Aufgrund der hohen Remissionsrate unter der konservativen Therapie binnen 12 Monaten scheint die laterale Epikondylopathie (EHR) meist harmlos. Allerdings lässt sich bei bis zu 20 % der Patienten keine Beschwerdelinderung unter den konservativen Therapiemaßnahmen erreichen [5]. Die Gründe für das Versagen der konservativen Therapie können unterschiedlicher Natur sein. Es gilt sie differenziert zu betrachten, um sie frühestmöglich erkennen und adressieren zu können.

Die beschriebenen degenerativen Veränderungen im Bereich des Extensorenursprungs basieren meist auf Überbelastung oder vorausgegangenen Mikrotraumata [3, 5, 22, 23]. Sie werden meist als Ursache der lateralen Epikondylopathie gesehen. Durch den zunehmenden Einsatz der Arthroskopie, v. a. bei konservativem Therapieversagen, zeigen sich nicht selten Begleitpathologien wie Knorpelschäden, Pathologien der Plica dorsoradialis oder eine posterolaterale Rotationsinstabilität. Diese vorliegenden Pathologien können alleinig einen lateralen Ellenbogenschmerz verursachen oder auch eine laterale Epikondylopathie triggern und werden in der Diagnostik sowie Therapie verkannt [23, 24]. Die Frage nach der primären Ätiologie bleibt z. T. unklar, da beispielsweise offen sein kann, ob die Veränderungen im Bereich der Extensoren nun Ausdruck einer möglichen Begleitpathologie wie beispielsweise der Insuffizienz des lateralen Bandkomplexes sind oder der Bandkomplex sukzessiv durch den Extensorenschaden überlastet wird. Umso essentieller für den Therapieerfolg ist es daher, die laterale Epikondylopathie differenziert zu betrachten und trotz der hohen Heilungsrate nicht zu bagatellisieren.

Diagnostik

In der Anamnese zeigt sich häufig eine vermehrte und stereotype, repetitive Belastung in Freizeit und Beruf. Die Schmerzen treten meist nach ungewöhnlicher oder übermäßiger Belastung auf. Nicht selten wird ein Bagatelltrauma als Auslöser/Startpunkt für die symptomatische Manifestation angegeben. Vor allem frühere Verletzungen sowie deren Behandlung (z. B. Kortisoninjektionen) sollten abgefragt werden. Auch die berufliche Tätigkeit und sportliche Aktivitäten sind von Interesse und essentiell für den Therapieerfolg.

Klinische Untersuchung

Im Rahmen der klinischen Untersuchung sollte das Bewegungsausmaß mit der Flexions-Extensions- als auch der Pronations- und Supinationsbewegung nach der Neutral-0-Methode erfasst werden. Allerdings zeigen sich meist nur endgradige Bewegungseinschränkungen, die primär als schmerzbedingt zu bewerten sind. Vor allem Kombinationsbewegungen lösen eine typische Schmerzsymptomatik aus. Als klassisches Bild zeigt sich zudem meist ein lokaler Druck‑, Dehnungs- und Anspannungsschmerz über dem Epicondylus humeri radialis, der in Ober- und/oder Unterarm ausstrahlt. Diese Schmerzausstrahlung kann durch klinische Provokationstests (Cozen-, reverser Cozen‑, Thomsen‑, Coenen-Test etc.) ausgelöst bzw. verstärkt werden. Diese Schmerzauslösung wird von den Patienten oftmals als belastungsabhängig beschrieben. Bei der Begrüßung des Patienten kann bereits ein kräftiger Händedruck als unangenehm empfunden werden. Im fortgeschrittenen chronischen Stadium (>6 Monate) berichten die Patienten meist bei einfachen Bewegungsabläufen über eine Schwäche des Arms. Die Beurteilung der peripheren Durchblutung, Sensibilität, Motorik und Nervenengpasszeichen sollte sich aus diesem Grunde in der Untersuchung anschließen. Bei neurogenen Auffälligkeiten kann eine neurophysiologische Untersuchung inklusive Elektromyographie/Nervenleitgeschwindigkeit (EMG/NLG) sinnvoll werden. Darüber hinaus muss die Abschätzung der Ellenbogenstabilität mit Prüfung der Varus‑, Valgus-, axialen und posterolateralen Rotationsstabilität erfolgen [16]. Die Beurteilung der posterolateralen Rotationsinstabilität stellt den Untersucher allerdings meist vor eine Herausforderung, denn v. a. der wache Patient spannt oftmals gegen den Untersucher an [17]. Der Pivot-shift-Test dient zur Beurteilung einer posterolateralen Rotationsinstabilität (PLRI). Der Patient liegt auf dem Rücken und übergibt dem Untersucher den Arm über Kopf in voller Supination. Unter axialer Kompression und Valgusstress führt dieser eine Flexionsbewegung aus, welche bei einer PLRI zu einer Subluxation führt. Zur Klassifikation der klinischen Beschwerdesymptomatik und wissenschaftlichen Einordnung der Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens findet die „patient rated tennis elbow evaluation“ Verwendung. Differentialdiagnostisch kommt eine Reihe an weiteren Krankheitsbildern in Betracht und sollte im Rahmen der klinischen Untersuchung geprüft werden.

