Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags ...

  • sind Sie in der Lage, die pulmonale Hypertonie (PH) zu klassifizieren.

  • können Sie alle relevanten diagnostischen Untersuchungen veranlassen.

  • wissen Sie, welche leitliniengerechten Therapien zur Verfügung stehen.

  • wissen Sie, wie ein Expertenzentrum definiert ist.

Hintergrund

Die pulmonale Hypertonie (PH) hat in den vergangenen Jahren eine zunehmende klinische Bedeutung erlangt, nachdem wirksame Medikamente zur Behandlung der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) und der chronisch thromboembolischen Hypertonie (CTEPH) zugelassen wurden, die Prognose sich deutlich verbessert und die nichtinvasive Diagnostik erhebliche Fortschritte gemacht hat.

Maßgeblich für die Definition der Erkrankung, die Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie sowie für den Einsatz supportiver Maßnahmen sind die ERS/ESC-Leitlinien , die im August 2015 publiziert wurden [1]. Sie wurden im Juni 2016 in einer Konsensuskonferenz unter Beteiligung von Deutschland, Österreich und der Schweiz diskutiert und ausführlich kommentiert [2]. Die ERS/ESC-Leitlinie gibt für die meisten Empfehlungen eine Graduierung der Empfehlungs- und Evidenzgrade (Grad I, IIa, IIb, III bzw. A, B und C) an. Grad I steht für den höchsten und Grad III für den geringsten Empfehlungsgrad sowie A für den höchsten und C für den geringsten Evidenzgrad.

Definitionen der PH

Die PH wird in 5 Gruppen eingeteilt (Tab. 1).

Tab. 1 Klassifikation der pulmonalen Hypertonie (PH) in Gruppe 1–5

Ganz allgemein wird eine PH durch einen pulmonal arteriellen Mitteldruck von 25 mm Hg oder mehr definiert, wobei der Druck mittels Rechtsherzkatheter zu messen ist. Neu gegenüber früheren Leitlinien ist, dass die Nulllinie für die Druckmessung auf der Höhe des linken Vorhofs und nicht wie bisher auf der Höhe des rechten Vorhofs festzulegen ist. Dies wird erreicht, indem die Nulllinie beim flachliegenden Patienten auf das mittlere Niveau zwischen der Unterlage und der Thoraxoberfläche in Höhe der Insertion der 4. Rippe am Sternum gelegt wird. Wenn der Patient eine andere Position einnimmt, muss der Nullpunkt entsprechend korrigiert werden. Dafür wird eine modifizierte Methode nach Winsor & Burch empfohlen, wie sie kürzlich vorgeschlagen wurde [3]. Dabei wird das Niveau des Mittelpunkts zwischen der linksthorakalen und rechtsthorakalen Markierung für den oben beschriebenen Nullpunkt verwendet.

Für die pulmonal arterielle Hypertonie (Gruppe 1, PAH) wurde eine zusätzliche hämodynamische Definition eingeführt. Hier beträgt der pulmonal arterielle „Wedge“-Druck (PAWP) höchstens 15 mmHg und der pulmonal vaskuläre Widerstand (PVR) mehr als 3 Wood-Einheiten . Das entspricht nach früheren Einheiten 240 dyn s cm–5. Der PVR in Wood-Einheiten errechnet sich ganz einfach aus

$$\text{PVR}=\left (\text{PAP}-\text{PAWP}\right )/\text{CO}$$

Dabei wird für PAP der pulmonal arterielle Mitteldruck, für PAWP der pulmonal arterielle Wedge-Druck in mmHg und für CO das Herzzeitvolumen in l/min eingesetzt. Für die PAH-Definition wird zusätzlich gefordert, dass weder eine Herz- noch eine Lungenkrankheit noch Thromboembolien oder Erkrankungen aus Gruppe 5 die Ursache der PH sind.

