Einleitung

Der Krankheitsverlauf bei Schizophrenie weist kognitive Dysfunktionen in allen Krankheitsstadien auf, vom Prodromalstadium über die früh einsetzende Psychose bis hin zur Chronifizierung und zum Residualzustand [1]. Neben mangelnder Adhärenz [2], reduzierter Krankheitseinsicht und Dauer der unbehandelten Psychose stellen Negativsymptome und kognitive Störungen wichtige Prädiktoren für die Rückfallhäufigkeit bei Schizophrenie dar [3, 4]. Wichtig in der Akutbehandlung ist der frühe Behandlungsbeginn. Bereits in der Phase der Erstmanifestation treten kognitive Störungen auf und sollten in der Behandlung Berücksichtigung finden.

Negativsymptome und kognitive Störungen sind ein zentrales Merkmal der Schizophrenie

In der Stabilisierungsphase geht es um eine Optimierung der Antipsychotikatherapie bevorzugt mit atypischen Antipsychotika und um das Vermeiden unerwünschter Nebenwirkungen wie sekundärer Negativsymptome. In der Erhaltungsphase stehen rehabilitative Interventionen und auch der Einsatz von kognitiver Remediation zur Erreichung einer stabilen Remission im Fokus. In der Recovery-Phase besteht das individuelle Behandlungsziel, die Lebensqualität zu verbessern und ein gutes soziales Funktionsniveau zu erreichen [5].

Seit etwa 2000 steht in der Behandlung der Schizophrenie die Verbesserung der Funktionalität und Lebensqualität im Vordergrund, sowie die Suche nach neuen Wirkmechanismen zur Behandlung von Negativsymptomen und kognitiver Dysfunktion.

Negativsymptomatik bei Schizophrenie

Im Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen DSM‑5 [6] zählt die Negativsymptomatik zu den charakteristischen Symptomen der Schizophrenie. Das Konzept der Negativsymptome wird in den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Psychiatrie (European Association of Psychiatry, EPA) umfangreich dargestellt. Als einzelne Bereiche werden Avolition, Affektverflachung, Asozialität und Alogie definiert [7]. Die 2 Hauptdimensionen sind die verminderte Expression und die Apathie, die Einfluss auf die funktionelle Beeinträchtigung in den Bereichen Berufstätigkeit, interpersonelle Beziehungen und Lebensqualität haben [8].

In der EUFEST-Studie [9] wurden persistierende negative Symptome (PNS) bei 6,7% der ersterkrankten Patienten mit Schizophrenie gefunden. Häufig zeigte sich eine Affektverflachung. In dieser Studie fand sich im Vergleich zu Patienten ohne PNS eine längere Dauer der unbehandelten Psychose, häufigere Therapieabbrüche und nach einem Jahr Therapieverlauf eine schlechtere psychosoziale Funktionsfähigkeit. Negativsymptome sind ein zentrales phänomenologisches Merkmal der Schizophrenie: Bei 12,9 % der Patienten treten primäre Negativsymptome auf, bei 57,6 % ein bis mehrere Negativsymptome.

Es kann zwischen primären und sekundären Negativsymptomen unterschieden werden. Primäre Negativsymptome sind durch den schizophrenen Krankheitsprozess bestimmt. Sekundäre Negativsymptome können depressive Symptome sein, Nebenwirkungen von Antipsychotika oder psychotische Symptome. Sie können auch durch soziale Deprivation und Substanzgebrauch verursacht sein [10]. Bei fortbestehender Negativsymptomatik sind zuerst sekundäre Negativsymptome auszuschließen. Correll [5] nennt in diesem Zusammenhang insuffizient behandelte psychiatrische Erkrankungen/Symptome (Demenz, Paranoia, soziale Angsterkrankung, Substanzabusus), medizinische Komorbidität (Schmerz, Schlafapnoe, Obesitas), Sekundäreffekte von Stigmatisierung und sozialer Unterstimulation sowie unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie Sedierung, extrapyramidal-motorische Symptome (EPS), Gewichtszunahme und anticholinerge Effekte.

Das Schizophrenie-Netzwerk des European College of Neuropsychopharmacology (ECNP) hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, in einer paneuropäischen Studie, an der 12 Länder beteiligt waren, eine moderne Skala zur Bewertung von Negativsymptomen zu validieren: die Brief Negative Symptom Scale (BNSS) [11]. In der gleichen Studie wurde auch ein Instrument zur Selbsteinschätzung untersucht, die Selbstbeurteilung von Negativsymptomen (SNS) [12]. Der aktuelle Leitfaden der EPA zur Beurteilung der Negativsymptomatik bei Schizophrenie gibt einen Überblick für die Bewertung von primären und anhaltenden Negativsymptomen und beschreibt Ratingskalen der zweiten Generation wie die BNSS zur Messung der Negativsymptome in klinischen Studien und in der Praxis.

