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Mit der Einführung des Sozialgesetzbuchs (SGB) IX, Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, im Jahr 2001 wurde das Praxisfeld der Rehabilitation in Deutschland auf höchster sozialrechtlicher Ebene explizit mit dem Konzept der gesellschaftlichen Teilhabe verknüpft. Es ist daher naheliegend zu fragen, welche Bedeutung das Konzept Teilhabe in der Rehabilitation und auch der Rehabilitationsforschung aufweist. Dabei reicht diese Frage weit über den nationalen Rechtsrahmen hinaus, denn die Einführung des Teilhabebegriffs im SGB IX steht in engem Zusammenhang mit der zeitlich parallelen Entwicklung der Internationalen Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die ebenfalls 2001 verabschiedet wurde. In der ICF ist der Teilhabebegriff Teil des Konzepts der Funktionsfähigkeit, das zentral für die ICF ist.

Zugleich war die Einführung der ICF ein Katalysator für internationale Bestrebungen, ein gemeinsames Verständnis von Rehabilitation zu entwickeln. Der große Bedarf hieran war und ist Ausdruck einer deutlich verstärkten internationalen Zusammenarbeit im Feld der Rehabilitation sowie einer erhöhten Aufmerksamkeit für rehabilitative Themen auch auf gesundheitspolitischer Ebene. Hierzu gehören nicht zuletzt die Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) im Jahr 2006, die Veröffentlichung des ersten Weltberichts zum Thema Behinderung durch die WHO, dem World Report on Disability (WHO & World Bank, 2011), und die nachfolgenden Bestrebungen der WHO, rehabilitative Dienste weltweit zu stärken, z. B. durch die Rehabilitation 2030-Initiative.Footnote 1 Grundlegend für diese Bestrebungen war das ICF-Modell von Funktionsfähigkeit und Behinderung, auch Modell der funktionalen Gesundheit genannt. Somit findet sich auch auf internationaler Ebene eine explizite Verschränkung des Verständnisses von Rehabilitation mit dem Teilhabebegriff. Diese Entwicklungen wurden maßgeblich von Rehabilitationsforscher*innen geprägt und prägen umgekehrt die Grundlagen und Praxis der Rehabilitationsforschung (Stucki, 2021).

In diesem Beitrag beleuchten wir vor dem skizzierten Hintergrund die Beiträge der Rehabilitationsforschung zur Teilhabeforschung. Dazu werden in einem ersten Schritt Grundlagen zu den Themen Rehabilitation, Rehabilitationsforschung und Teilhabe vorgestellt. Im ersten Abschnitt erfolgt eine kurze Einführung in das ICF-Modell der funktionalen Gesundheit mit einem besonderen Blick auf die Bedeutung von Teilhabe (Abschn. 1.1). Dem schließen sich aktuelle Ansätze zur Definition von Rehabilitation an, die sich auf das ICF-Modell beziehen (Abschn. 1.2). In Abschn. 1.3 beziehen wir diese Ansätze auf aktuelle für die Rehabilitation relevante normative Grundlagen. Die Grundlagen schließen mit einer Reflexion über Forschung im Feld der Rehabilitation (Abschn. 1.4). Daran anknüpfend reflektieren wir im zweiten Schritt die Bedeutung der Rehabilitationsforschung für die Teilhabeforschung. Dazu gehören theoretisch-konzeptuelle Beiträge, in denen wir z. B. das im SGB IX angelegte Spannungsfeld von Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe thematisieren (Abschn. 2.1), eine Analyse der gegenwärtigen Praxis der Rehabilitationsforschung aus der Perspektive der Teilhabeförderung durchführen (Abschn. 2.2) sowie die Bedeutung von Teilhabe für die Entwicklung von Outcome-Modellen reflektieren (Abschn. 2.3).

1 Grundlagen: Teilhabe, Rehabilitation, Rehabilitationsforschung

1.1 Grundlagen der Rehabilitation: das ICF-Modell der funktionalen Gesundheit

Die ICF ist eine der drei Referenzklassifikationen der WHO, zu der auch die International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD) und die noch in der Entwicklung befindliche International Classification of Health Interventions (ICHI) gehören (Delgerjargal et al., 2016). Die ICF wurde 2001 durch die World Health Assembly verabschiedet und von der WHO veröffentlicht (WHO, 2001; deutsche Übersetzung DIMDI, 2005). Der Vorläufer der ICF war die 1980 von der WHO eingeführte International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps (ICIDH), die auf einem Krankheitsfolgemodell basierte, das durch die ICF grundsätzlich erweitert wurde. Die Publikation der ICF hatte eine nicht zu unterschätzende Trigger-Funktion für nachfolgende Entwicklungen im Bereich der Rehabilitation. Die aktuelle Bedeutung der ICF – nicht nur für die Rehabilitation – leitet sich allerdings weniger aus der KlassifikationFootnote 2 als vielmehr aus dem ihr zugrundeliegenden Modell der Funktionsfähigkeit und Behinderung ab (vgl. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

(nach DIMDI, 2005, S. 23, Copyright WHO, 2005)

Das integrative Modell von Funktionsfähigkeit und Behinderung der ICF ergänzt um das Konzept der Funktionsfähigkeit.

