1 Einleitung

Die Unterrichtsplanung gehört zu den fundamentalen Aufgaben von Lehrkräften. Bereits im Studium sollen Lehramtsstudierende „grundlegende Fähigkeiten für gezielte und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltete Vermittlungs‑, Lern- und Bildungsprozesse“ erwerben, was insbesondere auch erste reflektierte Erfahrungen im Planen und Gestalten von Unterrichtseinheiten beinhaltet (KMK 2019, S. 50). Daher erscheint es geboten, die Wirksamkeit der Lehrkräftebildung auch im Hinblick auf den Erwerb von Unterrichtsplanungsfähigkeiten (im Sinne einer Performanz bezogen auf die Qualität der Planungsprozesse bzw. -produkte, vgl. Blömeke et al. 2015) zu untersuchen. Die Befundlage zur Unterrichtsplanung ist jedoch nach wie vor unsicher (vgl. z. B. König et al. 2020a; Wernke und Zierer 2017), da die zugrundeliegenden Modellierungen und Operationalisierungen kaum eine systematische theoretische und empirische Klärung zum Forschungsgegenstand bieten (Rothland 2021). So ist die Relevanz einzelner Facetten professioneller Handlungskompetenz, wie sie in gängigen Kompetenzmodellen (z. B. Baumert und Kunter 2006) beschrieben wird, für das Anfertigen einer Unterrichtsplanung erst in Ansätzen geklärt (vgl. Rothland 2021). Hier bedarf es weiterer Arbeiten, die einen Beitrag dazu leisten können, die Bedeutung des Professionswissens in unterschiedlichen Fächern und Themenfeldern differenzierter herauszuarbeiten.

Speziell die Klärung grundlegender Fragen zur Bedeutung des an der Universität erworbenen Professionswissens für die Fähigkeit zur Unterrichtsplanung könnte jedoch wichtige Ansatzpunkte zur Verbesserung von Lehramtsstudiengängen liefern, da hierzulande die Vermittlung von Professionswissen zumeist in einzelnen, inhaltlich oft unverbundenen Studienbereichen (Fachwissenschaft – Fachdidaktik – Bildungswissenschaft) erfolgt. Die Vorbereitung und Durchführung schulischer Praxisphasen werden dann häufig als diejenigen Studienelemente angesehen, in welchen die unterschiedlichen Elemente des Professionswissens aufeinander bezogen und für die Entwicklung einer Unterrichtsplanungsfähigkeit nutzbar gemacht werden sollen (z. B. König et al. 2020a). Umgekehrt besteht auch die Erwartung, dass das Professionswissen selbst von zunehmenden, reflektierten Erfahrungen im Bereich Unterrichtsplanung profitiert (z. B. Alonzo et al. 2019). Nachweise für solche Erwartungen liegen jedoch nicht systematisch vor, da Längsschnittstudien über unterschiedliche Fächer und Themenfelder hinweg fehlen, die den Beitrag eines Langzeitpraktikums und damit im speziellen auch Erfahrungen im Bereich Unterrichtsplanung für die Professionalisierung untersuchen (Gröschner und Klaß 2020).

Vor diesem Hintergrund untersucht der folgende Beitrag den wechselseitigen Zusammenhang zwischen der Entwicklung von (a) Professionswissen und (b) Unterrichtsplanungsfähigkeit (UPF) bei Lehramtsstudierenden der Physik (Sekundarstufe I und II) über das in vielen Bundesländern etablierte Praxissemester. Zur Messung der UPF wurde dabei ein Performanztest verwendet, in dem die Erfassung handlungsnaher Planungsfähigkeiten in einer simulierten Handlungssituation unter standardisierten Rahmenbedingungen erfolgt (Schröder et al. 2020). Das Professionswissen der Lehramtsstudierenden wird mit Hilfe von standardisierten Leistungstests untersucht, die im Rahmen des Projektverbunds ProfiLe‑P (Riese et al. 2015) entwickelt wurden. Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf Erhebungen im Projektverbund ProfiLe-P+ (Vogelsang et al. 2019) an vier Universitäten in drei Bundesländern vor und nach einem Praxissemester (N = 174 Unterrichtsplanungen insgesamt erhoben, davon liegen 136 im Längsschnitt vor für n = 68 Personen mit Prä-Post-Messung).

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Unterrichtsplanung in den Naturwissenschaften

Pragmatisch definiert können „alle dem Unterricht vorausgehenden Maßnahmen […], die das Lehren und Lernen im Unterricht selbst optimieren sollen“, als Unterrichtsplanung bezeichnet werden (Sandfuchs 2009, S. 512). Dabei trägt eine vorangegangene Planung zur kognitiven Entlastung beim Unterrichten bei, da zentrale Entscheidungen getroffen und Handlungsalternativen erdacht werden können, bevor der unmittelbare Handlungsdruck (vgl. Wahl 1991) während des Unterrichts einsetzt (vgl. Tebrügge 2001). Es können unterschiedliche Anforderungsbereiche bei der Unterrichtsplanung unterschieden werden: Neben der Identifizierung bzw. Antizipation und sinnhaften Sequenzierung von zeitlichen Ereignisabfolgen müssen zur Verfügung stehende zeitliche und materielle Ressourcen bedacht werden. Ebenso müssen die jeweiligen Voraussetzungen bei Lernenden und Lehrenden berücksichtigt werden, wobei Entscheidungen auf Basis einer professionellen Diagnose zu treffen sind (Rothland 2021; Weingarten 2019). Da der antizipierte Unterrichtsverlauf nicht exakt vorhersehbar ist, lässt sich eine Unterrichtsplanung auch als Designaufgabe verstehen, wobei deren Zielsetzung darin besteht, ein Lehr-Lern-Arrangement zu entwerfen, das den in den Vorgaben der Lehrpläne (Designauftrag) formulierten Intentionen entspricht (Aprea 2014). Vor allem im Lehramtsstudium und Referendariat bilden dabei allgemeinpädagogische Theorien oder Rahmenmodelle die theoretische Grundlage bzw. Orientierungshilfe für die Unterrichtsplanung (z. B. Jank und Meyer 2020). Dabei gilt die Unterrichtsplanungsfähigkeit als grundsätzlich lehr- bzw. erlernbar (vgl. z. B. Plöger 2008). Eine allgemein anerkannte Theorie der Unterrichtsplanung existiert jedoch nicht (Scholl 2018).

Speziell in den Naturwissenschaften wird für eine qualitativ hochwertige Unterrichts- bzw. Reihenplanung häufig auf die Grundidee der Didaktischen Rekonstruktion (Kattmann et al. 1997) verwiesen, die den bildungstheoretischen Ansatz der Didaktischen Analyse (Klafki 1969) und das lerntheoretische Strukturmodell der Berliner Schule (Heimann et al. 1969) aufgreift und um fachdidaktische Perspektiven erweitert. Demnach bilden die fachliche Klärung des Inhaltes und die Beachtung sogenannter Schülervorstellungen (Schecker et al. 2018) eine gleichwertige Basis für die Unterrichtsplanung. Angesichts der Komplexität der fachlichen Inhalte sind diese für den Unterricht zu elementarisieren, d. h. die elementaren Ideen müssen im Sinne Klafkis herausgestellt und in der Komplexität reduziert in unterrichtstaugliche Sinneinheiten gebracht werden. Dabei werden inhaltsbezogene Entscheidungen denen über Medien und Methoden vorangestellt (Kattmann et al. 1997). Nichtsdestotrotz wird die im Berliner Modell (Heimann et al. 1969) beschriebene Interdependenz von „Thematik“, „Methoden“, „Medien“ und „Intention“ auch innerhalb der Didaktischen Rekonstruktion berücksichtigt.

