Reisevorbereitungen

Reisen erfordern häufig eine Anpassung der Kontrazeption an veränderte Risikokonstellationen. Dabei muss die kontrazeptive Sicherheit unter veränderten Bedingungen erhalten und in manchen Fällen, wie in Zika-Virus- oder Malariagebieten, sogar erhöht werden. Eine kompetente Beratung erfordert die Kenntnis aktueller reisemedizinischer Entwicklungen. Nach Exposition mit Zika-Viren zum Beispiel sollten Frauen aktuell 8 Wochen warten, bevor eine Kontrazeption abgesetzt werden kann. Für Männer wird nach einer möglichen Exposition in den Ausbruchsgebieten ein Kondomgebrauch für 6 Monate empfohlen [1]. Empfehlungen werden oft kurzfristig den aktuellen Entwicklungen angepasst.

Kompetente Beratung erfordert die Kenntnis aktueller reisemedizinischer Entwicklungen

Bei der Planung der Kontrazeption auf Reisen sollten daher die aktuellen Sicherheitshinweise nationaler und internationaler Einrichtungen beachtet werden, so etwa die des Auswärtigen Amts, des Robert Koch-Instituts (RKI) oder der Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Informationen zu Tropenreisen sind bei Tropeninstituten und anderen entsprechenden reisemedizinischen Beratungsstellen erhältlich (Infobox 1).

Infobox 1 Weiterführende Informationen

Allgemeine aktuelle Sicherheitshinweise:

Zika-Virus:

Malaria:

Stand Infobox 5.5.2016

Wenn möglich sollte mindestens 3 Monate vor Abreise die Eignung der aktuellen Verhütungsmethode überprüft werden. Kriterien sind

  • das Klima (Lagerbedingungen für orale, vaginale oder transdermale hormonelle Kontrazeptiva und Kondome),

  • zu erwartende Probleme (u. a. Durchfallerkrankungen, Chloasmaneigung bei UV-Licht-Exposition),

  • die Abwägung des spezifischen Thromboserisikos,

  • mögliche Wechselwirkungen (u. a. mit einer Malariaprophylaxe oder Antibiotika) und

  • die Länge der Reise (Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln im Ausland).

Zeitverschiebungen sind abhängig vom Präparat unterschiedlich kritisch zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich auch, Einnahmepausen zu planen oder zu umgehen.

Eignung von Kontrazeptiva in bestimmten Regionen der Welt

Reisende sollten gemeinsam mit dem betreuenden Frauenarzt prüfen, ob die aktuelle Empfängnisverhütung für die geplante Reise geeignet ist und welche Dienstleistungen am Reiseziel zur Verfügung stehen. Einige Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate erfordern die Mitfuhr eines Rezepts und erlauben für Besucher nur die Einfuhr einer beschränkten Medikamentenmenge für maximal 3 Monate. Es ist zu empfehlen, im Zweifelsfall bei der Botschaft des Reiselandes aktuelle Bestimmungen zur Einfuhr von Medikamenten zu erfragen, da nur hier rechtsgültige Empfehlungen gegeben werden können.

Eine Änderung der Kontrazeption sollte mit ausreichendem zeitlichem Abstand zum Antritt der Reise erfolgen, um die Eignung der neuen Methode zu gewährleisten und ein erhöhtes Risikoprofil zu vermeiden. Ideal ist ein Intervall von mindestens 3 Monaten.

Hormonelle Kontrazeption

Nicht alle Kontrazeptiva sind überall erhältlich. Andere Handelsnamen sind häufig.

Lagerung

Grundsätzlich sollten Hormonpräparate nicht zu heiß und vor Feuchtigkeit und Licht geschützt gelagert werden. Die meisten Hersteller geben an, dass orale Präparate langfristig nicht bei über 30 °C aufbewahrt werden sollten. Bei Temperaturen über 50 °C besteht die Gefahr einer verminderten Wirksamkeit.

Daher sollte darauf geachtet werden, dass Pillenpräparate nicht in der prallen Sonne liegen und an einem möglichst kühlen Ort aufbewahrt werden, gegebenenfalls im Kühlschrank.