Dieses Modell wird in der ICF sowie seiner Rezeption regelhaft auch als bio-psycho-soziales Modell bezeichnet. Diese Einordnung ist allerdings nur bedingt zutreffend (vgl. Meyer & Menzel-Begemann, 2020), da zum einen die psychische Dimension der Gesundheit keinen eigenwertigen Ausdruck erfährt, sondern unter Körperfunktionen/-strukturen bzw. personbezogenen Faktoren subsumiert wird. Zum anderen geht das ICF-Modell über soziale Kontextfaktoren hinaus und bezieht natürliche Umweltfaktoren (z. B. klimatische Aspekte) oder auch strukturelle bzw. sozio-kulturelle und normative Faktoren (z. B. Versorgungsinstitutionen oder gesetzliche Rahmenregelungen) ein. Die Funktionsfähigkeit ist das zentrale Konzept der ICF, sie umfasst die Komponenten Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten und Teilhabe (vgl. Abb. 1 und Box 1).

Box 1: Definitionen zentraler Konzepte der ICF (aus DIMDI, 2005, S. 145–146)

Funktionsfähigkeit

… ist ein Oberbegriff für Körperfunktionen, Körperstrukturen, Aktivitäten und Partizipation (Teilhabe); sie bezeichnet die positiven Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem) und ihren Kontextfaktoren (Umwelt- und personbezogene Faktoren).

Aktivitäten

… stellen die Durchführung einer Aufgabe oder einer Handlung (Aktion) durch einen Menschen dar. Diese Komponente repräsentiert die individuelle Perspektive der Funktionsfähigkeit.

Teilhabe bzw. Partizipation

… beschreibt das Einbezogensein in eine Lebenssituation. Diese Komponente repräsentiert die gesellschaftliche Perspektive der Funktionsfähigkeit.

Behinderung

… ist ein Oberbegriff für Schädigungen (Funktionsstörungen, Strukturschäden) und Beeinträchtigungen von Aktivität und Teilhabe. Als Pendant zum Begriff Funktionsfähigkeit bezeichnet er die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person und ihren Kontextfaktoren.

Funktionsfähigkeit ist ein artifizieller Begriff, den es in dieser Bedeutung vorher nicht gab. Functioning ist kein reguläres Nomen in der englischen Sprache. Diesen Aspekt hat die deutsche Übersetzung mit dem Begriff der Funktionsfähigkeit nicht repliziert und damit eine größere und potenziell Missverständnisse provozierende Nähe zu schon vorliegenden Bedeutungen von Funktionsfähigkeit geschaffen. Zudem ist der Begriff Funktionsfähigkeit nicht passend: Functioning im Sinne der ICF geht über die Feststellung einer Fähigkeit hinaus, da er sich auch auf den tatsächlich erreichten Zustand, z. B. im Fall der Teilhabe auf das Eingebundensein, bezieht und eben nicht nur auf die Fähigkeit, diesen Zustand zu erreichen.

Die Begriffswahl hat zudem im Deutschen mechanistische Konnotation – Maschinen funktionieren – und damit im Übertrag auf Menschen auch eine negative Konnotation. Gemeint ist allerdings etwas sehr Positives: Die Verwirklichungschancen (vgl. Nussbaum, 2018) werden in der ICF auf körperlicher, individueller und sozialer Ebene zusammengeführt (in der englischen Version als capabilites bezeichnet, in der Übersetzung als Leistungsfähigkeit) und mit der tatsächlichen Ausführung bzw. Passung mit der (sozialen) Umgebung in Zusammenhang gebracht (performance/Leistung). Ein positiv besetzter artifizieller Begriff im Deutschen hätte dem Anliegen der ICF ggf. besser entsprochen als der – zu sehr auch negativ assoziierte und zudem zu eng gefasste – Begriff der Funktionsfähigkeit.