Bei klinischem Verdacht auf negative Symptomatik dienen die EPA-Leitlinien als Entscheidungsbaum. Differenzialdiagnostisch sind eine Depression, positive Symptome oder EPS abzugrenzen. Fremd- und Selbstbeurteilungsskalen dienen der Messung der Negativsymptome und sollen bei Veränderungen in der Psychopharmakotherapie, etwa bei einem Medikamentenwechsel, bei einer Dosisänderung oder beim Auftreten einer depressiven Symptomatik, wiederholt werden [7].

Kognitive Funktionsstörungen bei Schizophrenie

Kognitive Störungen sind ein zentrales Merkmal der Schizophrenie [13,14,15]. Die einzelnen Bereiche der kognitiven Funktionsstörungen bei Schizophrenie werden im DSM‑5 beschrieben:

Zur Beurteilung von Negativsymptomen und kognitiven Störungen stehen Screeningtests zur Verfügung

„Kognitive Defizite bei Schizophrenie sind häufig und stehen in engem Zusammenhang mit beruflichen und funktionellen Beeinträchtigungen. Diese Defizite können folgende Bereiche betreffen: deklaratives Gedächtnis, Arbeitsgedächtnis, Sprachfunktionen und exekutive Funktionen sowie die Verarbeitungsgeschwindigkeit und Aufmerksamkeit. Einige Menschen mit Schizophrenie weisen soziale kognitive Defizite auf, einschließlich Defizite bei der Fähigkeit, auf die Absichten anderer Menschen zu schließen („theory of mind“).“

Diese Beeinträchtigungen bleiben häufig auch dann bestehen, wenn Positivsymptome abgeklungen sind. Soziale Kognitionen betreffen auch das Erkennen von Emotionen im Gesicht, das sich bei Patienten mit Schizophrenie als sehr stark beeinträchtigt zeigt [14].

Zur raschen Beurteilung kognitiver Funktionsstörungen stehen verschiedene Tests zur Verfügung.

Neben dem Brief Assessment of Cognition in Schizophrenia (BACS) [16, 17], das speziell für die Schizophrenie entwickelt wurde, steht für die klinische Praxis mit dem Screening for Cognitive Impairment in Psychiatry (SCIP) ein kurzer Screeningbogen zur Verfügung, um die wichtigsten kognitiven Bereiche zu erfassen. Die Skala umfasst die Bereiche verbale Merkfähigkeit, Wortflüssigkeit sowie visuell-motorische Fähigkeiten: eine deutsche Validierung (SCIP-G) wurde von Sachs et al. durchgeführt [18, 19]. Im Vergleich von Patienten mit Schizophrenie zu Patienten mit affektiver Störung und Gesunden zeigte sich, dass Patienten mit Schizophrenie die stärksten kognitiven Defizite aufweisen [20, 21].

Psychosoziale Funktionsfähigkeit – Lebensqualität

In einer Vielzahl von Studien wurden kognitive Störungen als wichtige Prädiktoren für die psychosoziale Funktionsfähigkeit identifiziert [22,23,24]. Die soziale Kognition gilt als Vermittler zwischen neuropsychologischen Fähigkeiten und dem Funktionieren in der Gemeinschaft, was in neueren Metaanalysen bestätigt werden konnte. Weitere Untersuchungen dieser vermittelnden Rolle von Negativsymptomen haben ergeben, dass motivationale Defizite bei der Erklärung des Zusammenhangs zwischen kognitiven und sozial-kognitiven Störungen und funktionellen Ergebnissen bei Schizophrenie besonders wichtig zu sein scheinen [25].