Bildgebung

Eine kostengünstige initiale Bildgebung zur Beurteilung des Extensorenursprungs ist die (dynamische) Sonographie des Ellenbogengelenks. Hier können echoarme Bereiche einer Veränderung im Sinne einer Tendinopathie entsprechen. Mittels Farb-Doppler können zusätzlich Hypervaskularisationen im Sehnenansatz detektiert werden. Abhängig vom Untersucher kann zudem der laterale Bandkomplex beurteilt werden.

Bei Erstvorstellung kann zudem eine Röntgendiagnostik in 2 Ebenen in Ergänzung zur klinischen Untersuchung sinnvoll sein. Hier können Kalkdepots, freie Gelenkkörper, die Gelenkkongruenz und der Stand der Degeneration (Kubitalarthrose) beurteilt werden.

Heutzutage ist das meist verwendete Diagnostikum zur radiologischen Beurteilung der das Gelenk umgebenden Weichteile sowie der osteochondralen und intraartikularen Verhältnisse die Magnetresonanztomographie (MRT; [10, 19]). Sie sollte insbesondere bei der chronischen Form (>6 Monate) durchgeführt werden. Hier empfiehlt sich die Durchführung in Streckung und Supination des Ellenbogengelenks, um eine mögliche Instabilität zu detektieren (Abb. 1). Die Extensorenläsion wird nach Walz et al. [23] in 4 Grade unterteilt.

Abb. 1
figure 1

MRT-Diagnostik axial (a) und koronar (b). In der T1-/und T2-gewichteten Aufnahme zeigen sich hypertense Signalveränderungen, fortgeschrittener Umbau des CEO („common extensor origin“, schwarzer Pfeil) mit Verdacht auf LCL-Insuffizienz (Lig. collaterale laterale). Zur Beurteilung der Integrität sind die STIR-Sequenzen („short-tau inversion recovery“) in der koronaren Schichtführung besonders geeignet

Als ganzheitliche Diagnostik ist die CRAP-Klassifikation („chronic radial arthrogenic pain“) hilfreich [20]. Sie erfasst sowohl den nachweislichen Extensorenschaden in der MRT-Diagnostik, die Stabilität (klinisch/arthroskopisch) als auch mögliche Begleitpathologien (Tab. 1).

Tab. 1 CRAP-Klassifikation („chronic radial arthrogenic pain“) der lateralen Epikondylopathie

Therapie

Eine vollständige Remission der Beschwerden ist unter den konservativen Therapiemaßnahmen in bis zu 90 % der Fälle innerhalb von 12 Monaten zu erwarten. Allerdings sollte der Patient über die Erkrankungs- sowie Behandlungsdauer aufgeklärt werden. Vor allem die Erkrankungsdauer beläuft sich in der Regel auf 6–9 Monate [15, 22, 23]. Operative Therapien sind frustanen konservativen Therapieverläufen und nachgewiesenem strukturell-morphologischem Schaden vorbehalten (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Behandlungsalgorithmus. CRAP „chronic radial arthrogenic pain“, PLRI posterolaterale Rotationsinstabilität, ROM „range of motion“, ASK Arthroskopie

