in die Auswertung einbezogen. Die vier betrachteten Statements repräsentierten zentrale Positionen, die in der Diskussion über den Einfluss der Medien auf die Wahrnehmung und Akzeptanz der Nutztierhaltung häufig genannt wurden. Dazu gehörten die (mangelnde) Neutralität der medialen Informationen sowie die starke Betonung negativer Fallbeispiele. Ebenso die Aussage, dass die tatsächliche Nutztierhaltung besser sei als in den Medien dargestellt. Auf einer Metaebene wurde auch die Kritik berücksichtigt, dass die Bürgerinnen und Bürger sich nicht bewusst sind, wie ihre Ansichten durch mediale Darstellungen beeinflusst werden. Als abhängige Variablen wurden daher die folgenden Aussagen in die Auswertung einbezogen:

  • Durch Medien kann ich mich neutral darüber informieren, wie die landwirtschaftliche Nutztierhaltung aktuell aussieht (Statement 1)

  • Meist heben Medien negative Beispiele über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung hervor (Statement 2)

  • Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung ist besser, als sie häufig in den Medien dargestellt wird (Statement 3)

  • Ich denke, dass meine Vorstellung über Nutztierhaltung von Medienberichten geprägt wird (Statement 4)

Die Befragten gaben ihre Antworten auf einer 5-stufigen Likert-Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll und ganz zu) an. Zur Auswertung wurden die relativen Häufigkeiten und der Median berechnet. Unter Berücksichtigung der Äquidistanz der Antwortkategorien wurden auch das arithmetische Mittel und die Standardabweichung berechnet. Die unabhängigen Variablen umfassten soziodemografische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Bildung, Haushaltsnettoeinkommen und Wohngegend sowie das Ernährungsverhalten.

Um die Übersichtlichkeit zu verbessern, wurden soziodemografische Merkmale, die mehr als zwei Kategorien hatten, zusammengefasst. Für Merkmale mit mehreren Ausprägungen wurden entsprechende Trennpunkte identifiziert, um sie in zwei Kategorien aufzuteilen. Zusätzlich wurden nichtparametrische Tests wie der Mann–Whitney-U-Test verwendet, um Unterschiede in der Bewertung der Medienberichterstattung in Abhängigkeit von den soziodemografischen Merkmalen zu analysieren.

Der Zusammenhang zwischen dem Medienkonsum und der Bewertung der Medienberichterstattung wurde mithilfe des Korrelationskoeffizienten nach Spearman untersucht. Zur Analyse von Zusammenhängen zwischen jeweils zwei soziodemografischen Merkmalen wurden Chi-Quadrat-Tests verwendet. Darüber hinaus wurde die Mediennutzung in Bezug auf die Merkmale Alter und Bildung betrachtet und deskriptiv ausgewertet. Die Analyse wurde unter Verwendung von IBM SPSS Statistics 27 durchgeführt.

3 Mediennutzung und -bewertung

Zur Medienbewertung mit allen vier Statements beantworteten mehr als 40% der Teilnehmenden die Frage mit „teils-teils“ (Abb. 1). Unterschiede traten aber beim Grad der Zustimmung bzw. der Ablehnung auf. Beim Statement 1„ Durch Medien kann ich mich neutral darüber informieren, wie die landwirtschaftliche Nutztierhaltung aktuell aussieht“, stimmen etwas mehr Befragte zu, als Befragte nicht zustimmen. Das Statement 2 „Meist heben Medien negative Beispiele über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung hervor“ erhält im Vergleich zu den drei anderen Statements die größte Zustimmung. Statement 3 „Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung ist besser, als sie häufig in den Medien dargestellt wird“, wurde etwas häufiger abgelehnt. Das vierte Statement „Ich denke, dass meine Vorstellung über Nutztierhaltung von Medienberichten geprägt wird.“ hat einen prozentual vergleichbar großen Anteil bei der Ablehnung und Zustimmung.

Abb. 1
figure 1

Relative Häufigkeit der Antworten bei den vier Statements zur Bewertung von Medienberichten über Nutztierhaltung, Md=Median, M= Mittelwert, s= Standardabweichung

3.1 Mediennutzung

Bei der Mediennutzungsdauer fiel auf, dass eine signifikante Anzahl der Befragten sehr intensiv Medien nutzt, insbesondere das Fernsehen (53%), Computer/Laptop (40%) und Smartphone (31%) mit mehr als 90 min pro Tag. Dagegen verbringen 43% der Teilnehmer weniger als 30 min täglich mit dem Lesen gedruckter Medien, und 36% lesen überhaupt keine gedruckten Medien.