Vorgehen in zu erwartenden Problemsituationen

Diarrhö

Wird für das Reiseziel vor Durchfallerkrankungen gewarnt oder gehört Diarrhö zum Nebenwirkungsspektrum der Reisemedikation, muss damit gerechnet werden, dass die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva herabgesetzt ist. Steroidhormone oraler Kontrazeptiva werden in den oberen Dünndarmabschnitten resorbiert. „Cholera-artige“ Durchfälle können die Wirkung der Pille abschwächen.

Depotgestagenspritzen, Hormonimplantate, Kupferintrauterinpessare (IUD), Intrauterinsysteme (IUS), kombinierte Vaginalringe und kombinierte Kontrazeptionspflaster sind nicht von gastrointestinalen Störungen betroffen.

Übelkeit und Erbrechen

Kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) und Gestagene mit Ovulationshemmung.

Bei Erbrechen innerhalb von 2–3 h nach Einnahme der Pille muss eine neue Tablette eingenommen werden. Ist das nicht möglich, muss innerhalb der nächsten 12 h eine weitere Tablette eingenommen werden, sofern das Zeitfenster zur letzten Tabletteneinnahme nicht länger als 24 h war. Andernfalls sowie bei Persistenz ist die Wirksamkeit der Pille nicht mehr gewährleistet. Dann sind die Anweisungen laut Beipackzettel zum Vorgehen bei vergessener Pilleneinnahme zu befolgen: Bei Ethinylöstradiol(EE)-haltigen kombinierten oralen Kontrazeptiva (KOK) und Gestagenen mit Ovulationshemmung sind in der Regel für die Dauer von 7 Tagen zusätzliche Verhütungsmaßnahmen zu treffen, bei Präparaten mit Östradiolvalerat für 9 Tage.

Gestagene ohne Ovulationshemmung (klassische „Minipille“).

Bei Erbrechen innerhalb von 2 h nach Einnahme sollte so schnell wie möglich eine andere Pille eingenommen werden. Wird ein Ersatz nicht innerhalb von 3 h genommen oder besteht anhaltendes Erbrechen oder sehr schwerer Durchfall, sollte eine Barrieremethode während der Krankheit und für 2 Tage nach Genesung verwendet werden.

Als Notfallmedikamente bei Reisedurchfall werden häufig Fluorchinolone eingesetzt. In Bezug auf Ciprofloxacin und Azithromycin weisen Studien darauf hin, dass keine Einschränkung der Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva zu erwarten ist [2, 8]. Von einer Antibiotikaprophylaxe wird allerdings in den meisten Fällen abgeraten.

Wechselwirkungen mit Reisemedikamenten

Durch Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs können folgende antibakterielle Substanzen z. B. bei Einnahme aufgrund von entzündlichen Hauterkrankungen, pulmonalen Infekten oder Durchfallerkrankungen zu einer klinisch relevanten Reduktion der Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva führen:

  • Cephalosporine

  • Chloramphenicol

  • Metronidazol

  • Neomycin

  • Nitrofurantoin

  • Sulfonamide

  • Tetracycline (z. B. Doxycyclin)

  • Rifampicin

Für das Antiemetikum und Prokinetikum Metoclopramid sowie das Antiemetikum Aprepitant, die bei starker Reisekrankheit eingesetzt werden können, wird eine Interaktion mit Sexualsteroiden diskutiert.

Bei Wechselwirkung mit Sexualsteroiden sollte auf ein Alternativpräparat ausgewichen werden

Ist für ein Medikament eine Wechselwirkung mit Sexualsteroiden gesichert, sollte möglichst auf ein Alternativpräparat ohne Interaktionspotenzial ausgewichen werden. Ist dies nicht möglich, muss eine zusätzliche Barrieremethode während der Einnahme des interagierenden Medikaments und bis zu 28 Tage danach gewählt werden. Falls das Absetzen des Medikaments in den letzten 7 Tagen vor oder im pillenfreien Intervall liegt, sollte man die Pillenpause auslassen und das KOK über 2 Zyklen hinweg (2 Packungen hintereinander) im Langzyklus einnehmen.