2.2 Qualitätsmerkmale einer Unterrichtsplanung

Angesichts der Unwägbarkeiten im Planungsprozess wie z. B. die oft nur teilweise bekannten Randbedingungen und Wechselwirkungen aller Planungsparameter (Weingarten 2019) stellt sich zunächst die Frage, wann eine Unterrichtsplanung überhaupt als qualitativ hochwertig bzw. „gut“ zu bezeichnen ist. Zwar sind Unterrichtsplanungen häufig Gegenstand von Beurteilungen in der Ausbildungspraxis, die evidenzbasierte Fundierung entsprechender Qualitätskriterien gilt jedoch nach wie vor als Forschungsdesiderat (Rothland 2021). Gängige Qualitätsmerkmale beziehen sich darauf, inwiefern eine konkrete Unterrichtsplanung den Zielen einer solchen Planung entspricht, wobei Zielkategorien dominieren, die sich auf Qualitätsmerkmale der (antizipierten) Unterrichtsdurchführung beziehen (Vogelsang und Riese 2017). Im eigentlichen Planungsprozess soll eine mögliche Sequenz von Ereignissen bzw. Handlungen entwickelt werden, die das Lernen eines spezifischen Inhalts möglichst optimal unterstützt (Weingarten 2019). Innerhalb der Lehramtsausbildung wird dabei oft gefordert, dass der Unterrichtsverlauf ausführlich geplant und schriftlich fixiert wird, um der unterrichtenden Person eine differenzierte Reflexion des durchgeführten Unterrichts zu ermöglichen. Zudem sollte eine Unterrichtsplanung eine gewisse Flexibilität bzw. Anpassungsfähigkeit und ggf. planerische Alternativen vorsehen (z. B. Wiater 2015).

Neben der Qualität der kreierten Lern- und Interaktionsprozesse wird in Ausbildungskontexten auch die Qualität der Begründung als Gütemerkmal einer Planung betrachtet (Vogelsang und Riese 2017). Dahinter steht die Erwartung, dass angehende Lehrkräfte ihr im Studium erworbenes Wissen (z. B. zu typischen Lernvoraussetzungen oder didaktischen Prinzipien) zur Begründung oder Legitimation ihres Handelns heranziehen können (Tenorth 2006; Vogelsang und Riese 2017). Zu beachten ist jedoch, dass empirisch keinesfalls gesichert ist, dass ein wohl begründeter Handlungsplan, der einem etablierten didaktischen Rahmenmodell folgt, automatisch eine hohe Qualität des späteren Unterrichts begünstigt: „es kann gerade der Unterricht eine höhere Qualität aufweisen, in dessen Verlauf der detailliert und vorbildlich ausgearbeitete Plan frühzeitig und vollständig über den Haufen geworfen wird“ (Rothland 2021, S. 20).

2.3 Verfahren zur Erfassung der Fähigkeit zur Unterrichtsplanung

Zur Erfassung der Unterrichtsplanungskompetenz bzw. -fähigkeit werden in der Literatur unterschiedliche Ansätze genutzt. Häufig werden Selbsteinschätzungen verwendet (z. B. Schnebel et al. 2017), die einerseits eine gut handhabbare, zeitökonomische Erfassung ermöglichen, andererseits aber problematisch hinsichtlich der Validität sein können (Rothland 2021). Daneben werden Wissens- bzw. Kompetenztests genutzt, in welchen meist schriftlich Testfragen zur Unterrichtsplanung zu beantworten (z. B. Schüle et al. 2017) oder Fallvignetten zu bearbeiten sind (z. B. Baer et al. 2011; für die Physik z. B. Stender et al. 2015). Diese Formate zeichnen sich durch ihre Standardisierung aus, sind für mittelgroße Fallzahlen noch handhabbar und die Antworten der Probanden lassen sich verhältnismäßig objektiv anhand einer begründeten Kodiervorschrift bewerten. Hinsichtlich der ökologischen Validität ist jedoch zu bedenken, dass dabei kaum eigenständiges, authentisches Planungshandeln erforderlich ist, um hohe Testscores zu erreichen, und verwendete Items sich eher auf Analyse von Planungen oder Wissen „über“ Planungen beziehen.

Ein weiterer Ansatz besteht daher in der kategorienbasierten inhaltsanalytischen Untersuchung von bereits vorhandenen Produkten der Unterrichtsplanung, wie etwa schriftlichen Unterrichtplanungsentwürfen aus dem Studium oder Vorbereitungsdienst (z. B. König et al. 2015; für die Naturwissenschaften z. B. Hasenkamp et al. 2016). Wenngleich dieser Ansatz eine größtmögliche ökologische Validität gewährleistet, sind mangels Standardisierung und zahlreicher Interdependenzen mit den jeweiligen Planungskontexten jedoch Probleme mit der Messgenauigkeit und der Objektivität des Planungsmaßes zu beobachten, wodurch Veränderungsmessungen deutlich erschwert werden (vgl. z. B. Hasenkamp et al. 2016).

Abgesehen von Selbsteinschätzungstests und niedrigkomplexen Wissenstests erfordern die Ansätze die Formulierung von Kategoriensystemen und eine anschließende Kodierung des Materials, bei der überprüft wird, ob die Antworten bzw. Unterrichtsplanungen der Probanden bestimmte Elemente, Indikatoren, Konsistenzmerkmale oder Begründungen enthalten, die anschließend zu einem Gesamtscore transformiert werden. Damit wird indirekt die Differenziertheit der Darstellung zu einem Qualitätskriterium der Unterrichtsplanung, was bei der Interpretation der jeweiligen Ergebnisse zu berücksichtigen ist, da eine Maximierung der Differenzierung im Sinne einer „Überplanung“ auch kontraproduktiv sein kann (Rothland 2021).

2.4 Die Nutzung von Professionswissen bei der Unterrichtsplanung

2.4.1 Professionswissen von (angehenden) Lehrkräften

Das professionelle Wissen bzw. Professionswissen von angehenden Lehrkräften gehört zum Kern ihrer professionellen Kompetenz und wurde in den letzten Jahren verhältnismäßig intensiv erforscht (Kaiser et al. 2020). Dabei werden in Anlehnung an Shulman (1986) häufig die drei Dimensionen Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und pädagogisches Wissen unterschieden (Baumert und Kunter 2006). Fachwissen (FW) bezeichnet dabei Wissen über Inhalte, fachspezifische Methoden und epistemologische Aspekte des jeweiligen Unterrichtsfachs. Neben dem eigentlichen Schulstoff und dem im Studium erworbenen Überblickswissen wird darunter zum Teil auch vertieftes Schulwissen gefasst, das als grundlegend für das Unterrichten aufgefasst wird (Woitkowski und Borowski 2017).

Fachdidaktisches Wissen (FDW) umfasst fachbezogenes Wissen zur adressatengerechten Aufbereitung und Strukturierung der Unterrichtsinhalte. Wenngleich unterschiedliche Modellierungen vorliegen, werden im Fach Physik häufig Wissen über Schülerkonzeptionen bzw. -vorstellungen, Wissen über Instruktionsstrategien sowie Wissen zum Umgang mit Experimenten als wesentliche Facetten aufgefasst (vgl. z. B. Gramzow et al. 2013). In der internationalen Diskussion innerhalb der Naturwissenschaftsdidaktik wird zudem auf der strukturellen Ebene das zum FDW ähnliche Konstrukt des pedagogical content knowledge (PCK) im Rahmen des Refined Consensus Model of PCK in die drei Bereiche collective PCK (cPCK), personal PCK (pPCK) und enacted PCK (ePCK) separiert. Dabei umfasst das cPCK das kollektive Professionswissen der Community eines Faches („Lehrbuchwissen“), während das pPCK das individuelle Wissen einer einzelnen Lehrkraft („testbarer Wissensstand“) beschreibt. Als ePCK wird schließlich das individuelle, ggf. implizite Wissen einer Lehrkraft bezeichnet, das neben der Durchführung und Reflexion von Unterricht („aus der Handlung rekonstruierbar“) auch einer konkreten Unterrichtsplanung zugrunde liegt (Carlson et al. 2019, S. 83).

