Zusammenfassung
Journalistische Qualität ist in der Kommunikationswissenschaft eines der wichtigsten und zugleich komplexesten Konstrukte. Insbesondere die Zusammenhänge zwischen den vielfältigen Qualitätskriterien wurden bisher kaum empirisch erforscht. Ausgehend von der demokratietheoretisch-normativen Definition von journalistischer Qualität, ist es das Anliegen dieses Artikels, die Zusammensetzung des Konstrukts mithilfe der Concept-Map-Methode näher zu bestimmen und somit einen Beitrag zu einem klareren Verständnis und einer zuverlässigeren Operationalisierung des Konstrukts zu leisten. Leitende Redakteure sowie Wissenschaftler aus dem Bereich der journalistischen Qualitätsforschung stellten ihre Vorstellungen von journalistischer Qualität in Form einer Concept Map dar. Die so gewonnenen Daten konnten nach dem Vorgehen von Roedder John et al. (2006) auf eine sogenannte Consens Map verdichtet werden, die ein repräsentatives Bild aller Concept Maps darstellt. Die Ergebnisse weisen eine hohe Reliabilität und Augenscheinvalidität auf. Als zentrale Qualitätskriterien stellen sich Glaubwürdigkeit, Relevanz und Professionalität heraus. Weitere, die Hauptkriterien stark determinierende Kriterien sind Unabhängigkeit, Richtigkeit/Wahrhaftigkeit, Objektivität, Neutralität sowie Aktualität.
Abstract
Journalistic quality is one of the most important and at the same time most complex constructs in communication science. In particular, the dependencies between the diverse number of quality criteria has barely been investigated empirically. Based on the normative definition of journalistic quality according to democracy theory and employing the concept map method, this article attempts to determine the composition of the journalistic quality construct and contribute to a clearer understanding and a more reliable operationalization of the construct. The empirical data was collected from leading editors and journalistic quality scholars who displayed their understanding of the construct in the form of concept maps. Following the procedure suggested by Roedder John et al. (2006), the individual concept maps were then converted into one consensus map—a single map that represents all concept maps. The results show high levels of reliability and face validity. Central quality criteria are found to be credibility, relevancy, and professionalism. Further criteria that significantly determine the main criteria are impartiality, correctness/accuracy, objectivity, neutrality, and immediacy.
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Anleitung zur Erstellung einer Concept Map
Was ist eine Concept Map und welchen Zweck hat sie?
Eine Concept Map ist eine Darstellungsform, die verwendet wird, um die Zusammensetzung eines Konstruktes grafisch darzustellen und zu untersuchen bzw. elaboriertes Wissen über Zusammenhänge in einem Wissensgebiet abzubilden. In diesem Fall soll die Zusammensetzung des Konstruktes der journalistischen Qualität dargestellt und analysiert werden, um zu einem besseren Verständnis des Begriffes in Theorie und Praxis beizutragen. Hierfür benötigen wir Sie und Ihr Fachwissen.
Wie erstellt man eine Concept Map?
Die Erstellung erfolgt in mehreren Schritten:
-
1.
Lesen Sie sich bitte die beigefügten, aus der wissenschaftlichen Literatur abgeleiteten, Kriterien journalistischer Qualität auf Seite 3 durch.
-
2.
Zeichnen Sie bitte diejenigen Kriterien in den vorgedruckten Bogen auf Seite 4 ein, die Ihrer Meinung nach den Begriff journalistische Qualität konstruieren. Dabei können Sie die vorgegebenen Kriterien, wenn nötig, um weitere Kriterien ergänzen. Es müssen nicht alle Kriterien verwendet werden. Markieren Sie bitte die Kriterien, die Sie verwendet haben mit einem Haken oder einem Kreuz.
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3.
Verbinden Sie bitte die eingezeichneten Kriterien miteinander, die Ihrer Meinung nach in Bezug zueinander stehen. Dafür stehen Ihnen drei Verbindungsstärken zur Verfügung: einfache Verbindungslinie (geringe Stärke), doppelte (mittlere Stärke) und dreifache (hohe Stärke).
