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Handelbare Flächenzertifikate – vom akademischen Diskurs über einen Modellversuch in die Planungspraxis?

Tradable Planning Permits: From an Academic Discourse via a Pilot Project to Planning Practice?

  • Bericht aus Forschung und Praxis
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Raumforschung und Raumordnung

Zusammenfassung

Die Idee, handelbare Nutzungszertifikate auf den Problembereich der Flächeninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr zu übertragen, wird in Wissenschaft und Politik seit über 15 Jahren diskutiert. Dennoch blieb es in Deutschland lange Zeit bei wissenschaftlichen Erörterungen und Vorschlägen sachverständiger Politikberatungsgremien, bis 2009 mit der Koalitionsvereinbarung der Regierungsparteien eine modellhafte Erprobung eines überregionalen Handelssystems für die Flächennutzung angeregt wurde. Der vorliegende Beitrag bietet einen Überblick über die Ergebnisse des mit der fachlichen Vorbereitung dieses Modellversuchs befassten Forschungsprojektes im Auftrag des Umweltbundesamtes, das 2012 startete. Dazu wird zunächst die wissenschaftliche Debatte über die positiven wie negativen Wirkungen handelbarer Flächenzertifikate zusammengefasst. Anschließend skizziert der Beitrag das geplante methodische Design des Modellversuchs, der ein „kontrolliertes Feldexperiment“ und parallel „kommunale Fallstudien“ umfassen soll. Der Aufsatz schließt mit einem kurzen Ausblick auf die zu erwartenden Erkenntnisse aus dem Modellversuch.

Abstract

For more than 15 years now, researchers and policy makers have been discussing the transfer of trading programs from the regulation of emissions to the regulation of land development. However, the debate remained limited to researchers for a long time, until the German government initiated preparation of a nationwide “pilot project” in 2009. This paper reports on the results of the preliminary project funded by the Federal Environment Agency. An interdisciplinary team developed an outline proposal for the “pilot project”. After a summary of the consequences, benefits and cost of tradable planning permits in general, the paper presents and discusses how the project should be organized in detail. The proposal suggests a controlled field experiment in combination with extensive municipal case studies. The paper concludes with a perspective of the expected outcome of the “pilot project” which has started in 2012.

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Abb. 1

Notes

  1. Der Bevölkerungs-Fläche-Indikator (BeFla) teilt übergeordnete Zielvorgaben (wie z. B. das 30-ha-Ziel) anhand des Anteils einer Gebietskörperschaft an der Bevölkerung und der Gemarkungsfläche auf (vgl. Henger/Schröter-Schlaack/Ulrich et al. 2010)

  2. Im Optimum werden die Entwicklungsmaßnahmen umgesetzt, die zusammen den höchsten aggregierten Barwert ergeben und gleichzeitig das Reduktionsziel für die Neuausweisung und die Entwicklungsziele jeder Kommunen erfüllen. Der Marktpreis in diesem Optimum entspricht den höchsten Grenzkosten, der für das Erreichen des Minderungsziels notwendigen Innenentwicklung (Ostertag/Schleich/Ehrhart et al. 2010: 49 f.).

  3. Der Indikatorpreis setzt die Differenz der Barwerte zweier alternativerMaßnahmenbündel in Relation zum Mehrbedarf an Zertifikaten. Er gibt damit das Niveau des Marktpreises für Zertifikate an, ab dem das Maßnahmenbündel mit geringerem Zertifikatebedarf dem alternativen Maßnahmenbündel vorzuziehen ist. Je nach Art der verglichenen Maßnahmenbündel ergeben sich verschiedene Indikatorpreise (Ostertag/ Schleich/Ehrhart et al. 2010: 44).

  4. „FORUM: Handel mit Flächenzertifikaten. Fachliche Vorbereitung eines überregionalen Modellversuchs“, im Auftrag des Umweltbundesamtes(FKZ 3710 16 106).

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Bovet, J., Bizer, K., Henger, R. et al. Handelbare Flächenzertifikate – vom akademischen Diskurs über einen Modellversuch in die Planungspraxis?. Raumforsch Raumordn 71, 497–507 (2013). https://doi.org/10.1007/s13147-013-0255-6

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