Zusammenfassung
Hintergrund
Grundlagen für das Reha-Management (RM) in der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung bilden das Eckpunktepapier vom 25.02.2008 und der Handlungsleitfaden vom 13.09.2010 in der Fassung vom 17.07.2014 der DGUV.
Ziel
Eine rechtzeitige Einleitung des RM setzt eine exakte Diagnosestellung und die Kenntnis des Unfallversicherungsträgers von den Kontextfaktoren voraus, die den Heilverlauf beeinflussen. Das RM stellt die Unfallversicherungsträger vor neue Herausforderungen.
Methode
Es bedarf eines Umdenkens von der hoheitlich handelnden Behörde zum kundenorientierten Dienstleister. Damit verbunden sind neue Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zusätzlich zu erforderlichen juristischen Kenntnissen sind jetzt Sozialkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und medizinische Kenntnisse gefordert. Der erhöhte Aufwand durch die geforderten persönlichen Kontakte kann nur durch eine effiziente Verwaltungsstruktur und eine leistungsfähige Datenverarbeitung kompensiert werden.
Ergebnisse
Ergebnisse eines Pretests zur im Jahr 2015 geplanten Kundenbefragung zeigen eine hohe Zufriedenheit der Befragten mit dem RM und den Reha-Managerinnen und -Managern. Eigene Analysen der Berufsgenossenschaft Holz und Metall zeigen ebenso wie das Ergebnis des Benchmark-Projektes „Effektivität der Fallsteuerung“ der DGUV, dass das RM sich „rechnet“. Bei preisbereinigt leicht sinkenden Ausgaben für ambulante und stationäre Behandlung konnten Arbeitsunfähigkeitszeiten verkürzt, Einsparungen beim Verletztengeld erzielt und die Anzahl der neuen Renten reduziert werden.
Schlussfolgerung
Die Anforderungen zu den neuen Heilverfahren der DGUV lassen eine bessere Zusammenarbeit zwischen Ärztinnen und Ärzten und den Reha-Managerinnen und -Managern der UV-Träger erwarten. Die Fallauswahl für das RM sollte überprüft werden. Die Prinzipien des RM sind auf die Bearbeitung von Berufskrankheiten-Fällen zu übertragen. Von der im Jahr 2015 startenden Kundenbefragung werden wichtige Ergebnisse zur Verbesserung des RM erwartet.
Abstract
Background
The benchmark paper of 25 February 2008 and the guideline of 13 September 2010 provide the principles for rehabilitation management (RM) under the German Social Accident Insurance (DGUV) in the DGUV's version of 17 July 2014.
Objective
A precise diagnosis and the accident insurer's knowledge of contextual factors influencing the healing process require the timely introduction of RM. Rehabilitation management presents the accident insurer with new challenges.
Methods
A rethink by the official authorities regarding customer-oriented service providers is required, which is linked to new demands being made on staff. In addition to the necessary legal knowledge, social competence, communication skills, and medical knowledge are now required. The increased costs incurred by the personal contact required can only be offset by an efficient adminstrative structure and effective data handling.
Results
The results of pretesting of the customer survey planned for 2015 show the participants' high level of satisfaction with RM and the rehabilitation managers. Our own analyses of the Wood and Metal Trade Association, in addition to the results of the DGUV's bench mark project “Efficiency of Case Management,” show that the RM “pays off.” With expenditure on outpatient and inpatient treatment, which in real terms decreased slightly, periods of sick leave were shortened, invalidity benefit savings were made, and the number of new pensions was reduced.
Conclusion
The requirements of the DGUV's new treatment permit better collaboration between doctors and rehabilitation managers of the accident insurers. Case selection fo RM should be investigated. The principles of RM should be transferred to the processing of cases of work-related illness. Important results on the improvement of RM are expected from the customer survey starting in 2015.
Grundlagen für die Durchführung des Reha-Managements (RM) sind das Eckpunktepapier der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) vom 25.02.2008 und der Handlungsleitfaden zum Reha-Management vom 13.09.2010 in der Fassung vom 17.07.2014.
Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) hat nach Vollzug der verschiedenen Fusionen im Januar 2012 ein einheitliches RM in all ihren 11 Bezirksverwaltungen eingeführt. Einzelne Bezirksverwaltungen betreiben RM aber bereits seit ca. 10 Jahren.
Welche Erfahrungen haben wir gemacht?
Zum frühzeitigen Erkennen der entsprechenden Fälle ist eine exakte Erstdiagnose zwingend erforderlich. Dies ist aber leider häufig nicht der Fall. Sehr oft wird anstatt des geforderten Freitextes im Durchgangsarztbericht lediglich die ICD-10-Übersetzung eingetragen, was ein Problem der Arztsoftware sein mag.
Allerdings wird die Mehrzahl der Fälle erst im späteren Verlauf ins RM überführt. Gründe hierfür liegen in der Ergänzung der Diagnose oder dem Auftreten von Komplikationen.
Leider erfahren wir häufig nichts von den Kontextfaktoren, die den Heilverlauf beeinflussen. Hierauf möchte ich Ihr besonderes Augenmerk richten. Bitte geben Sie uns unter Ziffer 11 des Durchgangsarztberichtes rechtzeitig den Hinweis, dass ein besonderer Beratungsbedarf für die oder den Versicherten besteht.
Wir unterhalten in unseren Bezirksverwaltungen sog. „Reha-Sprechstunden“ zur Beratung der Versicherten unter Mitwirkung eines besonders erfahrenen Arztes und im Beisein des Reha-Managers oder der Reha-Managerin.
Hierbei machen wir die Erfahrung, dass die Versicherten häufig nicht vollständig über die Ursachen ihrer Beschwerden informiert sind. Sie berichten auch, dass die behandelnden Ärztinnen und Ärzte kaum Zeit für ein Patientengespräch gehabt hätten. Dabei dürfte doch unbestritten sein, dass die Kenntnis über die Art der Beschwerden, deren Ursachen und Wirkungsweisen die erforderliche Eigenverantwortung und Motivation der Versicherten fördert und damit dem Reha-Prozess positiv beeinflusst.
Wir stellen weiterhin fest, dass den behandelnden Ärztinnen und Ärzten zum Teil die erforderlichen Kenntnisse über den Arbeitsplatz fehlen. In Berichten wird häufig der erlernte Beruf und nicht die zurzeit ausgeübte Tätigkeit angegeben. Hier ist auch der Unfallversicherungsträger in der Pflicht, entsprechende Informationen an die Behandler weiterzugeben.
Ich möchte hier nicht dem Motto „koste es, was es wolle“ das Wort reden. Auch die gesetzliche Unfallversicherung ist dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit unterworfen. Dennoch scheint es mir so, dass Ärztinnen und Ärzte sich bei der Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln an den Vorgaben der Krankenversicherung orientieren. Es darf in der Unfallversicherung auch mehr sein als einmal Krankengymnastik pro Woche, wenn dies dem Heilungsprozess dient.
Auswirkungen auf die Verwaltung
Für mich ist die Einführung des RM ein ganz entscheidender Schritt der Umorientierung der Verwaltung von der hoheitlich auftretenden klassischen Behörde zum kundenorientierten Dienstleister. Persönliche Kontakte, statt Formtexte und Bescheide zu versenden, unbürokratische Hilfe, statt Verweis auf Vorschriften etc.
Ein solches Handeln bringt neue Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit sich. War früher die Ausbildung überwiegend juristisch ausgerichtet, sind heute Kommunikationsfähigkeit, Sozialkompetenz und medizinische Kenntnisse gefordert. Reha-Managerinnen und -Manager müssen sich auch in Gesprächen mit Ärzten und Versicherten und in kritischen Situationen behaupten können.
