Subcorticale Demenz mit pseudofocalen Werkzeugstörungen

Zusammenfassung

Bei einem 9jährigen Kinde entsteht im Anschluß an eine Keuchhusten-Schutzimpfung ein encephalitisches Bild mit Schlafsucht, leichter choreiformer Dyskinese und pathologischen Liquorveränderungen, aus dem sich in wenigen Monaten schwere Wesensveränderungen vom Charakter einer subcorticalen Demenz entwickeln. Auf dem Hintergrund einer elementaren psychischen Aktivitätsstörung kommt es zu gleichsinnigen Veränderungen der instinktiven Bewegungsantriebe, der Psychomotorik und des affektiv-emotionalen Verhaltens. Besonders bemerkenswert sind die Veränderungen in den speziellen Leistungssphären der Sprache, des Handelns und Erkennens. Trotz mancher täuschenden Ähnlichkeit mit aphasischen-, apraktischen- und agnostischen Störungen bei focaler Großhirnläsion läßt sich durch die klinisch-hirnpathologische Analyse ein Mangel an Intention mit impulsartigen Fehlakzentuierungen als elementare psychisch-energetische Grundstörung nachweisen, die sich in analoger Weise in der schlaffen Psychomotorik, der affektiven Indifferenz und emotionalen Nivellierung mit gelegentlichen pseudospontanen Impulsen und pseudo-expressiven Äußerungen zeigt. Obwohl die Gestaltkapazität in toto schwer beeinträchtigt ist, fehlen die kennzeichnenden Merkmale „pathologischen Strukturwandels“ und des Gestaltverfalls sowie auch die typischen Allgemeinveränderungen bei Großhirnschädigung. Es wird versucht, das Zustandekommen der pseudofocalen Werkzeugstörungen auf eine Dissoziierung der Rinden-Stammfunktionen infolge der beim kindlichen Gehirn noch unentwickelten und labilen „Konkordanz der paläo- und neencephalen Hirnteile“ zurückzuführen. Der über ein monatelang anhaltendes Stadium völliger Unansprechbarkeit mit Verlust des Schlaf-Wachrhythmus, Kachexie und subcorticalen Anfällen letal endende Krankheitsverlauf läßt auf einen primär vorzugsweise subcorticalen Prozeß schließen.