Therapie der Negativsymptomatik und kognitiver Störungen

Antipsychotika zeigen eine deutliche Wirkung bei den Positivsymptomen der Schizophrenie [26]. Vergleichsweise schwächer sind die Auswirkungen auf Negativsymptome und kognitive Defizite. Im Allgemeinen werden von einem Antipsychotikum folgende Eigenschaften erwartet, um eine bestmögliche kognitive Funktion zu erreichen: ein geringes anticholinerges Potenzial, eine geringe EPS-Inzidenz und ein geringes Sedierungspotenzial. Antipsychotika mit diesen Eigenschaften sind in der Regel solche mit hoher 5‑HT2A-Affinität und einer dopaminergen Aktivität im präfrontalen Kortex. Die „Dopamin-Hypothese der Schizophrenie“ führt die Positivsymptome der Schizophrenie auf eine Hyperaktivität in mesolimbischen Projektionen zurück, während eine verminderte dopaminerge Neurotransmission in mesokortikalen Projektionen für die Negativsymptome und die kognitiven Störungen verantwortlich sein soll. Die Aktivität der D1-Rezeptoren im präfrontalen Kortex und der 5‑HT2-Antagonismus sind für eine Verbesserung der kognitiven Symptome wesentlich, dieser Wirkmechanismus kann von atypischen Antipsychotika erwartet werden [27].

Neuere Datenlage über die Wirkung der Antipsychotika auf kognitive Störungen

Aripiprazol ist Vertreter der Antipsychotika der dritten Generation. Die Ergebnisse der ESCAPE-Studie [28] zeigten die Wirksamkeit von Aripiprazol auf verbale Fähigkeiten. Dieses wurde auf seinen partiellen D2- und 5‑HT1A-Agonismus zurückgeführt. Es wurde jedoch festgestellt, dass es keine Überlegenheit von Aripiprazol gegenüber anderen atypischen Antipsychotika hinsichtlich der kognitiven Wirkungen gibt.

Einige Studien wiesen auf einige positive kognitive Wirkungen von Antipsychotika der zweiten Generation („second generation antipsychotics“, SGA) im Vergleich zur ersten hin („first generation antipsychotics“, FGA) [29]. In einer Metaanalyse wurde ein Trend zugunsten einiger SGA festgestellt. Es zeigte sich jedoch kein Medikament mit einem einheitlich günstigen kognitiven Profil. In der Neuroleptic Strategy Study (NeSSy) wurden Antipsychotika auf ihre Wirkung auf die Kognition untersucht. Die SGA zeigten als Gruppe in den ersten sechs Wochen der Behandlung positive Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten in Bezug auf die exekutiven Funktionen und den Redefluss sowie nach 24 Wochen auf die exekutiven Funktionen und das verbale Gedächtnis. Im Gegensatz dazu zeigte die FGA-Gruppe eine Verbesserung der exekutiven Funktionen, aber nach sechs Wochen eine Verschlechterung der verbalen Flüssigkeit und nach 24 Wochen eine signifikante Verschlechterung der exekutiven Funktionen, des verbalen Gedächtnisses und der verbalen Flüssigkeit. Diese Studie deutet darauf hin, dass im Rahmen einer längeren Behandlung SGAs gegenüber FGAs hinsichtlich der kognitiven Funktionen einen Vorteil aufweisen [30].

Mögliche Wirkung von Cariprazin auf die Negativsymptomatik und Neurokognition

Cariprazin hat ein spezifisches Rezeptorprofil. Cariprazin ist ein D3- und D2-Partialagonist mit bevorzugter Bindung zum D3-Rezeptor [31, 32].

Cariprazin bessert Negativsymptome und zeigt mögliche Wirkungen auf die Kognition bei Schizophrenie

Eine Metaanalyse von 21 Studien (n = 3451) ergab, dass bei prädominanter Negativsymptomatik (ohne relevante Positivsymptome, die das Ergebnis beeinflussen können) lediglich niedrig dosiertes Amisulprid signifikant besser war als Placebo (sich aber auch depressive Symptome signifikant besserten), Olanzapin besser war als Haloperidol (EPS aber nicht berichtet wurden) und Cariprazin signifikant besser war als Risperidon [33]. In der Vergleichsstudie Cariprazin vs. Risperidon zeigte Cariprazin ab Woche 14 signifikant bessere Ergebnisse als Risperidon in der Verbesserung der Negativsymptome (Positive and Negative Syndrome Scale – Factor Score for Negative Symptoms: PANSS-FSNS), im Behandlungsverlauf über 26 Wochen dargestellt [34].

Die Kognition wurde in den Cariprazin-Studien anhand der PANSS Skala gemessen. In den Post-hoc-Analysen der PANSS wurde eine signifikante Verbesserung in der Meltzer-Subskala für kognitive Funktionen und in der Skala für prosoziales Verhalten festgestellt [35]. In den Personal and Social Performance Scale(PSP)-Subkategorien (persönliche und soziale Leistungsfähigkeit) fand sich eine signifikante Verbesserung der Faktoren „sozial nützliche Aktivitäten“, „persönliche und soziale Beziehungen“ und „Selbstpflege“.