Konservative Therapie

Das konservative Therapiespektrum ist als multimodales Konzept zu verstehen und setzt sich aus Modifikationen der Belastung, physiotherapeutischen Übungsbehandlungen bzw. manueller Therapie und Massagetherapie, antiphlogistischer oraler und topischer Therapie zusammen [11]. Auch die lokalen Infiltrationen (Kortison, Botulinumtoxin, Platelet-rich-Plasma [PRP] etc.) kommen häufig zur Anwendung. Die Anpassung der auslösenden Belastung in Freizeit und Beruf ist nicht zu vernachlässigen. Eine Unterstützung von Arbeitsmitteln (z. B. Vertikalmaus, ergonomische Tastatur) kann hilfreich sein, die stereotypen Belastungsmuster zu reduzieren. Die sportlichen Aktivitäten können ebenfalls im Rahmen des sportartenspezifischen Trainings modifiziert werden. Beispielsweise wirken sich die beim Tennis oder Golf repetitiven endgradigen Handgelenkexkursionen (Spinschläge) sowie die hochfrequenten Vibrationen pathogenetisch auf den Krankheitsverlauf aus. Hier kann beispielsweise die beidhändige Rückhand die Belastung abschwächen [5]. Eine Diskussion mit dem Trainer und Übertragung entsprechender Ziele in das Training kann somit Einzug in den Behandlungsplan nehmen. Die Nutzung von Vibrationsdämpfern und vibrationsdämpfenden Saiten hat jedoch bisher keine signifikante Verletzungsprävention erbracht.

Die Trainingstherapie wird als multimodales Konzept verstanden und sollte durch eine manuelle Therapie sowie die Friktionsmassage ergänzt werden [8]. Für die Wirksamkeit der Kryotherapie liegen nur vereinzelt Ergebnisse vor [12]. Allerdings kann diese ebenfalls in dosierter Form (bspw. 4/tgl. 15 min) die Kombination aus Trainingstherapie sowie manueller Therapie unterstützen [7]. Nicht selten werden die Trainingstherapie sowie die Friktionsmassage von dem Patienten als sehr schmerzhaft empfunden. Für die Kinesio-taping-Therapie liegt allenfalls ein niedriges Evidenzniveau vor, allerdings ist es als risikoarm einzustufen und kann zusätzlich angeboten werden. Die Verwendung von „Epikondylitisbandagen“ und Unterarm‑/Handgelenkorthesen ist in einer Reihe von Studien untersucht worden, allerdings zeigen sich auch hier die Ergebnisse indifferent.

Als kurzfristige medikamentöse Therapie zur Linderung der Schmerzen und Verbesserung der Funktion kann ein kurzfristiger Einsatz (<6 Wochen) von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) bzw. nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAP) oral oder auch in lokaler Form diskutiert werden. Kontraindikationen müssen jedoch berücksichtigt werden.

Vor allem ein kurzfristiger Erfolg kann potenziell durch Kortisoninfiltrationen erzielt werden. Für den Langzeitverlauf konnten meist keine signifikanten Unterschiede zu Injektionen mit Placebo oder Lokalanästhetika nachgewiesen werden [4]. Eine langfristige Besserung durch Kortisoninfiltrationen ist nicht zu erwarten, bei jedoch relevanten Komplikationen und schlechterem Langzeit-Outcome. Daher ist eine grundsätzliche Kortisoninfiltration nicht zu empfehlen und nur unter strenger Indikationsprüfung und Aufklärung durchzuführen.

Nicht selten kann durch eine (häufige) Anwendung eine Gewebenekrose insbesondere im Bereich des lateralen Kapsel-Band-Apparats ausgelöst werden. Über die Ergebnisse nach dem Einsatz und der Anwendung/Injektion (insbesondere von Polidocanol A und Hyaluronsäure, aber auch von Botulinumtoxin, Eigenblut und PRP) liegt abschließend noch nicht genügend wissenschaftliche Evidenz vor. Zwar zeigten sich in einigen Studien und darauf basierenden Metaanalysen die Kurzzeitergebnisse und teilweise mittelfristigen Ergebnisse von PRP und Eigenblut der Kortikosteroid- und Placeboinjektion überlegen, eine abschließende Beurteilung scheint aufgrund gegenteiliger Ergebnisse dennoch noch nicht möglich [4].

In einem Großteil der vorliegenden Studien wird die Injektionstherapie mit genannten Präparaten als „Second-line-Therapie“ bezeichnet und sollte somit nach aktuellem Stand nur unter strenger Indikationsprüfung und Aufklärung eingesetzt werden. Die Injektion von Botox konnte gute kurzfristige Ergebnisse erzielen, allerdings ist auch hier eine abschließende Empfehlung bei ausbleibenden Langzeitergebnissen nicht möglich.

