Die Diskussion um Kompetenzen im Fach Sport hat sich im vergangenen Jahrzehnt etabliert und ausdifferenziert (Pfitzner, 2018; Töpfer, 2019). Entgegen zunächst skeptischer Annahmen (u. a. Thiele, 2012) geht es aktuell längst nicht mehr um die Frage, warum Kompetenzorientierung im Sportunterricht Einzug halten soll, sondern wie dies geschehen kann. Dabei ist insbesondere die Entwicklung von Kompetenzmodellen in den Fokus gerückt. In diesem Zuge sind verschiedene Modellentwürfe entstanden, in denen der Bildungsauftrag des Sportunterrichts abgebildet werden soll (u. a. Gogoll, 2013; Messmer, 2013). In den Modellen wird auf verschiedene Art und Weise versucht, Wissen und Können zu operationalisieren. Ganz allgemein wird Wissen meist als kognitive Disposition verstanden, die in Verbindung mit Können steht, welches mit Handeln und Performanz assoziiert wird (u. a. Neuweg, 2020). Für das Fach Sport soll es demnach darum gehen, bei den Schüler*innen ein „Ensemble an Wissen und Können“ (Gogoll, 2008, S. 157) zu entwickeln, um komplexe Anforderungssituationen der Sport- und Bewegungskultur bewältigen zu können. Gleichwohl ist bislang kaum hinreichend geklärt, wie Wissen und Können im Fach Sport jeweils genau zu verstehen sind, wie sie sich voneinander unterscheiden und in welchem Zusammenspiel sie stehen. In diesem Sinne folgen wir der Frage: Was zeichnet Kompetenzen – verstanden als Interaktion von Wissen und Können – von Schüler*innen im Fach Sport aus?

Als Kernelement eines Entwurfs zur Kompetenzorientierung im Sport (EKSpo) möchten wir mit der hier vorgestellten Taxonomie eine Möglichkeit für den Sportunterricht aufzeigen, Wissen und Können sowie deren Interaktion zu operationalisieren. Für den pädagogischen Umgang begreift Baumgartner (2014) Taxonomien als „ein Gliederungssystem für die kognitiven Lehr- und Lernaspekte“ (S. 36), welches dabei helfen soll, Aspekte der komplexen und vielfältigen Welt zu ordnen und zu strukturieren (ebd., S. 48). Taxonomien können auf diese Weise als Werkzeug für die methodisch-didaktische Konzeption von Lernzielen und Aufgaben dienen. Darüber hinaus stellen sie eine Voraussetzung für die Entwicklung empirischer Instrumente sowohl für die Analyse kompetenzorientierter Lehr-Lern-Prozesse als auch für die Kompetenzerfassung dar.

Im ersten Teil des vorliegenden Beitrags arbeiten wir Ausgangspunkte heraus, die unsere Operationalisierung von Wissen und Können in einem Erziehenden Sportunterricht (Balz & Neumann, 2015; Prohl, 2010) theoretisch fundieren. Zunächst skizzieren wir dazu die bildungswissenschaftlichen Ansprüche an die Modellierung von Kompetenzen. Auf dieser Basis stellen wir Anforderungssituationen der Sport- und Bewegungskultur in den Vordergrund unserer Überlegungen und leiten über zum Bildungsauftrag des Faches Sport. Daran anknüpfend geben wir Einblicke in vorhandene Systematiken zum Wissen im Sport und reflektieren zusammenfassend ausgewählte Kompetenzmodelle zum Sportunterricht.

Im zweiten Teil bündeln wir die gewonnenen Erkenntnisse der genannten Ausgangspunkte in einer eigenen Taxonomie für den Sportunterricht. Darin sollen Wissen und Können systematisch miteinander verknüpft und deren Interaktion geklärt werden. Die EKSpo-Taxonomie bietet auf diese Weise eine domänenspezifische Grundlage für die methodisch-didaktische Konzeption sowie die empirische Analyse von kompetenzorientierten Lehr-Lern-Prozessen und deren Wirkungen im Sportunterricht.

Ausgangspunkte: Wissen und Können im Sportunterricht

Bildungswissenschaftliche Ansprüche an die Modellierung von Kompetenzen

Die bildungswissenschaftliche Auslegung von Kompetenz ist zunächst weit gefasst und greift auf die Definition von Weinert (2001) zurück, die sich auch in der folgenden Aussage von Klieme und Hartig (2007, S. 14) erkennen lässt: „Kompetenz zeigt sich im je situativen Bewältigen von Anforderungen (in der ‚Performanz‘ des Handelns), wird aber als Disposition interpretiert. Dementsprechend ist Kompetenz kontextualisiert und spezifisch, aber auf Transfer und Verallgemeinerung angelegt. Kompetenz bezieht sich sowohl auf Handlungsvollzüge als auch auf die ihnen zugrunde liegenden mentalen Prozesse und Kapazitäten, zu denen Kognition, Motivation und Volition bzw. Wissen und Können gehören“. Vereinfacht ausgedrückt, stehen Kompetenzen demnach für „anwendungsfähiges Wissen und ganzheitliches Können“ (ebd., S. 13).

Die zentrale Aufgabe der Forschung liegt derzeit in der Bereitstellung von Modellen der Struktur, Stufung und Entwicklung von Kompetenzen, um den Ansprüchen an theoretische Anschlussfähigkeit und empirische Überprüfbarkeit gerecht zu werden (Klieme & Leutner, 2006). Diese sind unter anderem notwendig, um „zwischen abstrakten Bildungszielen und konkreten Aufgabensammlungen zu vermitteln“ (Klieme & Hartig, 2007, S. 71). Klieme und Leutner (2006) unterscheiden dabei im Wesentlichen zwischen Strukturmodellen und Niveaumodellen. Kompetenzstrukturmodelle bilden die Dimensionalität von Kompetenzen ab. Im Mittelpunkt steht dabei die Beschreibung jener Voraussetzungen, die zur Bewältigung von bestimmten Aufgaben und Problemen erforderlich sind. Kompetenzniveaumodelle hingegen konkretisieren spezifische Kompetenzen anhand unterschiedlicher Ausprägungen (z. B. „Model of Hierarchical Complexity“; Bernholt, Parchmann, & Commons, 2009). In der empirischen Bildungsforschung hat sich darüber hinaus ein hybrider Modelltyp etabliert, in welchem meist die drei Aspekte Inhalte, Anforderungsbereiche und Kompetenzen in Verbindung gesetzt werden (ebd.). Mit diesem Modelltyp wird versucht, Kompetenzen zu operationalisieren, die für bestimmte Performanzen in einer Domäne erforderlich sind.

Bereits vor Jahrzehnten initiierte Bloom (1956) – hier noch mit dem Fokus auf die kontextunabhängige Modellierung von kognitiven Dispositionen – die Idee einer Lernzieltaxonomie. In Erweiterung dieser viel zitierten Taxonomie legten Anderson und Krathwohl (2001) einen eigenen Entwurf zur Strukturierung von Lernzielen vor. Ihre sogenannte Taxonomietabelle („taxonomy table“) ist heute weit verbreitet und umfasst in Erweiterung zur Bloomschen Taxonomie neben kognitiven Prozessen (z. B. Verstehen, Anwenden) auch Wissensarten (z. B. Faktenwissen, prozedurales Wissen). Während Maier, Kleinknecht, Metz und Bohl (2010) herausstellen, dass „die Bloomsche Lernzieltaxonomie über Jahrzehnte die Beschreibung von Lernzielen bzw. Aufgabenstellungen [beeinflusste] und [..] damit ein bedeutsamer, fächerübergreifender Referenzrahmen [war]“ (S. 85), haben sich Taxonomien im Kontext von Kompetenzorientierung als zentrales Instrument zur Strukturierung von Lernprozessen erwiesen. Auch für die Modellierung von Kompetenzen werden Taxonomien als bedeutsam erachtet. Winther (2016) folgert diesbezüglich, dass für die Entwicklung von Kompetenzstrukturmodellen im schulischen Kontext „elaborierte Taxonomien (vgl. u. a. Anderson & Krathwohl, 2001) vor[liegen], die ihrerseits die Fachdidaktik der entsprechenden Disziplin maßgeblich beeinflusst haben“ (S. 8). In der Sportdidaktik sind die Bloomschen Taxonomiebestandteile bislang allenfalls vereinzelt und weitgehend unsystematisch bei der Formulierung von Lernzielen eingesetzt worden.