RM bedeutet mehr Aufwand. Ließen sich vor dessen Einführung schriftlich an einem Tag zig Fälle bearbeiten, sind das im RM mit Reiseaufwand und Wartezeiten für Gespräche mit Ärzten und Versicherten vielleicht nur noch 2 Fälle.
Dies kann ohne Personalsteigerung nach meinem Dafürhalten nur gelingen, wenn Reha-Managerinnen und -Manager von reinen Verwaltungstätigkeiten weitgehend entlastet werden und sich ausschließlich ihrer eigentlichen Aufgabe, der persönlichen Betreuung von Versicherten, widmen können. Andere Aufgaben und Fälle (Stichwort: „Leichtfallbearbeitung“) müssen nach „unten“ delegiert werden. Unverzichtbare Voraussetzung hierfür ist eine funktionierende Datenverarbeitung einschließlich eines Dokumentenmanagementsystems, sodass mehrere Personen gleichzeitig auf einen Fall zugreifen können.
Auch aus dem Rückgang der Fallzahlen können selbstverständlich Ressourcen geschöpft werden.
Befragung zum Reha-Management
Im Jahr 2015 soll eine Befragung der Versicherten zum RM erfolgen. Aus diesem Grund kann ich heute noch nicht repräsentativ über Erfahrungen berichten. Allerdings fand kürzlich ein Pretest hinsichtlich der Qualität des zu verwendenden Fragebogens statt, an dem 78 Versicherte teilnahmen.
Diese ersten Ergebnisse möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:
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90,7 % der Versicherten kennen ihren Reha-Manager/ihre Reha-Managerin.
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In 77,6 % der Fälle erfolgte die Kontaktaufnahme wie gefordert innerhalb eines Monats nach dem Unfall.
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In 60,8 % der Fälle erfolgte bei Problemen eine sofortige Kontaktaufnahme (in 35 % der Fälle war dies nicht erforderlich).
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In 76,1 % der Fälle wurde ein Reha-Plan erstellt.
Über die Gesamtzufriedenheit der Versicherten informiert Abb. 1.
Wie wirkt sich das Reha-Management auf die Ausgaben der Unfallversicherungsträger aus?
Valide Zahlen lassen sich nur schwer ermitteln, da keine Vergleichsgruppe existiert. Aus ethischen Gründen ist es uns nicht möglich Versicherten zum Zweck der Gewinnung von aussagekräftigen Zahlen das RM vorzuenthalten.
Aussagen lassen sich nur aus dem zeitlichen Vergleich vor und nach Einführung eines RM gewinnen. Wir bei der BGHM haben dies anhand der Diagnose „Geschlossener Fersenbeinbruch“ mit jeweils ca. 250 Fällen aus den Jahren 2002 und 2012 getan.
Hierzu im Folgenden ein paar Zahlen, zunächst möchte ich mit Ihnen aber einen Blick auf die allgemeine Entwicklung bei den neuen Renten wegen Arbeits- und Wegeunfällen werfen.
Wie der Abb. 2 zu entnehmen ist, hat sich die Zahl der neuen Renten von 2009 auf 2012 absolut von ca. 2700 auf ca. 2200 Fälle reduziert. Auch relativ (neue Renten je 1000 Vollarbeiter bzw. je 100 meldepflichtige Arbeitsunfälle) lässt sich ein deutlicher Rückgang erkennen.
Am Beispiel der Fersenbeinfraktur konnten wir nachweisen, dass unsere Anstrengungen im RM zu kürzeren Arbeitsunfähigkeitszeiten und damit zu geringeren Verletztengeldzahlungen führen.
Tabelle 1 zeigt, dass der Zahlbetrag für das Verletztengeld pro Fall nominal in etwa gleich geblieben ist, real aber um ca. 20 % gesunken ist.
Die Arbeitsunfähigkeitszeit pro Fall sank um 36 Tage, also um ca. 14 %.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Anteil der Fälle mit kürzerer Arbeitsunfähigkeit steigt und dagegen die Zahl der Langläufer mit Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als 1,5 Jahren deutlich sinkt (Tab. 2). Wir nehmen den Grund hierfür darin an, dass wir dank des RM Fälle mit Problemen und Heilentgleisungen früher erkennen und gegensteuern können.