Unter Pädagogischem Wissen (PW) wird häufig fachunabhängiges Wissen über allgemeindidaktische Prinzipien und pädagogische Konzepte verstanden, wozu beispielsweise unterrichtsbezogenes Wissen zur Klassenführung oder Motivierung zählt (Baumert und Kunter 2006). In einer eher ausbildungsnahen Modellierung unterscheiden König und Seifert (2012) hier die drei Bereiche Erziehung und Bildung, Unterricht und allgemeine Didaktik sowie Schulentwicklung und Gesellschaft. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Lehrpersonen auch außerhalb des Unterrichts berufliche Anforderungen zu bewältigen haben (z. B. im Kontakt mit Eltern oder innerhalb des Kollegiums) modellieren Kunter et al. (2017) die fachübergreifend relevante Dimension des Professionswissens auf Basis von Expertenbefragungen mit sechs Bereichen: Unterrichtsgestaltung, Schulorganisation, Bildungstheorie, Lernen und Entwicklung, Diagnostik und Evaluation, Lehrerberuf als Profession.

2.4.2 Entwicklung von Professionswissen in Praxisphasen

Während im Hinblick auf FW und FDW (z. B. Blömeke et al. 2008; für Physik: Riese und Reinhold 2012) sowie für PW (z. B. König und Seifert 2012) bereits deutliche Hinweise zur Zunahme des Professionswissens innerhalb des Studiums vorliegen, sind die Ergebnisse speziell für schulpraktische Phasen noch eher widersprüchlich. Dabei wird theoretisch angenommen, dass das Professionswissen im (Langzeit‑)Praktikum zunächst eine qualitative Veränderung bzw. Umstrukturierung erfährt (Blömeke et al. 2014; Gruber et al. 2006). Vor allem eine theoriegeleitete Reflexion der Erfahrungen bzgl. Unterrichtsplanung und -durchführung, wie sie in einem Praxissemester auch hierzulande (vgl. König und Rothland 2018) feststellbar ist, begünstigt demnach die Entwicklung des Professionswissen, was im Sinne des RCM dahingehend interpretiert werden kann, dass eine (angehende) Lehrkraft aus einer unterrichtsbezogenen Situation neue Erkenntnisse gewinnt und damit ihr pPCK aus dem ePCK heraus erweitert (Alonzo et al. 2019; Carlson et al. 2019). Dabei ist plausibel, dass die Erweiterung des pPCK aus dem ePCK heraus umso besser gelingt, je größer das Repertoire des ePCK ist, d. h. je mehr eine Lehrkraft beispielsweise zu qualitativ hochwertigen (Planungs‑)Handlungen fähig ist. Eine empirische Bestätigung dieser Annahme steht jedoch aus, zumal Veränderungen im Wissensstand aufgrund weiterer Einflussfaktoren nicht eindeutig auf das Praxissemester zurückgeführt werden können. Während bspw. Mertens und Gräsel (2018) in einem quasi-experimentellen Design mit einer Kurzversion des Instruments von Seifert et al. (2009) keine Veränderung des PW über ein Praxissemester beobachten können, können König et al. (2020b) vor allem eine Zunahme handlungsnaher Wissensaspekte (Generieren möglicher Handlungsoptionen) im Praxissemester feststellen, die u. a. durch den Grad der mentoriellen Unterstützung erklärt werden kann, nicht jedoch durch den Umfang der im Praxissemester dominierenden Tätigkeit „Pädagogische Handlungssituationen planen“. Generell lässt sich aber zeigen, dass Professionswissen sich nicht automatisch in Praxisphasen entwickelt. Reflexionsfähigkeit scheint entscheidend dafür zu sein – während besonders tiefes Eintauchen in das Praxisfeld den Erwerb (akademischen) Professionswissen in einem Praktikum sogar erschweren könnte (Kulgemeyer et al. 2021).

2.4.3 Das Verhältnis von Professionswissen und Unterrichtsplanung

Allgemein wird angenommen, dass angehende Lehrkräfte bei der Unterrichtsplanung auf das an der Hochschule erlernte Wissen zurückgreifen und dabei einen Abgleich mit ihren Überzeugungen und Werthaltungen vornehmen (z. B. Shavelson und Stern 1981). Aus der Perspektive des Refined Consens Models of PCK heraus nehmen Carlson et al. (2019) an, dass das individuell vorhandene (fachdidaktische) Wissen (pPCK) als „Reservoir“ von Wissen angesehen werden kann, an dem sich die Lehrkraft während der Unterrichtsplanung bedient, wobei das pPCK dann zum enacted PCK (ePCK) überführt wird, das sich prinzipiell aus der Planungshandlung rekonstruieren lässt. In diesem Sinne repräsentiert die der angefertigten Unterrichtsplanung zugrundeliegende Fähigkeit Aspekte des ePCK, da nicht einzelne, unverbundene Wissenselemente adressiert werden, sondern alle Entscheidungen im Zusammenhang mit der Planungshandlung auf ein spezielles Setting, auf eine spezielle Lerngruppe und auf ein spezielles Lernziel bezogen werden müssen (vgl. auch Carlson et al. 2019, S. 85). Stärker als beim Unterrichtsgeschehen selbst wird für die Unterrichtsplanung dabei erwartet, dass ohne unmittelbaren Handlungsdruck (Wahl 1991) mehr oder weniger wohlüberlegt und reflektiert auf relevante Aspekte des Professionswissens zurückgegriffen werden kann (reflection on action, vgl. auch Scholl et al. 2019), so dass ein deutlicher Zusammenhang von Professionswissen und der Fähigkeit zur Unterrichtsplanung plausibel erscheint.

König et al. (2020a) modellieren den Zusammenhang von Professionswissen und Unterrichtsplanung heuristisch unter Berücksichtigung des Modells von Blömeke et al. (2015), in welchem Kompetenz als Kontinuum von Dispositionen, situationsspezifischen Fähigkeiten und Performanz aufgefasst wird. Darin wird Professionswissens neben affektiven und motivationalen Merkmalen als Voraussetzung für die Unterrichtsplanung betrachtet, die wiederum situationsspezifisch die unterrichtliche Wahrnehmung relevanter Randbedingungen (z. B. von Lernvoraussetzungen oder dem Planungskontext), die Interpretation derselben sowie die Entscheidungsfindung (z. B. zum Design adaptiver Planungselemente) beinhaltet. Die Ausgestaltung der finalen Unterrichtsplanung hängt wiederum von den Anforderungen an die Unterrichtsplanung (z. B. formale Planungsvorgaben im Referendariat versus formlose Kurzplanung im Schulalltag) ab (zu den in diesem Beitrag getroffenen Annahmen vgl. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Heuristisches Modell der Unterrichtsplanung (z. T. angelehnt an König et al. 2020a, S. 805)

Dabei haben König et al. (2020a) in ihrer Arbeit auf die Bedeutung des PW von Referendarinnen und Referendaren für deren Planungsperformanz in schriftlichen Unterrichtsplanungen im Unterrichtsfach Deutsch speziell im Bereich der pädagogischen Adaptivität fokussiert, wobei kein globaler Zusammenhang festzustellen war (lediglich für die Teilskala des Wissenstests zur Adaptivität war ein Zusammenhang mit geringer Effektstärke zu beobachten). Speziell für eine Praxisphase im Fach Physik finden Ruberg und Komorek (2016) in einer qualitativen Untersuchung keine Hinweise, dass Studierende ihr Professionswissen für die Unterrichtsplanung anwenden. Selbst bei Anforderungen, die häufig in fachdidaktischen Studienteilen thematisiert wurden (z. B. adäquater Umgang mit fachspezifischen Schülervorstellungen), greifen die Studierenden nicht auf fachdidaktisch abgesicherte Bewältigungsstrategien zurück.

