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Die Komplementarität von innerweltlicher Askese und artistischer Lebensführung. Zur Kritik zeitdiagnostischer Ästhetisierungsthesen

The complementarity of inner-worldly asceticism and artistic conduct of life. Towards a critique of recent aestheticization thesis

Sur la complémentarité de l’ascétisme dans le monde et de la conduite de vie artiste. Pour une critique des lectures du présent fondées sur la thèse de l’esthétisation

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Berliner Journal für Soziologie Aims and scope Submit manuscript

„Nicht aus freier Entscheidung sind wir heute alle Künstler, sondern weil uns ein universelles Schicksal dazu macht“ (Bauman 2010, S. 92).

Zusammenfassung

Der Beitrag gibt einen Überblick über vier Varianten der gegenwartsdiagnostischen Ästhetisierungsthese (von Luc Boltanski und Ève Chiapello, Ulrich Oevermann, Andreas Reckwitz, Charles Taylor), die große Unterschiede aufweisen, aber erstens in der Vorstellung konvergieren, die protestantische Ethik sei in einer Krise und werde zunehmend verdrängt von einer artistischen Form der Lebensführung, die an genuin ästhetischen Idealen orientiert ist, und zweitens funktionalistische Argumentationen verfolgen, die wenig über die Struktur dessen sagen, das diese Funktion erfüllt. Betrachtet man dagegen die Inhalte dieser artistischen Lebensführung, zeigt sich ihre Verwurzelung in romantischen Ideen. Es handelt sich um eine genaue Verkehrung der innerweltlichen Askese, wobei die Ausgeprägtheit dieses Antagonismus Gemeinsamkeiten auf einer tieferliegenden Ebene vermuten lassen. Das führt zur These, dass die Spezifik der westlich-modernen Kultur nicht nur in den Auswirkungen des calvinistisch inspirierten Puritanismus zu sehen ist, sondern in der komplementären Verschränkung der protestantischen mit der romantischen Ethik, die die ideelle Grundlage auch für zeitgenössische Ästhetisierungsprozesse abgibt.

Abstract

The article provides an overview over four versions of recent theories of aestheticization (by Luc Boltanski and Ève Chiapello, Ulrich Oevermann, Andreas Reckwitz, Charles Taylor). These approaches show plenty of differences, but first, they converge, however, in the notion of a crisis of protestant ethics and its substitution by an artistic conduct of life that is oriented towards aesthetic values. Second, they argue in a functionalistic way and don’t explain the material structure of what fulfils these functions. By looking more closely at the substance of this artistic mode of life, one sees its romantic roots and a precise inversion of inner-worldly asceticism. The distinctness of the inversion suggests the assumption of more basic commonalities. This leads to the thesis that the specificity of western-modern culture lies not only in the effects of Calvinistic puritanism but in the complementary entanglement of protestant and romantic ethics, which is the basis also for recent processes of aestheticization.

Résumé

Cet article offre une vue d’ensemble de quatre variantes de la thèse de l’esthétisation (Luc Boltanski et Ève Chiapello, Ulrich Oevermann, Andreas Reckwitz, Charles Taylor) qui, malgré d’importantes différences, s’accordent à dire, premièrement, que l’éthique protestante est en crise et de plus en plus évincée par une forme de conduite de vie artiste axée sur des idéaux proprement esthétiques et, deuxièmement, développent des argumentations fonctionnalistes qui en disent peu sur la structure de ce qui remplit cette fonction. Par contre, la prise en compte des éléments constitutifs de cette conduite de vie artiste met en évidence son enracinement dans le romantisme. Cette conduite de vie se présente comme l’exact envers de l’ascétisme dans le monde, l’intensité de cet antagonisme laissant supposer l’existence de points communs à un niveau plus profond. Ces réflexions aboutissent à la thèse selon laquelle la spécificité de la culture moderne occidentale ne réside pas uniquement dans les effets du puritanisme d’inspiration calviniste mais dans une intrication des éthiques complémentaires du protestantisme et du romantisme, laquelle constitue également la base idéelle des processus d’esthétisation contemporains.