Anforderungssituationen in der Sport- und Bewegungskultur

Kompetenzen zeigen sich insbesondere in der Bewältigung von Anforderungen in variablen Situationen (Blömeke, Gustafsson, & Shavelson, 2015; Weinert, 2001; Klieme & Hartig, 2007) und „bilden sich auch überhaupt erst in ihnen aus. In den Anforderungen und in der Auseinandersetzung mit ihnen liegt demnach zugleich auch das Potenzial für weiteres Lernen, d. h. für den Neuaufbau oder für die Veränderung, Erweiterung, Vernetzung der bereits vorhandenen individuellen Wissensstruktur, und damit für den Erwerb und die Weiterentwicklung von Kompetenzen“ (Gogoll, 2014, S. 96).

Anforderungssituationen im Sport dienen als Ausgangspunkt, um den Gegenstand zu beschreiben und um Kompetenzen für deren Bewältigung abzuleiten. Gleichzeitig dienen Anforderungssituationen als methodisch-didaktischer Lernanlass, um Kompetenzen zu erwerben. Die zu entwickelnden Kompetenzen von Schüler*innen sind somit maßgeblich aus den gegebenen und zukünftig zu erwartenden sport- und bewegungsbezogenen Anforderungssituationen abzuleiten. Konsequenterweise wäre an dieser Stelle somit zu bestimmen, welche konkreten Anforderungen des sport- und bewegungskulturellen Alltags typisch sind. Eine beispielhafte Situation könnte darin liegen, dass beim Spiel mit den Nachbarskindern es ziemlich durcheinander geht und keiner so recht weiß, wie der Einzelne sich im Team verhalten soll und welche Aufgaben er übernehmen soll (für weitere Beispiele siehe Abb. 2). Eine systematische Analyse zur Identifikation und Beschreibung solcher Anforderungssituationen steht in der Sportwissenschaft bislang allerdings noch aus. Angesichts der Vielgestaltigkeit und der damit verbundenen Vieldeutigkeit der Sport- und Bewegungskultur könnte eine solche Analyse eine Momentaufnahme einer sich laufend wandelnden Sport- und Bewegungskultur sein; Anforderungssituationen der Zukunft blieben dabei weitgehend offen. Zudem wäre es für den Sportunterricht ein überhöhter Anspruch, all jene Kompetenzen zu entwickeln, die für das Handeln in jeglichen typischen Anforderungssituationen (von heute und morgen) notwendig sind.

Vielmehr kann es aber um die Vermittlung von Kompetenzen gehen, die Schüler*innen zur Orientierung in der Sport- und Bewegungskultur verhelfen (Gogoll, 2020). Ein innerhalb der deutschsprachigen Sportdidaktik gängiges Konzept zur Vermittlung einer solchen Orientierung kann in einem auf Handlungsfähigkeit im Sport abzielenden, Erziehenden Sportunterricht gesehen werden.

Handlungsfähigkeit im Erziehenden Sportunterricht

Jenseits dauerhafter Kontroversen (zuletzt Krüger & Hummel, 2019) gilt sowohl in der sportdidaktischen Community als auch in den bundesweiten Lehrplänen der Erziehende Sportunterricht mit seinen durchaus unterschiedlichen Tönungen (im Überblick Hapke, 2017) als das Konsenskonzept in der Sportdidaktik (Prohl, 2010). In einer verbreiteten Lesart werden Handlungsfähigkeit und Mehrperspektivität sowie die Bewegungsfelder als zentrale Elemente eines Erziehenden Sportunterrichts verstanden (u. a. Balz & Neumann, 2015; Scheid & Prohl, 2017). Es wird davon ausgegangen, dass die gezielte Auseinandersetzung mit der Sport- und Bewegungskultur aus verschiedenen pädagogischen Perspektiven (z. B. Miteinander, Eindruck) maßgeblich zur Entwicklung der Handlungsfähigkeit beiträgt (Balz & Neumann, 2015; Kurz, 2004).

Handlungsfähigkeit lässt sich in operative und reflexive Handlungsfähigkeit unterscheiden (Gogoll, 2013; Neumann, 2020; Schierz & Thiele, 2013): Operative Handlungsfähigkeit beinhaltet motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie sportbezogenes Wissen, welche zum qualifizierten Ausüben und Nachvollziehen bewegungs-, spiel- und sportkultureller Praktiken befähigen. Reflexive Handlungsfähigkeit steht für das Vermögen, die gängigen kulturellen Praktiken hinterfragen und bewerten sowie das eigene Sporttreiben selbstbestimmt und verantwortungsvoll regulieren zu können. Beide miteinander verwobenen Formen der Handlungsfähigkeit müssen entwickelt werden, damit Kinder und Jugendliche eigenverantwortlich in der sportlichen Wirklichkeit von heute und morgen handeln können (Gogoll, 2013; Sygusch & Hapke, 2018).

Damit wird deutlich, dass der Bildungsauftrag und die damit verbundenen sport- und bewegungsbezogenen Anforderungssituationen, für die Schüler*innen adäquate Kompetenzen erwerben sollen, im Fach Sport neben Motorischem und Sportlichem auch Kognitives und Metasportliches in den Blick nehmen müssen und sich nicht etwa im Modus des motorischen Machens oder der ästhetisch-expressiven Weltbegegnung erschöpfen können (Serwe-Pandrick, 2016). Das Fach Sport zielt somit ebenso wie andere Unterrichtsfächer „explizit auf kognitiv-intellektuelle Erträge“ – und das nicht erst im Oberstufenunterricht (Gogoll, 2010, S. 31). Damit wird deutlich, dass auch im Fach Sport Wissen und Können im Sinne von Klieme und Hartig (2007) anwendungsfähig und reflektiert sein sollen. Gleichwohl ist bislang kaum hinreichend geklärt, wie anwendungsfähiges Wissen und reflektiertes Können nach diesem Verständnis in ein Kompetenzmodell für den Sportunterricht überführt und damit systematisch angesteuert und überprüft werden können.

Bei einem Blick über den deutschsprachigen Tellerrand finden sich die oben skizzierten Gedanken einer sport- und bewegungsbezogenen Handlungsfähigkeit in der international mittlerweile viel zitierten Idee von einer Physical Literacy (Whitehead, 2010) wieder. Physical Literacy wird dabei als ganzheitliches Konzept verstanden, welches nach Edwards, Bryant, Keegan, Morgan, und Jones (2017) unter anderem drei zentrale inhaltliche Elemente aufweist: affektive, kognitive sowie körperlich-motorische Facetten. Cale und Harris (2018) schreiben in diesem Zusammenhang dem Wissen eine Schlüsselfunktion zu, indem es sowohl im Bereich der kognitiven Facetten als auch auf Physical Literacy im Ganzen Einfluss hat. Noch pointierter hebt Ennis (2015, S. 119) Wissen sogar als das „Herz der Physical Literacy“ hervor, indem es nicht nur als Basis für Performanzen gilt, sondern auch Ausgangspunkt für Transfer und Innovation darstellt.

Wissen im (Erziehenden) Sportunterricht

Wissen wird als Kernbestandteil kompetenten sportbezogenen Handelns betrachtet (Gogoll, 2013; Edwards et al., 2017; Ennis, 2015; Messmer, 2013). Gleichwohl beschreibt Wagner (2016, S. 33) den diffusen Umgang mit dem Begriff Wissen im Sport(unterricht): „Obwohl Wissen ein in der Alltagssprache oft verwendeter Begriff ist [oder gerade deswegen], lässt sich keine eindeutige Begriffsdefinition finden.“ Im Folgenden soll im ersten Schritt geklärt werden, wie Wissen auf einer inhaltlichen Ebene (Wissensinhalte) im Sportunterricht zum Tragen kommt. Anschließend sollen auf einer strukturellen Ebene verschiedene Wissensarten zusammenfassend dargestellt werden.

