Zusammenfassung
Bei der internationalen Norm DIN ISO 26000, deren englische Originalfassung unter dem Titel Guidance on Social Responsibility (ISO 26000: 2010) veröffentlicht wurde, handelt es sich um den ersten und einzigen Standard zum Thema, der eine eindeutige, international konsensfähige Definition gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen (CSR) vorgelegt hat und der empfiehlt, die damit verbundenen Aspekte nicht isoliert zu betrachten und zu managen. Aufgrund der Entwicklung im Rahmen eines aufwendigen globalen Multistakeholderprozesses auf der Basis des Konsensprinzips verfügen ihre Inhalte zudem über ein hohes Maß an Legitimität. Neben einer Betrachtung der Inhalte und Besonderheiten der Norm soll deutlich gemacht werden, dass und warum es für Organisationen aller Art lohnend sein kann, sich auch zehn Jahre nach der Veröffentlichung mit diesem umfassendsten Standard zum Thema auseinanderzusetzen: Welche Hinweise und Ratschläge für ein zeitgemäßes Management von CSR bzw. Nachhaltigkeit lassen sich für die Praxis daraus nach wie vor entnehmen? Welche Antworten bietet die ISO 26000 zu neueren gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Trends, zu den heutigen Anforderungen an ein Nachhaltigkeitsmanagement? War man bei ihrer inhaltlichen Konzeption und Ausarbeitung dem Mainstream der damaligen Zeit vielleicht sogar voraus?
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Notes
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Auch dies gehört zu den Anforderungen des CSR-Richtlinienumsetzungsgesetzes (vgl. CSR-RUG 2017, S. 804).
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Im Rahmen eines Forschungsprojekts am Konstanz Institut für Corporate Governance (KICG) wurde eine Gegenüberstellung (Synopse) der 17 SDG und 169 Targets mit den Kernthemen und Handlungsfeldern der ISO 26000 vorgenommen, die dabei als Orientierungshilfe genutzt werden kann (Kleinfeld et al. 2019).
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Im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung wurden die Ergebnisse folgender Studien ausgewertet: Ranking des IÖW & future e. V. für 2018 (IÖW und future e. V. 2019), CSR-RUG-Studie des Deutschen Global Compact Netzwerk (DGCN) und econsense 2018 (DGCN und econsense 2018), Studie der BDO AG und Kirchhoff Consult AG (BDO und Kirchhoff 2020).
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Die konsistente Darstellung, dass CSR im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses betrieben wird, wurde in den analysierten Studien zur Berichterstattung als eine der zentralen Schwächen herausgestellt (vgl. z. B. IÖW und future e. V. 2019, S. 37). Ein weiteres Manko wurde in einem fehlenden einheitlichen Verständnis des Konzepts der Wesentlichkeit angesehen (vgl. BDO und Kirchhoff 2020, S. 10), was sich angesichts der Existenz einer internationalen Norm, die alle gegenwärtig diskutierten unterschiedlichen Wesentlichkeitsdimensionen umfasst, nicht nachvollziehen lässt.
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Neben ISO-Normen wie 14.001, 45.001, 50.001, 37.001, etc. wurden z. B. auch der Standard WerteManagementSystemZfW des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik und das RME-Modell der europäischen Mutterorganisation EBEN berücksichtigt.
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Kleinfeld, A. (2022). ISO 26000: Anleitung zu einem ganzheitlichen Management unternehmerischer Verantwortung. In: Schwager, B. (eds) CSR und Nachhaltigkeitsstandards. Management-Reihe Corporate Social Responsibility. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64913-8_3
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