Muss ein Medikament, für das Wechselwirkungen vermutet werden, über einen längeren Zeitraum eingenommen werden und muss eine orale hormonelle Kontrazeption unbedingt beibehalten werden, sollte dies mit einer Kombinationspille mit Gestagenkomponente in mindestens doppelter Ovulationshemmdosis erfolgen – möglichst im Langzyklus. Bei derartigen KOK ist auch im Falle einer Reduktion der Gestagenwirkung um 50 % ein Minipilleneffekt vorhanden. In einer sorgfältigen Risikoaufklärung sollte aber eine zusätzliche Barrieremethode empfohlen werden, um Haftungsprobleme bei ungewollter Schwangerschaft zu vermeiden.

Falls Durchbruchblutungen auftreten oder Medikamente mit bekannter gesicherter Wechselwirkung mit KOK über einen sehr langen Zeitraum hinweg eingenommen werden müssen, sollte besser auf ein Intrauterinsystem mit oder ohne Gestagenabgabe umgestellt werden [4].

Blutungsstörungen

Amenorrhö ist bei regelmäßiger Einnahme der Pille unproblematisch. Im Zweifelsfall ist vor Abreise ein Schwangerschaftstest zu empfehlen. Bei Schmierblutungen besteht im Falle einer beschränkten Reisedauer keine gesundheitliche Gefahr. Ausreichend Sanitärprodukte sollten mitgenommen werden. Blutungsstörungen aller Art sind unter reinen Gestagenpräparaten (>40 %) und in den ersten 3–6 Anwendungszyklen von KOK häufig. Bei der Wahl des Präparats und bei Umstellung der Kontrazeptionsmethode vor Reisebeginn sollte das beachtet werden.

Risiko venöser Thromboembolien

Ein schwer quantifizierbares, geringfügig erhöhtes Risiko venöser Thromboembolien (VTE) auf Reisen kann sich durch Immobilisierung von mehr als 8–10 h auf Flug- oder Busreisen ergeben. Eine spezielle Prophylaxe ist aber nicht per se erforderlich. Basismaßnahmen sind sinnvoll:

  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr

  • Aktivierung der „Muskelpumpe“ durch Fußwippen

  • Vermeidung von Alkoholkonsum und zu enger Kleidung während der Reise

Flüssigkeitsverluste bei höheren Umgebungstemperaturen, gleichzeitig auftretende Entzündungsreaktionen, z. B. Fieber aufgrund von Durchfallerkrankungen, und zusätzlich bestehende Risikofaktoren können spezielle Prophylaxemaßnahmen erfordern [7], so etwa das Anlegen von wadenlangen Kompressionsstrümpfen. Zu den Risikofaktoren zählen ein hohes Lebensalter, frühere VTE, eine aktive Krebserkrankung, chronisch-venöse Erkrankungen oder starkes Übergewicht.

Unterschiedliche VTE-Risiken hormoneller Kontrazeptiva müssen beachtet werden [6]. Das Thromboserisiko ist innerhalb der ersten 3 Monate nach Einnahmebeginn hormoneller Kontrazeptiva am größten.

Kontrazeptionspflaster

Das Pflaster wird 1‑mal pro Woche gewechselt. Es muss bei normaler Raumtemperatur gelagert werden, eine Veränderung des Klebeverhaltens ist bei hohen Umgebungstemperaturen und unter feuchten Bedingungen möglich. Die Verfügbarkeit weltweit ist eingeschränkt und auf dem afrikanischen Kontinent nur in Südafrika gegeben.

Kombinierter Vaginalring (Etonogestrel/Ethinylöstradiol)

Der Vaginalring wird nur 1‑mal im Monat gewechselt. Die Liegedauer beträgt 21 Tage, gefolgt von einer 7‑tägigen Pause. Reisen über mehrere Zeitzonen sind deshalb unproblematisch. Ein Vaginalring muss innerhalb von 4 Monaten nach dem Abgabedatum aus der Apotheke verwendet werden und sollte nicht über Raumtemperatur gelagert werden.