Wissensinhalte

Gogoll (2013) beschreibt Handlungswissen als zentrales Element von Kompetenzen im Sport. In einer jüngeren Veröffentlichung verortet er Wissen in einer Unterscheidung von spezifischer sportlicher Bewegungshandlungskompetenz und einer allgemeinen sportbezogenen Bewegungshandlungskompetenz (Gogoll, 2020).

Spezifische sportliche Bewegungshandlungskompetenz steht nach Gogoll (2020) für Handlungswissen, welches sich „auf das Sporttreiben-Können in einem engeren, leistungsorientierten Sinne“ bezieht (ebd., S. 60). Es geht dabei um das erfolgreiche und informierte Ausführen von sportlichen Bewegungshandlungen. Diese Form des Wissens wird auch in kognitionspsychologischen Handlungsmodellen postuliert, wonach Bewegungshandlungen immer auf mentalen Repräsentationen, d. h. auf Kognitionen, beruhen (Niederkofler & Amesberger, 2016). Die Antizipation (z. B. Einschätzung einer Spielsituation), Realisation (z. B. Ausführung des Passes) und Interpretation (z. B. anschließende Bewertung der Ausführung des Passes) motorischer Handlungen werden u. a. durch kognitive Prozesse reguliert (Conzelmann, Hänsel, & Höner, 2013). Zusammenfassend wird deutlich, dass diese Form des Handlungswissens maßgeblich auf Bewegungsfeldern und Sportarten basiert.

Im Sinne eines Erziehenden Sportunterrichts fokussiert Gogoll (2020) weiterhin Handlungswissen, welches sich insbesondere aus den pädagogischen Perspektiven speist. Er bezeichnet diesen Bereich als sogenannte „allgemeine sportbezogene Bewegungshandlungskompetenz“. Sportunterricht soll demnach „Sport in der Schule nicht nur mit Bezugnahme auf seine leistungsbezogenen Erziehungs- und Bildungspotenziale [thematisieren]; er macht den Sport im Sportunterricht darüber hinaus auch in anderen Hinsichten zum Thema“ (Gogoll, 2020, S. 62). In einem Erziehenden Sportunterricht erfüllen die pädagogischen Perspektiven ihre Bildungspotenziale sowohl hinsichtlich der Sacherschließung als auch der Persönlichkeitsentwicklung (Balz & Neumann, 2015). Die damit verbundenen Ansprüche sowie die darin eingelagerten Wissensinhalte konnten beispielsweise Hapke (2017) für die Perspektiven „Soziales Miteinander“ und „Leistung“, Töpfer (2019) für die Perspektive „Gesundheit“ sowie Böttcher (2017) für die Perspektive „Wagnis“ herausarbeiten.

Beide Bereiche der Wissensinhalte (Bewegungsfelder und pädagogische Perspektiven) lassen sich jeweils in den sportwissenschaftlichen Teildisziplinen (z. B. Trainingswissenschaft, Sportpsychologie) verorten und können gleichermaßen als Querschnittsthemen (z. B. Gesundheit, Leistung, Spielen, Bewegen im Wasser) verstanden werden.

Wissensarten

Wissen kommt im sport- und bewegungsbezogenen Handeln in verschiedenen Wissensarten zum Tragen. In Anlehnung an kognitionspsychologische Unterteilungen des Gedächtnisses kann Wissen auf einer übergeordneten Ebene dabei einerseits explizit und andererseits implizit repräsentiert sein (Hoffmann & Engelkamp, 2017; Kiesel & Koch, 2012; Wentura & Frings, 2013). Die Relevanz expliziten und impliziten Wissens für das motorische Handeln und ihres Bedeutungsgehaltes im Sportunterricht wird vielfach kontrovers diskutiert (u. a. Niederkofler & Amesberger, 2016; Laging, 2021). Auf einer weiteren Ebene können verschiedene Arten des Gedächtnisses unterschieden werden.

Sportbezogene kognitive Dispositionen basieren aus kognitionspsychologischer Sicht (Hoffmann & Engelkamp, 2017; Kiesel & Koch, 2012; Wentura & Frings, 2013) insbesondere auf dem semantischen und episodischen Gedächtnis. Beide Gedächtnisarten sind (im Sinne des expliziten Wissens) deklarativ und damit sprachlich explizierbar. Das semantische Gedächtnis enthält Kenntnisse über Sachverhalte (z. B. Gesetzmäßigkeiten, Prozesse, Fakten), die ohne Selbstbezug vorliegen wie etwa die Bewegungsvorstellung zur Judorolle, gesundheitsbezogenes Wissen zur Belastungsdosierung oder Prinzipien der Chancengleichheit bei Wettkämpfen. Das episodische Gedächtnis enthält zeitlich und räumlich spezifische, persönliche Ereignisse. Sie weisen immer einen starken Selbstbezug auf, z. B. Erinnerungen an einen ersten Ausführungsversuch der Judorolle oder körperliche Erfahrungen bei Ausdauerläufen in der Vergangenheit.

Sportbezogene motorische Dispositionen basieren aus kognitionspsychologischer und sportmotorischer Sicht (Kiesel & Koch, 2012; Künzell, 2015, 2021) insbesondere auf dem prozeduralen Gedächtnis. Dieses enthält (teil)automatisierte Verhaltensroutinen und ist in der Regel nicht-deklarativ und daher implizit. In der Regel meint, dass „ein expliziter Wille keine notwendige Voraussetzung für eine effektive Koordination der Motorik sein muss“ (Künzell, 2021, S. 13). Nach dem sogenannten ideomotorischen Prinzip, werden – stark vereinfacht – das Bewegungsziel im (prozeduralen) Langzeitgedächtnis und der situative Ausgangspunkt im Kurzzeitgedächtnis repräsentiert, während die weitere Bewegungskontrolle primär selbstorganisiert und damit implizit erfolgt (Künzell, 2015).

Niederkofler und Amesberger (2016) verdeutlichen in diesem Zusammenhang, dass kognitive Prozesse, die zum Beispiel die Situationswahrnehmung und die Bewegungsausführung des Torschusses oder Passes steuern, weitgehend unbewusst und nicht verbalisierbar ablaufen, d. h. als implizite mentale Prozesse. Ob beim Fußballspielen der Ball an einen Mitspieler abgegeben oder selbst auf das Tor geschossen wird, kann aber auch auf bewussten Entscheidungen beruhen, die auf der Grundlage von Wissensbeständen (bspw. über Angriffstaktiken, Spielregeln sowie die eigenen Fähigkeiten und die des Mitspielers) getroffen werden. Ähnlich kann dies auch beim Kooperieren im Sport beobachtet werden, indem die Rollenverteilung in Mannschaftssportarten häufig implizit entsteht. Aber auch hier können Rollen explizit im Rahmen der taktischen Planung vergeben und eingenommen werden. Damit wird deutlich, dass explizites und implizites Wissen sich nicht unbedingt gegenüberstehen, sondern das sportliche Handeln lediglich aus zwei unterschiedlichen Sichtweisen heraus fundieren. Wagner (2016) verdeutlicht, dass deklarative (semantisch und episodisch) und prozedurale Wissensbestände sich gegenseitig beeinflussen und deklaratives Wissen durchaus als wichtiger Bestandteil guter motorischer Ausführung zu verstehen sei. Bei Bewegungshandlungen ist es beispielsweise möglich, dass implizites prozedurales Wissen in gewissem Maße expliziert und damit in semantisches Wissen überführt werden kann. Auch umgekehrt ist dies in etwa beim Bewegungslernen im Anfängerbereich zu beobachten, indem beispielsweise über Bildreihen im Turnen Bewegungsabläufe zunächst explizit als semantisches Wissen aufgenommen und im Laufe des Übungsprozesses in implizites prozedurales Wissen transferiert wird.