Die meisten Befragten beziehen Informationen zur Tierhaltung über das Fernsehen (18,2%) und soziale Medien (12,3%), gefolgt von Tageszeitungen (9,3%) und themenbezogenen Zeitschriften (9,2%). Radio, Podcasts, Mediatheken oder Streamingdienste werden weniger häufig genutzt. Insgesamt fühlen sich die Befragten nur mäßig über die Nutztierhaltung durch verschiedene Medien informiert (Ø Median 3). Etwa ein Drittel (33,9%) bewertet die Informationsqualität im Fernsehen als überwiegend gut bis sehr gut. Es ergab sich jedoch kein klarer Zusammenhang zwischen der Mediennutzungsdauer, unabhängig vom Endgerät und der Bewertung der Medienberichterstattung. Es wurden keine oder nur sehr schwachen Korrelationen festgestellt. Stattdessen gab es Zusammenhänge zwischen der Mediennutzung und dem Alter sowie der Bildung der Befragten.

Die Dauer des täglichen Medienkonsums mit bestimmten Endgeräten war stark vom Alter der Befragten abhängig. Es zeigten sich signifikante Zusammenhänge zwischen dem Alter und der Nutzung von Fernsehen, Radio, Tablet und Smartphone. Gedruckte Medien, PC/Laptop und andere Medienangebote zeigten keine signifikanten Zusammenhänge. Jüngere Generationen nutzen gedruckte Medien tendenziell weniger und kürzer als ältere Generationen. Ältere Menschen konsumieren das Fernsehen intensiver, während jüngere Generationen das Smartphone länger nutzen.

Die präferierte Medienquelle für Informationen über die Nutztierhaltung variiert ebenfalls zwischen den Generationen. Sowohl die Generation Y & Z als auch die Generation X & Boomer informieren sich am häufigsten über das Fernsehen. Die jüngeren Generationen nutzen jedoch auch soziale Medien, um Informationen zu erhalten. Es zeigten sich auch Unterschiede in der Wahrnehmung der Informationsqualität zwischen den Generationen, wobei die jüngeren Generationen die Qualität der Informationen im Fernsehen als schlechter empfanden. Während 18% der älteren Generation die Qualität als schlecht bis überwiegend schlecht ansahen, bewerteten 27% der jüngeren Generation die Qualität als sehr schlecht bis überwiegend schlecht. Bei den sozialen Medien hingegen polarisieren beide Pole bei den Generationen, die jüngere Befragte nahmen die Qualität nur geringfügig besser wahr. Zudem bewerteten sie Fernsehen und soziale Medien gleich häufig als schlecht.

Die Bildung der Befragten hatte ebenfalls einen Einfluss auf die Mediennutzung. Personen mit niedriger Bildung nutzen gedruckte Medien seltener und kürzer, während Personen mit höherer Bildung das Fernsehen weniger und kürzer nutzen. Personen mit niedriger Bildung verwenden das Smartphone weniger und kürzer als Personen mit mittlerer und hoher Bildung. Bei den Teilnehmenden mit hohem Bildungsstand nutzen 44% ihr Smartphone länger als 90 min, bei Personen mit niedriger und mittlerer Bildung waren es ein Viertel. Beim Fernsehen war es umgekehrt. Die Radionutzung unterschied sich zwischen den Bildungsständen weniger als bei den anderen Medienträgern. Der Vergleich der Nutzung von Computern/Laptops und des Bildungsstandes zeigt, dass Befragte mit niedrigem Bildungsniveau diese insgesamt seltener und kürzer nutzen. Darüber hinaus unterschieden sich die Bildungsstände bezüglich der Wahrnehmung von Qualität der Informationen über die Nutztierhaltung. Personen mit mittlerem und niedrigerem Bildungsstand gaben am häufigsten an, die Qualität der Informationen über die sozialen Medien nicht beurteilen zu können (42%). Bei Personen mit höherer Bildung lag Wahrnehmung zwischen sehr schlecht und überwiegend schlecht (23%), und überwiegend gut bis sehr gut (20%). Bei Personen mit mittlerem und niedrigerem Bildungsstand sind die prozentualen Anteile jeweils geringer. Beim Fernsehen wiederrum nehmen Personen mit niedrigerem und mittlerem Bildungsstand die Qualität leicht besser war, wohingegen Personen mit höherem Bildungsstand die Qualität als schlechter einstufen.

