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1 Einleitung

Werbung ist ein wichtiger Bestandteil sämtlicher Medieninhalte – trägt sie doch maßgeblich zur Finanzierung der Medien bei und ist somit ein bedeutender medienökonomischer Faktor (Siegert 2015; Zurstiege 2006). Was genau unter Werbung verstanden wird, ändert sich jedoch mit dem gesellschaftlichen, medialen und wirtschaftlichen Umfeld (Siegert und Brecheis 2005). Unterschiedlichen Definitionen gemein ist, dass unter Werbung bezahlte Mitteilungen verstanden werden, die, vermittelt über ein Medium, an eine Zielgruppe adressiert werden, um Wissen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Empfänger dieser Mitteilungen zu beeinflussen (Richards und Curran 2002). Diese Definition schließt sowohl kommerzielle als auch prosoziale Werbung ein. Während prosoziale Werbung die Verbreitung (gesellschaftlich) funktionaler Mitteilungen wie beispielsweise den Hinweis auf die Gefahren des Rauchens meint und der Erfolg anhand von Sozialindikatoren wie im Falle des Rauchens der steigenden Zahl an Nichtrauchern gemessen werden kann, wird kommerzielle Werbung von Unternehmen oder Organisationen zum Ziel der Steigerung ökonomischer Ziele eingesetzt, die über Kennzahlen wie etwa Marktanteile und Absatzzahlen gemessen werden können (Weber und Fahr 2013; Mayer und Illmann 2000). Trotz ihrer existentiellen Bedeutung für die Medien wird insbesondere die kommerzielle Werbung als Forschungsgegenstand in der Disziplin der Medien- und Kommunikationswissenschaft immer noch verhältnismäßig wenig berücksichtigt, während sie in der betriebswirtschaftlichen Forschung seit jeher einen festen und bedeutenden Platz einnimmt (Kim et al. 2014; Siegert und Brecheis 2005).

Der inhaltliche Fokus in der Forschung liegt insgesamt stark auf der Wirkung von Werbeinhalten, Studien zum Inhalt der Werbung und somit mit der Methode der Inhaltsanalyse sind dagegen unterrepräsentiert (Kim et al. 2014). Bei der Wahl des Mediums als Werbeträger konzentrieren sich die inhaltsanalytischen Studien insbesondere auf Werbung in Printmedien und im Fernsehen, wobei seit 2000 auch verstärkt Werbung im Internet berücksichtigt wird (Kim et al. 2014).

Kombiniert werden Inhaltsanalysen von Werbeinhalten selten mit weiteren Methoden. Die Ergebnisse werden zwar vor dem Hintergrund von Wirkungsannahmen diskutiert und eingeordnet, allerdings kommt eine tatsächliche Wirkungsanalyse der analysierten Medieninhalte so gut wie nicht vor. Ausnahme bildet eine schon weit zurückliegende Studie zur Wirkung von Eigenschaften von Fernsehwerbung wie beispielsweise Informationsgehalt, Humor, (audio)visuelle und sprachliche Gestaltung auf Erinnerung und Gefallen (Stewart und Furse 1986). Die Autoren kombinierten eine Inhaltsanalyse von rund 1000 Fernsehwerbungen mit Befragungen von 300 bis 400 Befragten pro Werbung. Die Befragten nahmen Teil an einer Werbeclip-Teststudie, in der sie eine halbe Stunde ein Fernsehprogramm sahen, in das elf Werbungen zufällig eingepflegt waren. Eine aktuellere Studie kombiniert eine Inhaltsanalyse von Werbeanzeigen in Zeitschriften zur Bezugnahme auf Kunst(Stile) mit einer Bevölkerungsbefragung und einer Befragung von Menschen, die beruflich kreativ arbeiten (Hetsroni 2005; Hetsroni und Tukachinsky 2005). Allerdings nehmen die Autoren nur jeweils Bezug auf Inhaltsanalyse und Befragungen, indem aufgezeigt wird, dass der vorherrschende Bezug auf den Stil der Klassik in der Werbung mit der dominanten Präferenz für diesen Stil in der Bevölkerung und mit der Einschätzung der Angemessenheit dieses Stils für die Werbung durch Menschen mit kreativem Beruf einhergeht. Es findet also keine tatsächliche Kombination der Daten innerhalb einer Analyse statt.

