Zusammenfassung
Dieser Artikel ist ein Versuch, nach vierzig Jahren intensiver Beschäftigung die hauptsächlichsten Einsichten, enthalten in Jean Piagets Werk, zu einem kohärenten Modell zusammenzufassen. Es handelt sich also um eine Interpretation, die auf weit verstreuten Hinweisen beruht. Wo immer möglich habe ich Jean Piaget für sich selber sprechen lassen. Aber da ist auch manches, was sich nicht durch bündige Zitate belegen lässt. Ob diese Interpretation seines Denkens plausibel und brauchbar ist, muss der Leser entscheiden.
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Notes
- 1.
Titel des Buchs, das Piagets UNESCO-Essay von 1971 enthält. Ich gebe durchwegs die Originalausgaben der zitierten Bücher an, da ich die deutschen Übersetzungen nicht kenne und die englischen, soweit ich sie zu sehen bekam, sich mit wenigen Ausnahmen (Eleanor Duckworth, Wolfe Mays, Leslie Smith) als unverlässlich erwiesen. Die deutschen Übersetzungen der Zitate sind durchwegs von mir.
- 2.
Eine anschauliche Metapher für den Vorgang der Assimilation war die Methode der ersten Sortiermaschinen für Lochkarten: Man gab der Maschine eine Schablone mit den Löchern, die die Eigenschaften repräsentierten, die im Augenblick interessant waren. Die Maschine suchte dann alle Karten aus einem Stapel, die eben diese Löcher aufwiesen, und kümmerte sich nicht um etwaige andere Löcher in den Karten.
- 3.
Dieses Programm wurde Anfang der 1980er Jahre entworfen und von Paul Czerny für einen kleinen Computer geschrieben.
- 4.
Der Leser sollte sich hier an Kants grundlegende Einsicht erinnern, dass eine Vorstellung der Welt nur im Rahmen des Gerüsts von Raum und Zeit möglich ist, das der Mensch allem Erleben zugrunde legt ( Kritik der reinen Vernunft [1781], Transcendentale Ästhetik.)
- 5.
Als Konstruktivist muss ich darauf hinweisen, dass diese „Punktgeschwindigkeit“ eine reflektive Abstraktion ist, die sich auf der sensomotorischen Ebene nicht manifestieren kann, weil Geschwindigkeit da nicht ohne eine durchlaufene Strecke denkbar ist.
- 6.
Hier ist es klar, dass Piagets réalité sich nicht als Wirklichkeit interpretieren lässt, sondern als Realität gemeint ist.
- 7.
Von einer deutschen Übersetzung konnte ich im Internet keine Spur finden.
Literatur
Apostel, Léo/Benoît Mandelbrot/Jean Piaget (1957): Logique et Équilibre. Paris: Presses Universitaires de France.
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Uexküll, Jakob von/Georg Kriszat (1933): Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen. Frankfurt am Main: Fischer.
Danksagung
Edith Ackermanns kritische Bemerkungen zu einer früheren Fassung dieses Artikels waren mir eine wertvolle Hilfe.
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von Glasersfeld, E. (2015). Theorie der kognitiven Entwicklung. In: Pörksen, B. (eds) Schlüsselwerke des Konstruktivismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19975-7_6
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