Depotgestagenspritzen

Depotgestagenspritzen werden je nach Präparat alle 3 Monate intramuskulär bzw. monatlich subkutan verabreicht und sind daher für längere Reisen unproblematisch. Zur intramuskulären Injektion der 3‑Monats-Spritze muss ein Arzt oder eine Krankenschwester aufgesucht werden. Die subkutane Injektion der 1‑Monats-Spritze mit Gestagen kann erlernt werden, ein Desinfektionsmittel ist erforderlich. Will man als Reserve weitere Depotgestagenspritzen ins Ausland mitführen, ist es sinnvoll, diese originalverpackt zu lassen und das Rezept beizufügen.

Hormonimplantate

Die Wirkdauer eines Hormonimplantats beträgt 3 Jahre. Reisen über mehrere Zeitzonen sind unproblematisch. Als Hauptnebenwirkungen können bei liegendem Hormonimplantat Schmierblutungen auftreten; gegebenenfalls kann ein reines Gestagenpräparat (Desogestrel) mitgenommen und bei Blutungen zusätzlich oral eingenommen werden (für 7–10 Tage, 1 bis maximal 2 Tabletten). Dabei handelt es sich allerdings um eine Off-label-Anwendung.

Je nach Reiseziel und Dauer ist es sinnvoll, die Entfernung bzw. den Wechsel des Hormonimplantats noch vor der Abreise oder unmittelbar nach Rückkehr in Deutschland durchführen zu lassen. Die Einlage erfolgt durch einen Arzt, im Ausland häufig in Familienplanungszentren durch spezialisierte Krankenschwestern.

Notfallkontrazeption

Eine Notfallkontrazeption ist kein zwingend erforderlicher Bestandteil der Reiseapotheke, kann aber in Abhängigkeit vom Reiseziel sinnvoll sein, z. B. in Zika-Virus-Gebieten. Ulipristalacetat ist der Standard in der Notfallverhütung. Insbesondere innerhalb der ersten 24 h nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr ist die kontrazeptive Wirkung im Vergleich zu Levonorgestrel (LNG) etwa 3‑mal so hoch [5].

Barrieremethoden und symptothermales Verfahren

Kondome

Laut Schätzungen liegt die jährliche Zahl der durch Geschlechtsverkehr übertragenen Infektionen weltweit bei 250 Mio. Fällen. Die sichere Aufbewahrung und Anwendung von Kondomen ist von großer Bedeutung. Je nach Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit kann die Wirksamkeit von Kondomen beeinträchtigt werden.

Eine kritische Grenze wird bei 65 °C erreicht, z. B. bei Aufbewahrung im Handschuhfach des Autos oder im Campingzelt. Bei Aufbewahrung unter extremen Minustemperaturen ist theoretisch zu beachten, dass gleitgelbeschichtete Kondome diese Bedingungen aufgrund ihrer Silikonbeschichtung besser vertragen als trockene Kondome (ohne Gleitgel). Allerdings ist die Sicherheit von Kondomen ohne Gleitgel erst ab Temperaturen unter − 70 °C nicht mehr gewährleistet.

Kondome sollten vor Reiseantritt gekauft werden

Bei Erwerb von Kondomen im Ausland müssen Qualitätsmerkmale und Zusatzstoffe beachtet werden. Kondome, die mit dem Spermizid Nonoxinol-9 beschichtet sind, können die Empfänglichkeit für eine Human-immunodeficiency-virus(HIV)-Infektion und andere sexuell übertragbare Krankheiten erhöhen. Es empfiehlt sich, Kondome besser vor Reiseantritt zu kaufen. Bei Latexallergie sollten Kondome aus Polyurethan oder Polyisopren gewählt werden.

Es sollte darauf hingewiesen werden, dass Umwelteinflüsse wie Chlor im Swimmingpool oder fetthaltige Gleitmittel die Sicherheit – v. a. hinsichtlich des Infektionsschutzes – ebenfalls beeinträchtigen können, ohne dass das Kondom offensichtlich defekt erscheint. Erfolgen sollte auch eine Beratung hinsichtlich des generell eingeschränkten Schutzes vor einer Übertragung bestimmter Erkrankungen, z. B. von humanen Papillomviren (HPV).

