Zusammenfassung
In dem Beitrag wird die Weiterentwicklung der Dokumentarischen Methode für die Analyse von Unterrichtsvideografien vorgestellt. Die methodologischen, methodischen und unterrichtstheoretischen Überlegungen basieren auf Erfahrungen mehrerer Forschungsprojekte der qualitativ-rekonstruktiven Unterrichtsforschung. Fokussiert wird zunächst auf die Komplexität des Unterrichts, die theoretisch als Kombination aus spezifischer Sozialstruktur, gefasst als Interaktion unter Anwesenden vor dem Hintergrund polykontexturaler Erfahrungsräume, einer besonderen Zeitstruktur, die durch Verknüpfung von Sequenzialität und Simultaneität unterrichtlicher Ereignisse und Handlungen entsteht, sowie seiner mehrdimensional und multidimensional gefassten Sachstruktur beschrieben werden kann. Wir möchten einen Vorschlag zur Diskussion stellen, wie Unterricht unter möglichst weitreichender Berücksichtigung dieser Komplexität erforscht werden kann. Ziel dokumentarischer Unterrichtsforschung ist die Rekonstruktion von kommunikativen und konjunktiven Wissensbeständen von Lehrpersonen und Schüler/inne/n sowie die Rekonstruktion von deren (Re-)Produktionsbedingungen. Geklärt werden soll dabei unter anderem, wie soziale Ordnungen sowie fachliche und überfachliche Lernprozesse im Unterricht trotz Unwahrscheinlichkeit entstehen und sich fortsetzen.
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Martens, M., Asbrand, B. (2018). Dokumentarische Unterrichtsforschung. In: Heinrich, M., Wernet, A. (eds) Rekonstruktive Bildungsforschung. Rekonstruktive Bildungsforschung, vol 13. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18007-2_2
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