Insgesamt ist daher festzustellen, dass der Einfluss der einzelnen Bereiche des Professionswissens auf die Unterrichtsplanung insbesondere in Praxisphasen noch weiterer empirischer Klärung bedarf (Rothland 2021). Es ist durchaus denkbar, dass Unterricht auch ohne Bezugnahme auf entsprechende Modelle mit hoher Qualität geplant werden kann.

2.4.4 Entwicklung von Unterrichtsplanungsfähigkeit

Bisher sind Erkenntnisse zur Entwicklung der Unterrichtsplanungsfähigkeit (UPF) angehender Lehrkräfte auf theoretischer und empirischer Ebene rar. Generell wird ein Prozess im Verlauf der gesamten beruflichen Tätigkeit angenommen, in dem praktische Planungserfahrungen und der Erwerb professionellen Wissens in einem komplexen Wechselspiel stehen und zur Ausbildung von Planungsroutinen führen (Sandfuchs 2009). Auch wenn theoretisch nicht klar ist, welches Ausmaß und welche Bestandteile der UPF in welcher Phase der Lehramtsausbildung erwartet werden können und sollen (vgl. Rothland 2021), werden gerade schulpraktische Phasen im Studium und der Vorbereitungsdienst als zentrale Lerngelegenheiten beschrieben (Holtz und Gnambs 2017), wozu allerdings nur wenige längsschnittliche Studienergebnisse vorliegen.

Baer et al. (2011) konnten im Verlauf eines Lehramtsstudiums eine Steigerung des Planungswissens beobachten, das allerdings im ersten Berufsjahr nach dem Studium wieder leicht zurückging. Basierend auf der Analyse von Unterrichtsentwürfen wurde von König et al. (2015) eine deutliche Steigerung der Planungskompetenz bzgl. des Merkmals der Adaptivität im Prä-Post-Vergleich im Vorbereitungsdienst beobachtet. Hasenkamp et al. (2016) analysierten Unterrichtsentwürfe von 18 Personen im Vorbereitungsdienst im Fach Sachunterricht. Über drei Messzeitpunkte hinweg konnten sie dabei allerdings im Mittel keine Veränderung der Planungsqualität feststellen. Insgesamt sind Ergebnisse zur Entwicklung von UPF in der Lehrerbildung uneinheitlich. Insbesondere zur Frage, inwiefern sie sich wechselseitig mit professionellem Wissen entwickelt, liegen derzeit keine Ergebnisse vor.

3 Ziele und Forschungsfragen

Ziel unserer Studie ist es, einen Beitrag zur Klärung des Zusammenhangs von Professionswissen (FW, FDW, PW) und Unterrichtsplanungsfähigkeit (UPK) zu liefern. Dafür gehen wir bei Lehramtsstudierenden im Praxissemester der Frage nach, inwiefern das Ausmaß professionellen Wissens die Entwicklung von UPF begünstigt. Es werden zwei Forschungsfragen verfolgt:

Forschungsfrage 1

Inwieweit haben die drei Bereiche des Professionswissens einen Einfluss auf die Entwicklung der UPF im Fach Physik?

Entsprechend der in Abschn. 2.4.3 formulierten Grundannahme und in Einklang mit dem Modell von König et al. (2020a) soll die Annahme überprüft werden, dass 1) das FW, 2) das FDW und 3) das PW – jeweils zu Beginn des Praxissemesters – die Entwicklung der UPF im Fach Physik positiv beeinflussen (Teilhypothesen H1.1, H1.2 und H1.3).

Dementsprechend wird angenommen, dass das Professionswissen eine Quelle bzw. Disposition für die Entwicklung der UPF darstellt, da längere Praxisphasen als zentrale Studienelemente angesehen werden, in denen man sich eine Transformation des Professionswissen in handlungsnahe Fähigkeiten erhofft (vgl. Holtz und Gnambs 2017).

In der gegenläufigen Perspektive soll untersucht werden, inwieweit die Entwicklung des Professionswissens durch eine hohe UPF begünstigt wird:

Forschungsfrage 2

Inwieweit hat die UPF im Fach Physik einen Einfluss auf die Entwicklung der drei Bereiche des Professionswissens?

Gemäß der in Abschn. 2.4.2 beschriebenen Annahme, dass das Professionswissen im Praxissemester durch reflektierte Unterrichtserfahrung eine Umstrukturierung erfährt und dabei von einer hohen UPF profitiert, soll die Annahme überprüft werden, dass die UPF im Fach Physik zu Beginn des Praxissemesters die Entwicklung 1) des FW, 2) des FDW und 3) des PW positiv beeinflusst (Teilhypothesen H2.1, H2.2 und H2.3).

4 Methoden

4.1 Design

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde ein Cross-Lagged-Panel Design mit zwei Wellen verwendet, das auf einer Längsschnittstudie über das Praxissemester an vier deutschen Hochschulen in drei Bundesländern basiert (vgl. Vogelsang et al. 2019). Die erste Befragung wurde unmittelbar zu Beginn des Praxissemesters durchgeführt, während die zweite Befragung in den letzten Wochen des Semesters erfolgte. Insgesamt betrug die Zeitspanne zwischen beiden Messzeitpunkten im Mittel 4,5 Monate (M = 139 d, SD = 16 d). Zu beiden Messzeitpunkten war neben den Tests zur Erfassung der Hauptkonstrukte (vgl. Abschn. 4.3) ein Fragebogenteil zur Erfassung demographischer Daten zu bearbeiten. Beim zweiten Messzeitpunkt wurde zusätzlich ein Fragebogen zum Ablauf und zur Nutzung von Lerngelegenheiten des Praxissemesters ausgegeben (insb. Umfang und Art der Unterrichtstätigkeit, Umfang und Inhalt von vorbereitenden und nachbereitenden Gesprächen). Für die in diesem Beitrag verwendeten Testinstrumente betrug die gesamte Testzeit je Messzeitpunkt und Testperson rund 3,5 h, verteilt über mehrere Testtage. Die Teilnahme an der Studie war freiwillig und erfolgte zum Teil in regulären Vorbereitungs- bzw. Begleitseminaren zum Praxissemester, zum Teil erfolgte die Befragung unter Aufsicht im Rahmen zusätzlicher Termine, für die eine finanzielle Aufwandsentschädigung gezahlt wurde. Insgesamt wurde in drei aufeinanderfolgenden Jahren befragt, wobei nahezu eine Vollerhebung der jeweiligen Praxissemesterkohorten im Fach Physik realisiert werden konnte.

4.2 Stichprobe

Die Stichprobe zu den vorgestellten Analysen umfasst N = 68 Lehramtsstudierende (Masterstudium) im Fach Physik, für die Datensätze zum Planungstest im Längsschnitt vorliegen. Diese 68 Studierenden (27 weiblich, 33 männlich, Rest o. A.) unterscheiden sich in allen erfassten demographischen Variablen nicht signifikant von den weiteren 38 Studierenden, für die lediglich Daten zu einem Messzeitpunkt vorliegen, so dass der Teil der Stichprobe mit zwei Messzeitpunkten als repräsentativ für die Grundgesamtheit angenommen werden kann. Beim ersten Messzeitpunkt betrug das Alter im Mittel M = 25,0 (SD = 4,5) Jahre und als Abiturnote wurde im Mittel M = 2,04 (SD = 0,43) angegeben. Neben Physik wurde als weiteres Unterrichtsfach in 46 Fällen Mathematik genannt gefolgt von Chemie mit 9 Nennungen (übrige Fächer jeweils max. 3). Die Fachsemesterzahl betrug im Mittel 9,6 (SD = 2,9). Insgesamt 42 Studierende haben alle Tests (vgl. 4.3) zu beiden Messzeitpunkten bearbeitet.