Bei der Gruppe 2, der PH infolge von Linksherzerkrankungen, liegt häufig ein PAWP >15 mmHg vor. Dieses Kriterium kann aber fehlen, insbesondere wenn die Patienten unter diuretischer Therapie stehen. Früher wurde anhand des transpulmonalen Druckgradienten unterschieden, ob eine bedeutsame pulmonal vaskuläre Komponente vorhanden ist oder nicht, und im positiven Fall der Begriff „out of proportion PH“ verwendet. Diese Terminologie wird nicht mehr empfohlen und stattdessen der Begriff der „kombinierten prä- und postkapillären pulmonalen Hypertonie“ (CPC-PH) verwendet. Diese Patienten haben einen PVR von mehr als 3 Wood-Einheiten und einen diastolischen Druckgradienten („diastolic pressure gradient“, DPG ) zwischen der Pulmonalarterie und dem PAWP von mehr als 7 mm Hg. Wenn der DPG weniger als 7 mmHg und/oder der PVR weniger als 3 Wood-Einheiten beträgt, spricht man nun von einer isolierten postkapillären PH (IPC-PH).

PH-Klassifikation

Gruppe 1

Innerhalb der Gruppe 1 (PAH), gibt es die …

  • idiopathische PAH (IPAH),

  • die erbliche PAH (HPAH),

  • die medikamenten- und toxininduzierte PAH und

  • die sog. assoziierte PAH (APAH).

Zu den APAH gehören Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen), HIV-Infektionen, die portale Hypertension, die Schistosomiasis und kongenitale Herzerkrankungen. Für die kongenitalen Herzerkrankungen wurde eine neue Einteilung in 4 Gruppen festgelegt:

  • Eisenmenger-Syndrom

  • PAH assoziiert mit systemisch-pulmonalen Shuntvitien

  • PAH mit kleinen, unbedeutenden Defekten

  • PAH nach Defektkorrektur

Mit Gruppe 1’ wird die pulmonale venookklusive Erkrankung („pulmonary veno-occlusive disease“, PVOD) herausgehoben. Diese wird mit der kapillären Hämangiomatose (PCH) zusammen genannt, weil zumindest im Erwachsenenalter die PVOD und die PCH zwei Varianten der gleichen Krankheit sind. Die PVOD wird nach der neuen Klassifikation differenziert in eine idiopathische und eine erbliche Form sowie eine medikamenten-/toxin- und bestrahlungsinduzierte Form sowie in assoziierte Formen mit Kollagenose und humane Immundefizienzvirus-(HIV-)Infektion. Mit der Gruppe 1’’ wird die persistierende PH der Neugeborenen von den sonstigen PAH abgehoben.

Gruppe 2

In Gruppe 2 ist die PH aufgrund von Linksherzerkrankungen eingeordnet. Dazu zählen die linksventrikuläre systolische und diastolische Dysfunktion sowie die Herzklappenerkrankung. Zusätzlich finden sich hier angeborene und erworbene Linksherz-Einfluss-/Ausflusstraktobstruktionen, kongenitale Kardiomyopathien sowie pulmonalvenöse Stenosen.

Gruppe 3

In der Gruppe 3 – bei einer PH aufgrund von Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie – finden sich obstruktive, restriktive und gemischte Ventilationsstörungen , die chronische alveoläre Hypoxie und pulmonale Entwicklungsstörungen.

Gruppe 4

In der Gruppe 4, den chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonien (CTEPH), sind neben den meist rezidivierenden venösen Thromboembolien auch andere pulmonal arterielle Obstruktionen, wie Angiosarkom, andere intravaskuläre Tumoren, Arteriitis, kongenitale pulmonal arterielle Stenose und Parasiten eingeordnet.

