Zusammenfassung
Religion als Phänomen der Moderne, und nicht etwa als durch die Moderne überwundenes Phänomen der Vergangenheit, tritt immer stärker in das Bewusstsein der Sozialwissenschaft und der Beratungsszene. Die mitteleuropäische, moderne Welt hat sich über viele Jahrhunderte hinweg aus der Bestimmung durch Religion gelöst und ist nicht zuletzt dadurch zu einer pluralen Welt geworden. Säkularität heißt heute nicht das Gegenteil von Religion, sondern bewusste Ermöglichung von Pluralität. Beratung, zumal wenn sie sich gruppendynamisch orientiert, fördert respektvolle Begegnungsräume. Für die Förderung der religiösen Selbstreflexion bei anderen ist eine gründliche Selbstreflexion hilfreich und notwendig. Wenn Thematisierung von Religion und Religiosität gelingt, sollte dies, so die Hoffnung, zu größerem Respekt in sozialen Beziehungen beitragen.
Abstract
Religion as a phenomenon of today, and not as a phenomenon of the past, appears increasingly in the awareness of social sciences and of the counselling professions. Over the course of several centuries, the Central European, modern world emancipated itself from the dominance of religion. Thus, it evolved into a plural world, eventually. Nowadays, secularity does not bear the opposite meaning of religion, yet a conscious enablement of plurality. Counselling—especially with a group-dynamic oriented approach—encourages respectful space of encounter. A profound self-reflection is helpful and necessary in order to support self-examination of others, even in questions of personal religious background. In case the reflection on religiousness and religion in counselling setting succeeds, this will, hopefully, lead to a greater respect for each other within social relationships.
Notes
Kleinere Teile dieses Artikels sind meiner Masterarbeit mit dem Titel „Gott im Coaching? Zur Annäherung von religiöser Seelsorge und säkularer Beratung“ entnommen (Fiedler 2013).
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Fiedler, A. Aufgeklärter Respekt – Säkularität als Beratungshaltung. Gruppendyn Organisationsberat 46, 125–135 (2015). https://doi.org/10.1007/s11612-015-0277-3
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