Die Wirkung von Cariprazin auf die Negativsymptomatik und die kognitive Beeinträchtigung könnte mit seiner D3-antagonistischen und partiellen D3-agonistischen Aktivität zusammenhängen, die möglicherweise dopamininduzierte kortikal-striatale Anomalien stabilisiert. Im pathologischen Zustand führt im Vergleich zum gesunden Zustand die Überexpression der D3-Rezeptoren in den dopaminergen Neuronen, die aus dem ventralen tegmentalen Areal in den Kortex projizieren, zu einer Hemmung der Dopamin-Freisetzung im präfrontalen Kortex, was schließlich die Glutamat-Ausschüttung reduzieren kann [36]. Cariprazin, das als partieller Agonist an den D3-Rezeptoren der mesokortikalen Bahnen wirkt, kann die pathologische Hemmung reduzieren, was zu einer Normalisierung der Dopamin-Freisetzung im präfrontalen Kortex führen kann.

Fallvignette

Symptomatik im Verlauf

Herr Markus D., ein 52-jähriger Patient, Akademiker, befindet sich wegen einer bekannten Schizophrenie in regelmäßiger ambulanter psychiatrisch-fachärztlicher Behandlung. 2001 kam es zum ersten Mal wegen eines psychotischen Zustandsbildes zu einer stationären Aufnahme mit der Entlassungsdiagnose Schizophrenie (F20.0). 2007 sowie 2014 erfolgten weitere stationäre Aufenthalte mit der Entlassungsdiagnose: psychotische Episode bei bekannter Schizophrenie.

Im August 2017 trat erneut eine Verschlechterung des psychiatrischen Zustandsbildes auf. Der Patient litt an Beziehungsideen, Schlafstörungen sowie Abnahme der Konzentrationsfähigkeit.

Im weiteren Verlauf war der Patient wegen psychosozialer Belastungen in der Durchführung von Alltagsaufgaben beeinträchtigt. Der Patient konnte aufgrund dieser Belastung in der Zeit von September 2017 bis Ende Dezember 2017 seiner beruflichen Tätigkeit nicht nachkommen. In der Folge litt er weiterhin an paranoiden Gedanken und kognitiven Störungen, wie Konzentrationsstörungen, Beeinträchtigung des Gedächtnisses und einer Reduktion der kognitiven Flexibilität und Planungsfähigkeit. Mitbedingt durch familiäre Schwierigkeiten entwickelte sich eine zunehmend belastende Arbeitssituation. 2018 kam es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Nach mehreren Stellenbewerbungen erhielt er zweimal eine Anstellung, beide musste er jedoch wegen ausgeprägter Überforderung wieder beenden. Er ist derzeit arbeitslos gemeldet. Er berichtet, dass er zunehmend an Konzentrationsstörungen, Energielosigkeit, sozialem Rückzug und mangelnder Motivation leide. Es falle ihm sehr schwer, seine Alltagsaufgaben zu erledigen.

Zusammenfassend ist der Patient bei bekannter Schizophrenie mit prädominanter Negativsymptomatik chronisch in seinen kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt. Es bestehen ausgeprägte Störungen der Konzentration, der Merkfähigkeit und der Exekutivfunktionen. Aufgrund der Negativsymptomatik besteht eine ausgeprägte Antriebsstörung, wegen der Überforderungsgefühle ist der Patient im Alltag nur gering belastbar. Es bestehen ausgeprägte Einschränkungen in der psychosozialen Funktionsfähigkeit.

Psychopharmakotherapie

Die medikamentöse Behandlung erfolgte seit der stationären Behandlung 2014 mit Aripiprazol. Wegen der Störung des Antriebs erhielt der Patient zusätzlich Sertralin. Eine paranoide Reaktionsbereitschaft trat vorwiegend in Belastungssituationen auf. Sertralin musste wegen gastrointestinaler Beschwerden wieder abgesetzt werden. Da der Patient im Krankheitsverlauf zunehmend an einer Negativsymptomatik wie ausgeprägter Antriebsstörung und sozialem Rückzug sowie an kognitiven Störungen litt, wurde im Juni 2021 die medikamentöse Therapie auf Cariprazin-Monotherapie, beginnend mit 1,5 mg umgestellt. Die Umstellung erfolgte überlappend [37]. Aripiprazol wurde auf 2,5 mg reduziert, in der Folge Cariprazin auf 3 mg aufdosiert und das Aripiprazol gänzlich abgesetzt.