TeilhabeFootnote 3 ist eine zentrale Komponente der Funktionsfähigkeit und definiert als das Eingebundensein in eine Lebenssituation. Sie umfasst in der ICF die Kategorien Kommunikation, Mobilität, Selbstversorgung, Häusliches Leben, Interpersonelle Interaktion und Beziehungen (u. a. Familienbeziehungen, intime Beziehungen oder auch informelle soziale Beziehungen), Bedeutende Lebensbereiche (mit Erziehung/Bildung, Arbeit und Beschäftigung, Wirtschaftliches Leben) sowie Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben (u. a. Erholung und Freizeit, Religion und Spiritualität, Politisches Leben und Staatsbürgerschaft). Das Eingebundensein drückt sich u. a. im Erschließen persönlich bedeutsamer Lebensbereiche, in der Inanspruchnahme von Angeboten und/oder auch der aktiven (Mit-)Gestaltung der individuellen Lebenswelt aus. Farin (2011) verweist auf die konzeptuelle Nähe des Teilhabebegriffs mit der sozialen Rollentheorie (Rollen als gebündelte soziale Verhaltenserwartungen). Mit der Definition von Teilhabe als Eingebundensein in eine Lebenssituation weist der Begriff einen deutlichen Bezug zur tatsächlichen Teilhabe i.S. der Performanz/Leistung auf. Er kann aber auch als Fähigkeit i.S. eines Potenzials gesehen werden, z. B. als Zugang zu benötigten Ressourcen bzw. zentralen Lebensbereichen wie Familie, Elternschaft, Beruf, Freizeit, Kultur, Bürgerwesen etc. (DIMDI, 2005, S. 20). Funktionsfähigkeit und Behinderung stellen in der ICF komplementäre Konzepte dar: Funktionsfähigkeit bezeichnet positive Aspekte der Interaktion zwischen einer Person und ihren Kontextfaktoren, Behinderung das negative Pendant. Behinderung resultiert damit in diesem Modell nicht zwangsläufig aus einem Gesundheitsproblem, sondern entsteht durch mangelnde Möglichkeiten, körperliche Schädigungen bzw. Beeinträchtigungen von Aktivitäten und Teilhabe auszugleichen. Die ICF ergänzt mit diesem Paradigmenwechsel das biomedizinische Modell von Behinderung, welches das Gesundheitsproblem und die körperlichen Beeinträchtigungen zum Ausgangspunkt nimmt und Behinderung als deren Folge versteht, durch das soziale Modell von Behinderung, das die Notwendigkeit hinderlicher umwelt- und/oder personenbezogener Kontextfaktoren als Bedingung für Behinderung betont.

1.2 Definitionen von Rehabilitation

Definitionen von Rehabilitation greifen explizit auf das Konzept der Teilhabe oder auch Funktionsfähigkeit – und damit auch Teilhabe – zurück. So definiert die WHO im o.g. World Report on Rehabilitation wie folgt:

This report defines rehabilitation as ‘a set of measures that assist individuals who experience, or are likely to experience, disability to achieve and maintain optimal functioning in interaction with their environments […].“ (WHO & World Bank, 2011, S. 96)

Der Bezug zur ICF-Terminologie wird neben der Verwendung des Behinderungsbegriffs deutlich durch die Nutzung des Konzepts der Funktionsfähigkeit (functioning), dem Umweltbegriff (environment) und den Bezug auf die Interaktion zwischen den Umweltfaktoren und der Funktionsfähigkeit. Funktionsfähigkeit, und damit auch Teilhabe, ist in dieser Definition das zu Optimierende bzw. das, wonach sich die Rehabilitation auszurichten habe.

In der WHO-Definition wird Teilhabe über den Begriff der Funktionsfähigkeit demnach als Zweck bzw. übergeordnetes Ziel von Rehabilitation verstanden. Meyer et al. (2020) haben einen systematischen Vergleich vorliegender Definitionen von Rehabilitation vorgenommen und dabei auch die jeweiligen Zwecke bzw. Ziele der Rehabilitation identifiziert. Es fanden sich u. a. folgende Formulierungen:

  • „to help or assist the person reach his/her own goals; not to be limited to the physical and mental functions of persons and their coping strategies, but incorporating independence, social and societal participation“ (Hanssen & Sandvin, 2003, S. 38)

  • „to optimize patient social participation and well-being, and so reduce stress on carer/family“ (Wade, 2005, S. 814)

  • „to enable, to attain and maintain maximum independence, full physical, mental, social and vocational ability, and full inclusion and participation in all aspects of life“ (United Nations General Assembly, 2006, S. 15–16)Footnote 4

  • „to enable persons with health conditions experiencing or likely to experience disability to achieve and maintain optimal functioning“ (Meyer et al., 2011, S. 768)

  • „Ziel ist die Stärkung von körperlichen, geistigen, sozialen und beruflichen Fähigkeiten sowie die Selbstbestimmung und die gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen“ (DVfR, 2020).

Deutlich wird bei all diesen Definitionsansätzen, dass gesellschaftliche Teilhabe in verschiedenen Formen als ein Zweck von Rehabilitation verstanden wird. Die ICF ist sicher nicht die Ursache für diese Entwicklung, vielmehr scheint sie einen konzeptuellen Rahmen bereitzustellen, der übergreifende Definitionen von Rehabilitation erlaubt und befördert hat. Auch das Verständnis von Rehabilitation in der UN-BRK bestärkt diese Tendenz. Sie greift indirekt das multidimensionale Konzept der Funktionsfähigkeit auf: „full physical, mental […] ability“ steht in Einklang mit den Körperfunktionen und -strukturen und ihren daraus erwachsenen Fähigkeiten; „independence“ greift die Idee der Alltagsaktivitäten auf, und die Teilhabe ist über die Begriffe inclusion und participation aufgenommen, die als eine soziale und eine gesellschaftliche Ebene von Teilhabe verstanden werden können (s. o. die Definition von Hanssen und Sandvin (2003): „social and societal participation“).