Wissen kann somit als ein zentraler Kernbestandteil kompetenten sportbezogenen Handelns verstanden werden. Dabei tragen verschiedene Wissensinhalte und Wissensarten dazu bei, dass Kinder und Jugendliche verantwortungsvoll an der Sport- und Bewegungskultur partizipieren können. Diesbezüglich erscheint insbesondere explizites Wissen bedeutsam, sodass Schüler*innen zu bewussten und begründeten Handlungsentscheidungen kommen. Gleichzeitig wird Wissen vor diesem Hintergrund lediglich als ein Kernbestandteil kompetenten sportbezogenen Handelns betrachtet. Zur Bewältigung unterschiedlicher Anforderungen im Sport werden kognitive Dispositionen damit als notwendige, aber nicht als hinreichende Basis aufgefasst, um tatsächlich handeln zu können. Je nach Anforderungssituation werden weitere Leistungsdispositionen benötigt, bspw. psychosoziale Ressourcen (u. a. Motivation, Volition, Selbstkonzept, Kooperationsfähigkeit), Werte und Haltungen sowie motorische und körperliche Dispositionen (Edwards et al., 2017; Gogoll, 2014).

Kompetenzmodelle für das Fach Sport

In der Sportdidaktik wurden in den vergangenen 15 Jahren verschiedene Modellierungsansätze vorgelegt, in denen die Bildungsansprüche des Faches Sport unterschiedlich abgebildet wurden (im Überblick Pfitzner, 2018; Töpfer, 2019). Erste Ansätze zur Operationalisierung von Wissen mit Bezug zu sportbezogenem Können wurden insbesondere durch Messmer (2013, 2018) und Gogoll (2013, 2014) erarbeitetFootnote 1.

Messmer (2013, 2018) legt mit seinem sogenannten Fachmodell Sport einen Modellierungsansatz vor, welcher die „Repräsentativität von Sport kategoriell darstellen und den Sport in Bezug auf seinen Bildungsanspruch angemessen repräsentieren“ soll (Messmer, 2013, S. 31). Messmer skizziert dabei ein Kontinuum zwischen Können, Wissen und Beurteilen, auf dem er ein Spektrum von sechs Kompetenzbereichen zwischen konditionellen Fähigkeiten und Sinnkonstruktion aufspannt. Messmer (2013) legt mit seinem Fachmodell verstärkt Wert auf Aspekte von Motorik, Kondition und Koordination, die er dem Können zuordnet. Auffallend ist zunächst, dass das Modell nicht über die in der empirischen Bildungsforschung häufig anzutreffende dreidimensionale Modellstruktur verfügt. Pfitzner (2018) hebt hervor, dass die dafür charakteristischen Kompetenzstufen (oder Anforderungsniveaus) in dem Modell nicht vorhanden sind. Damit sind insbesondere Aussagen zur konkreten Operationalisierung von Wissen im Sport kaum und Darstellungen zur Komplexität der Kompetenzen nicht erkennbar. Aus fachdidaktischer Sicht macht Messmer deutlich, dass er nicht unmittelbar an dem bekannten sportdidaktischen Konzept der Handlungsfähigkeit ansetzt, sondern vielmehr dem Capability-Ansatz nach Nussbaum (2011) folgt. Gleichwohl lassen sich in dem Modell Aspekte der reflexiven Handlungsfähigkeit (z. B. Sinnkonstruktion) und vor allem der operativen Handlungsfähigkeit (z. B. motorische und technische Kompetenz) wiederfinden. Eine Verknüpfung zur Mehrperspektivität wird hingegen nicht explizit hergestellt.

Gogoll (2013, 2014) sucht mit seinem Modell der sport- und bewegungskulturellen Kompetenz direkten Anschluss an die Leitidee der Handlungsfähigkeit im Sport. Basierend auf einem hybriden Modelltyp beschreibt Gogoll eine dreidimensionale Unterteilung in Kompetenzbereiche, Themenkomplexe und Anforderungsniveaus. Das kognitionstheoretisch ausgerichtete Modell versucht insbesondere Aspekte der Wissensaufnahme, -verarbeitung und -nutzung abzubilden. Die Kompetenzbereiche (z. B. Ordnen und Deuten) orientieren sich an der „Struktur der Aktivitäten, die Schülerinnen und Schüler ausführen können müssen, um bildungsrelevante Anforderungen des Faches Sport zu bewältigen“ (Gogoll, 2014, S. 98). Die Anforderungsniveaus leiten sich aus dem Modell der hierarchischen Komplexität („Model of Hierarchical Complexity“; Bernholt et al., 2009) ab. Mit den Themenkomplexen, welche sich insbesondere an den pädagogischen Perspektiven orientieren (z. B. Sport und Wagnis), stellt Gogoll den Anschluss an die fachdidaktische Diskussion zum Erziehenden Sportunterricht her. Gogolls Modell liegt ein Verständnis der reflexiven Handlungsfähigkeit zugrunde, welcher das Vorhandensein eines Mindestmaßes an operativer Handlungsfähigkeit vorausgeht. Insgesamt wird das Modell der sport- und bewegungskulturellen Kompetenz vor diesem Hintergrund durchaus kontrovers diskutiert, da das Modell eindeutig kognitive Schwerpunkte setzt. Gissel (2013) merkt diesbezüglich kritisch an: „Konditionelle Fähigkeiten, technische Fertigkeiten, ja nicht einmal die Begriffe Sport oder Motorik kommen in dem Modell vor“ (S. 264). Die Modellierungsvorschläge von Gogoll sind u. E. dennoch wegweisend in der stringenten Operationalisierung von kognitiven Dispositionen im Fach Sport. Gleichwohl wird das vormals skizzierte Ensemble von Wissen und Können und dessen Zusammenspiel in dem Modell nur in Teilen angedeutet.

Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass vereinzelt Ansatzpunkte zur Konkretisierung von Wissen und Können vorliegen. Die bislang vorhandenen Kompetenzmodelle im Fach Sport bestimmen Wissen zwar als einen zentralen Bestandteil, bleiben jedoch weitgehend abstrakt darin, wie Wissen im Rahmen eines kompetenzorientierten und Erziehenden Sportunterrichts operationalisiert werden kann. Zudem bleibt weitgehend unklar, wie dieses Wissen zur Bewältigung von Anforderungssituationen nutzbar gemacht werden kann und in welchem Verhältnis dieses zum Können steht. In diesem Zusammenhang scheint auch kaum geklärt, wie Wissen als Bestandteil des Bildungsauftrags in Form der operativen und reflexiven Handlungsfähigkeit interpretiert werden kann. Folglich bleibt der rote Faden von der Handlungsfähigkeit im Sport über daraus generierte Kompetenzmodelle bis hin zu konkreten Lernzielen und Lernaufgaben im Sportunterricht bislang weitgehend unscharf.

Ausgehend von den aufgezeigten Unschärfen in der Operationalisierung von Wissen und Können gehen wir der folgenden konkretisierten Fragestellung nach: Wie kann eine an die empirische Bildungsforschung angelehnte dreidimensionale Taxonomie Wissen und Können vor dem Hintergrund des Bildungsauftrags der Handlungsfähigkeit im Sport operationalisieren?

EKSpo-Taxonomie: Themen, Aktivitäten, Anforderungsniveaus

Aus den gewonnenen Erkenntnissen möchten wir im Folgenden in einer Taxonomie für den Sportunterricht Wissen und Können systematisch miteinander verknüpfen. Die EKSpo-Taxonomie zielt darauf ab, eine domänenspezifische Grundlage für die methodisch-didaktische Konzeption sowie die empirische Analyse von kompetenzorientierten Lehr-Lern-Prozessen und deren Wirkungen im Sportunterricht zu bieten. Vor dem Hintergrund eines hybriden Modelltyps (Bernholt et al., 2009; Gogoll, 2013) skizzieren wir eine dreidimensionale Struktur bestehend aus Themen, Aktivitäten und Anforderungsniveaus, welche jeweils durch weitere vorhandene Modellierungsansätze konkretisiert werden (vgl. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Themen, Aktivitäten und Anforderungsniveaus in der EKSpo-Taxonomie

Themen

Die Dimension der Themen beschreibt, welche Wissensinhalte für den Kompetenzerwerb von Schüler*innen im Fach Sport bedeutsam sind. Kompetenzen sind kontextgebunden und erweisen sich in Anforderungssituationen der jeweiligen Domäne (Klieme & Hartig, 2007). Die EKSpo-Taxonomie beschreibt an dieser Stelle zunächst, was im Sportunterricht thematisiert werden soll – also die Auswahl und Konkretisierung von Unterrichtsinhalten. Die zentralen Ausgangspunkte dieser Bestimmung liegen einerseits in der Frage, welchen grundlegenden Anforderungssituationen sich Schüler*innen in den jeweiligen sport- und bewegungsbezogenen Lebenswelten stellen müssen und andererseits in der fachspezifischen Begründung von Wissensbereichen durch die Sportwissenschaft bzw. die Sportdidaktik.

