Skip to main content
Log in

Religion und Konflikt: (K)ein Thema für Organisationen und ihre Beratung?

Religion and conflict: an issue (or not an issue) for organizations and organizational consulting?

  • Hauptbeiträge
  • Published:
Gruppendynamik und Organisationsberatung Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Moderne Gesellschaften sind nicht nur in ihrer kulturellen, sondern auch in ihrer religiösen Zusammensetzung höchst heterogen. Dieser Umstand findet zwangsläufig auch Einzug in die Organisationen. Menschen mit verschiedenen religiösen aber auch säkularen Überzeugungen treffen aufeinander, was zu potentiell konflikthaften Situationen führt bzw. ein Problempotenzial in sich birgt. In Auseinandersetzung mit kulturanthropologischen und kulturtheoretischen Überlegungen fokussiert der Beitrag auf die lebensgestaltende Kraft und das grundsätzliche Konfliktpotential religiöser Glaubenssysteme und plädiert für eine Bewusstseinsbildung und die reflexive Beschäftigung mit dem Thema Religion und ihren sozialinteraktiven Folgen als eine notwendige Erweiterung des trainings- und beratungsbezogenen Arbeitens in interkulturellen, genauer gesagt multireligiösen Kontexten.

Abstract

Modern societies are highly heterogeneous not only in their cultural, but also in their religious composition. This fact is further evident inside of organizations, where people with different religious as well as secular beliefs meet, leading to potentially conflict situations. Following cultural anthropological and cultural theoretical considerations the article focuses on the life-shaping force and the inherent conflict potential of religious belief systems. In doing so, it calls for an awareness of and a reflective approach towards the issue of religion and its socially-interactive consequences as a necessary dimension for training and consulting in intercultural, more precisely, multi-religious contexts.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Notes

  1. Zum Teil greife ich auf theoretische Analysen zurück, die sich auch an anderer Stelle finden lassen (Krainz 2014a, b), hier jedoch unter einem neuen Blickwinkel diskutiert werden.

  2. Aktuell zeigt sich ein solches religiöses Eifertum in großer Deutlichkeit im Zusammenhang mit dem sogenannten Islamischen Staat (IS), der sich in großen Teilen Syriens und dem Irak gewaltsam ausbreitet und bestrebt ist ein Kalifat zu errichten. Klare und einfache Verhältnissetzungen wie richtig-falsch, stark-schwach, gläubig-ungläubig usw. scheinen vor allem für labile junge Männer eine hohe Anziehungskraft zu haben, weshalb es den IS-Milizen sogar gelingt innerhalb vorwiegend marginalisierter Milieus in Europa Muslime für ihre Sache zu begeistern und zu rekrutieren.

  3. Eine anders geartete Stoßrichtung, die hier nicht unterschlagen werden soll, ist aber auch die beobachtbare Fundamentalisierungsbereitschaft religiöser Gruppen (vorwiegend in der islamischen Welt, aber auch bei christlichen Bewegungen wie den Pfingstkirchen oder den Evangelikalen usw.), die sich mit wortgetreuen Auslegungen ihrer heiligen Schriften und einem Hochhalten offenbarter Überlieferungen gegen die Moderne richten (vgl. Habermas 2008, S. 35). Bei genauer Betrachtung ist dies aber ebenfalls als ein Modernisierungsphänomen zu verstehen, dieses Mal jedoch in keiner progressiven individualisierten, sondern psychologisch gesehen regressiven und politisch gesehen reaktionären Erscheinungsform. Als Gegenprogramme richten sich diese Bemühungen gegen als verkommen geglaubte Lebensweisen und versuchen mit religiöser Ideologie an die archaische Dimension der Vergemeinschaftung, Gruppensynthese und Kollektivierung anzuknüpfen, was sie als heilsversprechender erachten.

Literatur

  • Assmann, J. (2003). Die mosaische Unterscheidung. Oder der Preis der Monotheismus. München: Carl Hanser Verlag.

    Google Scholar 

  • Assmann, J. (2004). Monotheismus und die Sprache der Gewalt. Wien: Picus Verlag.

    Google Scholar 

  • Bateson, G. (1981). Kulturberührung und Schismogenese. In G. Bateson (Hrsg.), Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven (S. 99–113). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Beck, U. (2008). Der eigene Gott. Von der Friedensfähigkeit und dem Gewaltpotential der Religionen. Frankfurt a. M.: Verlag für Weltreligionen.