Gruppe 5

In der Gruppe 5 werden verschiedene weitere Erkrankungen zusammengefasst, die zu einer PH führen können. Dazu zählen hämatologische Erkrankungen mit chronisch hämolytischer Anämie, myeloproliferative Erkrankungen, Splenektomie und Systemerkrankungen wie die Sarkoidose, die pulmonale Histiozytose und die Lymphangioleiomyomatose. Auch metabolische Erkrankungen wie Glykogenspeicherkrankheit, Morbus Gaucher und Schilddrüsenerkrankungen sind hier aufgeführt. Schließlich finden sich in Gruppe 5 auch die pulmonale tumoröse thrombotische Mikroangiopathie, die fibrosierende Mediastinitis, das chronische Nierenversagen und die segmentale pulmonale Hypertonie.

Epidemiologie der PH

Die Datenlage zur Epidemiologie ist nach wie vor unbefriedigend. In den USA wird eine altersstandardisierte PH-Sterblichkeit von 4,5–12,3/100.000 Einwohner angenommen. Die Mindestprävalenz der PAH beträgt dort 15 Fälle/Mio. erwachsener Einwohner. Die PAH-Prävalenz in Europa liegt bei schätzungsweise 15–60/Mio. Einwohnern. Etwa die Hälfte der PAH-Patienten dürfte an einer IPAH leiden. Die PAH-Prävalenz in Deutschland im Jahre 2014 betrug nach Daten aus dem COMPERA-Register 38/Mio. Einwohner [4]. Die non-PAH-PH ist weitaus häufiger. Beispielsweise dürften knapp 60–70 % der Patienten mit schwerer Linksherzinsuffizienz oder Aortenstenose an einer PH leiden. Unter den Patienten mit Lungenkrankheiten ist eine leicht- bis mittelgradige PH zwar häufig, eine schwere PH jedoch selten. Bei COPD entwickelt z. B. nur 1 % der Patienten eine schwere, pulmonal bedingte PH mit einem Mitteldruck >40 mmHg. Angesichts der hohen COPD-Prävalenz ergibt sich daraus dennoch eine hohe Zahl von Patienten mit schwerer PH. Patienten mit einer kombinierten pulmonalen Fibrose und Emphysem (CPFE) entwickeln deutlich häufiger eine schwere PH und versterben nicht selten daran. Die CTEPH-Prävalenz beträgt etwa 5 Fälle/Mio. Einwohner und ähnelt in vielen Registern der IPAH-Prävalenz.

Diagnostik der PH

Wichtigster diagnostischer Schritt ist die Echokardiographie . Sie sollte in jedem einzelnen Fall durchgeführt werden, wenn eine PH vermutet wird. Wichtige Zeichen in der Echokardiographie sind …

  • die maximale trikuspidale Regurgitationsgeschwindigkeit (TRV),

  • die Vergrößerung des rechten Ventrikels,

  • die Verkürzung der rechtsventrikulären Akzelerationszeit,

  • die Abflachung des interventrikulären Septums (D-Zeichen),

  • ein pulmonal arterieller Durchmesser von mehr als 25 mmHg,

  • eine Dilatation der Vena cava inferior (>21 mm) mit verkleinertem inspiratorischem Kollaps (Sniff-Test, <50 % oder <20 %) bei ruhiger Atmung und

  • eine Vergrößerung der rechtsatrialen Fläche (>18 cm2).

Die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer PH beruht aber größtenteils auf der TRV. Bei einer maximalen TRV von 2,8 m/s oder weniger (oder nicht messbar) in Abwesenheit von weiteren Zeichen der PH wird die Wahrscheinlichkeit einer PH als niedrig eingestuft. Wenn zusätzliche echokardiographische Zeichen der PH vorliegen oder die maximale TRV zwischen 2,9 und 3,4 m/s liegt, wird die Wahrscheinlichkeit einer PH als „intermediate“ betrachtet. Bei einer maximalen TRV von mehr als >3,4 m/s oder im Bereich von 2,9–3,4 m/s mit zusätzlichen Zeichen einer PH ist die Wahrscheinlichkeit für eine PH hoch.