Da die Mediennutzung mit den soziodemografischen Merkmalen zusammenhängt, wurde die Bewertung der Medienberichterstattung über die Nutztierhaltung auf Zusammenhänge mit soziodemografischen Merkmalen analysiert.

3.2 Medienbewertung

Insgesamt traten bei der Medienbewertung verschiedene Zusammenhänge mit soziodemografischen Merkmalen auf.

3.2.1 Geschlecht

Im Hinblick auf das Geschlecht zeigten sich bei drei Aussagen signifikante Unterschiede in der Bewertung der Medienberichterstattung. Die Zustimmung zu diesen Aussagen war bei Frauen prozentual geringer, und Frauen lehnten diese Aussagen prozentual häufiger ab als Männer. Weniger Frauen stimmten der Aussage zu, dass in den Medien neutral über die Nutztierhaltung berichtet wurde. Ebenso war der Anteil der Frauen, die der Aussage zustimmten, dass die Medien oft negative Beispiele hervorhoben, im Vergleich zu Männern geringer. Bei der Aussage, dass die landwirtschaftliche Nutztierhaltung besser sei, als sie in den Medien dargestellt wird, gab es ebenfalls Unterschiede in der Bewertung zwischen den Geschlechtern (Abb. 2). Bei Statement 4 gab es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Abb. 2
figure 2

Relative Häufigkeit der Antworten auf die Statements 1, 2, 3 zur Bewertung von Medienberichten über Nutztierhaltung, differenziert nach Geschlecht

3.2.2 Alter

Auch in Bezug auf das Alter wurden signifikante Unterschiede in der Bewertung der Medienberichterstattung festgestellt. Nur bei Statement 2 gab es keine Unterschiede. Bei der ersten Aussage, dass die Medien neutral über die Nutztierhaltung informieren, zeigte sich, dass die Zustimmung bei den jüngeren Altersgruppen, hier Generation Y–Z zusammengefasst, niedriger war als bei den Generationen X-Boomer. Dieses Ergebnis spiegelte sich auch bei der Aussage “Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung ist besser, als sie häufig in den Medien dargestellt wird” wider. Die Zustimmung war bei der jüngeren Generation Y–Z niedriger als bei den älteren Bürgerinnen und Bürgern der Generationen X/Boomer. Jüngere Befragte der Generation Y–Z stimmten dem Statement 4 “Ich denke, dass meine Vorstellung über Nutztierhaltung von Medienberichten geprägt wird” häufiger zu als Befragte der Generation X-Boomer. Darüber hinaus wurde deutlich, dass die Streuung im Antwortverhalten bei den jüngeren Befragten größer war (vgl. Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Relative Häufigkeit der Antworten auf die Statements 1, 3, 4 zur Bewertung von Medienberichten über Nutztierhaltung, differenziert nach Altersgruppen

3.2.3 Bildung

Für drei Aussagen wurde deutlich, dass sich die Bewertungen der Teilnehmenden mit den höchsten Schulabschlüssen signifikant von denen der Befragten mit niedrigerem Schulabschluss unterscheiden. Gleichzeitig gab es keine signifikanten Unterschiede bei Statement 1. Dem zweiten Statement “Meist heben Medien negative Beispiele über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung hervor” stimmten mehr mit höherem Bildungsabschluss zu, während die Zustimmung bei Befragten mit niedrigerem/mittlerem Bildungsabschluss geringer war. Teilnehmende mit höherer Bildung lehnten die Aussage, dass Nutztierhaltung besser ist, als sie in den Medien dargestellt wird, stärker ab als Personen mit niedrigerem/mittlerem Bildungsstand (vgl. Abb. 4). Jene mit höherer Bildung stimmten eher zu, dass ihre Vorstellung zur Nutztierhaltung von Medienberichten geprägt wird, im Vergleich zu Personen mit niedrigerer Bildung.

