Zusammenfassung
Nach Überblick über in die der österreichisch-ungarischen Armee verfügbaren Einrichtungen zur Epidemiebekämpfung im Krieg wird deren epidemiologische Lage besprochen, dabei auch das damals statistisch nicht erfasste Fünftagefieber, das jedoch wie in jedem Krieg epidemisch auftrat. Bei dem intensiv bekämpften Fleckfieber richteten sich die im Feld und Hinterland unternommenen Maßnahmen gegen die als Überträger vermuteten Läuse. In den militärischen Sanitätseinrichtungen wurden auch bakteriologische Untersuchungen durchgeführt. So züchteten Edmund Weil und Arthur Felix 1915 in Galizien aus dem Harn von fleckfieberkranken Soldaten einige Proteusstämme, die von Fleckfieberpatientenblut agglutiniert wurden. Daraus entwickelten sie den noch heute verwendeten diagnostischen Weil-Felix-Test. Im selben Armeebereich erfand Rudolf Weigl die anale Fleckfieber-Infektion von Läusen. Diese ermöglichte die reichliche Gewinnung von Läusedärmen, in deren Epithelzellen sich der unterdessen erkannte Fleckfiebererreger Rickettsia prowazeki massiv vermehrt. Die den Läusen entnommenen Därme wurden nach Homogenisierung als Impfstoff verwendet. Ein solcher Impfstoff wurde nach Modifikationen noch im 2. Weltkrieg mit Erfolg eingesetzt.
Summary
After description of the medical institutions and epidemiological situations of the Austro-Hungarian army in World War I the provisions against spotted fever focused on louse control are discussed. The letter specified for the army had to be adjusted for the local populations. 1915 in the k.u.k. military service in Galicia Edmund Weil and Arthur Felix cultivated Proteus strains from urine of soldiers with spotted fever. As sera of such patients agglutinated these bacteria in considerable titers the investigators developed the reliable diagnostic “Weil-Felix-Test” used still today. In the same military area and time Rudolf Weigl invented the anal infection of lice. This enabled him to harvest a great amount of louse intestines containing the spotted fever Rickettsiae in their epithelial cells. Lots with defined numbers of intestines were homogenized, sterilized and used with success as vaccine for medical staff. This sort of vaccine still was used in World War II.
Notes
Von den im Text mit Geburts- und Todesjahr versehenen Autoren findet man nähere biografische Angaben bei Heinz Flamm, Die Geschichte der Staatsarzneikunde, Hygiene, Medizinischen Mikrobiologie, Sozialmedizin und Tierseuchenlehre in Österreich und ihrer Vertreter. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien 2012. ISBN 978-7001-7208-6.
Literatur
Von den im Text mit Geburts- und Todesjahr versehenen Autoren findet man nähere biografische Angaben bei Heinz Flamm, Die Geschichte der Staatsarzneikunde, Hygiene, Medizinischen Mikrobiologie, Sozialmedizin und Tierseuchenlehre in Österreich und ihrer Vertreter. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien 2012. ISBN 978-7001-7208-6.
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Flamm, H. Das Fleckfieber und die Erfindung seiner Serodiagnose und Impfung bei der k. u. k. Armee im Ersten Weltkrieg. Wien Med Wochenschr 165, 152–163 (2015). https://doi.org/10.1007/s10354-014-0332-7
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