Je nach Reife des Kindes kommt es in einem spezifischen Alter durch hormonelle und humorale Einflüsse zu einem langsamen Verschluss der Wachstumsfugen. Hieraus resultiert eine Veränderung des Verletzungsmusters. Durch den bereits verknöcherten Anteil der Wachstumsfuge werden einwirkende Kräfte zum Gelenk hin abgeleitet, sodass es je nach Reifezustand der Fuge zu einem Ausbrechen eines mehr oder weniger großen epiphysären Fragments kommt. Diese sog. Übergangsfraktur kann grundsätzlich an jeder Lokalisation auftreten. Am häufigsten beobachtet man sie an der distalen Tibia mit einer Inzidenz von 11 % aller Sprunggelenkfrakturen, weshalb sich dieser Beitrag im Weiteren auf diese Lokalisation beschränkt [4].

Frakturmorphologie/Klassifikation

Am Sprunggelenk beginnt die Wachstumsfuge sich um das 12. Lebensjahr über einen Zeitraum von 18 Monaten von medial über den dorsalen Anteil zu verschließen, zuletzt mineralisiert somit der ventrolaterale Anteil der Fuge (Abb. 1, [2, 3]). Hierdurch kommt es zu einer Veränderung des Frakturverlaufs in der Grenzzone des Mineralisationsvorgangs, wodurch je nach aktuell vorherrschender Phase des Fugenverschlusses ein mehr oder weniger großes ventrolaterales epiphysäres Fragment ausbricht. Kurz vor dem vollständigen Fugenschluss entspricht diese Fraktur einem knöchernen Syndesmosenausriss. Wirken zusätzliche Torsionskräfte ein, kann analog zum hinteren Volkmann-Dreieck beim Erwachsenen zusätzlich zum ventrolateralen epiphysären Bruch eine dorsale Fraktur auftreten.

Abhängig von der Anzahl der Fragmente werden die Übergangsfrakturen weiter differenziert [6, 9]. Ihnen allen gemeinsam ist die ventrolaterale epiphysäre Fraktur. Liegt nur diese vor, spricht man von der sog. Twoplane-Fraktur oder auch, nach dem Erstbeschreiber, einer Tillaux-Fraktur (Abb. 2). Besteht zusätzlich eine dorsale metaphysäre Fraktur, spricht man von der sog. Triplane-I-Fraktur (Abb. 3 a). Verläuft diese dorsale Fraktur durch Epi- und Metaphyse, handelt es sich um eine Triplane-II-Fraktur (Abb. 3 b).

Abb. 1
figure 1

Fugenveschluss an der distalen Tibia, Beginn medial, über dorsal nach ventrolateral (grau bereits verschlossener Fugenanteil)

Abb. 2
figure 2

Twoplane-Fraktur: ventrolaterale epiphysäre Fraktur. (Aus [8])

Abb. 3
figure 3

Triplane-Fraktur, a Triplane I: ventrolaterale epiphysäre + dorsale metaphysäre Fraktur, b Triplane II: ventrolaterale epiphysäre + dorsale epimetaphysäre Fraktur. (Aus [8])

Diagnostik

Die Diagnose einer Übergangsfraktur kann in aller Regel bereits am konventionellen Röntgenbild gestellt werden.

Eine genaue Differenzierung zwischen Twoplane-, Triplane-I- und -II-Frakturen ist oft nur anhand einer Schnittbildgebung möglich [10, 11]. Sie wird v. a. zur Beurteilung des dorsalen Frakturabschnitts und bei vermeintlich undislozierten Übergangsfrakturen empfohlen. Die beste Beurteilung einer Dislokation lässt sich dabei durch eine Computertomografie erreichen [5, 12].

Therapie

Entsprechend den Richtlinien einer jeden Gelenkfraktur ist das Ziel, eine anatomische Gelenkrekonstruktion zu erreichen und möglichst eine Kompressionsosteosynthese nach Reposition durchzuführen.

Undislozierte Frakturen (2 mm Dehiszenz, keine Gelenkstufe) können konservativ im Unterschenkelgips für 4 bis 6 Wochen therapiert werden. Dislozierte Frakturen müssen anatomisch unter Anästhesie reponiert werden. Ob eine geschlossene Reposition erfolgen kann oder eine offene Darstellung der Frakturregion notwendig ist, wird kontrovers diskutiert [6, 7]. Im Zweifel sollte die Frakturreposition nach Meinung der Autoren über einen kleinen ventralen Zugang kontrolliert werden.

Aufgrund des veränderten Frakturmusters ist eine Verschraubung der epiphysären Fraktur von medial schwierig. Eine optimale Kompression erreicht man durch eine direkte, schräg von anterolateral nach dorsomedial verlaufende Schraubensoteosynthese. Dabei kann die (bereits verschlossene) Wachstumsfuge gekreuzt werden, ohne dass Wachstumsstörungen zu befürchten wären (Abb. 4). Die Verschraubung des dorsalen Frakturanteils gelingt in der Regel indirekt geschlossen von ventral, analog zur Versorgung des hinteren Volkmann-Dreiecks (Abb. 5).

Abb. 4
figure 4

Schraubenosteosynthese der Twoplane-Fraktur, gleichmäßig grau gefärbte Fläche bereits verknöcherter Fugenanteil, Schraubenverlauf (Pfeil) a in der axialen, b in der koronaren Schicht

Abb. 5
figure 5

Osteosynthesetechnik einer Triplane-I-Fraktur, direkte Verschraubung der ventrolateralen epiphysären und indirekte Verschraubung der dorsalen Fraktur

Prognose

Aufgrund des bereits begonnen Fugenschlusses sind im Gegensatz zu den fugennahen Verletzungen bei noch weit offenen Wachstumsfugen (Salter und Harris I–IV) keine relevanten Wachstumsstörungen mehr zu befürchten. Wie nach allen Gelenkfrakturen ist jedoch, v. a. bei unzureichender Reposition, mit Spätfolgen im Sinne einer Früharthrose zu rechnen [1]. Im Vergleich zur Salter- und Harris-III- und -IV-Verletzungen, bei denen die Fraktur immer sehr weit medial liegt, rückt diese bei der Übergangsfraktur je nach Reifezustand immer weiter nach lateral in die Hauptbelastungszone, was zumindest theoretisch ein größeres Risiko für eine Früharthrose darstellt. Vergleichende Untersuchungen mit einer ausreichenden Fallzahl und einem entsprechenden Nachuntersuchungszeitraum existieren jedoch nicht.

Fazit für die Praxis

  • Die Übergangsfraktur stellt die typische Gelenkfraktur des Jugendlichen bei bereits begonnenem Fugenschluss dar.

  • Die Übergangsfraktur weist ein stereotypes Frakturmuster auf, welches sich von den Verletzungen bei weit offener Fuge unterscheidet.

  • Diagnostik und Therapie der Übergangsfraktur müssen an die veränderten Verhältnisse angepasst werden.

  • Ziel der Behandlung ist eine anatomische Gelenkrekonstruktion, um eine Früharthrose zu vermeiden.