    Google Scholar 

  • Beck-Gernsheim, E. (2004). Wir und die Anderen. Kopftuch, Zwangsheirat und andere Missverständnisse. Frankfurt: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Berger, P. L., & Luckmann, T. (2007). Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Fischer: Taschenbuch Verlag. (Original 1969).

    Google Scholar 

  • Geertz, C. (1973). Religion as a cultural system. In C. Geertz (Hrsg.), The interpretation of cultures. Selected essays (S. 87–125). New York: Basic Books. (Original 1966).

    Google Scholar 

  • Giesen, B. (1999). Kollektive Identität. Die Intellektuellen und die Nation 2. Frankfurt: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Habermas, J. (2001). Glauben und Wissen. Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2001. Frankfurt: Suhrkamp Sonderdruck.

    Google Scholar 

  • Habermas, J. (2005). Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze. Frankfurt: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Habermas, J. (2008). Die Dialektik der Säkularisierung. Blätter für deutsche und internationale Politik, 4, 33–46.

    Google Scholar 

  • Heinsohn, G. (2008). Söhne und Weltmacht. Terror im Aufstieg und Fall der Nationen. München: Piper Verlag.

    Google Scholar 

  • Herabwürdigung religiöser Lehren, Österreichisches Strafgesetzbuch (StGB § 188).

  • Kant, I. (2001). Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? In W. Weischedel (Hrsg.), Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik 1. Werkausgabe XI (S. 53–61). Frankfurt: Suhrkamp. (Original 1784).

    Google Scholar 

  • König, A. (2004). „Kultur light“? Der anthropologische Kulturbegriff und seine Probleme mit der „Praxis“. In H. Lüsebrink (Hrsg.), Konzepte der Interkulturellen Kommunikation. Theorieansätze und Praxisbezüge in interdisziplinärer Perspektive (S. 15–32). Sankt Ingbert: Röhrig Universitätsverlag.

    Google Scholar 

  • König, O., & Schattenhofer, K. (2006). Einführung in die Gruppendynamik. Heidelberg: Carl-Auer Verlag.

    Google Scholar 

  • Kordon, K., Sanz, A., & Überacker, J. (Hrsg.). (2011). Interkulturelle Kompetenz in Gruppen. Gruppendynamik & Organisationsberatung, 42, Jg. Heft 3/2011.

  • Krainz, U. (2012). Zur Problematik kultureller Integration. Junge muslimische Männer beim Österreichischen Bundesheer und Zivildienst. Marburg: Tectum Verlag.

    Google Scholar 

  • Krainz, U. (2014a). Religion und Demokratie in der Schule. Analysen zu einem grundsätzlichen Spannungsfeld. Wiesbaden: Springer VS.

    Book  Google Scholar 

  • Krainz, U. (2014b). The sacred and the secular. Notes on a Neglected Dimension of a Cultural Difference. Challenging Organisations and Society, Reflective Hybrids, 3(1), 473–487.

    Google Scholar 

  • Krainz, U. (2014c). Islamophobie und Religionskritik: Aufklärung als Sicherheitsrisiko? Zeitpresse. Verein zur Verzögerung der Zeit. Sommer 2014. 38–42.

  • Krainz, E. E, & Lackner, K. (Hrsg.). (2008). „betrifft: Interkulturalität“.Gruppendynamik & Organisationsberatung, 39. Jg. Heft 1/2008.

  • Krainz, U., & Slunecko, T. (2011). Negotiating Cultural Differences in a Total Institution: Muslim Conscripts in the Austrian Armed Forces. In I. Menke & P. C. Langer (Hrsg.). Muslim Service Members in Non-Muslim Countries. Experiences of Difference in the Armed Forces in Austria, Germany and The Netherlands (S. 105-134). Strausberg: FORUM International 29, Bundeswehr Institut of Social Science (SOWI).

  • Krusche, B., & Zillner, S. (2008). Stop Making Sense! Erfolgreiche Teamkooperation in globalen Kontexten. Gruppendynamik & Organisationsberatung, 39(1), 50–63.

    Article  Google Scholar 

  • Lewin, K. (1948). Resolving social conflicts. Selected papers on group dynamics. New York: Harber & Row.

    Google Scholar 

  • Luckmann, T. (1991). Die unsichtbare Religion. Frankfurt: Suhrkamp. (Original 1967).

    Google Scholar 

  • Luhmann, N. (1997). Die Gesellschaft der Gesellschaft. 2 Bde. Frankfurt: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Mitterauer, M. (2004). Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs. München: Beck Verlag.