Weitere Suchtests für eine PH sind:

  • Elektrokardiogramm (Rechtstyp)

  • Thoraxröntgenaufnahme (dilatiertes Pulmonalsegment, vergrößerter rechter Ventrikel in der seitlichen Aufnahme)

  • Kohlenmonoxiddiffusionskapazität (DLCO)

  • Ventilationsperfusionsszintigraphie

  • Hochauflösende Computertomographie (CT) des Thorax und entsprechende Pulmonalisangiographie

  • Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens

  • Bluttests (erhöhtes nt-pro BNP oder BNP)

  • Immunologie (antinukleäre Antikörper und verschiedene extrahierbare Kernantikörper)

Die Rechtsherzkatheteruntersuchung ist nach wie vor die entscheidende diagnostische Methode zum Nachweis oder Ausschluss einer PH. Diese Untersuchung hat in geübten Händen eine sehr niedrige Morbidität und Mortalität. Beim Einschwemmen des Ballonkatheters ist darauf zu achten, dass wiederholte Entleerungen und Füllungen des Ballons unterbleiben, damit keine Ruptur der Pulmonalarterien riskiert wird. Wenn der Katheter in seiner endgültigen Position liegt, muss darauf geachtet werden, dass sich der Ballon ohne Widerstand füllen lässt und dass die Position des Katheters nicht verrutscht. Der PAWP liefert einen Schätzwert für den linksatrialen Druck. Der pulmonal kapilläre Druck (PC) kann mit dieser Technik nicht bestimmt werden. Daher sollen für den PAWP Begriffe wie „PCWP“ oder „PC“ nicht verwendet werden. Es soll eine vollständige Oxymetrie durchgeführt werden und das Herzzeitvolumen nach dem direkten Fick-Prinzip oder mittels Thermodilution gemessen werden, wobei das indirekte Fick-Prinzip leider unzuverlässig ist. Bei der Erstuntersuchung von Patienten mit IPAH, HPAH oder medikamenteninduzierter PAH wird eine pharmakologische Testung empfohlen. Diese sollte aber Expertenzentren vorbehalten bleiben.

Als „Responder“ gilt ein Patient, dessen PAP unter einem rasch wirksamen Vasodilatator, wie z. B. inhaliertem Stickstoffmonoxid (NO), Adenosin i.v. oder Prostacyclin, um mindestens 10 mmHg auf weniger als 40 mmHg abfällt, ohne dass das Herzzeitvolumen sinkt. Bei Patienten mit einer systolischen oder diastolischen Linksherzdysfunktion können PAWP-Werte unter 15 mmHg vorliegen. Eine akute Volumenbelastung oder eine körperliche Belastung können zwar solche latenten Linksherzerkrankungen demaskieren, aber leider sind die entsprechenden Tests nicht ausreichend standardisiert und werden daher nicht für die klinische Routine empfohlen.

Schweregrad der PH

Zur Beurteilung des Schweregrads und des Mortalitätsrisikos wird empfohlen, folgende klinische Zeichen des Rechtsherzversagens zu beachten:

  • Progression der Symptome

  • Auftreten von Synkopen

  • funktionelle WHO-Klasse

  • 6-Minuten-Gehstrecke bzw. Ergebnis der Spiroergometrie

  • NT-pro-BNP („N-terminal pro-brain natriuretic peptide“)

  • Rechtsatriale Fläche im MRT oder Echokardiogramm

  • Hämodynamik mit den Parametern rechtsatrialer Druck, „cardiac index“ und gemischtvenöse Sauerstoffsättigung

Die Patienten sollen alle 3–6 Monate untersucht werden. Das Minimalprogramm besteht aus Anamnese und Befund, EKG, 6‑Minuten-Gehtest und einem Basislabor. Alle 12 Monate sollen zusätzlich eine Spiroergometrie, eine Echokardiographie, ein vollständiges Labor, die Blutgasanalyse und ggf. ein Rechtsherzkatheter durchgeführt werden. Immer dann, wenn eine wichtige Therapieentscheidung ansteht (Änderung der PAH-Medikation, Listung zur Lungentransplantation etc.) soll eine Rechtsherzkatheteruntersuchung durchgeführt werden.