Die in der obigen Auflistung zuletzt genannte Definition stammt von der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) und wurde 2020 veröffentlicht (vgl. Box 2). Sie knüpft hinsichtlich der Zwecke direkt an das Verständnis von Rehabilitation der UN-BRK an. Anstelle von Unabhängigkeit verwendet sie den Begriff der Selbstbestimmung (s. Abschn. 2.1.). Zugleich verzichtet sie auf eine Differenzierung von sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe. Neben der Bestimmung der Zielgruppe fällt der multimodale Zugang der Rehabilitation auf, seine Orientierung an individuellen Zielen (spezifiziert als Teilhabeziele) und die Definition von Rehabilitation als geplanter, abgestimmter Prozess.

Box 2: Definition der Rehabilitation von der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR, 2020)

Rehabilitation fördert Menschen mit bestehender oder drohender Behinderung.

Ziel ist die Stärkung von körperlichen, geistigen, sozialen und beruflichen Fähigkeiten sowie die Selbstbestimmung und die gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen.

Sie umfasst medizinische, therapeutische, pflegerische, soziale, berufliche, pädagogische oder technische Angebote einschließlich der Anpassung des Umfelds der Person.

Rehabilitation ist ein an individuellen Teilhabezielen orientierter und geplanter, multiprofessioneller und interdisziplinärer Prozess.

Sie achtet das Recht auf Selbstbestimmung.

1.3 Normative Grundlagen der Rehabilitation

Wichtigste gesetzliche Grundlage für Rehabilitation in Deutschland ist das SGB. Im SGB IX, dem übergeordneten Recht zu Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, werden mit den Zielen der Selbstbestimmung, der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und mit Diskriminierungsverboten bzw. Inklusionsgeboten die normativen Grundwerte im einführenden Paragrafen konkretisiert. Damit stellt Teilhabe einen zentralen Orientierungsrahmen für die Ausgestaltung der Rehabilitation in den einzelnen Leistungsgesetzen dar. Auf einer zweiten Ebene finden sich die gesetzlichen Normen für Rehabilitation verteilt in einzelnen Leistungsgesetzen, insbesondere im SGB V (Krankenversicherungsrecht), SGB VI (Rentenversicherungsrecht) und SGB VII (Unfallversicherungsrecht). In ihnen werden u. a. konkrete Teilhabebereiche expliziert. So fordert bspw. das SGB VI die Gesetzliche Rentenversicherung auf, berufliche Teilhabe zu fördern und folgt dabei dem Grundsatz Reha vor Rente. Die Gesetzliche Krankenversicherung ist laut Grundsatz Reha vor Pflege vor allem dazu aufgerufen, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden und Menschen zu einem möglichst langen selbstbestimmten Leben zu verhelfen.

Das 2016 beschlossene und bis 2023 stufenweise in Kraft tretende Bundesteilhabegesetz (BTHG), das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, reformiert das SGB IX. Das BTHG unterstreicht die Abkehr vom Fürsorgeprinzip und die Personzentrierung und verankert die Notwendigkeit einer individuellen Teilhabeplanung unter Mitwirkung der Rehabilitand*innen. Als maßgebliche Leitlinie für die Reformüberlegungen galt die 2006 von der UN-Vollversammlung verabschiedete und 2009 in Deutschland in Kraft getretene UN-BRK, die mit Artikel 26 einen eigenen Abschnitt zu Habilitation und Rehabilitation beinhaltet. In diesem Artikel werden die Vertragsstaaten u. a. dazu verpflichtet, einen gleichwertigen Zugang zu (re)habilitativen Leistungen in Abhängigkeit vom persönlichen Bedarf und möglichst gemeindenah vorzuhalten, wozu auch die Verfügbarkeit von Hilfsmitteln sowie die Schulung und Bereitstellung von qualifiziertem Personal gehört. Dieses Personal und ihre Dienste sind den entsprechenden Zielen der UN-BRK verpflichtet, zu denen insbesondere die Selbstbestimmung und die Ausrichtung an gesellschaftlicher Teilhabe gehören.