Die Identifikation von für die Schüler*innen relevanten Anforderungsbereichen und -situationen der Sport- und Bewegungskultur erscheint angesichts ihrer Vielgestaltigkeit kaum lückenlos möglich. Als Orientierungsrahmen können je nach Deutung des Erziehenden Sportunterrichts inhaltlich entweder die pädagogischen Perspektiven (Balz & Neumann, 2015) oder die Bewegungsfelder (Scheid & Prohl, 2017) als inhaltliche Strukturierung in den Vordergrund gestellt werden. Beide Auslegungen haben aber gemein, dass eine Synthese von pädagogischen Perspektiven und Bewegungsfeldern Gegenstand des Sportunterrichts sein soll.

Auf Basis des laufenden Diskurses zur inhaltlichen Gestaltung eines Erziehenden Sportunterrichts lassen sich mit der vereinfachten Formel Bewegungsfelder×pädagogische Perspektiven konkrete Unterrichtsthemen sowie entsprechende Anforderungssituationen der Sport- und Bewegungskultur explizit ableiten. Beide Bereiche enthalten demnach Wissensbestände, welche nach Gogoll (2020) als Grundlage einer operativen und reflexiven Handlungsfähigkeit zu verstehen sind. In Erweiterung zur Idee der „Themenkomplexe“ von Gogoll (2013) lassen sich je nach Anforderungssituation verschiedene Bewegungsfelder und Perspektiven als Wissensinhalte definieren. Somit erschließt sich beispielsweise aus der Verknüpfung des Bewegungsfeldes Spielen in und mit Regelstrukturen und den Perspektiven Leistung und soziales Miteinander das Unterrichtsthema „Vier gewinnt – Taktische Strategien und Rollenverteilung im 4:4“ (Abb. 2). Unterrichtsthemen bilden mehr oder weniger komplexe Anforderungssituationen (hier zum Angriffs- und Abwehrverhalten) ab. Je nachdem, welche Perspektiven auf ein bestimmtes sportliches Handlungsfeld eingenommen werden, ändern sich die damit verbundenen Anforderungen (z. B. Ausdauerlaufen unter Gesundheits- vs. unter Leistungsperspektive [vgl. u. a. Kurz, 2004]).

Abb. 2
figure 2

Kompetenzorientierte Lernziele zu ausgewählten Themen

Bewegungsfelder und pädagogische Perspektiven sind als Querschnittsthemen der Sportwissenschaft (z. B. Gesundheit, Leistung, Spielen, Bewegen im Wasser) zu verstehen. Die Wissensbasis zur Bewältigung der themenbezogenen Anforderungssituationen bildet der (zielgruppenspezifisch didaktisch reduzierte) Kenntnisstand aus den sportwissenschaftlichen Teildisziplinen (z. B. Bewegungswissenschaft, Sportpsychologie).

Aktivitäten

Die Dimension der Aktivitäten beschreibt, durch welche Aktivitäten die Kompetenzen von Schüler*innen im Sport operationalisiert werden. Wir verstehen Wissen als zentrales Element eines kompetenzförderlichen Sportunterrichts. Vor diesem Hintergrund fasst diese Dimension kognitiv geprägte Prozesse zusammen, die Schüler*innen benötigen, um sowohl operativ als auch reflexiv handlungsfähig zu sein. Es erscheint daher folgerichtig, die Modellstruktur an vorhandenen kognitionspsychologischen Modellierungsansätzen auszurichten. In der Sportdidaktik bietet dabei das Modell von Gogoll (2013, 2014) einen gewinnbringenden Orientierungspunkt, indem es in der Dimension „Kompetenzbereiche“ drei kognitive Aktivitäten unterscheidet: Erkunden und Erschließen, Ordnen und Deuten sowie Planen und Entscheiden. Um diese kognitiven Prozesse abzubilden und konkret auch den Bereich des Könnens einzubeziehen, nutzen wir als Erweiterung die etablierte Taxonomietabelle von Anderson und Krathwohl (2001), welche insgesamt sechs kognitive Prozesse umfasst: Erinnern, Verstehen, Anwenden, Analysieren, Beurteilen und (Er‑)Schaffen.

Nach Adaptation dieser Modellierungsansätze umfasst die Dimension sechs konsekutiv angelegte Aktivitäten des Wissenserwerbs (1 + 2), der Wissensnutzung (3–5) und Wissensschaffung (6) (Abb. 1). Besonderes Augenmerk wird daraufgelegt, die Interaktion von Wissenserwerb und Wissensnutzung zur Bewältigung von Anforderungssituationen im Sport abzubilden. Dies folgt dem Grundgedanken von Gogoll (2014), nach dem in der Bewältigung von Anforderungen auch gleichzeitig das Potenzial für die Weiterentwicklung von Wissensstrukturen als Grundbestandteil von Kompetenzen liegt. Anforderungssituationen des Sports sind insbesondere in der Aktivität (4) Wissen nutzen: Umsetzen angelegt. Hier wird die Bewältigung konkreter Anforderungen im wissensbasierten praktischen Handeln erprobt und als Performanz sichtbar. Grundlegend tragen jedoch alle sechs Aktivitäten (wenngleich in unterschiedlicher Weise) zur Entwicklung von Kompetenzen bei.

In der Operationalisierung kann zwischen den Aktivitäten und deren Outcomes unterschieden werden. Während die Aktivitäten selbst zunächst weitgehend unsichtbare (kognitive) Prozesse sind, werden sie letztlich in sichtbaren und überprüfbaren Handlungen (Outcomes) beobachtbar (z. B. das Skizzieren einer Mannschaftstaktik auf einem Whiteboard oder das praktische Erproben eines Hindernisparcours).

Wissen erwerben

Die Aktivitäten (1) Wissen aufnehmen und (2) vernetzen zielen auf den Erwerb von neuem Fachwissen. Beim Wissenserwerb überschneiden sich kognitive Konstruktionsprozesse der Aufnahme, des Verstehens und der Vernetzung neuen Wissens. Um eine heuristische Logik eines schrittweisen Wissenserwerbs abzubilden, unterscheiden wir die Aktivitäten (1) Wissen aufnehmen und (2) vernetzen.

(1) Wissen erwerben:

Aufnehmen umfasst die Wahrnehmung, Aufnahme und Anreicherung von neuen, bislang nicht repräsentierten Wissensbestandteilen: Fakten, Zusammenhänge, übergeordnete Konzepte. Mit einer gelingenden Wissensaufnahme werden neue Wissensbestandteile aufgebaut oder vorhandene Wissensstrukturen – zunächst additiv – erweitert (Gogoll, 2013). Das Wissen ist dabei in der Regel semantisch, indem eine Schülerin beispielsweise in einem kurzen Vortrag die Abfolge einer Technik dargestellt oder ein Schüler zentrale Merkmale von gesundheitsorientiertem Ausdauersport wiedergibt. Episodisches Wissen kann dabei als vorbereitende Grundlage einfließen.

Der Outcome liegt in der Verfügbarkeit neuen Fachwissens. Die Lernenden sind in der Lage, dieses verbal oder schriftlich zu reproduzieren. Als Formulierungshilfe für Lernziele, Lernaufgaben und Leistungsaufgaben dienen Operatoren wie z. B. nennen, aufzählen, wiedergeben oder beschreiben (Anderson & Krathwohl, 2001).

