Zusammenfassung
Schon kurz nach ihrer Gründung erzielte die Alternative für Deutschland (AfD) ihre ersten elektoralen Erfolge. Während die AfD nach ihrer Gründung vor allem als „Anti-Euro-Partei“ mit wirtschaftsliberalen Positionen galt, positionierte sie sich zunehmend auch zu gesellschaftspolitischen Themen. Auf der sozio-kulturellen Konfliktlinie wird sie dabei als stark konservativ eingestuft. Die Frage, ob es sich bei der AfD um eine rechtspopulistische Partei handelt, wird in der Literatur noch immer unterschiedlich beantwortet. Um eine genauere Vorstellung von den parteipolitischen Positionen der AfD zu entwickeln, wird auf Grundlage von repräsentativen Kandidatenbefragungen im Rahmen der Bundestagswahl 2013 sowie der Hessischen Landtagswahl 2013 und der Sächsischen Landtagswahl 2014 der Frage nachgegangen, welche politischen Positionen die Parlamentskandidaten der AfD im Vergleich zu den Kandidaten der anderen Parteien einnehmen. Dabei wird geprüft, inwiefern sich in den Kandidateneinstellungen Anhaltspunkte für die Einordnung der AfD als rechtspopulistische Partei finden lassen.
Abstract
The newly founded Alternative for Germany (AfD) has performed remarkably well in the 2013 Bundestag election, the 2014 EP election and several other state elections. In the literature, a debate has flared up whether we can speak of a right-wing populist party. By analyzing the political positions of parliamentary candidates running for the AfD this article aims to contribute to this debate. By drawing on the concept of right-wing populism, it is scrutinized how much candidates’ political positions correspond to right-wing populist positions. As the empirical findings show AfD-candidates strongly demand a cultural adaption of immigrants and hold highly critical attitudes towards democracy in its current state. Accordingly, the AfD can be classified as having right-wing populist traits.
Notes
Für eine genauere Analyse der verschiedenen Dimensionen des Euroskeptizismus in der AfD siehe (Pieper et al. 2015).
So etwa Oskar Niedermayer im Interview gegenüber der Süddeutschen Zeitung; http://www.sueddeutsche.de/politik/alternative-fuer-deutschland-auf-bundesebene-hat-die-rumpf-afd-keine-echte-chance-1.2558708 [Zugriff am 03.10.2015].
Zu der Bestimmung von Parteipositionen im mehrdimensionalen Raum siehe z. B. (Benoit und Laver 2006).
Für eine genauere Analyse von Europa als Wahlkampfthema bei der Bundestagswahl 2013 siehe (Anders 2014).
Für eine Diskussion der Gründe, warum sich rechtspopulistische Parteien nur schwer im deutschen Parteiensystem etablieren können, siehe (Decker und Hartleb 2006).
Kandidaten, die weniger als 75 Prozent des Fragebogens ausgefüllt haben, wurden aus dem Datensatz entfernt.
Insbesondere kleine und jüngere Parteien nominieren häufiger dieselben Kandidaten für unterschiedliche Wahlen, da der Pool an Aspiranten begrenzt ist. Um auszuschließen, dass es unter den befragten AfD-Kandidaten Doppelungen in den drei verwendeten Datensätzen gibt, wurde auf Grundlage der sozio-demografischen Eigenschaften ein entsprechender Abgleich vorgenommen. Doppelungen können auf Grundlage dieses Abgleichs ausgeschlossen werden.
Dieses Item ist in der Landeskandidatenstudie nicht enthalten.
Dieses Item ist in der Landeskandidatenstudie nicht enthalten.
Dieses Item ist in der Landeskandidatenstudie nicht enthalten.
Während in der GLES-Kandidatenstudie die Aussage lautet, „Einwanderinnen/Einwanderer sollten verpflichtet werden, sich der deutschen Kultur anzupassen“, ist sie in der Landtagskandidatenstudie weniger weitgehend formuliert: „Migrantinnen und Migranten sollen sich der deutschen Kultur anpassen“.
Dieses Item ist in der Landeskandidatenstudie nicht enthalten.
Hierbei unterscheidet sich die Frageformulierung der GLES-Kandidatenstudie und der Landtagskandidatenstudie: Während in der GLES-Kandidatenstudie die Aussage lautet „Man hört manchmal, die europäische Einigung sollte weiter vorangetrieben werden. Andere sagen, dass sie schon zu weit gegangen ist. Was ist Ihre Meinung? Bitte geben Sie Ihre Ansicht auf einer Skala von 1 bis 11 an.“, lautet sie in der Landtagskandidatenstudie „Manche meinen, die europäische Einigung sollte weiter vorangetrieben werden, auch wenn das auf Kosten der nationalen Selbstbestimmung geht. Andere sagen, dass sie schon zu weit gegangen ist, und dass die nationale Selbstbestimmung nicht weiter eingeschränkt werden darf. Wie ist Ihre Meinung zu dem Thema, wenn Sie eine Skala von 1 bis 11 verwenden“.
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Ceyhan, S. Konservativ oder doch schon rechtspopulistisch? Die politischen Positionen der AfD-Parlamentskandidaten im Parteienvergleich. Z Politikwiss 26, 49–76 (2016). https://doi.org/10.1007/s41358-016-0020-9
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