Ebenso selten ist die Kombination von Inhaltsanalysen mit Experimentalstudien. Auch hier kann von einer „assoziativen“ Kombination gesprochen werden, da die erhobenen Daten nicht direkt miteinander in Beziehung gesetzt werden, sondern die Befunde aus der Inhaltsanalyse die Entwicklung oder Auswahl der Stimuli für das Experiment beeinflussen. So gestalten Eisend et al. (2014) beispielsweise auf der Basis inhaltsanalytischer Befunde zum Vorkommen von Genderstereotypen und Humor in der Werbung vier Stimuli für das darauffolgende Experiment zur Wirkung dieser Werbecharakteristika auf die Rezipienten. Eine weitere Studie untersucht inhaltsanalytisch Lebensmittelwerbung innerhalb des Kinderfernsehprogamms und wählt aus den analysierten Werbeclips zehn möglichst typische Stimuli für das Experiment zur Wirkung der Clips auf die Körperwahrnehmung der jungen RezipientInnen aus (Lewis und Hill 1998). Brader (2006) kombiniert seine inhaltsanalytische Untersuchung zum emotionalen Ton von politischer TV-Werbung mit einer Reihe von Experimenten zur Wirkung von emotionalen Elementen in der Werbung. Auch er verbindet die Befunde seiner Untersuchungen nur argumentativ.

2 Besonderheiten von Werbung als Untersuchungsgegenstand der Inhaltsanalyse

Werbeinhalte treffen in der Regel auf RezipientInnen, die nicht bewusst nach diesen Inhalten gesucht haben und der Werbung dementsprechend geringe Aufmerksamkeit entgegenbringen. Das heißt, dass Werbung durch gestalterische Mittel möglichst viel Aufmerksam- und Einprägsamkeit zu generieren versucht, um eine Wirkung auf die Erinnerung und eine Persuasionswirkung entfalten zu können (Weber und Fahr 2013). Bewegte und statische Bilder und das Zusammenspiel von Bild- und Textbotschaften sind daher in der Werbung zentral (Mitchell 1986), stellen für die standardisierte Inhaltsanalyse allerdings auch eine Herausforderung dar (Parry 2018; Bock et al. 2011). So können Codebücher, die für die Analyse von verbalen Werbeelementen entwickelt wurden, nicht ohne weiteres auf Bilder angewendet werden, da die fehlende Syntax und noch ausgeprägtere Polysemie eine reliable Codierung als eindeutige Zuweisung von Codes zu unterschiedlichen visuellen Elementen innerhalb eines Bilds deutlich erschwert (Scott 1994; Parry 2018).

3 Trends, Konstrukte und zentrale Befunde in der Forschung

Den inhaltsanalytischen Studien zu kommerzieller Werbung liegt, wie schon erwähnt, mehr oder weniger explizit eine Wirkungsannahme zugrunde, die für die Auswahl und Definition der analysierten Konstrukte und Variablen in den Inhaltsanalysen zentral ist, auch, wenn keine Wirkungsanalyse durchgeführt wird, sondern rein deskriptiv die Inhalte der Werbung ausgewertet werden. Wie im Folgenden deutlich werden wird, befassen sich zahlreiche Studien mit den Inhalten von Werbung, die an Kinder oder Heranwachsende als zentrale Zielgruppe gerichtet ist, und dabei dominiert die Frage nach möglichen (negativen) Folgen. Insgesamt lassen sich sechs zentrale Fragen formulieren, die in den Inhaltsanalysen kommerzieller Werbeinhalte leitend sind.

  1. 1.

    Welche Produkte oder Produktklassen werden beworben?