(2) Wissen erwerben:

Vernetzen umfasst die Zusammenführung und Einordnung neuer Wissensbestandteile in bereits vorhandene Wissensstrukturen. Die Lernenden vernetzen neues aufgenommenes Wissen (Aktivität 1) mit (potenziell) vorhandenem Wissen. Mit einer gelingenden Vernetzung entstehen reorganisierte Neuordnungen der Wissensstrukturen, die sich in Umfang und Verständnis von vorhandenem Erfahrungs- und Fachwissen abheben, dieses bestätigen, ergänzen oder relativieren (Gogoll, 2013). Dabei kann sowohl semantisches Wissen untereinander als auch semantisches und episodisches Wissen miteinander vernetzt werden. Episodisches Wissen kann sich beispielsweise auf bewegungsfeld- und perspektivenbezogene Erfahrungen des Individuums beziehen (z. B. taktische Erfahrungen im Fußball oder Erfahrungen zum sozialen Missbefinden im Spiel). Semantisches Wissen umfasst das objektive Wissenssystem zur sportlichen Teilhabe (z. B. taktische Handlungsstrategien im Fußball).

Der Outcome liegt in der durch Aktivitäten sichtbar gemachten Verfügbarkeit reorganisierter Wissensstrukturen und damit im umfassenderen und tieferen Verständnis der entsprechenden Sachverhalte. Danach sind Lernende in der Lage, Wissensbestandteile verbal oder schriftlich begründet darzulegen. Operatoren für Lernziele, Lernaufgaben und Leistungsaufgaben sind bspw. erläutern, begründen, abgrenzen oder vergleichen.

Wissen nutzen

Ein wesentliches Kriterium der Kompetenzorientierung liegt in der Interaktion von anwendungsfähigem Wissen und dessen reflektierter Nutzung. In diesem Sinne markieren die folgenden Aktivitäten den Transfer erworbenen Wissens auf die aktive Wissensnutzung. Hier zeigt sich Können somit in der unmittelbaren wissensbasierten Bewältigung von sportlichen Anforderungssituationen.

Um eine heuristische Logik einer schrittweisen Wissensnutzung abzubilden, unterscheiden wir drei Aktivitäten: (3) Wissen nutzen: planen, (4) umsetzen und (5) auswerten. Die drei Aktivitäten orientieren sich damit an dem Handlungsphasenmodell von Nitsch (2004) und können prinzipiell als Entwicklungsschleifen angelegt sein, die gegebenenfalls mehrfach durchlaufen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Handeln neben Wissen weitere individuelle Dispositionen, wie zum Beispiel Einstellungen und Haltungen, Selbstwirksamkeit und Kooperationsfähigkeit sowie im Sport insbesondere motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten, beansprucht.

(3) Wissen nutzen:

Planen bezieht sich auf den Transfer erworbenen Wissens (Aktivitäten 1 + 2) zur Vorbereitung des eigenen Handelns in konkreten Anforderungssituationen. Der Begriff Planen verweist auf die Festlegung von Planungskriterien, die Auswahl relevanter Fakten, deren Bezug und ggf. Modifikation auf konkrete Situationen sowie auf die eigenen Voraussetzungen sportlichen Handelns. Diese Aktivität basiert insbesondere auf semantischem Wissen, welches die Erstellung des Handlungsplans am stärksten beeinflusst.

Der Outcome dieser Aktivität liegt in einem fertigen Handlungsplan. Die Schüler*innen sind in der Lage, ihr Handeln konkret vorzubereiten und diese Planungen auf Basis ihres erworbenen semantischen und episodischen Wissens zu kommunizieren und zu dokumentieren (bspw. taktische Zeichnung, Turnierplanung, Ablaufschema einer Choreographie). Operatoren für Lernziele, Lernaufgaben und Leistungsaufgaben sind beispielsweise, dass Schüler*innen einen Plan erstellen, das Handeln vorbereiten, transferieren, konkretisieren oder Kriterien festlegen.

(4) Wissen nutzen:

Umsetzen zielt auf das Überführen von wissensbasierten Handlungsplanungen (Aktivität 3) in konkretes Handeln. Die Lernenden setzen ihre Planungen und Entscheidungen bei der Bewältigung konkreter Anforderungen gezielt um. Dabei geht es zunächst darum, die geplanten Schritte in praxisnahen Situationen stringent durchzuführen und zu erproben. Darüber hinaus geht es darum, die Balance zwischen stringenter Anwendung und flexibler Anpassung an situative Bedingungen zu finden. Zentrale Voraussetzung hierfür sind die auf semantischem Wissen basierenden Handlungspläne der Lernenden. Überdies sind implizite (prozedurale) Wissensbestandteile beispielsweise in Form von automatisierten motorischen Handlungsmustern für die Umsetzung erforderlich (Gogoll, 2020). Im Verständnis eines Erziehenden Sportunterricht können dazu beispielsweise auch soziale oder gesundheitsbezogene Handlungsmuster zählen.

Der Outcome dieser Aktivität liegt in der sport- und bewegungsbezogenen Bewältigung von konkreten Anforderungen. Operatoren für Lernziele, Lernaufgaben und Leistungsaufgaben sind bspw. anwenden, durchführen, realisieren, anpassen oder gestalten.

(5) Wissen nutzen:

Auswerten fokussiert die reflektierte Auseinandersetzung und Bewertung des eigenen vorangegangenen Handelns (Aktivität 4). Kriterien dieser Auswertung sind die Planungen (Aktivität 3) sowie das erworbene Wissen (1 + 2). Auswerten zielt dabei sowohl auf die Sache als auch auf die eigene Person. Bei der Sache geht es um die Überprüfung des Handlungsplans, dessen Durchführbarkeit und Wirkung. Bezüglich der Person fokussiert eine Auswertung die Reflexion und Bewertung der eigenen Rolle im Handeln, der eigenen Voraussetzungen sowie Stärken und Schwächen. Referenzsystem dafür sind die vorhandenen semantischen Wissensbestandteile (Vernetzen sowie Planen).

Der Outcome liegt hier in den Erkenntnissen zum Ge- oder Misslingen des Handelns (Aktivität 4). Operatoren für Lernziele und Leistungsaufgaben sind bspw. überprüfen, interpretieren, bewerten, schlussfolgern etc.

Wissen schaffen

Wissen schaffen markiert den Transfer der vorangegangenen Aktivitäten auf den Entwurf von Neuem. Die angelegte Aktivität (6) greift den Modellierungsansatz von Anderson und Krathwohl (2001) auf, integriert aber neben der Sache auch deutlicher die eigene Person.

(6) Wissen schaffen:

Innovieren. Die Lernenden fügen Erfahrungen und Erkenntnisse von Wissenserwerb (Aktivitäten 1 + 2) und Wissensnutzung (3 bis 5) zusammen, sodass daraus innovatives Neues sowohl in der Sache als auch zur eigenen Person entstehen kann. In Anlehnung an Anderson und Krathwohl (2001) bezieht sich das Innovieren in der Sache auf die Weiterentwicklung von Lösungen für Anforderungssituationen im Sport. Dabei kann es sich auf objektiver Ebene um innovative neue Lösungen für bekannte Anforderungssituationen handeln (z. B. neue Spielformen) oder um den Transfer von Wissen und dessen Nutzung auf benachbarte Anforderungssituationen (inkl. außersportlicher Felder). Ebenso kann es dabei um Lösungen für potenzielle Anforderungssituationen „von morgen“ gehen. Auf der subjektiven Ebene bezieht sich das Innovieren auf die Person und deren individuelle Weiterentwicklung des eigenen sportiven Lebensentwurfs. Einerseits geht es um eine Selbsteinschätzung eigenen Wissens, eigener Fähigkeiten und Fertigkeiten auf Basis der eigenen Handlungserfahrungen und -bewertungen („Was weiß ich und was kann ich?“). Andererseits geht es um eine subjektive Bewertung des erworbenen Wissens sowie der Integration mit den vorhandenen Bedürfnissen, Motiven und Haltungen („Finde ich das, was ich kann, gut? Was will ich?“).

Der Outcome liegt in neuen Konzeptionen zur Sache oder der Person, die über erworbenes und genutztes Wissen der Schüler*innen hinaus gehen und verbal oder schriftlich dokumentiert sein können. Operatoren für Lernziele, Lernaufgaben und Leistungsaufgaben sind bspw. entwerfen, erschaffen, konzipieren oder schlagen neue Lösungen vor.

