Hintergrund und Fragestellung

Die Behandlung fortgeschrittener Rektumkarzinome ist eine chirurgische Herausforderung. Die Entscheidung, eine multiviszerale Resektion/Beckeneviszeration durchzuführen, ist mit einer berechtigten Sorge um die posttherapeutische Lebensqualität verbunden. Die Datenlage zu dieser Fragestellung ist limitiert.

Patienten und Methoden

Die Autoren von Swansea Pelvic Oncology Group analysierten 110 konsekutive Patienten, die zwischen Januar 2011 und Dezember 2012 eine abdominoperineale Amputation (APR) oder eine Beckeneviszeration erhalten haben. Die Lebensqualität (QOL) wurde mittels des QLQ-C30-Fragebogens vor und 2 Wochen nach der Operation bestimmt. Folgebögen wurden 3, 6, 12 und 24 Monate postoperativ verschickt. Eine neoadjuvante Radiochemotherapie (RCT) wurde bei Bedrohung der zirkumferenziellen Resektionsgrenze (CRM) oder massiven Lymphknotenbefall durchgeführt.

Ergebnisse

Insgesamt 54 Patienten erhielten eine APR, 56 eine Eviszeration (davon n = 38 partielle, n = 18 eine totale Eviszeration). Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied in der Anwendung der neoadjuvanten Therapie, im postoperativen Lymphknotenstatus, im CRM-Befall, in der adjuvanten Therapie, in den postoperativen Komplikationen und der Dauer der stationären Behandlung. Die eviszerierten Patienten hatten einen höheren Anteil an pT4-Tumoren sowie einen höheren Anteil an perinealen Rekonstruktionen mittels muskulokutaner Lappenplastik.

Im Gruppenvergleich schnitten Patienten nach einer Eviszeration im Vergleich zu Patienten nach einer APR schlechter bezüglich funktioneller, sozialer, emotionaler und psychischer Parameter 2 Wochen postoperativ ab, dieser Unterschied war allerdings nach 3 Monaten nicht mehr festzustellen. Die sozialen Parameter normalisierten sich in den beiden Gruppen auch nach 24 Monaten nicht.

Kein Unterschied wurde beobachtet zwischen neoadjuvant vorbehandelten und nichtvorbehandelten Patienten sowie zwischen Patienten nach partieller oder totaler Eviszeration.

Diskussion und Fazit

Die interessante Arbeit bestätigt, dass eine ausgedehnte multiviszerale Resektion beim Rektumkarzinom keinen zusätzlichen Verlust der QOL im Vergleich zu einer Standardoperation (APR) bringt. Es liegt die Vermutung nahe, dass bereits eine Rektumamputation über die QOL entscheidet, der Zusatz einer Eviszeration ändert diese Situation nicht mehr signifikant. Dies erklärt auch den hier nicht beobachteten bekannten negativen Einfluss einer neoadjuvanten Behandlung auf die Lebensqualität [1] – dieser ist vor allem funktionell bedingt und kommt damit bei fehlendem Sphinktererhalt so nicht zum Vorschein. Kritisch anzumerken ist, dass die Autoren nur den allgemeinen Erfassungsbogen zur Lebensqualität QLQ-C30 verwendet haben, nicht aber das spezifisch für kolorektale Karzinome entwickelte Zusatzformular QLQ-CR29 [2]. Auch eine Langzeitbeobachtung (jenseits der 24-Monaten-Grenze) würde wahrscheinlich zusätzliche Erkenntnisse liefern. Wichtig ist jedoch die Bestätigung, dass für die Patienten, die einer Rektumamputation bedürfen, eine onkologisch sinnvolle und radikale Multiviszeralresektion keinen weiteren Verlust der Lebensqualität bedeutet.

Interessenkonflikt

P. Mroczkowski und C.J. Bruns geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.