Abb. 4
figure 4

Relative Häufigkeit der Antworten auf die Statements 2, 3, 4 zur Bewertung von Medienberichten über Nutztierhaltung, differenziert nach Bildungsabschluss

3.2.4 Einkommen

Signifikante Unterschiede bei der Bewertung von Medienberichten lagen unter den Haushaltsnettoeinkommen für die Statements 2 und 4 vor, für die Statements 1 und 3 gab es hingegen keine Unterschiede. Befragte mit höherem Einkommen stimmten eher zu, dass ihre Wahrnehmung der Nutztierhaltung durch die Berichterstattung in den Medien geprägt wird, als jene mit niedrigerem Einkommen. Die Hälfte der Teilnehmenden mit einem höheren Einkommen stimmten zu, dass die Medien vor allem Negativbeispiele aus der Nutztierhaltung hervorheben, während Befragte mit einem geringeren Einkommen dem weniger zustimmten (vgl. Abb. 5). Der U-Test verdeutlicht, dass signifikante Unterschiede zwischen den Teilnehmenden mit höherem und den Teilnehmenden mit geringem bis mittlerem Haushaltsnettoeinkommen vorliegen.

Abb. 5
figure 5

Relative Häufigkeit der Antworten auf die Statements 2, 4 zur Bewertung von Medienberichten über Nutztierhaltung, differenziert nach Einkommensgruppen

3.2.5 Ernährung

In Bezug auf die Bewertung der Medienberichterstattung zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen vegetarischer/veganer Ernährung und omnivorer Ernährung für Statement 1 und Statement 4. Bei den Statements 2 und 3 wurden jedoch signifikante Unterschiede festgestellt. Omnivore Personen gingen häufiger davon aus, dass die Medien Negativbeispiele hervorheben, während Personen mit veganer/vegetarischer Ernährungsweise dies seltener annahmen. Die Aussage, dass die Nutztierhaltung besser ist, als in den Medien dargestellt, wurde mehr von Personen mit veganer/vegetarischer Ernährungsweise abgelehnt als von omnivoren (vgl. Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Relative Häufigkeit der Antworten auf die Statements 2, 3 zur Bewertung von Medienberichten über Nutztierhaltung, differenziert nach Ernährungsverhalten

Es ist wichtig zu beachten, dass die Ernährungsweise geschlechts- und altersabhängig ist. In der Umfrage ernährten sich Frauen (11%) häufiger vegetarisch/vegan als Männer (4%) (Chi-Quadrat (1) = 32,82, p = 0,001). Außerdem zeigt sich, dass die jüngere Generation sich im Vergleich häufiger vegetarisch/vegan ernährt als die älteren Jahrgänge (Chi-Quadrat (1) = 41,45, p = 0,001).

3.2.6 Wohngegend

Bei der Wohngegend wurde zwischen ländlich (weniger als 5.000 Einwohner), kleinstädtisch (5.000–100.000 Einwohner) und großstädtisch (mehr als 100.000 Einwohner) unterschieden. Darunter wurden drei Statements signifikant unterschiedlich bewertet, während bei Statement 2 keine Unterschiede festgestellt wurden. Die Aussage, dass die Medien neutral über Nutztierhaltung berichten, wurde von Bewohnerinnen und Bewohnern auf dem Land eher abgelehnt als von jenen aus Großstädten. Hingegen stimmten Landbewohnerinnen und -bewohner eher zu, dass die landwirtschaftliche Nutztierhaltung besser ist als in den Medien dargestellt, verglichen zu den Großstädtern. Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Regionen empfanden ihre Vorstellungen zur Nutztierhaltung auch weniger durch Medien beeinflusst als Bewohnerinnen und Bewohner kleiner und größerer Städte (vgl. Abb. 7). Die paarweisen Vergleiche verdeutlichen, dass die Bewertungen von Personen aus kleineren und größeren Städten signifikant von denen abweichen, die eher ländlich wohnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jüngere Befragte häufiger in kleineren oder größeren Städten leben, während ältere Jahrgänge häufiger eher ländlich wohnten (Chi-Quadrat (1) = 42,84, p = 0,001).