Die Behandlung der PAH war und ist komplex. Daher wird empfohlen, dass Patienten mit Verdacht auf PAH einem Expertenzentrum zugewiesen werden, wo eine Vervollständigung der Diagnostik und die Einstellung der Therapie stattfinden kann.

Therapie der PAH

Im Folgenden werden die wichtigsten Therapieoptionen der PAH zusammengefasst. Beschrieben werden allgemeine Maßnahmen, supportive und gezielte PAH-Therapien, Kombinationstherapien, die atriale Ballonatrioseptostomie, die Lungentransplantation sowie die gezielte Diagnostik und Therapie der CTEPH.

Allgemeine Maßnahmen

Kontrazeption

Von einer Schwangerschaft ist Frauen mit PAH eindeutig abzuraten. Bei Frauen in gebärfähigem Alter wird eine zuverlässige Kontrazeption empfohlen, oftmals auch eine zweifache Verhütung. Die PAH-Patientinnen, die trotzdem schwanger werden, sollten über das hohe Risiko des Austragens der Schwangerschaft für Mutter und Kind informiert werden. Auch die Beendigung der Schwangerschaft sollte in Betracht gezogen werden. Patientinnen, die ihre Schwangerschaft fortsetzen wollen, müssen unbedingt engmaschig kontrolliert werden. Hier spielt die effektive und enge Zusammenarbeit zwischen Geburtshelfer und PAH-Team eine wichtige Rolle. Das PAH-Medikament Bosentan kann die Wirksamkeit von oralen Kontrazeptiva reduzieren.

Impfungen

Es wird empfohlen, PAH-Patienten einmalig gegen Pneumokokken polyvalent und jährlich gegen Influenza zu impfen.

Psychosozialer Support

Es ist wichtig, dass PAH-Patienten eine familiäre und soziale Stütze haben und ein Angebot für eine psychologische Unterstützung erhalten. Selbsthilfegruppen spielen eine wichtige Rolle und Patienten sollten an solche Gruppen angebunden werden. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz gibt es Selbsthilfegruppen, die regelmäßige Treffen und Programme veranstalten.

Angepasstes Training

Für PH-Patienten wird ein Training empfohlen, welches individuell der Leistungsfähigkeit angepasst ist. Überanstrengungen sollen strikt vermieden werden, da sie zur Rechtsherzdekompensation beitragen können. Die Evidenz für günstige Effekte eines individuell angepassten Trainings ist schon recht gut, allerdings fehlen noch größere multizentrische Studien. Derzeit wird eine multizentrische europäische Studie mit Unterstützung durch die ERS durchgeführt. Als pragmatisches Vorgehen kann PH-Patienten empfohlen werden, ihr Training in einer Intensität durchzuführen, die für mindestens 30 min durchgehalten wird, ohne dass schwere Beschwerden auftreten.

Flugreisen

Im Flugzeug entspricht der Kabinendruck einer Höhe von ca. 2000 m über dem Meeresspiegel. Daher sinkt während einer Flugreise der alveoläre und arterielle Sauerstoffpartialdruck (pO2) ab. Wer bereits auf Seehöhe hypoxämisch ist und wer nicht durch Hyperventilation kompensieren kann, ist besonders gefährdet, auf der Reise im Flugzeug eine Komplikation zu erleiden. Entsprechend wird eine Sauerstoffsubstitution oder der Verzicht auf die Flugreise empfohlen.

Supportive Therapien

Diuretische Therapie

Patienten mit Zeichen einer Rechtsherzdekompensation (Beinödembildung, Aszites, gestaute Halsvenen) und Flüssigkeitsretention sollen diuretisch behandelt werden. Obwohl es keine randomisierten klinischen Studien über die Verwendung von Diuretika bei PAH gibt, zeigt die klinische Erfahrung, dass eine Entwässerung meistens zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome führt. Für die Langzeitbehandlung bestehen besonders gute Erfahrungen mit Aldosteronantagonisten .

