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Die Rezeption (Thyssen-)preisgekrönter Artikel in der „Scientific Community“

The impact of (Thyssen)-awarded articles in the Scientific Community

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KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Wir untersuchen in unserer Studie, ob Artikel, die mit dem Thyssen-Preis prämiert wurden, in höherem Maße rezipiert werden als nicht-ausgezeichnete Artikel. Dazu wurden die Ergebnisse für die prämierten Artikel mit einer Kontrollstichprobe der nicht ausgezeichneten Arbeiten verglichen. Prämierte Artikel „ernten“ signifikant mehr Zitationen als Artikel in der Kontrollstichprobe. Bemerkenswert ist, dass das Muster der Zitationsrangfolge exakt der Rangfolge der Preise entspricht. Der erste Preis erhält die meisten, der zweite Preis die zweitmeisten und der dritte Preis die drittmeisten Zitationen, während nicht prämierte Artikel an vierter Stelle der Rangfolge stehen. Der Unterschied zeigt sich auch, wenn nur Zitationen im Jahr der Veröffentlichung eines Artikels und im Folgejahr betrachtet werden. In diesem Zeitraum kann der Preis „an sich“ noch keine Wirkung auf die Rezeption in der „scientific community“ entfaltet haben. Die Ergebnisse liefern keinen Beleg für die sozialkonstruktivistische These, dass die Rezeption im Sinne einer „sich selbst erfüllenden Prognose“ erst durch die Preisverleihung erzeugt wird. Vielmehr gelingt es der Jury Arbeiten auszuwählen, die dann tatsächlich in den Folgejahren in der Fachöffentlichkeit Aufmerksamkeit hervorrufen.

Abstract

We investigate whether journal articles winning a prestigious award of the Thyssen foundation have a higher impact in the scientific literature than a control group of non-awarded articles. In average, awarded articles harvest significantly more citations than articles in the control group. Most remarkably, the average citation rank exactly matches the rank order of awards. The top award earns most citations while the second award, the third award and the non-awarded articles exhibit citation counts in declining order. The correlation of award rank and impact does not vanish if we restrict citation counts to the year of publication and the year thereafter. In this time span the distinction of excellence is very unlikely having a genuine effect on the impact measure. Thus, we do not find support for the social constructivist hypothesis that the correlation of the jury decision and the article impact is explainable by a label of distinctiveness. On the contrary, the empirical data confirm that the jury is successful in the selection of articles which in average have a larger impact in the scientific community than non-awarded publications.

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Abb. 1
Abb. 2

Notes

  1. Das bekannte Zitat („If men define situations as real, they are real in their consequences“, S. 572) wird eher beiläufig in der Studie von William und Dorothy Thomas über „The Child in America“ erwähnt. In ihrem auch heute noch lesenswerten Kapitel über „The Methodology of Behavior Study“, in dem sich das berühmte Zitat findet, wird u. a. dafür plädiert, die Einflüsse verschiedener Situationsmerkmale auf das Verhalten mit statistischen Methoden zu untersuchen und dabei einzelne Merkmale schrittweise genauer zu kontrollieren. Bekannt wurde das Zitat durch andere Arbeiten, insbesondere durch diverse Artikel von Robert K. Merton. Siehe zur Geschichte des Thomas-Theorems Merton (1995).

  2. Für jeden einzelnen Artikel werden bei diesem Verfahren die Zitationen im SSCI ermittelt. In der von Jansen (2010) eingerichteten Datenbank (unsere Erhebung hat im Frühjahr 2010 begonnen und wir haben von der Datenbank leider erst nach Abschluss unserer Arbeiten erfahren) wird nur den in „ISI-Zeitschriften“ publizierten Artikeln ein Zitationswert zugeschrieben. Mit dieser Teilmenge würde man aber systematisch verzerrte Werte erhalten. Alber und Fliegner (2010) haben ebenfalls den prämierten Aufsätzen SSCI-Zitationen manuell zugewiesen. Sie haben aber keine Kontrollgruppe gebildet und auch nicht nach Art des Preises unterschieden. Siehe auch weiter unten zur Methode der Untersuchung.