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Notes

  1. Für Kritik, Kommentare und Korrekturen danke ich herzlich Nadine Frei und Désirée Waibel.

  2. Vgl. zu diesem Vorschlag die Studie von Colin Campbell (1990), auf die ich leider erst nach Fertigstellung des vorliegenden Artikels aufmerksam wurde. Ohne diese Lücke bei der Literaturrecherche entschuldigen zu wollen, spricht die Identität der Begriffswahl doch auch für deren Triftigkeit. Die religionshistorische Relevanz Campbells (2006) ist in einer nachträglich eingefügten Fußnote natürlich nicht einmal anzudeuten, sie ist kaum zu überschätzen. Seine explizite Ausrichtung auf die Erklärung des genuin modernen Konsumverhaltens reproduziert indessen genau die ökonomistische Engführung, die hier vermieden werden soll.

  3. Die Differenzen und Zusammenhänge von „Ethik“ und „Lebensführung“ sind nicht leicht zu bestimmen. Bei Max Weber gibt die protestantische Ethik die geistige Grundlage ab für eine Praxis der Lebensführung, die meist durch den Begriff der innerweltlichen Askese bezeichnet wird. Diese Unterscheidung ist nicht zuletzt deshalb entscheidend, da seine gegenwartsdiagnostische Pointe gerade in der Behauptung besteht, dass die Lebensführung praktisch weiter existiert, auch wenn die Ethik als ideelle Einheit spezifisch religiöser Gewissheiten bedeutungslos geworden ist. Im vorliegenden Beitrag geht es in erster Linie um Formen der Lebensführung, weniger um die Differenz verschiedener Ethiken. Wenn diese dennoch thematisch ist, wird aus unten genauer explizierten Gründen der protestantischen die romantische Ethik gegenübergestellt, der eine artistisch-ästhetische Lebensführung entspricht.

  4. „Schon generell gilt, daß durch Angabe der Funktion nicht erklärt werden kann, daß etwas existiert und durch welche Strukturen es sich selbst ermöglicht.“ (Luhmann 1997, S. 193) Nicht nur diesen Hinweis verdanke ich Marija Stanisavljevic.

  5. „Der Fortbestand des Kapitalismus […] lässt sich demnach nicht verstehen, solange man die Ideologien außer acht lässt. Erst sie legitimieren ihn und geben ihm einen Sinn“ (Boltanski und Chiapello 2003, S. 48).

  6. Vgl. zum Folgenden v. a. Boltanski und Chiapello 2003, S. 449 ff. sowie S. 468.

  7. Kritisiert wird „zum einen die Entzauberung, die fehlende Authentizität, das ‚Elend des Alltags‘, die Entmenschlichung der Welt unter dem Einfluss der Technisierung und der Technokratisierung, zum anderen der Verlust an Autonomie, der Mangel an Kreativität“ (Boltanski und Chiapello 2003, S. 216 f.).

  8. Vgl. beispielsweise Adorno 2003. Die Kritik richtet sich dabei gegen „den Verlust des Singulären, die Zerstörung von Spontaneität und Ungewissheit, das zunehmende Kalküldenken, den Wunsch nach absoluter Kontrolle, die um sich greifende Verkrustung (im Unterschied zum Vitalen), den Waren- und Showcharakter“ (Boltanski und Chiapello 2003, S. 145).

  9. Dass die „substanziellen Inhalte“ der jeweiligen Varianten des kapitalistischen Geistes nicht ihr zentrales Thema sind, sondern die Form (genauer wäre: die Funktion), legen Boltanski und Chiapello (2003, S. 47 f.) selbst auch offen dar.

  10. Ausführlich dargestellt und schlüssig hergleitet wird diese Religionstheorie in Oevermann 1995.

  11. Genauer gesagt hat er die Frage wieder gestellt. Aufgeworfen worden sei sie, wie Dahrendorf gleich zu Beginn anmerkt, schon zwanzig Jahre früher von Hannah Arendt in ihrem Buch „Vita activa oder Vom tätigen Leben“. Vgl. auch Dahrendorf 1983.