Abb. 7
figure 7

Relative Häufigkeit der Antworten auf die Statements 1, 3, 4 zur Bewertung von Medienberichten über Nutztierhaltung, differenziert nach Wohngegend

4 Diskussion und Ausblick

In diesem Beitrag wurde die Bedeutung der Medienberichterstattung für die Einstellungsbildung zur Nutztierhaltung untersucht. Das Fernsehen wurde als häufigste Informationsquelle über die Nutztierhaltung genannt. Die Befragten fühlten sich durch das Fernsehen am besten informiert und bewerteten die Qualität der Berichterstattung über die Nutztierhaltung im Fernsehen am besten. Jüngere Generationen und Personen mit höherer Bildung sahen die Informationsqualität des Fernsehens zur Nutztierhaltung allerdings kritischer. In einer Untersuchung von Kantar Emnid (2017) zeigte sich auch, dass klassische Medien, insbesondere Fernsehen und d Tageszeitungen, am häufigsten als Informationsquellen zum Thema Landwirtschaft genannt wurden. In einer neueren Untersuchung von IMA (2022) hat sich das geändert, inzwischen befindet sich das Internet an zweiter Stelle nach dem Fernsehen. Diese Ergebnisse spiegeln sich zum Teil in der vorliegenden Untersuchung wider, da die sozialen Medien als zweithäufigste Informationsquelle genannt wurden. Vor allem die jüngere Generation informierte sich über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung sowohl über das Fernsehen als auch über soziale Medien. Es zeigte sich also eine zunehmende Medienkomplementarität, in der sich alte und neue Medien in Ihrer Funktion ergänzen (Kleinen-v. Königslöw et al. 2014).

Laut Auswertungen zur Bewertung der Medienberichterstattung warknapp die Hälfte der Befragten der Meinung, dass Medien meist negative Beispiele über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung hervorheben. Von einem Viertel der Teilnehmenden wurde die Neutralität der Medienberichterstattung angezweifelt. Auch in den Untersuchungen von Kantar Emnid (2017) und IMA (2022) wurde die Medienberichterstattung über die Landwirtschaft von Probanden als negativ beschrieben. In Gruppendiskussion gingen die Befragten davon aus, dass Informationen zur Tierhaltung in Medien nicht immer objektiv und neutral aufbereitet werden (Wildraut et al. 2018). Medieninhaltsanalysen der Printmedien von Alfölfi et al. (2007) sowie Wolfram et al. (2021) zeichneten jedoch ein anderes Bild. Sie kamen zu dem Schluss, dass insgesamt eher ausgewogen über die Nutztierhaltung in der Landwirtschaft berichtet wird.

Aufgrund individueller Medienpräferenzen und des Rezeptionsverhaltens werden Personen in den von ihnen bevorzugten Medien häufig mit wiederkehrenden Darstellungen der Nutztierhaltung konfrontiert. Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig überraschend, dass einige Personen die Berichterstattung über die Nutztierhaltung als einseitig bzw. negativ bewerten. Diese Beobachtung legt nahe, dass persönliche Medienpräferenzen und individuelles Rezeptionsverhalten die subjektive Wahrnehmung der Nutztierhaltung erheblich beeinflussen und zu verzerrten Meinungsbildern führen können.

Ein Großteil der Rezipienten aus der Untersuchung von Kantar Emnid (2017) und IMA (2022) fanden die Berichterstattungen zur Landwirtschaft zumeist ausgewogen. Die Wahrnehmung der Berichterstattung ist außerdem vom Interesse an landwirtschaftlichen Themen abhängig. Personen mit höherem Eigeninteresse nehmen die Berichterstattung negativer wahr (Kantar Emnid 2017).

Die Auswertungen der vorliegenden Untersuchungen verdeutlichen, dass Unterschiede in Abhängigkeit von der Mediennutzung und den soziodemografischen Merkmalen auftreten und differenzierte Aussagen getroffen werden müssen. In Bezug auf das Geschlecht lässt sich festhalten, dass Frauen die Berichterstattung über die Nutztierhaltung insgesamt kritischer bewerteten. Bisherige Studien zeigen, dass Frauen auch die Nutztierhaltung selbst häufig kritischer beurteilen als Männer (European Commission 2005, 2016) und tendenziell ein höheres Tierschutzbewusstsein haben (Spiller et al. 2015).

Diese kritische Einstellung gegenüber der Nutztierhaltung spiegelt sich auch im Ernährungsverhalten wider. Auch in dieser Analyse waren es Frauen, die häufiger auf Fleisch verzichteten. Kantar Emnid (2017) kommt zu dem Schluss, dass ein Drittel der Befragten (insbesondere Frauen) ihr Ernährungsverhalten durch Medienberichte über die Landwirtschaft beeinflusst sieht. Ein Zusammenhang zwischen dem Ernährungsverhalten und der Beurteilung der Medienberichterstattung wurde ebenfalls in dieser Untersuchung festgestellt. Personen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, gehen seltener davon aus, dass Medien negative Beispiele betonen und dass die Nutztierhaltung besser ist als medial dargestellt. Vermutlich sehen sich Vegetarier und Veganer bei negativen Medienberichten zur Nutztierhaltung in ihrem eigenem Ernährungsverhalten bestätigt und sind weniger dazu geneigt, die kognitiven Dissonanzen des sogenannten “Meat-Paradox” zu rationalisieren.