Kondom für die Frau

Kondome für Frauen sind in bestimmten Entwicklungsländern über Familienplanungszentren verfügbar, z. B. in Ländern Afrikas. Ein gewisser Schutz vor sexuell übertragbaren Erkrankungen ist gegeben, nicht aber bei extragenitaler Übertragung (z. B. HPV).

Symptothermale und alternative Methoden

Methoden, die unter anderem auf einer Messung der Aufwachtemperatur und einer Beurteilung der Zervikalschleimbildung beruhen, können durch Umwelteinflüsse, veränderte Schlafgewohnheiten (Zeitverschiebung) und Infekte beeinträchtigt werden. Daher sind sie nur sehr eingeschränkt zu empfehlen.

Membranen und Portiokappen

Eine Membran oder Gebärmutterhalskappe ist leicht anzuwenden, mitverwendete Spermizide dagegen weniger. Membranen, Kappen und Spermizide müssen kühl und trocken gelagert werden, was schwierig sein kann. Ein luftdichter Behälter ist ebenfalls erforderlich.

Spermizide

Spermizide sind in Entwicklungsländern zum Teil nur eingeschränkt verfügbar. Eine Anwendung bei höheren Umgebungstemperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit ist schwierig, da die Viskosität beeinträchtigt sein kann. Die alleinige Anwendung von Spermiziden wird nicht empfohlen.

Intrauterinpessar

Aufgrund ihrer Langzeitwirkung stellen Intrauterinpessare eine ideale Verhütungsmethode bei Reisen dar. Die Wirkdauer beträgt abhängig vom Modell des Kupfer-IUD 5–10 Jahre. Bei LNG-haltigen IUS mit 52 mg LNG sind es 5 Jahre, bei dem kleineren Modell mit 13,5 mg LNG 3 Jahre.

Nebenwirkungen sind selten. Die Patientin ist darüber aufzuklären, dass sie bei unklaren Unterbauchschmerzen einen Arzt aufsuchen muss. Zwischenblutungen sind vor allem in den ersten 3 Monaten häufiger und nehmen mit zunehmender Anwendungsdauer ab. Bei LNG-haltigen IUS nehmen mit der Anwendungsdauer Amenorrhöen zu.

Anwendung oraler Kontrazeptiva bei Fernreisen mit Zeitverschiebung

Die vorgeschriebenen Einnahmeintervalle der Pille müssen auch auf Reisen eingehalten werden, um eine sichere Verhütung zu gewährleisten. Frauen sind bei Reisen über mehrere Zeitzonen oft unsicher, wie sie den Einnahmerhythmus ihres Präparats anpassen müssen. Eine Uhr, die die Zeit am Heimat- und Zielort angibt, kann hilfreich sein. Prinzipiell muss die Einnahme nicht angepasst werden, dies ist lediglich zu empfehlen. Sofern die Patientin es wünscht, kann sie auch in der Zeit des Heimatorts bleiben und die Pille zum gleichen Zeitpunkt wie zu Hause nehmen.

Ist dies unpraktisch, muss der Einnahmerhythmus nur dann an die Ortszeit des jeweiligen Urlaubslands angepasst werden, wenn diese bei Kombinationspräparaten und Gestagenen mit Ovulationshemmung um mehr als 12 h und bei Gestagenen ohne Ovulationshemmung („Minipille“) um mehr als 3 h von der Zeit am Ausgangsort abweicht. Das Vorgehen abhängig vom Reiseziel ist in Tab. 1 erläutert.

Tab. 1 Vorgehen abhängig vom Reiseziel bei Reisen mit Ausgangsort Deutschland. (Modifiziert nach Schrörs [9])

Es wird empfohlen, bereits bei Zeitunterschieden von 10 h den Einnahmezeitpunkt der Pille anzupassen, um zusätzliche Zeitverschiebungen auszugleichen. Für Reisen nach Westen kann man zur Sicherheit zusätzlich die folgende Regel anwenden: Verlängert sich ein Tag durch eine Flugreise um mehr als 7 h, sollte eine zusätzliche Pille aus einer Reservepackung etwa 12–15 h nach der letzten Pille eingenommen werden.

