Zusammenfassung
Entgegen der alltagsweltlichen Vorstellung einer linear sich aufschichtenden Biographie in der irreversiblen Lebenszeit, wird die These verfolgt, dass Biographien kommunikative Strukturierungen sind, die soziale und individuelle Zeit nutzen und erzeugen. Entsprechend den gesellschaftlichen Differenzierungen der Moderne wird biographische Strukturierung als Reaktion auf die Pluralisierung der Lebenswelt und zugleich als ein Mittel ihrer Fortschreibung aufgefasst. Zeitliche Steigerung von Komplexität betrifft soziale und individuelle Zeit und wird in biographischen Formularen gesellschaftlicher Funktionsbereiche und individuell erzählten Lebensgeschichten verwirklicht. Helfende Professionen bedienen sich biographischer (Forschungs-)methoden und ermöglichen biographische Re-Strukturierungen im Blick auf eine besser zu lebende Zukunft ihrer AdressatInnen.
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Literatur
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Literatur zum Weiterlesen
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Fischer, W. (2018). Zeit und Biographie. In: Lutz, H., Schiebel, M., Tuider, E. (eds) Handbuch Biographieforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21831-7_39
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