Die angegebene Unterrichtserfahrung der befragten Praxissemesterstudierenden ist in Tab. 1 aufgeführt. Entsprechend der allgemeinen Rahmenbedingungen im Praxissemester hospitierten die Studierenden im Mittel 66 Physikstunden. Darüber hinaus wurden durchschnittlich 20 Unterrichtsstunden verhältnismäßig zeitaufwändig (vgl. Tab. 1) vorbereitet und vollständig gehalten, wobei 25 Studierende Unterrichtserfahrungen im Inhaltsbereich Mechanik gesammelt haben, der Gegenstand des Planungsperformanztests ist (vgl. 4.3). Die Vorbereitungszeit umfasst sowohl die explizite Planung des Unterrichts als auch die weitere Vorbereitung (z. B. Aufbau von Experimenten). Der selbst gehaltene Unterricht wurde in der Regel mit betreuenden Lehrkräften vor- und nachbereitet (Median = 10 min pro Gespräch), die besprochenen Themen und die Häufigkeit ihres Auftretens ist überblicksartig in Abb. 2 dargestellt.

Tab. 1 Kenndaten zu Umfang und Erfahrungen während des Praxissemesters
Abb. 2
figure 2

Art und Häufigkeit der angesprochenen Themen in den vor- und nachbereitenden Gesprächen

4.3 Operationalisierung der Hauptkonstrukte und Testinstrumente

Das Professionswissen der befragten Lehramtsstudierenden wurde mit schriftlichen Leistungstests erhoben, die nachfolgend in 4.3.1 bis 4.3.3 kurz beschrieben werden (als Überblick vgl. auch Vogelsang et al. 2019). Die UPF wurde mit Hilfe eines Performanztests erfasst, dessen Genese und Ausgestaltung in 4.3.4 dargestellt wird.

4.3.1 Fachwissen

Das Instrument zur Erfassung des Fachwissens bezieht sich auf das Modell von Riese et al. (2015) und umfasst 48 Multiple-Choice-Aufgaben zum physikalischen Inhaltsbereich Mechanik bei einer Bearbeitungszeit von 60 min. Eine Aufgabe besteht beispielsweise darin, dass für einen Frontalzusammenstoß zwischen einem LKW und einem kleinen PKW entschieden werden soll, ob beide Fahrzeuge eine Kraft auf das jeweils andere Fahrzeug ausüben und – falls ja – inwieweit sich beide Kräfte unterscheiden (Anwendung des dritten Newton’schen Axioms). Die Validität wurde insbesondere mittels Lehrbuchanalysen, curricularen Analysen an den beteiligten Hochschulen und einer Think-Aloud-Studie untersucht. Die Reliabilität des Instruments ist angemessen (EAP/PV Reliabilität = 0,84), Annahmen zur Dimensionalität des Konstrukts konnten in Rasch-Analysen bestätigt werden. Eine ausführliche Beschreibung des Instruments ist bei Enkrott (2021) zu finden.

4.3.2 Physikdidaktisches Wissen

Das verwendete physikdidaktische Testinstrument basiert auf dem Modell von Gramzow et al. (2013) und fokussiert auf die vier empirisch trennbaren Subdimensionen (Facetten) Instruktionsstrategien, Schülervorstellungen, Experimente und fachdidaktische Konzepte überwiegend im physikalischen Inhaltsbereich Mechanik. Der Test umfasst insgesamt 23 offene und 20 geschlossene Items bei einer Bearbeitungszeit von 65 min. Eine Aufgabe sieht beispielsweise vor, dass eine Schüleraussage dahingehend analysiert werden soll, inwiefern sie typische, fachlich nicht korrekte Schülervorstellungen enthält. Die Validität wurde unter anderem durch Expertenbefragungen, Think-Aloud-Studien, Rasch-Analysen sowie durch die Analyse nomologischer Netze untersucht. Die Reliabilität der Gesamtskala beträgt für die in diesem Beitrag untersuchte Gruppe Cronbach’s α = 0,84 bzw. für die o. g. Teilskalen Werte zwischen α = 0,62 und α = 0,76. Eine ausführliche Beschreibung des Instruments mit Kennwerten, Dimensionsanalysen und Beispielitems ist bei Riese et al. (2017) zu finden.

4.3.3 Pädagogisches Wissen

Zur Erfassung des pädagogischen Wissens wird eine von Riese und Reinhold (2012) adaptierte Kurzversion des Instruments von Seifert et al. (2009) genutzt. Diese Version umfasst die Bereiche Unterricht und Allgemeine Didaktik sowie Erziehung und Bildung und ist mit 31 offenen und geschlossenen Items für eine Bearbeitungsdauer von 15 min konzipiert. Eine Aufgabe besteht beispielsweise darin, dass Äußerungen von Lehrpersonen einem dahinterstehenden didaktischen Ansatz zugeordnet werden sollen. Die Reliabilität der Gesamtskala liegt bei Cronbach’s α = 0,76.

4.3.4 Performanztest zur Erfassung der Planungsfähigkeit

Um die Vorteile der in der Literatur beschriebenen Testverfahren im Bereich Unterrichtsplanung zu vereinen (vgl. 2.3) wurde für die hier beschriebene Studie ein Performanztest („test for performance“) entwickelt, in welchem eine weitgehend vollständige Unterrichtsplanung unter kontrollierten und standardisierten Rahmenbedingungen anzufertigen ist (Schröder et al. 2020). Darin wird zunächst in eine standardisierte, aber realitätsnahe Planungssituation im Praxissemester eingeführt, in der ein fiktiver betreuender Physiklehrer der Testperson die Planung und Übernahme einer 45-minütigen Physikstunde zum dritten Newton’schen AxiomFootnote 1 am Folgetag anbietet. Insbesondere werden Informationen über eine fiktive Lerngruppe und deren Lernvoraussetzungen (z. B. fachliches Vorverständnis) gegeben und zwei zu erreichende Lernziele festgelegt, um eine realitätsnahe Unterrichtsplanung im Sinne der Didaktischen Rekonstruktion (vgl. 2.1) zu ermöglichen. Dabei soll wenigstens ein Experiment in die Stunde eingebettet werden. Als (standardisierte) Hilfen werden Auszüge aus zwei Schulbüchern und ein Ausdruck aus einer Onlinequelle zur Verfügung gestellt.

Die Dokumentation der Unterrichtsplanung erfolgt auf einem vorstrukturierten Planungspapier, auf welchem u. a. das gewählte Experiment inklusive antizipierter Ergebnisse sowie der zentrale Arbeitsauftrag oder die zentrale Fragestellung der Stunde incl. Musterlösung dokumentiert werden sollen. Weiterhin soll ein schülergerechtes Tafelbild oder ein Sicherungstext mit Skizze sowie ein nachvollziehbarer Verlaufsplan angefertigt werden. Damit repräsentieren die Prompts des Planungstests in verkürzter Form typische Aspekte einer Unterrichtsplanung, wie sie in der Literatur empfohlen werden (vgl. 2.1 und 2.2) und wie sie insbesondere an beteiligten Universitäten im Rahmen der Begleitung des Praxissemesters curricular verankert sind. Insgesamt beträgt die Bearbeitungszeit 60 min.