Die Produkte oder Produktklassen werden in zahlreichen Inhaltsanalysen von Werbeinhalten mit erhoben, ohne dann zentral in der Auswertung berücksichtigt zu werden. Sie bilden häufig also die Basis für die weitere Codierung. Sofern inhaltlich bei der Darstellung der Ergebnisse auf die Produktklassen eingegangen wird, lassen sich vor allem zwei Ausrichtungen in den Forschungsfragen ausmachen: Zum einen besteht die Vermutung, dass Medienangebote für bestimmte Zielgruppen mit Werbung kombiniert werden, die für diese Zielgruppen dysfunktionale Auswirkungen haben könnte. So wird beispielsweise untersucht, welche Lebensmittelprodukte im TV-Kinderprogramm beworben werden (Lewis und Hill 1998). Hier zeigte sich, dass Werbung für Süßigkeiten, Fast Food oder für vorverarbeitete Essensprodukte als häufigste Nahrungsmittelkategorien auftreten. Bei einer Analyse der Werbeinhalte im Prime-Time Fernsehangebot in Großbritannien zeigte sich, dass (gesellschaftlich als dysfunktional gewertete) Alkoholwerbung in 50 % der Programme vor neun Uhr integriert war (Barker et al. 2019). Zum anderen wird untersucht, inwiefern bestimmte Produkte oder Produktklassen mit weiteren Gestaltungseigenschaften kombiniert werden. So wird etwa untersucht, inwiefern gängige Produktgruppen bzw. Branchen mit dem Thema Nachhaltigkeit beworben werden (Carlson et al. 1993), inwiefern Produkte mit hohem oder mit niedrigem Prestige mit Kunstzitationen beworben werden (Hetsroni 2005; Hetsroni und Tukachinsky 2005) oder wie viele Informationen Werbung für immaterielle Güter (wie Dienstleistungen) im Vergleich zu materiellen Gütern enthalten (Mortimer 2000; Pickett et al. 2001) und inwiefern der Grad an Produktähnlichkeit zu Produkten von anderen Anbietern („Product Parity“) den Informationsgehalt in der Werbung beeinflusst (Pickett et al. 2001). Die Ergebnisse der genannten Studien sind beispielhaft als Einzelergebnisse und nicht als durch kumulative Studien gesicherte Erkenntnisse zu verstehen. Nichtsdestotrotz zeigen sie, dass (naheliegend) insbesondere Produkte aus dem Energiesektor oder mit Verbindung zum Wald mit Nachhaltigkeit beworben werden, aber auch die Haushalts- oder Büroprodukte mit nachhaltigen Claims verknüpft werden, Produkte mit einem geringen Grad an Produktähnlichkeit (und damit einem höheren Grad an Unterscheidbarkeit über Produkteigenschaften) mehr Informationen enthalten und insbesondere Werbung für Produkte mit hohem Prestige auf klassische Kunst verweist.

  1. 2.

    Wie hoch ist die visuelle Komplexität der Werbung?

Auch die Komplexität der visuellen Aufbereitung findet in einigen Inhaltsanalysen von Werbung Berücksichtigung (Huhmann 2003; Alvy und Calvert 2008; Weber et al. 2006). Die Komplexität kann über den Detailreichtum und die Variation von unterschiedlichen Farben und Formen (Pieters et al. 2010), aber auch über komplexere Inhalte wie Bewegungselemente und Animationen, das Verhältnis von Text und Bild und sprachliche und bildliche Stilmittel wie beispielsweise Metaphern (Jeong 2008; Phillips und McCarrie 2004) erhöht werden. Leitend ist die Frage danach, wie komplex die Werbetreibenden die Werbung gestalten, um möglichst große Aufmerksamkeit bei den Rezipienten zu erregen. Theoretisch leitend (wenn auch nicht inhaltsanalytisch zu beantworten) ist auch die Frage danach, wie viel Komplexität von den Rezipienten verarbeitbar ist, so dass sie sich positiv auf den Werbeerfolg auswirken kann (Berlyne 1958; Pieters et al. 2010). Die Studien haben auch hier Fallstudiencharakter. So zeigte beispielsweise die Analyse von Online-Bannerwerbung, dass Farbfotografien als bildliche Elemente dominieren und dass ein moderates Level an Komplexität, zum Beispiel ein animiertes Bild, in gut der Hälfte der untersuchten Banner und damit am häufigsten vorkommt, während eine hohe Komplexität (ein Bild mit visuellen als auch textlichen Animationen) deutlich seltener vorzufinden ist (Huhmann 2003). In Lebensmittelwerbung für Kinder im Internet zeigte sich eine Dominanz von visuell aufwendigen Elementen wie Animationen, fetter und farbiger Schrift und dynamischen Bildern, um die Aufmerksamkeit der Kinder auf die Werbeinhalte der Websites zu lenken (Alvy und Calvert 2008; Weber et al. 2006).

