Zusammenfassung
Die rechtspolitische Diskussion über eine Reform des Mordtatbestandes des § 211 StGB bedarf empirischer Grundlagen. Hierbei stellt sich u. a. die Frage nach der Anwendung der einzelnen Mordmerkmale in der Strafrechtspraxis. Der vorliegende Beitrag trägt empirische Befunde über die Anwendung der Mordmerkmale zusammen. Es zeigt sich, dass die rechtspolitisch umstrittenen Mordmerkmale der Heimtücke, des niedrigen Beweggrundes und der Absicht, eine andere Straftat zu verdecken, erhebliche praktische Bedeutung haben.
Abstract
The discussion from the point of view of legal policy on the reform of the provision of murder of § 211 StGB (German Criminal Code) must be based on empirical data. Important is the question of the application of the individual murder criteria in practice. This article presents empirical results on the application of murder criteria and shows that the controversial criteria of stealth, base motives and of the intention to conceal another offence are of specific practical importance.
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Interessenkonflikt
D. Dölling erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um ein Referat, das im Rahmen der Beratungen der vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzten Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte (§§ 211–213, 57a StGB) gehalten wurde. Das Referat ist auch abgedruckt in: Abschlussbericht der Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte (§§ 211–213, 57a StGB) dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas im Juni 2015 vorgelegt. Eigendruck des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Berlin 2015, S. 461 ff.
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Dölling, D. Zur Anwendung der Mordmerkmale in der Strafrechtspraxis. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 9, 228–235 (2015). https://doi.org/10.1007/s11757-015-0334-3
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