Die Bewertung der angefertigten Unterrichtsplanungen erfolgte mit Hilfe eines Kategoriensystems, welches die Kategorien (a) Fachlicher Inhalt und fachliche Korrektheit, (b) Elementarisierungen, (c) Darstellung von Lernvoraussetzungen und deren Berücksichtigung, (d) Erreichbarkeit der Lernziele bzw. Möglichkeiten zum Kompetenzerwerb, (e) Darstellung und Einsatz von Experimenten, (f) Darstellung und Einsatz von Fragestellungen bzw. Aufgaben und (g) Einsatz von Kontexten bzw. Alltagsbeispielen enthält. Innerhalb der jeweiligen Kategorien wurden Kodieritems entwickelt, mit denen die vorliegenden Planungen analysiert wurden. Je nach Funktion für die Gesamtplanung bewerten einige Kodieritems, ob ein kreiertes Planungselement (z. B. das gewählte Experiment) lokal nachvollziehbar und vollständig beschrieben wurde. Andere beziehen sich auf globale Aspekte wie die Interdependenz der einzelnen Planungselemente (z. B. die Einbettung des Experiments in die gesamte Stunde oder die Passung des Experiments zu den vorgegebenen Lernzielen). Aus final 45 Kodieritems (in Reihung der o. g. Kategorien: (a) 7, (b) 6, (c) 7, (d) 4, (e) 10, (f) 6, (g) 5) konnte ein Summenscore mit zufriedenstellender Konsistenz gebildet werden (Cronbachs α = 0,81 basierend auf N = 174 vorliegenden Planungen). Auf die Prüfung bzw. Bildung von Teilskalen bzw. -dimensionen wurde bewusst verzichtet, da sich insbesondere die Kodieritems zur Erfassung der Interdependenz unterschiedlicher Planungselemente oft auf kategorienübergreifende Aspekte beziehen, auch wenn sie im Zuge der Itemkonstruktion zunächst einer bestimmten Kategorie zugeordnet wurden. Die Aufspaltung des Fähigkeitsmaßes in einzelne Maße würde letztlich der Notwendigkeit der Interdependenz unterschiedlicher Planungselemente zuwiderlaufen. Bei einer Doppelkodierung von N = 52 Unterrichtsplanungen zeigt sich eine Übereinstimmung von 87,6 % bzw. ein Gwet’s AC1von 0,83. Detaillierte Ausführungen zur Genese des Instruments und zu Validitätsanalysen sind bei Schröder et al. (2020) zu finden.

4.4 Statische Methoden

Die Beantwortung der Forschungsfragen erfolgt unter Nutzung eines Cross-Lagged-Panel-Designs. Aufgrund der eher kleineren Panel-Stichprobe werden dabei zunächst die synchronen, bivariaten Korrelationen zwischen den jeweiligen Gesamtscores von Professionswissen und UPF betrachtet (a und b in Abb. 3), die den Zusammenhang der beiden betrachteten Konstrukte zum jeweiligen Messzeitpunkt (MZP) beschreiben. Weiter werden die bivariaten Autokorrelationen der Gesamtscores beider Variablen zwischen den MZP betrachtet (c und d in Abb. 3), die „das Maß der mittleren intraindividuellen Stabilität über die Zeit“ (Reinders 2006, S. 572) repräsentieren. Schließlich werden als Kernstück der Analysen die partiellen Kreuzkorrelationen der Gesamtscores betrachtet (e und f in Abb. 3), aus welchen der Einfluss einer Drittvariable (in unserem Fall das Vorwissen oder die UPF zu MZP1) regressionsanalytisch herauspartialisiert wurde. Der Zusammenhang des Professionswissens zu MZP1 und der UPF zu MZP2 unter Kontrolle der UPF zu MZP1 lässt sich dabei als Stärke des Einflusses des Professionswissens auf die Entwicklung der UPF interpretieren (FF1, analog für FF2).

Abb. 3
figure 3

Cross-Lagged-Panel Design. Die Pfade a und b beschreiben synchronen Korrelationen zwischen den Konstrukten und die Pfade c und d bivariate Autokorrelationen. Pfade e und f beschreiben jeweils Kreuzkorrelationen zwischen den betrachteten Konstrukten

Alternativ wäre eine Analyse der erhobenen Variablen mithilfe von Strukturgleichungsmodellen (SEM, vgl. z. B. Schumacker und Lomax 2010) möglich, welche u. a. den Vorteil bieten, dass insbesondere die Kreuzkorrelation gleichzeitig berechnet werden können (Reinders 2006). Allerdings ist für die Berechnung von SEMs neben normalverteilten Daten eine minimale Anzahl an Datensätzen je geschätztem Parameter notwendig. Strukturgleichungsmodelle, die auf Partial Least Squares beruhen, können auch mit kleineren Stichproben berechnet werden, auch dabei wird jedoch üblicherweise empfohlen, dass die Anzahl an Datensätzen je geschätztem Parameter mindestens ein Verhältnis von 10:1, besser noch 25:1 betragen sollte (Nachtigall et al. 2003, S. 7), was in unserer Studie nicht erfüllt wäre. Wegen der geringen Stichprobengröße haben wir uns daher für ein vorsichtigeres Analyseverfahren entschieden, um die Zusammenhänge nicht zu über- oder unterschätzen, und verwenden deshalb partielle Kreuzkorrelationen.

Unsere Forschungsfragen zielen auf die Untersuchung von Einflussfaktoren für die Entwicklung der UPF bzw. der drei Bereiche des Professionswissens. Im Hinblick auf den Nachweis solcher Einflussfaktoren aus entsprechenden Längsschnittstudien betont Reinders (2006, S. 570), dass ein Nachweis von Kausalität (im sozialwissenschaftlichen Verständnis) zwischen unabhängiger und abhängiger Variable vorliegt, wenn erstens die Ursache der Wirkung zeitlich vorausgeht, wenn zweitens Ursache und Wirkung kovariieren und wenn drittens die Ursache die einzige oder die zentrale Erklärung für die Wirkung darstellt. Der erste Punkt ist bereits durch das gewählte Prä-Post-Design gewährleistet. Der zweite Punkt ist erfüllt, wenn das Professionswissen zu Beginn des Praxissemesters mit der Entwicklung der UPF korreliert (H1: Pfad e) bzw. umgekehrt (H2: Pfad f). Der dritte Punkt kann als erfüllt betrachtet werden, wenn plausibel ist, dass die wichtigsten potenziellen Einflussfaktoren erfasst werden und die jeweilige (partielle) Kreuzkorrelation (H1: Pfad e; H2: Pfad f) größer als die jeweilige Autokorrelation (H1: Pfad c; H2: Pfad d) ist. Dementsprechend sind Punkt zwei und drei für die Prüfung der Hypothesen zu untersuchen und erst dann, wenn beide erfüllt sind, kann im engeren Sinne von einem Einfluss gesprochen werden.

5 Ergebnisse

5.1 Deskriptive Analysen

Zunächst werden Ergebnisse zur Entwicklung des Professionswissens und der UPF über das 4,5-monatige Praxissemester betrachtet. Dabei zeigt sich für alle Konstrukte eine Zunahme über das Praxissemester (mit der größten Effektstärke für das PW, vgl. Tab. 2), was der allgemeinen Erwartungshaltung entspricht (vgl. 2.4.2). Angesichts des mehrmonatigen Abstands beider Erhebungen sollten Testwiederholungs- bzw. Erinnerungseffekte nicht sehr groß ausfallen. Dennoch wurde geprüft, ob sich die Anzahl der Missings bei der Kodierung für den Planungperformanztest zwischen den Messzeitpunkten unterscheidet, was auf Erinnerungseffekte hindeuten könnte, wenn sich die Probanden nicht erst in die Testsituation eindenken müssen. Dies war jedoch nicht der Fall (vgl. Schröder et al. 2020), der höhere Score der UPF zu MZP2 ist auf eine höhere Qualität der Planungen zurückzuführen, nicht auf eine umfangreichere oder vollständigere Darstellung.

Tab. 2 Mittlere erreichte Punktzahl (M) und Standardabweichung (SD) je Messzeitpunkt (MZP) in % für Fachwissen (FW), fachdidaktisches Wissen (FDW), pädagogisches Wissen (PW) und Unterrichtsplanungsfähigkeit (UPF) sowie Ergebnisse zur Veränderung der Konstrukte über das Praxissemester (gepaarter T‑Test, paarweiser Fallausschluss für N, z. T. bereits berichtet von Schröder et al. 2020)

Weiterhin wurden manifeste bivariate Korrelationen der Hauptkonstrukte zu beiden MZP berechnet (Tab. 3). Dabei zeigt sich kein Zusammenhang von UPF und FW, was darauf hindeutet, dass das FW in keinem Zusammenhang mit der UPF zu einem Messzeitpunkt steht und daher wahrscheinlich auch keinen Einfluss auf die Entwicklung der UPF nimmt. Für das FDW sind durchweg Zusammenhänge mit der UPF festzustellen, für das PW vor allem zum Ende des Praxissemesters. Damit deutet sich an, dass entweder FDW und PW bei der Entwicklung der UPF eine Rolle spielen könnten oder dass eine entgegengesetzt gerichtete Wirkbeziehung vorliegt.