1.4 Rehabilitationsforschung

In der Rehabilitationsforschung bilden sich die genannten Entwicklungen und normativen Rahmungen von Rehabilitation in Deutschland ab. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass bereits früh im 20. Jahrhundert ein Fokus auf die Erwerbsbefähigung, Verhütung drohender Erwerbsbehinderung, berufliche (Wieder-)Eingliederung und damit berufliche Teilhabe gelegt wurde (Thomann, 2000). Dieser Schwerpunkt prägt die Rehabilitationsforschung in Deutschland bis heute und mündet u. a. in die umfangreiche Entwicklung und Untersuchung medizinischer Reha-Maßnahmen mit beruflicher Orientierung. Dies ist auch dadurch zu erklären, dass sich die Deutsche Rentenversicherung als Leistungsträger der medizinischen und beruflichen Rehabilitation proaktiv in der forschungsbasierten Weiterentwicklung der Rehabilitation engagiert und kontinuierlich in substanziellem Umfang Ressourcen in die Forschungsförderung investiert.

Forschungsmethodisch wird sich an einer medizinischen Forschungstradition orientiert, die auf Prinzipien der Evidenzbasierung aus klinisch-epidemiologischer Perspektive beruht. Damit ist ein wichtiger Teil der Rehabilitationsforschung gekennzeichnet durch Wirksamkeitsnachweise bzw. Evidenzbasierung. Dies entspricht einer „konsequentialistische[n] Grundorientierung [, wonach] die Folgen des professionellen Tuns systematisch reflektiert“ werden müssen (Meyer, 2014, S. 293) und anhand wissenschaftlicher Belege zu untermauern sind. Für die Teilhabeforschung wird dieser nach Kausalitäten zwischen Interventionen und Outcomes suchende Untersuchungsansatz kritisch gesehen, weil er „sicherlich auch zu Verkürzungen und mitunter zu einem Informationsgehalt [führt], der über konkrete Lebenswirklichkeiten und -lagen wenig offenbart“ (Schachler, 2014, S. 40). Allerdings gibt es auch in der Rehabilitationsforschung eine – wenngleich noch weniger stark vertretene – qualitativ ausgerichtete, z. T. rekonstruktive Tradition, die weniger auf Kausalzusammenhänge als vielmehr auf Verstehen komplexerer Phänomene zielt (von Kardorff, 2020).

Aus einer anfänglichen Fürsorge-Perspektive entwickelte sich nicht zuletzt durch die Einführung des SGB IX zunehmend eine Perspektive auf von Behinderung betroffene oder bedrohte Menschen als selbstbestimmt handelnde mit dem Recht auf gleichberechtigte Teilhabe. Der genannte Schwerpunkt der Rehabilitationsforschung in der medizinischen Rehabilitation und beruflichen Orientierung weicht dabei vermehrt einem breiteren Rehabilitationsverständnis, was einen wichtigen Ausdruck des SGB IX und der UN-BRK darstellt. Forschung im Bereich der sozialen Rehabilitation bzw. Leistungen zur sozialen Teilhabe für Menschen mit Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen kommt neben der Beforschung der beruflichen Rehabilitation bzw. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach SGB III (Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung) durch die Teilhabeorientierung des SGB IX vermehrt auch in das Blickfeld der Rehabilitationsforschung. So ist es auch verständlich, dass sich diejenige wissenschaftliche Fachgesellschaft, die sich im übergreifenden Sinne für die Rehabilitationswissenschaften als zuständig versteht, die Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften (DGRW), im Jahr 2019 ein neues Selbstverständnis gegeben hat, das den Teilhabebegriff an zentrale Stelle stellt: „Die DGRW zielt mit ihrer Arbeit auf eine inklusive Gesellschaft, in der durch Rehabilitation Teilhabe gefördert wird.“ (www.dgrw-online.de/die-dgrw).

In diesem Sinne kann ein wesentlicher Teil der hier skizzierten Rehabilitationsforschung aus unserer Sicht als ein Teil von Teilhabeforschung verstanden werden. Ihr Fokus ist dabei auf die einzelne betroffene Person gerichtet, die professionell unterstützt wird, mit Hilfe von an individuellen Teilhabezielen orientierten Maßnahmebündeln besser am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Politische Fragen der Inklusion von Menschen mit Behinderungen oder auch Public Health-Maßnahmen, die nicht am Einzelnen, sondern an der Gesellschaft ansetzen, sind in diesem Sinne außerhalb des Selbstverständnisses der Rehabilitationsforschung (WHO & World Bank, 2011).

2 Beiträge der Rehabilitationsforschung zur Teilhabeforschung

2.1 Das Spannungsfeld von Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe

Der Begriff der Selbstbestimmung – aus der Perspektive der Rehabilitationspraxis und Rehabilitationsforschung betrachtet – findet sich neben der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben als der wesentliche Zweck von Rehabilitation in § 1 SGB IX und somit an zentraler Stelle. Der Kerngedanke von Selbstbestimmung findet sich ebenfalls in der UN-BRK, sowohl prominent in der Präambel als auch den allgemeinen Grundsätzen mit dem Begriff der Autonomie und der Spezifizierung über die Freiheit, eigene Entscheidungen treffen zu können (Artikel 3a: „die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit“). Diesen Selbstbestimmungsbegriff greift die o. g. Definition von Rehabilitation durch die DVfR an zwei Stellen auf: als eines von mehreren Zielen der Rehabilitation und zugleich als ein für den Rehabilitationsprozess zu beachtender Rahmen („Sie achtet das Recht auf Selbstbestimmung“).