Langzeitsauerstofftherapie

Obwohl keine belastbaren Daten dazu vorliegen, wird die Einleitung einer Langzeitsauerstofftherapie bei einem pO2 < 60 mm Hg empfohlen.

Orale Antikoagulation

Für CTEPH-Patienten besteht eine klare Empfehlung für eine lebenslange Antikoagulation. Für IPAH, HPAH und PAH durch Appetitzügler kann ebenfalls eine lebenslange Antikoagulation zur Vermeidung von mikrovaskulären Thrombosen in Betracht gezogen werden. Der Empfehlungsgrad dafür wurde aktuell allerdings auf IIb herabgesetzt, was nur noch einer bedingten Empfehlung entspricht. Letztlich ist eine individuelle Entscheidung zu treffen. Für alle anderen PH-Patienten, also auch für die APAH bei Sklerodermie, wird keine Antikoagulation empfohlen.

Anämie und Eisenmangel

Eisenmangel ist bei PAH häufig und mit einer ungünstigen Prognose assoziiert. Es wird empfohlen, einen Eisenmangel zu vermeiden und ihn ggf. zu substituieren. Allerdings gibt es bisher keine gute Evidenz dafür.

ACE-Hemmer, AT-1-Antagonisten und ß‑Blocker

Bei fehlenden Komorbiditäten, wie z. B. arterieller Hypertonie, koronarer Herzkrankheit (KHK) oder Linksherzinsuffizienz, werden ACE-Hemmer, AT-1-Antagonisten und ß‑Blocker ausdrücklich nicht empfohlen (Empfehlungsgrad III). Digitalispräparate werden uneinheitlich beurteilt.

Diagnostik und Therapie der CTEPH

Die meisten, aber nicht alle CTEPH-Patienten haben in der Anamnese eine venöse Thromboembolie. Die Symptomatik gleicht ansonsten der IPAH. Ein hochtitriges Lupus antikoagulans gilt als spezieller Risikofaktor für CTEPH. Die wichtigste differentialdiagnostische Maßnahme zur Abgrenzung von der IPAH ist die Perfusionsszintigraphie, die in aller Regel multiple segmentale oder subsegmentale Ausfälle zeigt. In der CT-Angiographie findet sich die sog. Mosaikperfusion , die einer Überperfusion der nichtokkludierten Lungenareale entspricht. Bei subtiler Betrachtung finden sich Wandverdickungen, spinnwebartige Auflagerungen auf der Intima der Gefäße (sog. „Webs“) und Stenosen sowie Gefäßabbrüche in den Pulmonalarterien.

Die CTEPH stellt eine klare Indikation für eine lebenslange Antikoagulation dar. Spezifische Therapie der Wahl ist die Pulmonalisendarterektomie (PEA). Diese wird an wenigen nationalen Zentren mit ausgezeichnetem Erfolg und niedriger Komplikationsrate durchgeführt. Über die Operabilität entscheidet ein multidisziplinäres Team mit großer Erfahrung. Inoperable Patienten stellen eine Indikation für Riociguat dar. In wenigen Expertenzentren wird auch eine Ballonangioplastie angeboten. Bisher liegen dazu aber noch nicht viele Langzeiterfahrungen vor.

Gezielte PAH-Therapie

Die Empfehlungen für die gezielte PAH-Therapie orientieren sich stark an der WHO-Funktionsklasse . WHO-Klasse I beschreibt Patienten mit Beschwerden bei schwerer, Klasse II bei stärkerer, Klasse III bei leichter Belastung und Klasse IV mit Beschwerden bei leichtester Belastung oder bereits in Ruhe. Tatsächlich werden auch heutzutage mit Abstand die meisten PAH-Patienten in WHO-Klasse III diagnostiziert. Zusätzlich muss vor Einleitung der gezielten Therapie geklärt werden, ob die pharmakologische Testung den Patienten als Responder oder Non-Responder klassifiziert. Für Responder stehen Kalziumantagonisten und für Non-Responder 4 verschiedene Medikamentenklassen zur Verfügung.