Tab. 3 Manifeste Korrelationen (Pearson’s r) der Hauptkonstrukte je Messzeitpunkt (MZP) für Fachwissen (FW), fachdidaktisches Wissen (FDW), pädagogisches Wissen (PW) und Planungsfähigkeit (UPF) für die N = 42 Studierenden, die an allen Testungen teilgenommen haben

5.2 Einfluss des Professionswissens auf die Unterrichtsplanungsfähigkeit

Zur Prüfung der in Abschn. 3 beschriebenen Hypothesen wurden Cross-Lagged-Panel Analysen durchgeführt (vgl. Abschn. 4.4). Im Hinblick auf das Verhältnis von FW und UPF ist festzustellen, dass weder das FW zu Beginn des Praxissemesters mit der Entwicklung der UPF partiell korreliert noch umgekehrt (vgl. Abb. 4), so dass H1.1 und H2.1 abzulehnen sind.

Abb. 4
figure 4

Cross-Lagged-Panel Analyse zu Fachwissen (FW) und Unterrichtsplanungsfähigkeit (UPF, N = 52). Außen werden bivariate manifeste Pearson-Korrelationen berichtet, auf den Diagonalen partielle Pearson-Korrelationen (in Klammern: bivariate Pearson-Korrelationen). Abweichungen zu Korrelationen in Tab. 3 sind auf unterschiedliche Stichprobengrößen zurückzuführen

Im Hinblick auf das Verhältnis von FDW und UPF zeigt sich, dass das FDW zu Beginn des Praxissemesters mit der Entwicklung der UPF korreliert, aber nicht umgekehrt (vgl. Abb. 5). Demnach kann H2.2 abgelehnt werden. Beim Vergleich der partiellen Kreuzkorrelation mit der jeweiligen Autokorrelation (vgl. Punkt drei in Abschn. 4.4) zeigt sich, dass beide Korrelationen in ähnlicher Größenordnung liegen, so dass auch H1.2 nicht angenommen werden kann. FDW ist offenbar nicht der (bestimmende) zentrale Einflussfaktor für die Entwicklung der UPF, wenngleich FDW zumindest mit dem Zuwachs der UPF assoziiert zu sein scheint.

Abb. 5
figure 5

Cross-Lagged-Panel Analyse zum fachdidaktischen Wissen (FDW) und Unterrichtsplanungsfähigkeit (UPF, N = 56, Angaben analog zu Abb. 4)

Für das PW zeigt sich vergleichbar, dass H2.3 angesichts der nicht vorhandenen Korrelation von der UPF zu Beginn des Praxissemesters mit der Entwicklung des PW abzulehnen ist, während eine Korrelation des PW zu Beginn des Praxissemesters mit der Entwicklung der UPF beobachtet werden kann (Abb. 6). Allerdings ist die Autokorrelation der UPF über das Praxissemester hinweg größer als die Korrelation des PW eingangs des Praxissemesters mit der Entwicklung der UPF. Daher kann auch H1.3 nicht uneingeschränkt angenommen werden, so dass das PW ebenso nicht der (bestimmende) zentrale Einflussfaktor für die Entwicklung der UPF zu sein scheint.

Abb. 6
figure 6

Cross-Lagged-Panel Analyse zum pädagogischen Wissen (PW) und Unterrichtsplanungsfähigkeit (UPF, N = 48, Angaben analog zu Abb. 4)

5.3 Explorative Erkundung weiterer Einflussfaktoren der Planungsfähigkeit

Um die Befunde angemessen interpretieren zu können wurden Korrelationen zwischen Variablen des Praxissemesterfragebogens mit dem Zuwachs der UPF über das Praxissemester untersucht. Wie angesichts des Settings im Planungstest zu erwarten ist liegt ein Zusammenhang mit der Anzahl selbst durchgeführter Unterrichtsstunden in Mechanik vor (Pearson’s r = 0,26, p = 0,03, N = 68), nicht aber mit der Anzahl gehaltener Stunden in Physik allgemein oder mit der Anzahl hospitierter Physikstunden. Auch für die Nutzungshäufigkeit des Schulbuchs bei der Vorbereitung, die mit einer vierstufigen Likertskala erhoben wurde, zeigt sich ein Zusammenhang (Spearman’s ρ = 0,26; p = 0,03; N = 68), nicht aber für die Nutzungshäufigkeit anderer Materialien oder für die Dauer vorbereitender bzw. nachbereitender Gespräch mit der betreuenden Physiklehrkraft. Im Hinblick auf den Umfang der besprochenen Themen (vgl. Abb. 2, ebenfalls mittels vierstufiger Likertskala erhoben) sind ausschließlich negative Korrelationen mit den Themen Fachlicher Inhalt (ρ = −0,37; p = 0,002), Strukturierung des Unterrichts (ρ = −0,26; p = 0,03) und Schülervorstellungen (ρ = −0,28; p = 0,02; N jeweils 68) feststellbar. Dies könnte darauf hindeuten, dass das Schulbuch eine bedeutende Ressource für die Unterrichtsplanung ist und dass sich Begleitgespräche im Praxissemester prinzipiell eher an Defiziten der Unterrichtsplanung orientieren.

6 Diskussion

6.1 Hypothesen

In diesem Beitrag wurde untersucht, inwiefern das Professionswissen angehender Lehrkräfte einen Einfluss auf die Entwicklung ihrer UPF in einem Praxissemester hat. In Cross-Lagged-Panel-Analysen konnte dabei gezeigt werden, dass das FDW und das PW der Lehramtsstudierenden zu Beginn des Praxissemesters positiv mit der Entwicklung der UPF über das Praxissemester korreliert, wenngleich ein kausaler Einfluss (im sozialwissenschaftlichen Verständnis) nicht exakt nachgewiesen oder widerlegt werden konnte. Ein solcher Effekt für das FW konnte nicht beobachtet werden. Eine gegenläufige positive Korrelation zwischen der UPF zu Beginn und der Entwicklung von FDW oder PW zeigt sich bei Betrachtung der partiellen Korrelationen nicht. Da die beobachteten Zusammenhänge jeweils von kleiner bis mittlerer Größe sind, könnte die fehlende Signifikanz auch in der – trotz Einbeziehung praktisch aller Studierender in den Praxissemestern der vier Standorte – verhältnismäßig geringen Stichprobengröße begründet sein. In der Tendenz werden daher die Hypothesen H1.2 und H1.3 angenommen und H1.1 sowie die Hypothesen H2.1 bis H2.3 abgelehnt. Daraus kann allerdings nicht geschlossen werden, dass die UPF zu Beginn des Praxissemesters auch in anderen Settings generell keinen Einfluss auf die Entwicklung professionellen Wissens über ein Praxissemester ausübt. Insgesamt scheint die wechselseitige Entwicklung von UPF und Professionswissen im Langzeitpraktikum komplexer zu sein, als mit unserem Design abgebildet werden kann.