  1. 3.

    Wie häufig werden alternative Werbeformen angewandt?

Neben der Frage nach der visuellen Aufbereitung der Werbeinhalte wird auch untersucht, wie häufig auf alternative Formen der Werbung gesetzt wird. Neben „klassischen“ Werbeanzeigen in Printformaten und Werbeclips in Radio und Fernsehen stehen dabei vor allem Formen wie Advergames im Fokus der Inhaltsanalysen. Bei Advergames handelt es sich um eine Werbeform, bei der ein Spiel mit der Bewerbung eines Produkts kombiniert wird (Alvy und Calvert 2008; Brady et al. 2010). Insbesondere wurde untersucht, inwiefern Advergames als Werbeform in Kinderwerbung für Lebensmittel eingesetzt werden. Ergebnisse zeigen, dass Advergames als alternative Werbeformen zwar deutlich seltener als herkömmliche Werbeanzeigen gewählt werden, aber neben Produktplatzierungen als häufigste alternative Werbeform vorkommt (Alvy und Calvert 2008). Auf Internetseiten für Kinder von Lebensmittelherstellern waren Advergames sogar ein zentraler Bestandteil (Brady et al. 2010; Weber et al. 2006). Neben Studien, die sich auf die Frage konzentrieren, wie häufig Advergames vorkommen, gehen einige wenige Studien auch auf die Inhalte der Werbespiele ein (Lee et al. 2009; Culp et al. 2010). Insbesondere Süßigkeiten werden in den Advergames als Produkte beworben bzw. in das Spiel integriert, und die Spiele enthalten einen verschwindend geringen Anteil bildender und aufklärender Elemente. Eine weitere Werbeform, die in Inhaltsanalysen eine (wenn auch geringe) Berücksichtigung findet, ist das sogenannte „Native Advertising“ (Wojdynski und Golan 2016), bei dem sich die Werbenden der Glaubwürdigkeit des Mediums bedienen, indem die Werbeinhalte im Stil der redaktionellen Medieninhalte präsentiert werden. Sie müssen allerdings eindeutig als Werbung gekennzeichnet sein. Advertorials, also Werbebeiträge in Printmedien, die im Layout des journalistischen Inhalts präsentiert werden, wurden schon vor der Zeit digitaler Inhalte inhaltsanalytisch untersucht (Cameron et al. 1996). Die Frage danach, ob, und falls ja, wie sichtbar die Advertorials als nicht redaktionelle Werbeinhalte gekennzeichnet werden, war hierin leitend. Es zeigte sich, dass eine klare Kennzeichnung bei bis zu einem Drittel der Advertorials gänzlich fehlte. Fand eine Kennzeichnung statt, so ist sie sehr häufig deutlich kleiner und wenig prominent platziert (Cameron et al. 1996). Aktuelle Forschung beschäftigt sich vor allem mit dem Vorkommen von Native Advertising in sozialen Medien (Hanson 2018). Die Ergebnisse haben auch in diesem Fall wieder Fallstudiencharakter, deuten allerdings darauf hin, dass diese Werbeform stark in sozialen Medien eingesetzt wird. Ein inhaltsanalytisch stärker beachtetes Werbemittel ist das Product und Brand Placement, bei dem Produkte und Marken innerhalb des Medieninhalts gegen Bezahlung platziert werden, und zwar insbesondere in Film, Fernsehen und Musik(videos) (Burkhalter und Thornton 2014; Chan und Fong 2016; La Ferle und Edwards 2006; Naderer et al. 2019). Auch hier zeigte sich eine starke Präsenz dieser Werbeform, und zwar auch in Medieninhalten, die sich speziell an Kinder und Jugendliche richten (Burkhalter und Thornton 2014; Naderer et al. 2019). Trotz des immens wachsenden Anteils des Werbebudgets von Unternehmen, der an Suchmaschinen und soziale Medien fliesst (Croteau und Hoynes 2019), wird Werbung in Suchmaschinen sozialen Medien äusserst selten inhaltsanalytisch untersucht. Während einige wenige Studien den Inhalt der offiziellen Präsentationen von Unternehmen in sozialen Medien untersuchen (Parsons 2013; Tyrawski und DeAndrea 2015) oder analysiert wird, welche Formen von Werbung in Apps speziell für Kinder im Vorschulalter vorkommen (Meyer et al. 2019), wird insbesondere personalisierte Werbung bisher inhaltsanalytisch noch nicht in den Blick genommen.