Im Altersvergleich bewerten jüngere Befragte die Medienberichterstattung kritischer als ältere Generationen. Dabei ist zu beachten, dass in der Befragung jüngere Personen seltener auf dem Land leben und dass es einen Zusammenhang zwischen der Wohngegend und der Bewertung der Medienberichterstattung gibt. Ländlich lebende Personen sind seltener von den Medien geprägt, was auf mehr Berührungspunkte mit der Landwirtschaft hinweisen könnte. In der Untersuchung von Kantar Emnid (2017) hatten jüngere Personen häufig weniger Bezug zur Landwirtschaft als der Durchschnitt der Bevölkerung. Die Autoren stellten zudem fest, dass sich jüngere Teilnehmende deutlich kritischer gegenüber der Landwirtschaft äußerten und hohe ökologische und ethische Standards ansetzten. Während jüngere Personen sich bewusst waren, dass ihr Bild von den Medien geprägt ist, widersprachen sie häufiger den Aussagen, dass Medien neutral über die Nutztierhaltung informieren und dass in den Medien negative Beispiele hervorgehoben werden. Angesichts des tendenziell geringeren Konsums gedruckter Medien und des intensiveren Konsums digitaler Medieninhalte am Smartphone bei jungen Menschen ist zu vermuten, dass sich jüngere Teilnehmende bei diesen Aussagen vermehrt auf digitale Medieninhalte bezogen, einschließlich sozialer Medien, themenbezogener Online-Zeitschriften und Streamingdienste/TV-Mediatheken. Dies legt nahe, dass jüngere Befragte eine höhere Medienkompetenz besitzen, sich bewusst sind, dass die Medien ihr Bild von der Nutztierhaltung prägen, digitale Medieninhalte jedoch auch kritisch bewerten und einordnen können. Dies zeigt sich daran, dass junge Menschen die Informationsqualität der sozialen Medien nur geringfügig besser bewerteten als ältere Menschen. Meßmer et al. (2021) schreiben der jüngeren Generation insbesondere eine höhere Nachrichtenkompetenz zu. In ihrer Studie wurde die digitale Nachrichten- und Informationskompetenz der Befragten getestet, wobei knapp die Hälfte der Teilnehmenden durchfiel und nur etwa ein Viertel eine hohe Medienkompetenz aufwies.

Die Autoren betonen jedoch auch, dass neben dem Alter auch die Bildung eine entscheidende Rolle spielt. Mit steigendem Bildungsniveau steigt auch die Kompetenz im Umgang mit digitalen Nachrichten und Informationen. Ein Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und der Bewertung der Medienberichterstattung ergab auch die vorliegende Analyse. Personen mit höherem Bildungsabschluss sahen ihre Vorstellungen zur Nutztierhaltung stärker von Medienberichten beeinflusst als Personen mit niedrigerer Bildung. Neben Personen mit höherer Bildung sahen jüngere Generationen, Bürgerinnen und Bürger mit höherem Einkommen und Menschen in Großstädten ihre Vorstellungen zur Nutztierhaltung eher durch Medien beeinflusst. Bürgerinnen und Bürger aus der Kantar Emnid-Umfrage (2017) bewerten den Einfluss von Medienberichten auf ihr eigenes Ernährungsverhalten insgesamt als eher gering.

DieMediennutzung allein, gemessen an der Höhe des Medienkonsums in Abhängigkeit von dem jeweiligen Endgerät, schien keinen Einfluss auf die Bewertung der Medienberichterstattung zu haben. Insgesamt zeigte sich, dass die Mediennutzung und -bewertung sehr komplex ist und nicht durch einzelne Faktoren erklärt werden kann. Es ist anzunehmen, dass auch Einstellungen und Interessen bezüglich landwirtschaftlicher Themen sowie individuelles Rezeptionsverhalten die Bewertung der Darstellung der Nutztierhaltung beeinflussen. Diese Aspekte konnten in dieser Untersuchung noch nicht berücksichtigt werden. Eckert und Feuerstein (2015) wiesen darauf hin, dass Unterschiede in der Mediennutzung nicht nur durch demografische Merkmale erklärt werden können. In ihrer Studie identifizierten die Autoren zehn verschiedene Mediennutzertypen, die sich in ihrem Mediennutzungsverhalten und ihren Interessen unterscheiden. Um die Wahrnehmung der Darstellung der Nutztierhaltung in den Medien besser zu verstehen, sind vertiefende multivariate Untersuchungen notwendig.

