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Im Wissenschaftsdiskurs geht es weder um politischen Aktivismus noch um Quisquilien. Im Wissenschaftsdiskurs sollten ethische Maximen und rechtliche Leitsätze gelten. Die ethischen Maximen formulieren das Wünschenswerte; juristische Leitsätze markieren das, was hinzunehmen ist, und trennen es von dem, was man unterlassen sollte. Maximen und Leitsätze gelten auch in der hier geführten Debatte:
Die Präambel des Ethik-Codexes der DGPuK fordert u. a. „Fairness [und] Achtung […] im Umgang mit Menschen, Wahrheitsorientierung […], Gemeinwohl- und Demokratieorientierung“, sowie „eigenes wissenschaftliches Handeln kritisch zu reflektieren“. Im einschlägigen Maunz-Dürig heißt es zu Art. 5 GG (3): „Wissenschaftsfreiheit ist auch ein Grundrecht auf rationale Abweichung. Wissenschaft als potenzielle Gegenöffentlichkeit muss immer auch Gegenauffassungen […] zulassen. Niemand muss dem Mainstream der Wissenschaft folgen.“ (Maunz und Dürig 2019, S. 59).
Das Bundesverfassungsgericht stellte vor Jahrzehnten fest: „Da es der Sinn jeder zur Meinungsbildung beitragenden öffentlichen Äußerung ist, Aufmerksamkeit zu erregen, sind angesichts der heutigen Reizüberflutung aller Art einprägsame, auch starke Formulierungen hinzunehmen.“ (BVerfG Beschluss vom 06.11.1968 – 1 BvR 501/62) Das ist seither ständige Rechtsprechung (vgl. BVerfG Beschluss vom 29.06.2016 – 1 BvR 2646/15). In einem BGH-Urteil heißt es: „Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind.“ (BGH vom 23.06.2009 – VI ZR 196-08).
Die Kenntnis des Ethik-Codexes; das Vermögen, Meinungs- von anderen Darstellungsformen zu unterscheiden; die Bereitschaft, Sachargumente als solche anzuerkennen; die Fähigkeit, deutliche Worte von Beleidigungen zu unterscheiden; das Wissen um die Bedeutung der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit; die Unzulässigkeit von Stigmatisierung, Ausgrenzung und Pranger: All das war einmal in der Kommunikationswissenschaft selbstverständlich. Längst nicht mehr jede und jeder weiß, was hinzunehmen ist und was man unterlassen sollte. Angesichts von Repliken und Debatte bedürfen meine Thesen (Stöber 2021) keiner weiteren Belege.
Pöttker und Schultz (2021) haben richtige Fragen gestellt.
Literatur
Verwendete Literatur
Maunz, T., & Dürig, G. (2019). Grundgesetz. Kommentar. Bd. 1. München: C.H. Beck.
Pöttker, H., & Schultz, T. (2021). Kommunikationswissenschaftliche Diskurskultur? Zu Rudolf Stöbers Beitrag „Genderstern und Binnen‑I. Zu falscher Symbolpolitik in Zeiten eines zunehmenden Illiberalismus“ (Publizistik, Heft 1, 2021) und dem Offenen Brief gegen dessen Veröffentlichung. Publizistik. https://doi.org/10.1007/s11616-021-00648-1.
Stöber, R. (2021). Genderstern und Binnen‑I. Zu falscher Symbolpolitik in Zeiten eines zunehmenden Illiberalismus. Publizistik. https://doi.org/10.1007/s11616-020-00625-0.
Urteile
BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – VI ZR 196-08.
BVerfG, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 1 BvR 2646/15.
BVerfG, Beschluss vom 6. Nov. 1968 – 1 BvR 501/62.
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Stöber, R. Richtige Fragen. Publizistik 66, 439–440 (2021). https://doi.org/10.1007/s11616-021-00678-9
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