Unter dieser Medikation kam es zu einer deutlichen Verbesserung der Antriebsstörung und Motivation. Er verbesserte sich auch in der Konzentrationsfähigkeit, sodass er erneut Stellenbewerbungen verfasste und Vorstellungsgespräche absolvierte. Die Planungsfähigkeit nahm zu, er konnte familiäre Verpflichtungen und Alltagsaufgaben besser bewältigen. Positivsymptome traten durch die Umstellung auf Cariprazin nicht auf.

Veränderungen der Negativsymptomatik und der Neurokognition in den Testergebnissen vor und nach der Therapie mit Cariprazin

In dem Test „Selbstbeurteilung von Negativsymptomen“ (SNS) zeigte sich am Beginn der Therapie mit Cariprazin im Vergleich zu Gesunden ein hoher Wert von 18 (der Durchschnittswert bei einer Gruppe von Patienten mit Schizophrenie beträgt 16,39; der Wert einer gesunden Vergleichsgruppe liegt bei 3,47).

Die Negativsymptomatik verbesserte sich deutlich (der Gesamtwert liegt nach 6 Monaten Behandlung mit Cariprazin bei 9, der Cut-off-Wert für das Vorliegen einer Negativsymptomatik bei Schizophrenie liegt bei 7). Es kam besonders in den Bereichen Affekt und Avolition zu einer deutlichen positiven Veränderung (Tab. 1). Der Patient äußerte im Rahmen der Kontrolluntersuchung, dass er sich insgesamt motivierter fühle, soziale Kontakte zu haben. Er könne seine Gefühle besser erkennen und zum Ausdruck bringen. Er habe mehr Energie. Er könne seine Alltagsaktivitäten besser bewältigen und freue sich, zu einem Vorstellungsgespräch bezüglich einer beruflichen Tätigkeit eingeladen worden zu sein.

Tab. 1 Erfassung von Negativsymptomen (SNS) vor und nach der Therapie mit Cariprazin

Im Screeningtest zur Kognition (SCIP-G) fand sich zu Beginn der Behandlung mit Cariprazin ein Gesamtwert von 62 Punkten. Der Cut-off-Score zur Unterscheidung zwischen Personen mit kognitiver Beeinträchtigung und Personen ohne kognitive Beeinträchtigung liegt für Schizophrenie bei 67, sodass insgesamt eine deutliche kognitive Beeinträchtigung vorlag.

Wenig beeinträchtigt zeigte sich das verbale Lernen mit einem Wert von 25, der Wert einer gesunden Kontrollgruppe liegt bei 26,87. Im verzögerten Lernen erreichte der Patient einen Wert von 6 (gesunder Vergleichswert liegt bei 8,83). Stark beeinträchtigt zeigten sich das Arbeitsgedächtnis (Wert: 17, Gesunde: 22,40) und die verbale Sprachfertigkeit (Wert: 6, Gesunde: 15,80).

Der Gesamtwert für die Kognition lag nach der Therapie bei 76. Es zeigte sich vor allem eine deutliche Besserung in den kognitiven Bereichen Arbeitsgedächtnis (Verbesserung von 17 Punkten auf 23) und verbale Sprachfertigkeit (Verbesserung von 6 Punkten auf 12 Punkte) (Tab. 2).

Tab. 2 Erfassung kognitiver Beeinträchtigung (SCIP-G) vor und nach der Therapie mit Cariprazin

Neben der Optimierung der Pharmakotherapie ist eine kognitive Remediation empfehlenswert [38, 39]: Gemäß der MATRICS-Initiative („Measurement and Treatment Research to Improve Cognition in Schizophrenia“) des US National Institute of Mental Health (NIMH) und der EPA Guideline wird als Ergänzung zur Psychopharmakotherapie auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse eine kognitive Rehabilitation empfohlen.

Fazit für die Praxis

  • Negativsymptome und kognitive Beeinträchtigungen sind zu einem vorrangigen Behandlungsziel bei der Schizophrenie geworden.

  • Die Erfassung von Negativsymptomen und kognitiven Störungen ist im klinischen Alltag durch die Verwendung von Screeninginstrumenten möglich.

  • In einer Metaanalyse zeigen atypische Antipsychotika im Vergleich zu klassischen Antipsychotika einige prokognitive Wirkungen.

  • Cariprazin stellt für Patienten mit Schizophrenie eine neue klinisch relevante Therapieoption dar und kann vermutlich zu einer Verbesserung der primären Negativsymptome, der Kognition und der persönlichen und sozialen Leistungsfähigkeit führen.

  • Cariprazin kann zusätzlich zur Wirkung in der Akutphase zur Wiederherstellung eines aktiven Alltagslebens beitragen.