Die Debatte um die Neutralität und Objektivität der Berichterstattung in den Medien ist in der Medienwissenschaft häufig von Bedeutung. Obwohl qualitätsorientierte Medienunternehmen bestrebt sein sollten, Neutralität in ihren Nachrichten zu wahren, ist der Anspruch auf vollkommene Medienneutralität umstritten. Die Studie von Kothe und Mergenthaler (2020) verdeutlicht, dass die Berichterstattung über die Nutztierhaltung von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird, darunter die soziale Herkunft, persönliche Voreinstellungen und die individuelle Nähe und Auseinandersetzung der Journalisten und Journalistinnen mit der Landwirtschaft. Diese Faktoren können die Art und Weise, wie Medien über die Nutztierhaltung berichten, maßgeblich prägen. Zudem weisen sie darauf hin, dass die Legitimation der Berichterstattung und das individuelle Rezeptionsverhalten miteinander verknüpft sind.

In der Berichterstattung über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung besteht die Herausforderung darin, nicht nur eine bestimmte Zielgruppe zu bedienen, sondern auch möglichst vielfältig und auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft basierend zu berichten. Angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Kontroversen im Zusammenhang mit der Nutztierhaltung wird die hohe Verantwortung der Medien und Medienschaffenden betont. Es ist wichtig, dass Medien ihre Rolle als Informationsquelle und Diskussionsplattform nutzen, um eine breite öffentliche Debatte anzuregen und die Bürgerinnen und Bürger zu informieren. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass das Ziel nicht darin besteht, alle Konflikte zu beenden, sondern vielmehr darin, eine kritische Berichterstattung zu fördern, die auf Missstände hinweist. Eine solche kritische Berichterstattung ist ein Zeichen einer funktionierenden Demokratie und sollte dazu beitragen, die Kommunikation und Beteiligung der Menschen in der Gesellschaft zu fördern. Die Medien haben die Verantwortung, eine Plattform für verschiedene Meinungen und Perspektiven bereitzustellen und so zu einer umfassenden öffentlichen Debatte beizutragen.

5 Fazit und Empfehlungen

Die Ergebnisse der Untersuchung legen nahe, dass es für die Bevölkerung ratsam ist, Medienkompetenz zu entwickeln und Medienberichte über die Nutztierhaltung nicht einfach unkritisch zu akzeptieren, sondern sie kritisch zu hinterfragen und verschiedene Quellen zu Rate zu ziehen, um sich ein ausgewogenes Bild zu verschaffen. Es ist auch wichtig, gezielt nach wissenschaftlich fundierten Informationen und vertrauenswürdigen Quellen zur Vertiefung des Wissens über die Nutztierhaltung zu suchen. Der direkte Kontakt und der Austausch mit Landwirtinnen und Landwirten können ebenfalls hilfreich sein, um Informationen aus erster Hand über die Praxis der Nutztierhaltung zu erhalten. Ein kritisches Bewusstsein und ein offener Dialog können dazu beitragen, ein realistisches Verständnis der Nutztierhaltung zu entwickeln.

Den Medienschaffenden wird in diesem Zusammenhang empfohlen, die Fokussierung und Schwerpunktsetzung in ihrer Berichterstattung zu überdenken. Dies umfasst die Häufigkeit bestimmter medialer Frames und die Tonalität der Berichterstattung. Es sollte auch darauf geachtet werden, die Kommunikation zielgruppengerecht zu gestalten. Um den vielfältigen Aspekten der Nutztierhaltung gerecht zu werden, könnte die Schaffung einer wissenschaftlich abgesicherten Informationsgrundlage eine sinnvolle Maßnahme sein. Dies würde dazu beitragen, die Informationsbasis der Öffentlichkeit zu verbessern und eine ausgewogenere Berichterstattung zu fördern.