  1. 4.

    Wie hoch ist der Informationsgehalt in der Werbung und welche Arten von Informationen werden integriert?

Neben der Analyse der gestalterischen Aufbereitung findet der Informationsgehalt der Werbung inhaltsanalytisch größere Beachtung. Dabei werden unterschiedliche Informationselemente wie beispielsweise Informationen zum Preis und zu Garantiebedingungen, zur Verfügbarkeit, zur Performance oder zu Eigenschaften des Produkts erfasst (Abernethy und Franke 1996; Resnik und Stern 1977; Mortimer 2000; Picket et al. 2001; Rice und Lu 1988). Bei dieser Art von Informationen handelt es sich also um Argumente bezüglich der Beschaffenheit des Produkts. Die Frage nach der Menge an Informationen wird in den Studien häufig kombiniert mit Vergleichen, wie beispielsweise zwischen Ländern (Rice und Lu 1988) oder zwischen Produktarten (Picket et al. 2001; Mortimer 2000). Insgesamt zeigt sich, dass die überwiegende Anzahl der Werbung mindestens eine produktbezogene Information enthält und dabei insbesondere Informationen zu Verfügbarkeit, Performance und den Eigenschaften des Produkts integriert werden. Informationen zu Preis und Qualität werden relativ dazu seltener genannt (Abernethy und Franke 1996; Mortimer 2000). Neben diesen „klassischen“ Produkteigenschaften gibt es noch eine weitere Form der Information, die in der neueren Forschung an Bedeutung gewinnt, und zwar Informationen zu (vornehmlich ökologischer) Nachhaltigkeit in der kommerziellen Werbung. Studien untersuchen, welche Art von Informationen zur Nachhaltigkeit des Produkts, der Marke oder des Unternehmens gegeben werden (Banerjee et al. 1995), ob es sich um Fakten oder um eher vage Angaben handelt und auch, inwiefern es sich um korrekte Informationen oder sogar um Falschinformationen handelt (Carlson et al. 1993; Segev et al. 2016). Ergebnisse zeigen, dass Werbung mit nachhaltigen Inhalten deutlich zugenommen hat und insbesondere das Produkt als nachhaltig dargestellt oder ein „grünes“ Image vermarktet wird und dass auch vage oder sogar falsche Darstellungen durchaus häufiger vorkommen (Carlson et al. 1993; Segev et al. 2016).

  1. 5.

    Welche affektiven Elemente wie Emotionen, Werte und Humor werden in der Werbung eingesetzt?