In dieser zweiten Form hat der Selbstbestimmungsbegriff seinen Einzug in die Rehabilitationswissenschaften gehalten und wird beispielhaft am Kontext der medizinischen Rehabilitation an verschiedenen Punkten sichtbar:

  • Das Wunsch- und Wahlrecht nach § 8 SGB IX wird von Seiten der Leistungsträger primär als Recht in Bezug auf die Auswahl einer konkreten Rehabilitationseinrichtung interpretiert, bezieht sich aber auch auf die Ausgestaltung der Leistungen, die sich nach den berechtigten Interessen der Rehabilitand*innen ausrichten sollten (Pohontsch et al., 2011).

  • Das Empowerment-Konzept und der damit verbundene Grundsatz Selbsthilfe vor Fremdhilfe drückt sich insbesondere in der Entwicklung und Durchführung von Rehabilitand*innenschulungen aus (Faller, 2003a).

  • Die Partizipative Entscheidungsfindung (PEF, Faller, 2003b), ein Konzept aus der akutmedizinischen Versorgung, basiert darauf, dass Behandler*innen und Patient*innen wichtige Entscheidungen in einem Dialog gemeinsam treffen sollten.

  • Die gemeinsame Zielbestimmung und Zielorientierung sieht vor, dass zu Beginn einer Reha-Maßnahme konkrete Ziele zwischen Behandler*in und Rehabilitand*in festgelegt werden, um nachfolgende rehabilitative Leistungen zu begründen und den individuellen Rehabilitationsprozess an diesen Zielen auszurichten (Meyer et al., 2009).

  • Dazu gehört die Berücksichtigung von sog. patient-reported outcomes (PROs; Moock et al., 2006), also Instrumenten, die von den Betroffenen selbst beantwortet werden und mit deren Hilfe subjektive Ergebnisindikatoren in die Bewertung des Reha-Prozesses bzw. -erfolges integriert werden können.

  • Aus allgemeiner Perspektive gehört dazu auch das Konzept der Patientenorientierung (Farin, 2013) mit der Grundidee, „dass der Patient im Mittelpunkt der gesundheitlichen Versorgung durch Behandler und Leistungsträger stehen sollte“ (ebd., S. 35) und damit u. a. eine Ausrichtung der Versorgung (auch) an den Wünschen und Vorstellungen der Patient*innen umfasst.

Während somit die Selbstbestimmung der Rehabilitand*innen im Prozess der Rehabilitation durchaus Beachtung findet – sowohl in der Praxis der Rehabilitation als auch in der Rehabilitationsforschung – ist Selbstbestimmung als Ziel von Rehabilitation (und letztlich auch als zentrales Element der dem Sozialrecht zugrunde liegenden Menschenbild) bisher kaum von der medizinisch orientierten Rehabilitationsforschung thematisiert worden (Senin & Meyer, 2019). Entsprechend wenig beleuchtet ist zudem das Spannungsfeld, das sich zwischen beiden Konzepten – Selbstbestimmung und Teilhabe – potenziell entfalten kann: Das Ziel der gesellschaftlichen Teilhabe in allen relevanten Lebensbereichen kann dadurch konterkariert werden, dass eine betroffene Person gar nicht teilhaben möchte. Im Bereich der Förderung der Teilhabe am Erwerbsleben ist dies ein bekanntes Problem: Die Gesellschaft hat Interesse daran, dass eine im Erwerbsleben tätige Person bis zum Erreichen der Altersgrenze erwerbstätig bleibt, um vorzeitige Rentenzahlungen zu vermeiden und zugleich Beiträge in die Rentenversicherung zu erhalten. Die betroffene Person mag hingegen bevorzugen, möglichst zeitnah aus einem belastenden Erwerbsleben auszuscheiden. Dies kann als Ausdruck von Selbstbestimmung verstanden werden, steht aber (in diesem Fall gesellschaftlichen) Teilhabeinteressen entgegen. Der gerne und oft verwendete Begriff der selbstbestimmten Teilhabe (z. B. Bundesregierung, 2020) löst diesen Konflikt nur bedingt auf, da sozialrechtlich explizite Möglichkeiten vorliegen, der Teilhabe Priorität über die Selbstbestimmung zu geben, z. B. über § 51 SBG V, wonach Personen, die wegen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld erhalten, die Einstellung der Krankengeldzahlung angedroht werden kann, wenn sie nicht an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation teilnehmen.