  12. Vgl. dazu Peter Schallberger (2007, S. 60 f.), der betont, dass der ästhetische Bewährungsmythos die Leistungsethik nicht „vollständig zu verdrängen“ vermag, und von einer nur „partiellen Substitution“ ausgeht. Obwohl er also eine allgemeine Erosion der Leistungsethik bezweifelt, sieht er doch auch eine „Tendenz, dass die Bewährtheit der eigenen Lebensführung nicht mehr ausschließlich nach Kriterien des […] Erfolgs, sondern vermehrt nach ästhetisch-expressiven Kriterien der Stimmigkeit der eigenen Lebensführung bemessen wird“ (ebd., S. 74).

  13. Vgl. zum engen Zusammenhang von Kunst und Religion auch Nipperdey (1988, S. 23): „Schon im frühen 19. Jahrhundert bekommt Kunst eine quasi religiöse Funktion. Das Kunstwerk wird […] Gegenstand von Weihe, Andacht, Pietät und Verehrung. […] Kunst erlöst, versöhnt und tröstet. Im Umgang mit der Kunst hat der Mensch es mit der Ewigkeit zu tun […]. Kunst ist Ausdruck des Unbedingten, […] des Vollkommenen, Ewigen, Überirdischen. Ja, Kunst selber ist, so der triviale Sprachgebrauch, göttlich“.

  14. „Die Verbindung zwischen beiden Erfahrungsmodi [religiöse und ästhetische Erfüllung bzw. Erlösung und Utopie, R.S.] stellt sich jetzt so dar, dass letztere die säkularisierte Nachfolge der ersteren antritt“ (Oevermann 2003b, S. 471). Vgl. Nipperdey, der die „Sakralisierung der Kunst“ notiert und feststellt, dass sie das „Erbe der Religion“ (1988, S. 23, 28) antrete.

  15. Auch Claude Lévi-Strauss meint, dass „die Kunstwerke, wenn die Religion stirbt, aufhören, einfach nur schön zu sein, und heilig werden“ (zit. nach Zehentreiter 2008, S. 373). Das gilt offenbar nicht nur für die Kunst und die Werke, sondern auch für die Künstler: „Mit dem Niedergang der Religion wurde der Schriftsteller tatsächlich mit den Vorrechten des Priesters ausgestattet“ (Bell 1991, S. 159). Oder: „Die Künstler sind Heilige und Märtyrer, sind […] Prometheus und Prophet“ (Nipperdey 1988, S. 23).

  16. Ohne die Bedeutung der kulturgeschichtlichen Auswirkungen der protestantischen Ethik mindern zu wollen, ist zu berücksichtigen, dass die Romantik mit guten Gründen als „die umfassendste aller Bewegungen“ angesehen werden kann, „die in der jüngsten Vergangenheit Lebensweise und Denken der westlichen Welt umgestaltet haben. Nach meiner Auffassung hat sie die mit Abstand weitreichendsten Veränderungen im westlichen Bewusstsein bewirkt“ (Berlin 2004, S. 24). In genauem Gegensatz dazu behauptet Johannes Weiß, „daß Ideen, Werte und Motive romantischen Charakters keine starke, dauerhafte und produktiv verändernde Wirkung in den zentralen und tragenden gesellschaftlichen Bereichen […] gezeitigt und die fortschreitende Entfaltung des neuzeitlichen ‚Rationalismus‘ nicht entscheidend beeinträchtigt oder auch nur modifiziert haben“ (Weiß 1986, S. 292).

  17. Vorsichtiger, aber ähnlich Boltanski und Chiapello (2003, S. 449): „Fast drängt sich der Eindruck auf, als seien (speziell sexuelle) Emanzipation, Autonomie […], Kreativität, eine freie Selbstverwirklichung, ein authentisches Erleben gegenüber den verlogenen und überkommenen Gesellschaftskonventionen zwar nicht endgültig erreicht, aber als grundlegende Werte der Moderne weitgehend anerkannt worden“. Foucault (2007, S. 210) stellt indessen das genaue Gegenteil fest: „Wir haben in unserer Gesellschaft kaum mehr eine Erinnerung an […] die Idee, wonach das Hauptkunstwerk, für das man Sorge zu tragen hat, die wesentliche Zone, auf die man ästhetische Werte anzuwenden hat, das eigene Leben […] ist“.