Kalziumantagonisten für Responder

Für die Responder sind hochdosierte Kalziumantagonisten die Therapie der Wahl. Nach einer positiven pharmakologischen Testung wird einschleichend ein oraler Kalziumantagonist eingeleitet. Während früher meist Nifedipin und Diltiazem eingesetzt wurden, wird aktuell überwiegend Amlodipin verwendet. Nach etwa 4 Wochen wird meist die finale Dosis von 2‑mal 10 mg Amlodipin erreicht. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Beinödeme und langfristig Zahnfleischschwellungen. Wenn unter der Auftitrierung Dyspnoe, Hypoxämie oder Hypotonie auftreten, könnte eine vasoreaktive PVOD vorliegen. In diesem Fall ist es ratsam, den Kalziumantagonisten wieder auszuschleichen oder mit einer niedrigen Dosis weiterzuführen und rasch weitere Diagnostik zu veranlassen.

Endothelinrezeptorantagonisten für Non-Responder

Derzeit sind für Non-Responder 3 Endothelinrezeptorantagonisten zur Therapie der PAH zugelassen: Ambrisentan, Bosentan und Macitentan. Ambrisentan ist ein selektiver Blocker des Endothelin-A-(ET-A-)Rezeptors, während Bosentan und Macitentan gleichermaßen den ET-A- und ET-B-Rezeptor blockieren. Bosentan zeichnet sich durch umfangreiche Medikamenteninteraktionen aus und blockiert bestimmte Gallesäuretransporter, was seine potentielle Hepatotoxizität erklärt. Es ist aber die einzige Substanz, die speziell für die kindliche PAH zugelassen ist und für Rattenbissnekrosen bei Sklerodermie. Ambrisentan und Macitentan werden einmal täglich eingenommen und sind recht gut verträglich. Besonders zu Beginn einer Ambrisentantherapie ist allerdings mit Ödemen zu rechnen.

PDE5-Inhibitoren für Non-Responder

Derzeit können Non-Respondern zwei PDE5-Inhibitoren verschrieben werden: Sildenafil und Tadalafil. Beide Substanzen sind gut oral verfügbar und haben ein ähnliches Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil. Aufgrund der längeren Halbwertszeit wird Tadalafil einmal täglich eingenommen, während Sildenafil 3‑mal täglich dosiert wird. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen und Sodbrennen. Manche Patienten entwickeln vermehrtes Nasenbluten. Die Präparate dürfen nicht gleichzeitig mit Nitraten verordnet werden.

Stimulatoren der löslichen Guanylatzyklase für Non-Responder

Für Non-Responder ist derzeit von den Stimulatoren der löslichen Guanylatzyklase nur Riociguat zur Therapie der PAH erlaubt. Das Präparat besitzt zusätzlich eine Zulassung für die Therapie der CTEPH. Die Wirkung der Substanz setzt relativ rasch ein, ebenso wie die wichtigste Nebenwirkung, die Hypotonie. Daher wird das Medikament über 4–6 Wochen einschleichend bis auf meist 2‑mal 2,0 mg oder 2‑mal 2,5 mg hochtitriert unter Beachtung des systemischen Blutdrucks und sonstiger potentieller Nebenwirkungen. Ansonsten ist das Präparat recht gut verträglich. Die häufigsten sonstigen Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen und Übelkeit. Riociguat darf nicht zusammen mit einem PDE5-Inhibitor oder einem Nitrat verordnet werden.

Prostazyklinrezeptoragonisten für Non-Responder

Für Non-Responder sind von den Prostazyklinrezeptoragonisten in Europa derzeit intravenöses Epoprostenol, subkutanes Treprostinil, inhalatives Iloprost und orales Selexipag für die PAH zugelassen.

Epoprostenol hat eine kurze Halbwertszeit (3–5 min) und muss mittels einer Infusionspumpe kontinuierlich intravenös infundiert werden. Die Therapie ist effektiv aber nebenwirkungsträchtig und erfordert viel Erfahrung.