Der Beitrag der Rehabilitationswissenschaften zu diesem Diskurs ist bislang sehr begrenzt. Aber das im Einzelfall potenzielle Spannungsfeld von Selbstbestimmung und Teilhabe, letztlich zwischen gesellschaftlichen Ansprüchen und persönlichen Vorstellungen, offenbart sich in der Praxis der Rehabilitation und prägt implizit auch Forschungen zur Teilhabe.

2.2 Teilhabe in und an der Rehabilitationsforschung

Die Rehabilitationsforschung selbst hat sich mit dem Thema der Teilhabe auch unter dem Aspekt der Teilhabe an der Forschung, d. h. der partizipativen Forschung, auseinandergesetzt. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von DGRW und DVfR hat 2011 Empfehlungen für eine partizipative Rehabilitationsforschung publiziert, die auf internationale Vorerfahrungen zurückgreift und eine Matrix zur Orientierung bietet (Farin-Glattacker et al., 2014). Dies hat dazu beigetragen, dass bei verschiedenen Forschungsförderern bei der Beantragung von Forschungsprojekten Rechenschaft darüber abzulegen ist, wie Forschende eine Beteiligung der Betroffenen an der Forschung umzusetzen gedenken. Zudem fanden Forschungssymposien mit Beispielen guter Praxis statt, und es gibt mittlerweile Studien, die in allen Projektphasen in enger Kooperation mit einer Selbsthilfevereinigung durchgeführt wurden (z. B. Hüppe et al., 2020).

Die UN-BRK mit ihrem Grundsatz „nothing about us without us“ hat dazu beigetragen, diese Form der Teilhabe auch für die Rehabilitationsforschung auf die Tagesordnung zu bringen. Tatsächlich gibt es schon eine Anzahl von Forscher*innengruppen, die mit partizipativen Forschungsansätzen in der Rehabilitation erste Erfahrungen sammeln konnte. Gleichwohl haben die Auseinandersetzung mit dem Thema und die methodische Umsetzung in der Rehabilitationsforschung gerade erst begonnen. Noch fehlt es an etablierten Strukturen, Netzwerken und gemeinsamen Plattformen. Auch die Förderer müssen sich neben der Aufforderung, partizipative Forschung umzusetzen, auf die Notwendigkeit einstellen, zusätzliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um entsprechende Kooperationen zu ermöglichen. Allerdings fehlen aktuell vergleichende empirische Forschungen dazu, die aufzuzeigen vermögen, inwieweit und in welcher Weise partizipative Forschung einen Unterschied macht.

2.3 Outcome-Modelle

Die Konzeption evaluativer Studien in der Rehabilitationsforschung, insbesondere die Festlegung relevanter Outcome-Variablen, wird maßgeblich von der o.g. Vorstellung von Rehabilitation geprägt. In der Festlegung der Outcome-Variablen sollte sich Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder auch die Optimierung der Funktionsfähigkeit im Sinne der ICF als zentrale Zwecke von Rehabilitation im SGB IX abbilden. Mit Outcome sind die Variablen gemeint, auf die eine zu evaluierende Intervention zielt. Faller et al. (2011) nennen zum Beispiel für die Evaluation von Schulungsmaßnahmen in der medizinischen Rehabilitation folgende potenzielle Outcomes: Gesundheitskompetenz (health literacy), Motivation, Selbstwirksamkeit, Handlungsfertigkeiten, Lebensqualität, berufliche und gesellschaftliche Teilhabe. Sie unterscheiden in ihrem Evaluationsansatz zwischen proximalen und distalen Outcomes. So zielt eine Schulung beispielsweise direkt darauf, das Wissen einer Person über einen bestimmten gesundheitsbezogenen Gegenstand zu verbessern, die Selbstwirksamkeit im Umgang mit Erkrankungsfolgen zu steigern oder auch die Motivation, die eigene Gesundheitssituation verbessern zu wollen. Diese Outcome-Variablen sollten von einer Schulung direkt beeinflusst werden. Das eigentliche Ziel der Rehabilitation besteht allerdings darin, die Teilhabe einer Person zu verbessern, z. B. ihre berufliche Teilhabe. Das bedeutet, für die Bewertung einer Intervention wie die einer Schulung gibt es interventionsnahe, proximale Outcomes (d. h. solche Outcomes, für die sich ein direkter kausaler Effekt der Maßnahme sinnvoll begründen lässt) und eher interventionsferne, distale, in der Regel mittel- und langfristige Outcomes (d. h. Outcomes, die sich erst in Folge der Änderung der proximalen Outcomes im Rahmen einer Kausalkette verändern sollten). Die Orientierung der Rehabilitation auf den übergeordneten Zweck der Teilhabe benötigt eine Unterscheidung verschiedener Typen von Outcomes und ihrer Zusammenhänge – und damit die Formulierung von Outcome-Modellen. Wenn eine Intervention wie eine Schulung es schafft, Wissen zu verbessern, ggf. auch Motivation oder Selbstwirksamkeit zu stärken, kann das als Erfolg der Maßnahme bezeichnet werden. Zugleich sollten einschneidende Maßnahmen der Rehabilitation auch Veränderungen in relevanten distalen Outcomes nach sich ziehen, wie sie die Teilhabe darstellt. Es ist unrealistisch zu erwarten, dass die Einführung einer Schulung gleich dazu führt, dass Menschen früher in Arbeit kommen. Viele weitere Einflussfaktoren dürften mit diesem Outcome in Zusammenhang stehen, und diese Einflussfaktoren dürften nicht bzw. nur bedingt unter der potenziellen Beeinflussbarkeit der Rehabilitationsmaßnahme stehen (z. B. der regionale Arbeitsmarkt). Daher ist die Trennung von proximalen und distalen Outcomes und die Formulierung eines Outcome-Modells hilfreich und notwendig. Das ICF-Modell unterstützt dabei, solche Outcome-Modelle zu formulieren, denn es verweist auf zu berücksichtigende relevante Komponenten und ihre möglichen Interaktionen. Auf dieser Grundlage kann die Formulierung von Outcome-Modellen dabei helfen, eine Intervention nicht vorschnell als unwirksam einzuordnen, da ggf. durchaus Wirkungen auf proximale Outcomes vorliegen können, ohne dabei einen Nachweis auf distale – aber letztlich relevante – Outcomes wie Teilhabe erbringen zu können.Footnote 5 Zum Beispiel haben in der o.g. Studie zur generellen Wirksamkeit medizinischer Rehabilitation für Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Hüppe et al. (2020) feststellen können, dass sich der gesundheitliche Zustand der Betroffen durch die Rehabilitationsmaßnahme nachhaltig verbessert. Zugleich finden sich keine Hinweise für eine Verbesserung von erwerbsbezogenen Outcomes, sodass hier weiterer Handlungsbedarf in der Optimierung der Intervention bzw. ggf. der Nachsorge sowie die Berücksichtigung interventionsferner Einflussfaktoren besteht.