  18. Ähnlich argumentiert auch Reckwitz (2012, S. 9), den Imperativ der Kreativität betreffend: man könne heute nicht mehr nicht kreativ sein wollen, das erscheine als „absurder Wunsch“, der die „Grenzen des Verstehbaren sprengt“.

  19. Vgl. zum Selbstverwirklichungsdiskurs auch Illouz (2007, S. 69 ff.).

  20. Vgl. Glauser (2009, S. 48) zur These, „dass in den gegenwärtigen Konstellationen Künstlerexistenzen nicht mehr als Gegenentwurf fungieren würden, sondern vielmehr zum Modell avanciert seien“.

  21. Isaiah Berlin leitet die Romantik in ressentimenttheoretischer Absicht noch direkter aus dem deutschen Pietismus ab (vgl. Berlin 2004, S. 75 ff.) und vertritt die These, „dass die romantische Bewegung auf Seiten der Deutschen aus einem verletzten Nationalgefühl, aus einer fürchterlichen nationalen Demütigung hervorgegangen ist“ (ebd., S. 81), aus einem „Minderwertigkeitskomplex gegenüber den großen fortschrittlichen Staaten Westeuropas, insbesondere gegenüber Frankreich“ (ebd., S. 77).

  22. Magnus Schlette (2013, S. 50, 187) identifiziert m. E. das gleiche Manko: „So gibt uns Taylor keine Handhabe, die Transformation derjenigen Einstellungsmuster zu identifizieren, die zu einer Ausbildung und breitenwirksamen Idealisierung von Lebensentwürfen der Selbstverwirklichung geführt haben. Es stellt sich aber die Frage, warum die kulturgeschichtlich maßgebliche Opposition gegen den Naturalismus ausgerechnet eine expressivistische Gestalt angenommen hat. Was sind die Quellen der Plausibilitätsanmutung expressivistischer Einsprache gegen den Naturalismus?“

  23. „Ein Dispositiv setzt sich […] zusammen: aus von implizitem Wissen geleiteten Praktiken und Alltagstechniken; Formen der diskursiven Wahrheitsproduktion, des Imaginären und der kulturellen Problematisierung; bestimmten Konstellationen von Artefakten […]; schließlich aus Subjektivierungsmustern […]“ (Reckwitz 2012, S. 49).

  24. Anstatt allgemein vom Affektiven zu sprechen, wäre hier vielleicht der Fokus auf einen bestimmten Modus von Affektivität angebracht, auf die Passion: „Leidenschaft – das ist es, was die Künste ausmacht“ (Berlin 2004, S. 91, im Zusammenhang mit der Lehre Hamanns).

  25. Das muss so sein, denn: „Wer an allem zweifeln wollte, der würde auch nicht bis zum Zweifel kommen. Der Zweifel selbst setzt schon Gewissheit voraus“. Und: „Ein Zweifel, der an allem zweifelte, wäre kein Zweifel“ (Wittgenstein 1997, S. 39 und S. 117) – sondern Verzweiflung.

  26. Analog verwendet Reckwitz (2012, S. 25 f.) die zweckrationale Handlung zur Kontrastierung der ästhetischen Praxis.

  27. Vgl. etwa die kurze Erzählung „Tristan“ oder die Geschichte von „Tonio Kröger“. Auch die Künstlerkritik bezieht sich auf diesen Gegensatz: „Auf der einen Seite: der Bourgeois, der Ländereien, Fabriken, Frauen besitzt, […] verdammt zu detaillierter Planung, rationaler Organisation von Raum und Zeit […]. Auf der anderen Seite: der bindungslose Intellektuelle und Künstler, dessen Inbegriff in Gestalt des dandy […] die Nicht-Produktion und die Kultur der Ungewissheit zu den höchsten Idealen stilisierte“ (Boltanski und Chiapello 2003, S. 82).