Anforderungsniveaus

Die Dimension der Anforderungsniveaus beschreibt Niveaustufen, auf denen sich kompetenzorientierte Lernziele, Lernaufgaben und Leistungsaufgaben abbilden. In der Modellierung der Anforderungsdimension wird in der EKSpo-Taxonomie an vorhandenen Niveaumodellen angeknüpft. Speziell für die Modellierung von Niveaustufen wurde das „Model of Hierarchical Complexity“ (MHC; Bernholt et al., 2009) entwickelt, welches auf fünf Stufen eine zunehmende Komplexität beschreibt (unreflektiertes Erfahrungswissen, Fakten, Prozessbeschreibungen, lineare Kausalität, multivariate Interdependenz). Daran anknüpfend wurde das Modell zur „Evaluation der Standards in den Naturwissenschaften“ (ESNaS, Walpuski et al., 2010) erstellt, welches ebenfalls eine fünfstufige Untergliederung umfasst: ein Fakt, zwei Fakten, ein Zusammenhang, zwei Zusammenhänge und ein übergeordnetes Konzept. Beide Modelle haben gemeinsam, dass sie die zunehmende Quantität von zu verarbeitenden Informationen und deren qualitative Vernetzung untereinander darstellen. Dabei sollen gerade bei höheren Niveaustufen auch Zusammenhänge von Wissen erfasst werden.

Während beide Modelle originär in naturwissenschaftlichen Fächern erprobt und für diese Domänen empirisch validiert wurden, liegen für das Fach Sport bislang nur theoretische Adaptionen in den Modellen von Gogoll (2014) und Töpfer (2019) vor. Gerade vor diesem Hintergrund fließen die Niveaustufen von MHC und ESNaS zunächst in einer reduzierten Komplexität in diese Dimension ein. In diesem Sinne unterscheiden wir zunächst drei Abstufungen: (1) Fakten, (2) Zusammenhänge und (3) übergeordnete Konzepte. Die Grundannahme einer zunehmenden quantitativen Komplexität, aber auch deren qualitativen Vernetzung auf höheren Stufen soll dennoch erhalten bleiben. Alle Niveaustufen beziehen sich auf explizites WissenFootnote 2.

(1) Fakten – isolierte Anforderungen:

Auf der niedrigen Niveaustufe werden einzelne Fakten aus einzelnen Themenfeldern abgebildet. Fakten können sowohl in Tiefe (z. B. Ausdifferenzierung eines Fakts) als auch in Breite (z. B. mehrere Fakten und einfache Verknüpfungen) ausdifferenziert sein. Dazu gehören bspw. Begriffe, Definitionen, einzelne Merkmale und Prinzipien. Zur Lösung isolierter Anforderungen werden einzelne Fakten oder deren einfache Verknüpfungen benötigt. Lebensweltlicher Orientierungspunkt sind hier isolierte Einzelanforderungen wie zum Beispiel die Kenntnis und Berücksichtigung von Belastungsnormativen beim Krafttraining.

(2) Zusammenhänge – Teilanforderungen:

Auf dieser mittleren Niveaustufe werden Zusammenhänge ausgewählter Fakten aus einzelnen Themenfeldern abgebildet. Als Zusammenhänge werden Wissensbestände eingestuft, in denen lineare Wenn-dann-Beziehungen zwischen einzelnen Wissensbestandteilen vorliegen. Dieses beinhaltet sowohl Prozessbeschreibungen im Sinne zeitlicher Abfolgen als auch einfache Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. In diesem Sinne sind Teilanforderungen quantitativ weniger umfangreich als komplexe Anforderungssituationen und zu ihrer Bewältigung werden weniger Wissensbestandteile benötigt. Lebensweltlicher Orientierungspunkt sind hier einzelne Teilanforderungen, die beispielsweise die Bewertung einer Bewegungsabfolge eines Mitschülers umfassen kann oder auch die Erläuterung von ausgewählten Trainingsumfängen und deren Wirkungen.

(3) Übergeordnete Konzepte – komplexe Anforderungen:

Übergeordnete Konzepte markieren den Kern der höchsten Niveaustufe. Diese Stufe ist prinzipiell nach oben offen, da Wissen und Anforderungssituationen in Breite, Tiefe und Komplexität im Grunde nicht einzugrenzen sind. Übergeordnete Konzepte sind multivariate Zusammenhänge von Wissensbeständen aus verschiedenen Wissensbereichen. Diese umfassen bspw. konzeptuelle Sachverhalte, Gesetzmäßigkeiten sowie komplexe wechselseitige Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. Lebensweltlicher Orientierungspunkt dieser Niveaustufe sind komplexe Anforderungssituationen, zu deren Bewältigung eine hohe Anzahl von Fakten und deren komplexes Zusammenwirken (übergeordnete Konzepte) eine relevante Wissensbasis bilden. Solche komplexen Anforderungssituationen sind für Schüler*innen beispielsweise Analysen zu einer komplexen Spielsituation im Handballspiel.

Diskussion

Mit der EKSpo-Taxonomie liegt ein Entwurf vor, der sport- und bewegungsbezogenes Wissen und Können in einer dreidimensionalen Taxonomie operationalisiert und sich dabei sowohl an bildungswissenschaftlichen Ansprüchen der Kompetenzmodellierung als auch am Bildungsauftrag der Handlungsfähigkeit im Sport orientiert. Die Taxonomie soll dabei als Orientierungsraster für die methodisch-didaktische Konzeption sowie die empirische Analyse von kompetenzorientierten Lehr-Lern-Prozessen und deren Wirkungen im Sportunterricht dienen.

Gemäß der Frage, was Kompetenzen von Schüler*innen im Fach Sport auszeichnet, charakterisieren wir in EKSpo kompetente Schüler*innen durch ihr aktives (also explizites) Wissen und dessen reflexiver Nutzung (also explizierbares Können) zur Bewältigung von Anforderungssituationen in der Bewegungs- und Sportkultur. Vor diesem Hintergrund unterscheiden wir grundlegend zwischen erfolgreichem und kompetentem Handeln im Sport. Für ein erfolgreiches Handeln im Sport kann es ausreichend und bisweilen vorteilhaft sein, über implizites Wissen zu verfügen, welches intuitiv und weitgehend unreflektiert eingesetzt wird (z. B. das automatisierte Ausführen eines Korblegers). Im Gegensatz dazu ist kompetentes Handeln im Sport (im Sinne des Bildungsauftrags eines Erziehenden Sportunterrichts) dadurch gekennzeichnet, dass Schüler*innen auch über explizites Wissen verfügen, welches durch intendierte Lernprozesse entwickelt wird (z. B. die Umsetzung und Analyse einer Mannschaftstaktik).

Die EKSpo-Taxonomie zeigt auf, wie kognitive Aspekte von Handlungsfähigkeit strukturiert und verortet werden können. Die Orientierung an der Leitidee der operativen und reflexiven Handlungsfähigkeit (Gogoll, 2013; Neumann, 2020; Schierz & Thiele, 2013) hebt dabei hervor, dass sich im Sportunterricht anzubahnende Kompetenzen neben motorischen insbesondere an kognitiven Lernzuwächsen orientieren sollten. Somit ist es sehr wohl bedeutsam, motorische Leistungen zu erbringen, aber eben auch diese zu verstehen, zu hinterfragen und einzuordnen. Das bloße Training und die Verbesserung motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten als Selbstzweck wird im Verständnis von EKSpo nicht verfolgt, sondern im Sinne des Bildungsauftrages vielmehr als Lernanlass verstanden und bspw. unter der Perspektive Leistung kognitiv durchdrungen. Für die sportunterrichtliche Praxis bedeutet die vorhandene EKSpo-Taxonomie nicht nur eine Möglichkeit zur strukturierten Gliederung von Lernzielen, sondern sie impliziert auch eine konsequente Einbindung von kognitiv-reflexiven Lernprozessen in den Sportunterricht. Damit wird der Sportunterricht aber gerade jenen Forderungen gerecht, die dessen Bildungswert stärker in den Fokus nehmen und weniger an motorisch-kompensatorischen Begründungsmustern festhalten (Cale & Harris, 2018; Neumann, 2020). Die vorgelegte Taxonomie begegnet damit auch der insbesondere von Sportlehrkräften wahrgenommenen Herausforderung, Lernziele des Erziehenden Sportunterrichts entlang pädagogischer Perspektiven einer objektiveren und valideren Leistungsbeurteilung als Grundlage der Notengebung zugänglich zu machen (vgl. Hapke, 2017).