Vor allem aber gilt es, die möglichen Komplikationen im Rahmen der Infiltrationstherapie ausführlich mit dem Patienten zu diskutieren.

Für die radiale als auch die fokussierte Stoßwelle konnte in einer Anzahl randomisiert-kontrollierter Studien ein Nutzen für das Outcome aufgezeigt werden [13, 14, 21]. Vor Therapiebeginn gilt es jedoch auch hier, die möglichen Komplikationen mit dem Patienten zu besprechen sowie einen klaren Therapieablauf (z. B. 3 Sitzungen/Woche) festzulegen.

Operative Therapie

Die operative Therapie ist nach Ausschöpfung der konservativen Maßnahmen (s. oben) im Rahmen der Behandlung einer lateralen Epikondylopathie von mindestens 6–9 Monaten und hiernach persistentem Beschwerdebild und nachgewiesenem strukturell-morphologischem Schaden indiziert.

Zur operativen Therapie ist die diagnostische Arthroskopie zum Ausschluss von extensorentriggernden Begleitläsionen und zum Ausschluss einer Instabilität sinnvoll. Die CRAP-Klassifikation kann zur Festlegung der ADORE-Prozedur genutzt werden [20]. Diese umfasst das arthroskopische Débridement in Kombination mit der offenen Refixation. Die Refixation impliziert befundabhängig die Refixation der Extensoren, Raffung/Refixation oder die Bandplastik des lateralen kollateralen Ligaments (LCL) [6, 18]. So kann abhängig von den vorliegenden Extensorenschäden, der Stabilität sowie den Begleitpathologien ein adäquates Therapiekonzept erfolgen (Tab. 2).

Tab. 2 ADORE-Prozedur anhand der CRAP-Klassifikation („chronic radial arthrogenic pain“)

Zu dem ADORE-Verfahren gibt es konkurrierende Operationsverfahren wie die sog. klassische „Hohmann-Operation“, als halbmondförmiges Release der Extensoren/Flexoren, inklusive des degenerativen Gewebes vom Epicondylus humeri radialis oder die „Wilhelm-Operation“ mit Denervierung nervaler Strukturen am Epicondylus humeri radialis und mit Lösung des M. supinator vom Extensor carpi radialis brevis (ECRB, [1, 2, 9, 15]).

Die operative Therapie zeigt unabhängig der Wahl des Verfahrens nach aktueller Studienlage gute klinische Ergebnisse mit einer Patientenzufriedenheit von 80–90 %, einer Reduktion des Schmerzes und einer durchschnittlichen Rückkehr in den Beruf nach 6 Wochen [2]. Diese Ergebnisse sind jedoch auch unter dem Aspekt der spontanen Beschwerderegredienz und den potenziellen allgemeinen und speziellen Operationsrisiken zu diskutieren. Die Aufklärung hierüber ist obligat.

Fazit für die Praxis

  • Die Ursachen des lateralen Ellenbogenschmerzes gilt es zu differenzieren und im Rahmen der Diagnostik und Therapie zu berücksichtigen. Eine laterale Epikondylopathie mit potenzieller Schädigung der Extensoren als auch ein maskierter getriggerter Ausstrahlungsschmerz differenzierter Gelenkpathologien können die Ursachen sein.

  • Bei einer lateralen Epikondylopathie ohne strukturell-morphologischen Schaden ist eine vollständige Remission der Beschwerden unter den konservativen Therapiemaßnahmen in bis zu 90 % der Fälle innerhalb von 12 Monaten zu erwarten.

  • Der Goldstandard ist die konservative Therapie. Sie umfasst primär Trainings- und Friktionstherapie, manuelle Therapie sowie antiphlogistische orale Therapie.

  • Eine Vermeidung/Anpassung der schmerzauslösenden Bewegungen ist insbesondere zu Beginn der Behandlung empfohlen.

  • Die operative Therapie ist streng zu indizieren und sollte nur nach Ausschöpfung der konservativen Maßnahmen diskutiert werden.

  • Die diagnostische Arthroskopie gehört zur operativen Therapie und kann intraartikuläre Pathologien sowie eine begleitende Instabilität adäquat erfassen.