  28. Vgl. dazu Joachim Fischer (2004, S. 110), der en passant feststellt, dass die bürgerliche Kultur „im Doppel von Aufklärung und Romantik innereuropäisch eine Semantik [erreicht], die (bürgerliche) Gesellschaft immer zugleich auf Vernunft und Begehren, auf ‚Rationalisierung‘ und ‚Poetisierung‘ hin beobachtet und entwirft“.

  29. Vgl. dazu das Vorwort von Dirk Kaesler zur Protestantischen Ethik, wo er wiederholt betont, es gehe Weber um die „Rationalisierung aller Lebensbereiche“, gerade auch von „Religion, Ethik, Kunst, Kultur, Sexualität“ (Kaesler 2004, S. 42, 53), nicht nur der Ökonomie.

  30. Nahezu deckungsgleich ist die Struktur des elften Paragraphen der Religionssoziologie „Religiöse Ethik und ‚Welt‘“ (Weber 1980, S. 348 ff.).

  31. „Die protestantische Ethik und der puritanische Charakter waren Schlüsselwerte, deren Akzent auf Arbeit, Sparsamkeit, Genügsamkeit, sexueller Enthaltsamkeit und Lebensfeindlichkeit liegt“ (Bell 1991, S. 72).

  32. „Der ‚innerweltliche Asket‘ ist ein Rationalist sowohl in dem Sinn rationaler Systematisierung seiner eigenen persönlichen Lebensführung, wie in dem Sinn der Ablehnung alles ethisch Irrationalen, sei es Künstlerischen, sei es persönlich Gefühlsmäßigen, innerhalb der Welt und ihrer Ordnungen“ (Weber 1980, S. 329 f.). Vgl. Bell (1991, S. 101): „‚Oberstes Gebot‘ des Puritaners bestand darin, spontanes, impulsives Verhalten zu zügeln und Ordnung in die Lebensführung zu bringen.“

  33. Vgl. zur Problematik der konstitutiven Außergewöhnlichkeit des Künstlers im Zusammenhang mit Exklusion und Inklusion Reckwitz (2012, S. 62 f.).

  34. Webers Vierfeldertabelle erfasst allerdings nur Erlösungsreligionen, denen es um die Erlösung von der Welt geht. Das trifft nicht auf alle zu: „Nicht jede rationale religiöse Ethik ist überhaupt Erlösungsethik“ (Weber 1980, S. 319). Zu beachten wäre darum, dass beim ethischen Strukturwandel der modernen Gesellschaft nicht nur ein Wandel innerhalb der verschiedenen Varianten der Erlösungsreligionen infrage käme, sondern auch eine grundsätzliche Abkehr von der Idee der Erlösung. Diese Vorstellung passt nicht zur religionstheoretischen Konzeption von Oevermann, wo „Erlösung“ das religiöse Wort für „Bewährung“ ist und ein Verzicht auf Bewährung prinzipiell unmöglich und deshalb theoretisch auch nicht vorgesehen ist. Vgl. dazu die Kritik von Monika Wohlrab-Sahr (2003), die genau dies bestreitet.

  35. So sieht auch Berlin (2004, S. 245) die romantische Bewegung letztlich als „Versuch, der Wirklichkeit ein ästhetisches Modell überzustülpen, so dass alles den Regeln der Kunst zu gehorchen hat.“

  36. Vgl. Berlin (2004, S. 90), der Johann Georg Hamann zitiert: „Denn was ist die hochgelobte Vernunft mit all ihrer Allgemeinheit […]? Ein Ens rationis, ein Ölgötze, dem ein schreyender Aberglaube der Unvernunft göttliche Attribute andichtet.“

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Schäfer, R. Die Komplementarität von innerweltlicher Askese und artistischer Lebensführung. Zur Kritik zeitdiagnostischer Ästhetisierungsthesen. Berlin J Soziol 25, 187–213 (2015). https://doi.org/10.1007/s11609-015-0280-0

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