Zusammenfassung
Mit Hilfe des Konzepts der Bildungsrenditen wird in der Bildungsökonomik berechnet, inwiefern sich Bildungsabschlüsse monetär lohnen. Ein bisher in der Forschung wenig betrachteter Bildungsabschluss stellt das duale Studium dar. Durch den Erwerb von theoretischem sowie praktischem Wissen, ergeben sich einige Besonderheiten, die das duale Studium von anderen Studienformen abgrenzt. Diese Studie schätzt die Bildungsrenditen eines dualen Studiums im Vergleich zu Bildungsalternativen mit Hilfe der Mincer-Einkommensfunktion auf Grundlage der Erwachsenenkohorte des Nationalen Bildungspanels. Die Ergebnisse zeigen, dass Absolventinnen und Absolventen eines dualen Studiums höhere Bildungsrenditen als Personen mit Berufsausbildung haben und niedrigere als Universitätsabsolventinnen und -absolventen. Der Vergleich der Bildungsrenditen von Personen mit dualem Studium mit denen von Personen mit Fachhochschulstudium sowie Personen mit Meister‑/Technikerabschluss gestaltet sich vielfältig. Quantilsregressionen zeigen darüber hinaus, dass Bildungsrenditen von Heterogenität geprägt sind.
Abstract
The concept of returns to education is used in educational economics to calculate the extent to which educational qualifications are worthwhile in monetary terms. One educational qualification that has so far received little consideration in academic research is the dual system of study. Through the acquisition of theoretical as well as practical knowledge, there are some special features that distinguish the dual system of study from other forms of study. This study estimates the educational returns of dual study compared to educational alternatives using the Mincer income function based on the adult cohort of the National Education Panel. The results show that graduates of a dual study programme receive higher educational returns than persons with vocational training and lower returns than university graduates. The comparison of the educational returns of persons with dual studies with those of persons with FH/HAW studies and persons with craftsman/technician qualifications is more inconsistent. In further analyses, however, quantile regressions reveal heterogeneity large.
Notes
Kosten der Bildungsentscheidung können in direkte und indirekte Kosten gegliedert werden. Direkte Kosten der Bildungsentscheidung sind beispielsweise Studiengebühren, Prüfungs‑, Reise- und Unterbringungskosten. Indirekte Kosten der Bildungsentscheidung sind insbesondere Einkommensausfälle (Opportunitätskosten).
Häufig wird bei einem dualen Studium außerdem eine Vereinbarung zu Rückzahlungsverpflichtungen (bspw. von Studiengebühren) abgeschlossen. Solche Verpflichtungen werden häufig an Übernahmeklauseln am Anschluss an das Studium gekoppelt (vgl. Görge 2012). In solchen Fällen sind Personen noch nach ihrem dualen Studium finanziell an einen Betrieb gebunden.
Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder Studium werden beim Vergleich der Renditen nicht betrachtet.
Den Berechnungen liegt die Datenversion 11.0.0 (https://doi.org/10.5157/NEPS:SC6:11.0.0) zu Grunde.
ISEI steht für International Socio-Economic Index of Occupational Status. Die Einordnung der Berufe erfolgt über die Dimensionen Bildung und Einkommen. Der ISEI nimmt Werte zwischen 16 (niedrigster Status) und 90 (höchster Status) an (vgl. Ganzeboom und Treiman 1996).
Angenommen werden dann 40 h pro Woche für Vollzeit und 20 h pro Woche für Teilzeit.
Das NEPS verfügt zwar über Kompetenzmaße, jedoch können diese für die Analysen der forschungsleitenden Fragestellungen nicht verwendet werden, da die Erhebung nach 2007, also auch nach der Bildungsentscheidung, erfolgte.
Als Kontrollvariablen werden Variablen eingesetzt, die einerseits Schulnote vorhersagen, und andererseits auch für viele Personen verfügbar sind, da die Schulnote nur imputiert werden kann, wenn alle verwendeten Kontrollvariablen angegeben sind. Dies umfasst folgende Variablen: Abschlussart, Bundesland des Abschlusses, Geschlecht, Migrationshintergrund, Klasse wurde wiederholt, höchster ISEI der Eltern, Anzahl der Geschwister. Eine deskriptive Darstellung dieser Variablen befindet sich im Anhang (Tab. 4). Als Robustheitsanalyse wurden nur Personen ohne Imputation verwendet. Es zeigen sich jedoch keine Unterschiede.
Da diese Variablen einen großen Einfluss auf das aktuelle Einkommen haben, kann durchaus diskutiert werden, ob sich Selbstständigkeit oder Beamtentum direkt aus der Bildungsentscheidung ableiten lassen. Zwar wird argumentiert, dass diese eher vom Wirtschaftszweig abhängig sind, dennoch zeigt sich, dass auch nach der Kontrolle des Wirtschaftszweigs sowohl Selbstständigkeit als auch Beamtentum stark mit der Bildungsentscheidung korreliert sind.
Eine deskriptive Beschreibung der Kontrollvariablen befindet sich in Tab. 5 im Anhang.
Die Ergebnisse verändern sich nicht, wenn man die Personengruppe der mindestens Promovierten ausschließt.
Hierbei wird die potenzielle Berufserfahrung verwendet, da sich keine Unterschiede zu der tatsächlichen Berufserfahrung finden lassen.
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Diese Arbeit nutzt Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) Startkohorte 6 (Erwachsene), SUF SC6 8.0.0 (download); https://doi.org/10.5157/NEPS:SC6:11.0.0. Die Daten des NEPS wurden ab 2008 bis 2013 als Teil des Rahmenprogramms zur Förderung der empirischen Bildungsforschung erhoben, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wurde. Seit 2014 wird NEPS vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e. V. (LIfBi) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg in Kooperation mit einem deutschlandweiten Netzwerk weitergeführt.
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Brändle, T., Kugler, P. & Zühlke, A. Individuelle Erträge eines dualen Studiums. Z Erziehungswiss 24, 1007–1032 (2021). https://doi.org/10.1007/s11618-021-01028-1
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