Bei Reisen über die Datumsgrenze sollte das KOK unabhängig von der jeweiligen Zeitzone alle 24 h eingenommen werden. Liegen zwischen 2 Einnahmen eines KOK oder Gestagens mit Ovulationshemmung mehr als 36 h, müssen zusätzliche Verhütungsmaßnahmen getroffen werden. Das Vorgehen folgt den Anweisungen zur vergessenen Pilleneinnahme im Beipackzettel. Für Präparate mit EE 0,02 mg/Drospirenon (DRSP; 24 + 4) und Östradiol (E2)/Nomegestrolacetat (NMG) (24 + 4) beträgt das Zeitfenster 48 h.

Bei Gestagenen ohne Ovulationshemmung darf die übliche Einnahmezeit um nicht mehr als 3 h überschritten werden, d. h., der Zeitabstand zwischen zwei Dragees darf nicht länger als 27 h sein. Deshalb sollte bei einer Zeitverschiebung von mehr als 3 h nach 12 h eine Zwischenpille genommen und die Einnahme zur gewohnten Einnahmezeit nach Ortszeit fortgesetzt werden. Bei Reisen über die Datumsgrenze sollte die Einnahme unabhängig von der jeweiligen Zeitzone alle 24 h erfolgen.

Planung oder Umgehung von Einnahmepausen

Besteht die Sorge, dass die Pilleneinnahme insbesondere nach einer 7‑tägigen Einnahmepause vergessen wird, und soll die orale hormonelle Kontrazeption in Form einer Pille beibehalten werden, kann diese auch ohne Pause im Langzyklus genommen werden. Zu beachten ist, ob hierfür eine Zulassung des individuellen Präparats vorliegt, sonst muss die Off-label-Anwendung besprochen werden.

Der Langzyklus hilft, Beschwerden in der Pillenpause und unerwünschte Abbruchblutungen zu vermeiden. Die Steroidbelastung ist pro Monat um etwa 33 % erhöht. Welche Bedeutung dies hat, ist noch nicht geklärt [3].

Die klassische Minipille (Gestagene ohne Ovulationshemmung) sowie Desogestrel (Gestagen mit Ovulationshemmung) werden immer ohne Pillenpause eingenommen.

Falls die Patientin eine monatliche Blutung wünscht, aber die Compliance vereinfacht werden soll, ist ein Umstieg auf Präparate möglich, die an 4–7 Tagen im Zyklus Placebotabletten enthalten (24 + 4 bzw. 21 + 7).

Fazit für die Praxis

  • Aktuelle Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts und internationaler Behörden sowie Leitlinien der Botschaften zur Einfuhr von Medikamenten sollten beachtet werden.

  • Eine individuelle Beratung durch Ärzte mit der Zusatzweiterbildung Tropenmedizin ist vor Reisen in Risikogebiete erforderlich. Eine Anpassung der Kontrazeption je nach Wahl der Reiseapotheke ist erforderlich.

  • Neu: Während und nach einer Zika-Virus-Exposition benötigen Frauen eine sichere Kontrazeption für mindestens 8 Wochen, Männern wird ein Kondomgebrauch für 6 Monate empfohlen.

  • Eine erforderliche Umstellung der Kontrazeptionsmethode sollte mindestens 3 Monate vor Reiseantritt erfolgen.

  • Bei Zeitverschiebungen von mehr als 10 h muss der Einnahmerhythmus bei KOK und Desogestrel an die Ortszeit des Reiselandes angepasst werden.

  • Bei der klassischen Minipille muss ab einem Zeitunterschied von mehr als 3 h nach 12 h eine Zwischeneinnahme erfolgen.

  • Verlängert sich bei Reisen nach Westen der Tag, darf das Einnahmeintervall folgende Werte nicht übersteigen: 36 h für KOK und Desogestrel, 48 h für Präparate mit EE 0,02 mg/DRSP 24 + 4 oder E2/NMG 24 + 4, 27 h für die klassische Minipille. Sonst sind zusätzliche kontrazeptive Maßnahmen erforderlich.