Insbesondere die Dimension der Aktivitäten bietet diesbezüglich verschiedene Anknüpfungspunkte. Facetten der operativen Handlungsfähigkeit sind in der EKSpo-Taxonomie verstärkt in der Aktivität 4 (Umsetzen) zu erkennen, indem Schüler*innen unmittelbar erproben, aktiv an der Sport- und Bewegungskultur teilzuhaben. Aber auch der Bereich des Wissenserwerbs (Aktivität 1 + 2) spielt hier eine zentrale Rolle, da hier die informationsbezogenen Grundlagen zur operativen Umsetzung (z. B. in Form von Bewegungsvorstellung, Regelwissen oder Handlungsprinzipien) geschaffen werden. Diese Wissensbestände beziehen sich dabei sowohl auf Aspekte der Bewegungsfelder als auch der pädagogischen Perspektiven. Aus unterrichtspraktischer Sicht ist dieser Wissenserwerb jedoch immer im Kontext eines bewegten Lernens und Handelns eingebettet. Facetten einer reflexiven Handlungsfähigkeit zeigen sich vordergründig in der Aktivität 5 (Auswerten), sodass retrospektiv die eigene Handlungsrealisation bewertet und hinterfragt werden. Im Sinne der reflektierten Praxis (Serwe-Pandrick, 2016) lassen sich auch bei anderen Aktivitäten der Wissensnutzung (z. B. prospektives Planen) Bezüge zur reflexiven Handlungsfähigkeit erkennen. Der Bereich des Wissenserwerbs zeigt durch das Aufnehmen sowie Vernetzen ebenfalls Verknüpfungen zur reflexiven Handlungsfähigkeit, indem Kulturpraktiken überhaupt erst bewusst erschlossen und geordnet werden. Abschließend erscheint gerade Aktivität 6 (Innovieren) bedeutsam, weil Schüler*innen beispielsweise ihre Aktivitäten zum Wissenserwerb und zur Wissensnutzung sowie das kulturpraktische Handeln insgesamt metareflexiv betrachten und daraus Schlussfolgerungen für die eigene Person ziehen.

Über die Dimension der Themen ist es gelungen, eine domänenspezifische Taxonomie für das Fach Sport zu entwickeln und dabei am aktuellen Konsens eines Erziehenden Sportunterrichts anzuknüpfen. Die Synthese von Bewegungsfeldern und pädagogischen Perspektiven wurde als zentrales Merkmal integriert. Bezüglich der Perspektive Gesundheit liegen sowohl für die didaktisch-methodische Konzeption als auch für die empirische Lehr-Lern-Forschung Konkretisierungen vor (Töpfer & Sygusch, 2021). Hier sollten im nächsten Schritt Ausdifferenzierungen auch für weitere pädagogische Perspektiven und Bewegungsfelder erfolgen. Mit Blick auf die Entwicklung von sportspezifischen Curricula wäre darüber hinaus zu prüfen, wie die Konstellationen aus Bewegungsfeldern und Perspektiven (Themen) über mehrere Klassenstufen hinweg verändert und damit auch konsekutive Anforderungs- und Komplexitätssteigerungen ermöglicht werden (Sygusch & Hapke, 2018). Hierzu kann die vorliegende Taxonomie keine Aussagen treffen, könnte jedoch als Grundlage für die Erstellung von Niveau(entwicklungs)modellen (Klieme & Leutner, 2006) genutzt werden. Die Anforderungsniveaus dienen aktuell als eine informationsbasierte Abstufung der Schwierigkeit von Themen und Aktivitäten. Für die Anwendung der Niveaustufen zur methodisch-didaktischen Gestaltung kompetenzorientierter Curricula und Lehr-Lern-Situationen bedarf es normativer Festlegungen beispielsweise über Minimal- und Maximalstandards sowie zu den angestrebten Schüler*innenkompetenzen zum Schulabschluss (u. a. Gogoll, 2008).

Insgesamt dienen Taxonomien als Gliederungssystem zur Strukturierung von Lernprozessen (Baumgartner, 2014). In diesem Sinne bietet die EKSpo-Taxonomie die Möglichkeit, Lernziele, Lernaufgaben und Leistungsaufgaben zur bewegungs- und sportkulturellen Sach- und Selbsterschließung konsistent aufeinander abzustimmen. Vor dem Hintergrund eines solchen Constructive Alignment (Biggs & Tang, 2015) wurden bereits erste Impulse zur weiteren Gestaltung von Lernaufgaben und Prüfungsaufgaben konzipiert (Sygusch, Hapke, Liebl, & Töpfer, 2022). Bezüglich der Formulierung von Lernzielen und der Planung von Lehr-Lern-Prozessen existieren praxisbezogene Erfahrungen in der Nutzung der EKSpo-Taxonomie aus verschiedenen Transferprojekten (u. a. Lohmann & Jungheim, 2022; Sygusch et al., 2022), in denen Lehrende und Lernende die Taxonomie als gewinnbringendes Werkzeug einstufen.

Limitationen

An mehreren Stellen wurde darauf verwiesen, dass sportbezogene Handlungen nicht allein über Wissen erklärt werden können. Obgleich EKSpo davon ausgeht, dass Wissen einen zentralen Baustein kompetenten sportbezogenen Handelns darstellt, so werden neben diesen kognitiven Dispositionen auch weitere motivational-affektive, soziale und motorische Dispositionen mitverantwortlich für das Handeln gemacht. Dies wird nicht nur in der allgemeinen empirischen Bildungsforschung (Klieme & Hartig, 2007) so wiedergegeben, sondern auch in der deutschsprachigen sportpädagogischen Betrachtungsweise (Gogoll, 2014; Messmer, 2013) sowie in der englischsprachigen Physical-Literacy-Diskussion (Edwards et al., 2017) so eingeordnet. Hierbei ist noch nicht abschließend geklärt, in welchem Gefüge die einzelnen Kompetenzfacetten zueinanderstehen sowie welche Dispositionen aus normativer und empirischer Sicht besondere Berücksichtigung im Sportunterricht finden sollten. In diesem Sinne versteht sich die vorliegende Taxonomie als ein Zwischenmeilenstein auf dem Weg zu einem übergreifenden Fachmodell für den Sportunterricht.

Insgesamt wurde die EKSpo-Taxonomie bislang noch nicht umfänglich empirisch validiert. Während motorische Aspekte einer operativen Handlungsfähigkeit beispielsweise über die motorischen Basiskompetenzen (Herrmann, 2016) empirisch bereits gut erschlossen sind, liegen für kognitive Aspekte von Handlungsfähigkeit – wie in EKSpo – noch keine empirisch fundierten Erkenntnisse vor. Insbesondere die faktorielle Struktur der Aktivitäten erscheint als erkennbares Forschungsdesiderat. Auch die Dimension der Anforderungsniveaus konnte bislang nur als dreigliedrige Heuristik von Niveaustufen abgebildet, erscheint damit aber zunächst als ausreichend für die praktische Unterrichtsplanung. Eine weiterführende Skalierung würde man statistischen Verfahren auf Basis der Item-Response-Theorie (u. a. Moosbrugger, 2012) überlassen, die die Itemschwierigkeit von formulierten Items identifiziert und so im Nachgang eine differenzierte Stufung denkbar macht.

Fazit

Mit der vorliegenden EKSpo-Taxonomie sollen weiterführende Impulse zur strukturierten Operationalisierung von Wissen und Können im Zuge des Kompetenzdiskurses im Sportunterricht aufgezeigt werden. In diesem Zusammenhang war es das Anliegen, bestehende Unschärfen in der Ausdeutung einer sport- und bewegungsbezogenen Handlungsfähigkeit vor dem Hintergrund der empirischen Bildungsforschung zu reduzieren. In diesem Sinne wird mit der EKSpo-Taxonomie ein Orientierungsrahmen geliefert, wie Kompetenzorientierung im Fach Sport ausgestaltet werden kann.