Aber erkaufen wir uns diese positiven Aspekte durch deutlich höhere Aufwendungen bei der stationären Behandlung? Dies ist nicht der Fall! Wie Tab. 3 belegt, sind auch hier die Kosten preisbereinigt sogar leicht gesunken.
Die intern bei der BGHM gewonnenen Ergebnisse decken sich auch mit denen des Benchmark-Projektes „Effektivität Fallsteuerung“ der DGUV. Am Beispiel Unterschenkelbruch konnte nachgewiesen werden, dass eine intensive Steuerung zu geringerer durchschnittlicher Arbeitsunfähigkeit führt (Abb. 3).
Welche Erwartungen haben wir?
Die neuen Heilverfahren garantieren eine der Schwere der Verletzung angemessene kompetente Akutbehandlung. Die Anforderungen zum RM an die zum Schwerstverletzungsartenverfahren zugelassenen Kliniken lassen eine bessere Zusammenarbeit zwischen Behandlern und Reha-Managerinnen und -Managern erwarten.
Es gilt die Fallauswahl, insbesondere die formale Zugangsvoraussetzung von Arbeitsunfähigkeit ab 112 Tagen, zu überprüfen. RM bedeutet Aufwand im Verfahren. Nicht jeder Fall mit entsprechender Arbeitsunfähigkeit benötigt ein RM. Ob dies notwendig ist, ist auch von der beruflichen Tätigkeit abhängig. Wir müssen uns fragen, in welchen Fällen wir durch das RM bessere Ergebnisse erreichen. Dies ist auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns.
Prinzipien des RM bei Arbeits- und Wegeunfällen sind auf die Bearbeitung von Berufskrankheiten zu übertragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Erkrankte noch im Arbeitsleben stehen. Dies werden wir 2015 umsetzen.
Hinsichtlich der Bildung funktionierender Netzwerke besteht noch Bedarf. Es steht ohne Zweifel, dass die berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken hier unsere ersten Ansprechpartner sind, dennoch ist es erforderlich darüber hinaus auf dem „flachen Land“ Partner zu gewinnen. Dies gilt nicht nur für Ärzte und Kliniken, sondern auch für andere Leistungserbringer, z. B. Physiotherapeuten und Orthopädietechniker.
Von der in 2015 geplanten Kundenbefragung erwarten wir uns wichtige Hinweise zur Verbesserung der Qualität unseres RM.
Der Besuchsdienst muss im Hinblick auf das RM, das ja ohnehin zeitnahe Kontakte vorsieht, effizienter gestaltet werden.
Ein weiteres Anliegen, das sich auch aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergibt, ist die Einbeziehung von Peers – also die Beratung Verletzter durch gleichartig Betroffene – in den Prozess der Wiederherstellung und Wiedereingliederung in das Arbeitsleben und das Leben in der Gemeinschaft. Zurzeit läuft die Gewinnung solcher Paten mit dem Ziel eine „Peer-Landkarte“ zu erstellen.
Gerade die Wiedereingliederung in das Leben in der Gemeinschaft müssen wir stärker als bisher und von Anfang an in den Fokus nehmen, z. B. schon bei der Erstellung des Reha-Planes. Hierfür sind eine Checkliste und qualitätssichernde Maßnahmen in Arbeit.
Fazit
Reha-Management
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… verbessert bestehende Verfahren
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… bezieht die Beteiligten besser ein
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… führt zu besseren Ergebnissen
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… führt zu zufriedeneren Kunden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
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… ist unbürokratisch
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… spart Geld
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Interessenkonflikt
F. Lahr gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Lahr, F. Reha-Management. Trauma Berufskrankh 17 (Suppl 2), 287–290 (2015). https://doi.org/10.1007/s10039-015-0009-5
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DOI: https://doi.org/10.1007/s10039-015-0009-5