Neben der Berücksichtigung von (rationalen) Informationen beschäftigt sich die Forschung auch mit emotionalen Appellen in der Werbung, die die Kaufmotivation für das Produkt anregen sollen. So wird beispielsweise untersucht, wie häufig Appelle in der Werbung vorkommen, die entweder ein emotionales Erleben wie beispielsweise Spaß und Entspannung oder ein Gefühl des „Aufgehobenseins“ ansprechen, oder Werte, wie beispielsweise Tradition und Familiensinn, aber auch Freiheit, aufgreifen und somit emotional aufgeladen sind (Albers‐Miller und Stafford 1999; Johnson Shen et al. 2017; Lewis und Hill 1998). Explizit mit kulturellen Werten in Werbung beschäftigen sich verhältnismäßig viele Inhaltsanalysen, wobei die Überschneidung mit den emotionalen Appellen stark ist. So werden Moral und Verantwortung, aber auch Schönheit oder ein spannendes und angenehmes Leben als Werte eingeschlossen (Pollay 1983; Cheng 1994; Tse et al. 1989). Insgesamt bedeuten diese affektiven Appelle, dass der Konsumentin und dem Konsumenten affektive Gratifikationen durch die Nutzung des Produkts in Aussicht gestellt werden. Die Studien zeigen, dass emotionale Appelle eine zentrale Rolle in der Werbung spielen und es in der Häufigkeit des Einsatzes von Werten deutliche Unterschiede zwischen unterschiedlichen Ländern und Kulturen gibt. Auch Humor als Stilmittel in Werbebotschaften lässt sich als affektiver Appell verstehen und wird in zahlreichen Studien untersucht. Neben der Frage, wie häufig Humor in der Werbung vorkommt (Alden et al. 1993; Kelly und Solomon 1975; McCullough und Taylor 1993; Toncar 2001; Weinberger und Campbell 1991; Weinberger und Spotts 1989), werden auch spezifischere Fragen untersucht, beispielsweise, inwiefern Humor mit Falschinformationen (Shabbir und Thwaites 2007), mit Aggression (Scharrer et al. 2006) oder mit Gender-Stereotypen (Eisend et al. 2014; Furnham & Spencer-Bowdage) kombiniert wird. Bei der Codierung von Humor dominiert die einfache Unterscheidung, ob Humor oder eine Humorintention in der Werbung vorhanden ist oder nicht. Teilweise werden unterschiedliche Arten von Humor codiert, wie beispielsweise, wie stark der Überraschungseffekt dominiert und der Inhalt vorhersehbar ist (Alden et al. 1993) oder wie stark der Humor in der Situation begründet liegt und nicht etwa in einer Herabsetzung einer Person oder einer verbalen Äußerung einer Person (Furnham und Spencer-Bowdage 2002). Es zeigt sich insgesamt, dass Werbung mit humorvollen Komponenten häufig vorkommt (zwischen 25 und 35 % der Werbung enthält Humor bzw. Humorintentionen) und dass Humor, der überraschend ist und sich aus der Situation heraus ergibt, dabei zu dominieren scheint.

  1. 6.

    Welche Rolle nehmen Gender-Stereotype und Erotik in der Darstellung von sozialen Gruppen und Personen in der Werbung ein?

Personen sind in der Werbung allgegenwärtig. Da jede Person unterschiedlichen sozialen Gruppen zuzuordnen ist, sind Stereotype als Assoziationen und Vorstellungen über die Charakteristika und Attribute von Mitgliedern einer Gruppe (Dovidio et al. 2010) auch in Werbeinhalten vorzufinden. Da die Genderdifferenzierung anhand von stereotypen Attributzuweisungen schon im Vorschulalter zu beobachten ist (Gelman et al. 1986) und die Unterscheidung zwischen Männern und Frauen bei jeder Personendarstellung potentiell stattfinden kann, sind Gender-Stereotype auch in der Werbung zentral, zumal gerade in Werbeinhalten aufgrund der Kürze der Darstellung (oftmals nur innerhalb eines Bildes) eine Person nicht für sich, sondern als VertreterIn einer sozialen Gruppe präsentiert wird. Die Forschung zu Gender-Stereotypen in der Werbung ist umfangreich, so fand eine Metaanalyse über 80 Inhaltsanalysen aus den Jahren 1975 bis 2007, die sich mit Geschlechterrollen in der Werbung beschäftigten (Eisend 2010), und auch in der aktuellen Forschung sind zahlreiche weitere inhaltsanalytische Studien zu Gender-Stereotypen zu finden (Grau und Zotos 2016). Darin wird untersucht, inwieweit Frauen in traditionellen Rollenbildern als fürsorgliche (Haus)Frau und Mutter, dem Mann untergeordnet und wenig unabhängig dargestellt werden (Furnham und Mak 1999; Furnham und Paltzer 2010; Knoll et al. 2011). Studien zeigen deutlich, dass Gender-Stereotypisierung in der Werbung weit verbreitet ist. Stereotypisierung tritt hauptsächlich im Zusammenhang mit dem beruflichen Status der Geschlechter auf. Zwar kommen Gender-Stereotype in der Werbung im Laufe der Jahre weniger häufig vor, allerdings ist dieser Rückgang vornehmlich in Ländern zu beobachten, die insgesamt eine Gleichstellungspolitik verfolgen (Eisend 2010; Grau und Zotos 2016). Ein weiterer starker Fokus in der Analyse von Personendarstellungen in der Werbung liegt auf der Verwendung von sexualisierten Darstellungen oder Erotik in der Präsentation von Personen. So wird untersucht, inwiefern (vor allem visuelle) Elemente wie nackte Haut oder sexuelles Verhalten und sexualisierte oder feminine Gesten eingesetzt werden (Döring und Pöschl 2006; Huang und Lowry 2012; Nelson und Paek 2008; Reichert 2002; Reichert und Carpenter 2004; Reichert et al. 2012; Reichert und Ramirez 2000). Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass insbesondere Frauen sexualisiert in der Werbung dargestellt werden und dieser Trend über die Jahre zugenommen hat, wobei die Darstellungen zusätzlich expliziter werden.