Treprostinil wird mittels Infusionspumpe kontinuierlich subkutan infundiert. Neben den typischen Prostazyklin-Nebenwirkungen treten häufig lokale Schmerzen an der Infusionsstelle auf.

Iloprost wird mittels spezieller Verneblungsgeräte 6‑ oder 9‑mal täglich inhaliert. Die Therapie ist effektiv aber vergleichsweise aufwändig.

Selexipag ist ein oral verfügbarer, selektiver Prostazyklinrezeptoragonist, der selbst nicht zur Klasse der Prostanoide gehört. Die Wirkungen und Nebenwirkungen entsprechen denen der Prostanoide. Bevorzugt treten Kopfschmerzen und gastrointestinale Nebenwirkungen auf.

Kombinationstherapie

Früher wurde generell die sequentielle Kombinationstherapie bevorzugt. Dabei wird mit einem PAH-Medikament begonnen und bei unzureichendem Therapieeffekt oder klinischer Verschlechterung eine zweite Therapie zusätzlich verordnet. Mittlerweile gibt es klare Evidenz dafür, dass Patienten davon profitieren können, wenn sie von vornherein mit zwei verschiedenen Medikamenten behandelt werden und nicht erst bei unzureichendem Erfolg. Diese Evidenz beruht auf einer Studie, in der eine Kombination aus Ambrisentan und Tadalafil eingesetzt wurde.

In der Kölner Konsensuskonferenz wurde thematisiert, dass es sinnvoll sein kann, zu unterscheiden, ob es sich um einen typischen oder atypischen PAH-Patienten handelt [5]. Für die typischen PAH-Patienten wird eine initiale Kombinationstherapie dringend empfohlen, für die atypischen PAH-Patienten ein vorsichtigeres Vorgehen im Sinne einer sequentiellen Therapie. Als Grund wird das erhöhte Risiko von Nebenwirkungen der PAH-Therapie beim atypischen PAH-Patienten angeführt, wie es sich aus den COMPERA-Registerdaten herauslesen lässt. Atypische Patienten zeichnen sich durch ein hohes Alter und kardiale und/oder pulmonale Komorbiditäten aus.

Atriale Ballonatrioseptostomie

Die atriale Ballonatrioseptostomie erzeugt einen künstlichen Vorhofseptumdefekt und damit einen Rechts-Links-Shunt. Das verbessert die Füllung des linken Ventrikels, verschlechtert aber die systemische Oxygenierung. Die Methode ist indiziert, wenn die medikamentösen Optionen nicht ausreichen oder nicht zur Verfügung stehen. In vielen Fällen wird sie angewendet, um die Zeit bis zur Lungentransplantation zu überbrücken oder eine symptomatische Besserung zu erreichen, wenn eine Lungentransplantation nicht möglich ist.

Lungentransplantation

Die Transplantation stellt weiterhin eine wichtige Therapieoption für Patienten mit schwerer PH dar. Wenn bei prinzipiell geeigneten Patienten eine progressive Verschlechterung oder keine ausreichende Besserung zu erkennen ist oder wenn ein Patient an einer PVOD leidet, so sollte er frühzeitig dem Transplantationszentrum vorgestellt werden.

Definition eines Expertenzentrums

Erstmals in der Geschichte der ESC/ERS-Leitlinien wurde ein Expertenzentrum für PH definiert. Ein solches Zentrum sieht mindestens 200 Patienten pro Jahr (in großen Ländern wie Deutschland 300), von denen wenigstens die Hälfte die finale Diagnose einer PAH haben. In regelmäßiger Betreuung befinden sich mindestens 50 PAH- oder CTEPH-Patienten und pro Monat werden mindestens zwei neue Patienten mit einer dokumentierten PAH oder CTEPH diagnostiziert oder zugewiesen. Das Zentrum hat Zugang zu einem interprofessionellen Team und nimmt an klinischen Phase-II- und Phase-III-Studien bei PAH teil.