    Google Scholar 

  • Mühlmann, H. (1996). Die Natur der Kulturen. Entwurf einer kulturgenetischen Theorie. Wien: Springer Verlag.

    Google Scholar 

  • Norris, P., & Inglehart, R. (2004). Sacred and secular. Religion and politics worldwide. Cambridge: Cambridge University Press.

    Book  Google Scholar 

  • Pew Research Center (2014). Religious Hostilities Reach Six-Year High. January 2014. http://www.pewforum.org/files/2014/01/RestrictionsV-full-report.pdf. Zugegriffen: 26. Feb. 2015.

  • Reiss, W. (2014). Auswirkungen der religiösen Pluralität auf staatliche Institutionen und die Anstaltsseelsorge. In R. Polak & W. Reiss (Hrsg.), Religion im Wandel. Transformation religiöser Gemeinschaften in Europa durch Migration: Interdisziplinäre Perspektiven (S. 147–186). Wien: Vienna University Press.

    Google Scholar 

  • Rotering-Steinberg, S. (Hrsg.). (2009). Interkulturelles Training. Gruppendynamik & Organisationsberatung,40(2)

  • Schieder, R. (2014). Die Gewalt des einen Gottes. Die Monotheismusdebatte zwischen Jan Assmann, Micha Brumlik, Rolf Schieder, Peter Sloterdijk und anderen. Berlin: University Press.

    Google Scholar 

  • Schwarz, G. (2000). Was Jesus wirklich sagte. Wie man Tote lebendig macht. Klosterneuburg: Edition Va Bene.

    Google Scholar 

  • Schwarz, G. (2010). Konfliktmanagement. Konflikte erkennen, analysieren, lösen. Wiesbaden: Gabler Verlag.

    Google Scholar 

  • Sloterdijk, P. (2007). Gottes Eifer. Vom Kampf der drei Monotheismen. Frankfurt a. M.: Verlag der Weltreligionen.

    Google Scholar 

  • Sloterdijk, P. (2013). Im Schatten des Sinai. Fußnote über Ursprünge und Wandlungen totaler Mitgliedschaft. Berlin: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Slunecko, T. (2002). Von der Konstruktion zur dynamischen Konstitution. Beobachtungen auf der eigenen Spur. Wien: WUV Universitätsverlag.

    Google Scholar 

  • Slunecko, T. (2012). Zum Geleit. In U. Krainz (Hrsg.), Zur Problematik kultureller Integration. Junge muslimische Männer beim Österreichischen Bundesheer und Zivildienst (S. 9–11). Marburg: Tectum Verlag.

    Google Scholar 

  • Stoeckl, K., & Roy, O. (Hrsg.). (2015). Religious pluralism in a Christian format: Muslim Chaplaincy in European prisons. International Journal for Politics, Society and Culture. 28(1).

  • Straub, J., Weidemann, A., & Weidemann, D. (Hrsg.). (2007). Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz: Grundbegriffe – Theorien – Anwendungsfelder. Stuttgart: J. B. Metzler Verlag.

    Google Scholar 

  • Taylor, C. (2002). Die Formen des Religiösen in der Gegenwart. Frankfurt: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Tietze, N. (2001). Islamische Identitäten. Formen muslimischer Religiosität junger Männer in Deutschland und Frankreich. Hamburg: Hamburger Edition.

    Google Scholar 

  • Thomas, A. (2011). Interkulturelle Handlungskompetenz. Versiert, angemessen und erfolgreich im internationalen Geschäft. Wiesbaden: Gabler Verlag.

    Book  Google Scholar 

  • Weber, M. (2002). Wissenschaft als Beruf. In D. Kaesler (Hrsg.), Max Weber. Schriften 1894–1922 (S. 474–511). Stuttgart: Kröner Verlag. (Original 1919).

    Google Scholar 

  • Weick, K. E. (1995). Sensemaking in Organizations. Thousand Oaks: Sage Publications.

    Google Scholar 

  • Wilken, L. (2013). Interkulturelle Kompetenz. In A. Rompel (Hrsg.), Die Assistenz im Management. Leitfaden für den professionellen Management Support (S. 41–52). Wiesbaden: Springer Gabler.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Ulrich Krainz.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this article

Krainz, U. Religion und Konflikt: (K)ein Thema für Organisationen und ihre Beratung?. Gruppendyn Organisationsberat 46, 105–123 (2015). https://doi.org/10.1007/s11612-015-0279-1

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s11612-015-0279-1

Schlüsselwörter

Keywords

Navigation