4 Forschungsdesiderata

Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass Werbeinhalte in Inhaltsanalysen sehr breit mit ganz unterschiedlichen Forschungsinteressen berücksichtigt werden. Trotz der Fülle an Studien fehlen allerdings weitestgehend Übersichtsbeiträge und Metaanalysen, die die unterschiedlichen Einzelbefunde in Beziehung zueinander stellen. Die Verbindung und Aufarbeitung des Forschungsstands erscheint allerdings unerlässlich, um die Einzelbefunde zu einem Gesamtbild zusammenzubringen und so als Basis weiterer Forschung auch in Kombination mit anderen Datenerhebungsmethoden fruchtbar zu machen. Die Wirkung von Werbeinhalten wird, wie eingangs dargestellt, am stärksten untersucht. Dabei fällt auf, dass zu vielen Werbeinhalten zwar die Wirkung theoretisch modelliert und empirisch meist experimentell untersucht wird, allerdings inhaltsanalytisch noch gar nicht festgestellt wurde, wie häufig das jeweilige Phänomen überhaupt in der Werbung vorliegt. So werden recht basale formale Elemente außerhalb des Konstrukts der visuellen Komplexität inhaltsanalytisch nur selten berücksichtigt, während es im Bereich der Forschung zur Wirkung von Werbung einige Studien beispielsweise zum Einfluss von Farbgebung, Typographie und Wirkung von Metaphern (Jeong 2008; Phillips und McCarrie 2004) auf den Werbeerfolg gibt. Es wäre also erstens wünschenswert, wenn inhaltsanalytisch zu zentralen Konstrukten der Wirkungsforschung ermittelt werden könnte, wie groß das Wirkungspotential allein durch die Verbreitung des Phänomens ausfallen kann und zweitens, wenn auch inhaltsanalytische Befunde verstärkt nicht nur als Basis für experimentelle Stimuli eingesetzt, sondern mit breit angelegten Befragungen von RezipientInnen verknüpft würden. Stärker in der Forschung berücksichtigt werden sollten auch Kombinationen von unterschiedlichen medialen Werbeformen. Kampagnen richten sich häufig über ganz unterschiedliche Medien an die potentiellen KonsumentInnen, und insbesondere Online-Werbung vereint ganz unterschiedliche Werbeformen wie „klassische“ Bildanzeigen, Filme und Text. Hinzu kommt, dass online insbesondere personalisierte Werbeformen zum Einsatz kommen, es also abhängig von der Nutzerin und dem Nutzer ist, wie häufig sie/er mit einem Werbeinhalt und unterschiedlichen Werbeformen in Kontakt kommt. Eine Herausforderung der inhaltsanalytischen Operationalisierungen ist also, diese unterschiedlichen medialen Werbeformen jeweils pro Konstrukt einheitlich mess- und damit vergleichbar zu machen und insbesondere bei der Frage danach, wie häufig bestimmte Werbeinhalte und Werbeformen vorkommen, die personalisierte Onlinewerbung zu berücksichtigen.