  3. Auch Mitglieder der Jury können direkt Artikelvorschläge einbringen. Die Jury besteht derzeit aus acht Mitgliedern, die kooptiert wurden. Für Auskünfte bedanken wir uns bei Heiner Meulemann. Zur Zusammensetzung der Jury siehe auch die Web-Seite zum Thyssen-Preis: http://www.fis.uni-koeln.de/3121.html.

  4. Auf „Knopfdruck“ kann man dagegen leicht ermitteln, wie häufig ISI-Artikel von ISI-Artikeln zitiert werden. In der Soziologie, in der das Medium Buch eine große Rolle spielt, führt dieses „Quick-and-dirty“-Verfahren dagegen zu einer systematischen Verzerrung.

  5. Genau genommen gab es noch einen dritten Durchgang, bei dem, der Anregung eines Gutachtens folgend, zwischen Selbst- und Fremdzitaten unterschieden wurde. Dabei konnte gleichzeitig der Zitationszeitraum (ursprünglich bis Frühjahr 2010) bis Ende 2011 aktualisiert werden.

  6. Wir hatten ursprünglich Selbstzitate nicht ausgeschlossen. Wir bedanken uns für den Hinweis auf mögliche systematische Verzerrungen durch Selbstzitate und die Anregung zur graphischen Untersuchung der Verlaufskurven bei der anonymen Gutachterin und dem Gutachter.

  7. Das Ziel des Thyssenpreises ist ja auch weder in der Begünstigung des „Zitationsschicksals“ der ausgezeichneten Artikel noch im Setzen neuer Maßstäbe für wissenschaftliche Qualität, sondern in der Würdigung herausragender wissenschaftlicher Leistungen zu sehen. „Soziale Tatsachen schaffende Wirkungen“ des Thyssenpreises im Sinne des Sozialkonstruktivismus müssten eher im Bereich akademischer Berufungsverfahren gesucht werden.

  8. Siehe zu diesem Thema das Sonderheft der Zeitschrift für Nationalökonomie und Statistik über Artefakte (Diekmann 2011). Ein Gutachten hat kritisiert, dass die hier berichtete Forschung „affirmativ“ sei und besser Artikel veröffentlicht werden sollten, die Fehlentwicklungen im Wissenschaftssystem benennen. Abgesehen davon, dass der Erstautor dieses Artikels an verschiedenen Stellen systematische und institutionelle oder durch methodische Regeln hervorgerufene Fehlentwicklungen aufgezeigt hat (zuletzt Diekmann 2011), wäre die Konsequenz dieser Empfehlung in höchstem Maße fragwürdig. Angenommen in der Evaluationsforschung würden nur „nicht-affirmative“ Ergebnisse publiziert, z. B. in der Wissenschafts-, Bildungs- und Entwicklungsforschung nur Ergebnisse über Fehlentwicklungen. Manuskripte mit anderen Ergebnissen würden von „nicht-affirmativen Gutachtern“ zur Ablehnung der Publikation empfohlen. Die Folge wäre ein systematischer Bias in der veröffentlichten Forschung.

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Danksagung

Für wertvolle Anregungen bedanken wir uns bei den anonymen Gutachterinnen und Gutachtern und den Mitgliedern der Redaktion. Die Daten stehen zur Nachprüfung und für Sekundäranalysen zur Verfügung. Der Datensatz und die Liste der Artikel in den Stichproben (Online-Anhang) sind unter der folgenden Webadresse zu finden: http://www.socio.ethz.ch/research/datafiles.

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Diekmann, A., Näf, M. & Schubiger, M. Die Rezeption (Thyssen-)preisgekrönter Artikel in der „Scientific Community“. Köln Z Soziol 64, 563–581 (2012). https://doi.org/10.1007/s11577-012-0175-4

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