6.2 Interpretation

Der Zusammenhang von PW und UPF, der auch in anderen Studien beobachtet wurde (z. B. König et al. 2020a), konnte damit auch in dieser Studie bestätigt werden. Im Gegensatz zu bisherigen qualitativen Untersuchungen im Fach Physik mit Lehramtsstudierenden (z. B. Ruberg und Komorek 2016) konnte allerdings auch ein Zusammenhang des FDW mit der UPF beobachtet werden. Der tendenzielle Einfluss von FDW und PW auf die Entwicklung von UPF im Praxissemesters wurde erstmalig beobachtet, dies jedoch mit eher kleinem Effekt. Der in unserer Studie fehlende Zusammenhang von FW und UPF bzw. dessen Entwicklung könnte die Folgerung von Rothland (2021, S. 21) nahelegen: „Offenbar manifestiert sich in der Unterrichtsplanung nicht, wie angenommen, die Fachkompetenz […]“. Allerdings wurden hier Studierende im Masterstudium betrachtet, die die fachwissenschaftliche Ausbildung weitgehend durchlaufen haben. Ihr FW könnte daher einen möglicherweise erforderlichen Schwellenwert bereits überschritten haben.

Insgesamt war ein deutlicher Zusammenhang der schon vorliegenden UPF zu Beginn des Praxissemesters mit der Ausprägung der UPF am Ende des Praxissemesters zu beobachten. Ob die UPF zu Beginn des Praxissemesters jedoch der dominante Einflussfaktor für die Entwicklung der UPF über das Praxissemester ist (und damit bedeutender als das Professionswissen) können wir mit unseren Daten nicht beantworten. Für die Weiterentwicklung von UPF scheint Professionswissen aber zumindest nützlich, wenn auch nicht bestimmend zu sein, während die Entwicklung des Professionswissens demgegenüber offenbar nicht von einer hohen UPF profitiert. Die Annahmen des in der Naturwissenschaftsdidaktik prominent diskutierten RCM zum Verhältnis von pPCK und ePCK lassen sich damit nur in Ansätzen bestätigen. Allerdings scheint zumindest die Annahme, dass das individuell vorhandene fachdidaktische Wissen (pPCK) als „Reservoir“ von Wissen angesehen werden kann, aus dem sich die Lehrkraft während der Unterrichtsplanung bedient, auf Basis unserer Daten gerechtfertigt zu sein.

Die insgesamt festgestellten relativ kleinen Zusammenhänge lassen zudem die Interpretation zu, dass sich Professionswissen und UPF zu einem hinreichenden Maß unabhängig voneinander entwickeln. Darauf deutet auch der Zusammenhang der Entwicklung der UPF mit der Anzahl selbst durchgeführter Unterrichtsstunden in Mechanik im Praxissemester hin. Mehr Planungserfahrung in Themenfeldern, die im Performanztest erfasst werden, führen auch zu einem besseren Testergebnis bzgl. der UPF. Möglicherweise sind erst hinreichende Planungserfahrungen erforderlich, bevor das deklarative Professionswissen prozessual anwendbar wird. Der Zusammenhang zur häufigen Nutzung des Schulbuchs lässt die Vermutung zu, dass das Schulbuch als zentrales Planungsmaterial ggf. fehlendes Professionswissen kompensieren könnte, wie eine nach wie vor aussagefähige ältere Studie von Merzyn (1994) zeigt. Ein geringes Ausmaß von FDW oder FW könnte dadurch ausgeglichen werden, dass eine durch das Schulbuch vorstrukturierte Planung erfolgt oder dass eine vom Schulbuch vorgeschlagene Elementarisierung genutzt wird. Allerdings wurden den Studierenden im Performanztest auch Schulbuchauszüge standardisiert zur Verfügung gestellt, nicht jedoch dazugehörige Handreichungen für Lehrkräfte.

6.3 Limitationen

Bei den vorgestellten Interpretationen müssen einige Einschränkungen beachtet werden. Die zu Grunde liegende Stichprobe ist angesichts der verfügbaren Gesamtpopulation relativ klein, weshalb insbesondere kleinere Effekte nicht adäquat untersucht werden können. In der Planung der Studie hatten wir auf mindestens mittlere Effekte gehofft, da ein ganzes Semester voller vielfältiger Lerngelegenheiten betrachtet wurde. Ebenso ist zu bedenken, dass die Reliabilität des Planungsperformanztests trotz der relativ hohen Anzahl von 45 Kodieritems im Bereich von Cronbachs α = 0,8 verbleibt, so dass Zusammenhänge möglicherweise unterschätzt werden. Darin spiegelt sich wider, dass das erfasste Konstrukt der Planungsfähigkeit ein breites Spektrum umfasst, was angesichts der unterschiedlichen Anforderungen, die mit einer Unterrichtsplanung einhergehen (vgl. Abschn. 2.1), vermutlich in der Natur der Sache liegt. Die genutzten Testverfahren erfassen die untersuchten Konstrukte möglichst objektiv und anforderungsnah und wurden fachinhaltlich aufeinander abgestimmt. Dies hat allerdings zur Folge, dass die obigen Schlussfolgerungen streng genommen nur bzgl. der UPF im Themenfeld Mechanik innerhalb der Physik gezogen werden können und nicht direkt auf andere Themenfelder übertragbar sind. Zudem boten sich nicht allen Studierenden im selben Umfang Lerngelegenheiten im Praxissemester für das Unterrichten gerade dieses Themenfelds. Der Test zur Erfassung des PW ist hingegen vergleichsweise generisch und nicht auf einen bestimmten Inhalt bezogen. Aufgrund des hohen Testumfangs sind zudem Ermüdungseffekte bei den befragten Studierenden nicht ausgeschlossen. Schließlich ist zu bedenken, dass angesichts der bereits sehr hohen Testbelastung der Studierenden nicht alle potenziellen Einflussfaktoren für die Entwicklung der UPF (wie z. B. motivationale Aspekte) erfasst und berücksichtigt bzw. kontrolliert werden konnten. Wir können aufgrund unseres Designs daher keine Aussage darüber treffen, ob es über die von uns erfassten Konstrukte hinaus einen bedeutenderen Einflussfaktor für die Entwicklung der UPF als das Professionswissens gibt. Streng genommen kann damit im Sinne von Reinders (2006, vgl. Abschn. 4.4) festgestellt werden, dass wir mit unserer Studie die zentralen kausalen Einflussfaktoren (im sozialwissenschaftlichen Sinne) nicht identifizieren können.

6.4 Ausblick

In dieser Untersuchung konnte zwar ein grundsätzlicher Einfluss des Professionswissens auf die Entwicklung von UPF beobachtet werden, er scheint aber geringer, als in der in Deutschland zweiphasigen Konzeption der Lehramtsausbildung theoretisch angenommen. Insgesamt profitieren Studierende hinsichtlich ihrer UPF mehr vom Praxissemester, wenn sie zu Beginn schon über eine recht weit entwickelte Planungsfähigkeit verfügen. Generell lässt sich aber konstatieren, dass auch im Praxissemester anscheinend nur wenige Gelegenheiten existieren, in denen angehende Lehrkräfte das Planen von Unterricht systematisch (auch im Hinblick auf die Nutzung von Schulbüchern) trainieren können und wenn, dann eher in einer Form, die in der schulischen Praxis nicht mehr vorkommt (z. B. lange Unterrichtsentwürfe). Für das alltägliche Planen in einer Praxisphase scheint das erworbene Professionswissen dabei keine direkte Leitfunktion zu haben. Es braucht daher Lehr-Lern-Angebote im Praxissemester, in denen professionelles Wissen nicht nur als Hintergrundwissen zur Reflexion über Unterricht, sondern aktiv als Wissen zur Planung von „gewöhnlichem“ Unterricht angewendet wird. Zur adäquaten Gestaltung solcher Formate wären allerdings weitere Erkenntnisse zum komplexen Prozess der Entwicklung von Planungsfähigkeit erforderlich. Hier bietet der entwickelte Ansatz des Planungsperformanztests das Potenzial, dass eine Adaption auf andere Inhalte, andere didaktische Schwerpunkte und andere Fächer grundsätzlich möglich ist. Damit könnten zukünftig vergleichbare Fragestellungen in angrenzenden Bereichen untersucht werden, um insgesamt die Forschungslage in diesem Bereich zu fundieren.