Zur Messung von Teilhabe sind in der Folge der Verbreitung der ICF verschiedene Instrumente erschienen, die als Outcome in rehabilitationswissenschaftlichen Studien eingesetzt werden. Ein Beispiel stellt der IMET dar, der Index zur Messung von Einschränkungen der Teilhabe (Deck et al., 2015). Es handelt sich um einen Selbstausfüllbogen mit neun Items, der indikationsübergreifend eingesetzt werden kann und für den Vergleichswerte aus der Bevölkerung vorliegen.

3 Resümee

Das Konzept Teilhabe stellt mittlerweile eine zentrale Säule der Rehabilitation dar: Es ist einer der beiden sozialrechtlich kodifizierten übergeordneten Zwecke von Rehabilitation und insbesondere über das Konzept der Funktionsfähigkeit der ICF in alle aktuellen Definitionen der Rehabilitation eingeschrieben. Teilhabe beschreibt dabei sowohl einen Zustand im Sinne einer Performanz als auch ein Potenzial im Sinne einer Verwirklichungschance. Rehabilitation soll gerade über personenorientierte Ansätze (z. B. Empowerment, partizipative Zielorientierung) dazu beitragen, diese Potenziale zu schaffen bzw. zu fördern. Der gesellschaftliche Auftrag von Rehabilitation besteht darin, Teilhabe zu fördern, was durch Wertschätzung einer Teilhabeorientierung auf verschiedenen Ebenen erfolgt, sowohl in der Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen als auch der Berücksichtigung zu erreichender Ziele. Das ICF-Modell legt dabei nahe, zur Förderung von Teilhabe nicht nur bei der einzelnen Person und ihren Fähigkeiten anzusetzen, sondern auch Umweltfaktoren, zu denen neben individuellen Kontextfaktoren eben auch u. a. gesellschaftliche Normen und Werte zählen, mit zu berücksichtigen (Kleineke et al., 2017). Die Rehabilitationsforschung unterstützt die Teilhabeorientierung auf verschiedene Weisen, u. a. durch theoretisch-konzeptuelle Klärungen, durch die Untersuchung teilhaberelevanter Reha-Prozesse, durch den Einbezug von teilhabebezogenen Outcomes in Evaluationsstudien mit entsprechenden Outcome-Modellen, durch die Anwendung von Prinzipien partizipativer Forschung und auch durch die Berücksichtigung der vielschichtigen Faktoren von Funktionsfähigkeit und Teilhabe, insbesondere den Kontextfaktoren. Als Teil der Teilhabeforschung trägt die Rehabilitationsforschung zu einem Wissen bei, wie auf individueller Ebene mithilfe professioneller Unterstützung Teilhabe von Menschen mit (drohender) Behinderung gefördert werden kann.