Wie kann eine Concept Map aussehen?
Concept Maps haben aufgrund ihrer individuellen Erstellung nie das gleiche Aussehen. Um keine Vorgabe zu liefern, ist nachfolgend ein medienfremdes Beispiel dargestellt, das zur Verständlichkeit beitragen soll.
Kriterienkatalog
Definition „Journalistische Qualität“ für diese Untersuchung: | |
„Journalistische Qualität bezeichnet die Güte eines journalistischen Produktes, gemessen am Erfüllungsgrad der öffentlichen Aufgaben von Massenmedien in einem demokratischen System.“ | |
Öffentliche Aufgaben von Massenmedien: | |
Information, Mitwirkung an der Meinungsbildung, Kritik und Kontrolle, Bildung und Unterhaltung | |
Aktualität: | Transparenz/Reflexivität: |
Aktualität bezeichnet die zeitnahe Berichterstattung von Ereignissen, welche die Öffentlichkeit tangieren und den Zeitgeist der Rezipienten treffen | Transparenz verlangt die Angabe und Nachprüfbarkeit von Informationsquellen |
Relevanz: | Vollständigkeit: |
Die Relevanz eines Sachverhaltes entscheidet darüber, welche Nachrichten für die Öffentlichkeit von Bedeutung sind | Vollständigkeit bedeutet, dass alle notwendigen Fakten komplett in die Berichterstattung einfließen |
Richtigkeit: | Unabhängigkeit: |
Richtigkeit ist die fehlerfreie und unveränderte Wiedergabe von Berichten oder Informationen | Unabhängigkeit bedeutet, dass die Themenwahl und Berichterstattung nicht von berufsfremden Interessensgruppen vorgegeben wird |
Verständlichkeit/Komplexitätsreduktion/Vermittlung/Zugänglichkeit: | Neutralität/Unparteilichkeit: |
Verständlichkeit umfasst die für den Rezipienten verständliche, komplexitätsreduzierte, klare Darstellung und Vermittlung von Content, um das öffentliche Geschehen verfolgen zu können, wirtschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge zu verstehen, um dann selbst daran teilnehmen zu können | Neutralität bedeutet eine unparteiische, wertfreie und nicht extern vorgeschriebene Berichterstattung, welche die Trennung von Meinungen und Nachrichten berücksichtigt |
Vielfalt: | Rechtmäßigkeit: |
Vielfalt beinhaltet die Behandlung vielfältiger Themen und Inhalte, sowie das Vorhandensein verschiedener Positionen, Meinungen, Quellen und Informationen | Rechtmäßigkeit bedeutet die Einhaltung von Rechtsvorschriften bei der Berichterstattung |
Wahrhaftigkeit: | Achtung der Persönlichkeit: |
Wahrhaftigkeit bedeutet eine der Wahrheit entsprechende, faktentreue und überprüfbare Berichterstattung | Achtung der Persönlichkeit bedeutet, dass die Menschenwürde in der Berichterstattung nicht verletzt wird |
Glaubwürdigkeit: | Professionalität: |
Glaubwürdigkeit ist ein Maß der Bereitschaft des Rezipienten, Aussagen, Berichte und Informationen als gültig zu akzeptieren | Professionalität bedeutet die Einhaltung grundlegender Arbeitsregeln und -anforderungen des Journalismus |
Objektivität/Sachlichkeit: | Unterhaltsamkeit/Unterhaltungswert: |
Objektivität im Journalismus umfasst die faktentreue, sachliche und vorurteilslose Berichterstattung, sowie die Trennung von Nachrichten und Meinungen | Unterhaltsamkeit beschreibt den Unterhaltungswert, den ein journalistisches Produkt hat |
Ausgewogenheit: | Gebrauchswert: |
Ausgewogenheit impliziert die gleichmäßige Berücksichtigung von Meinungen und Äußerungen von Interessensgruppen bei der Berichterstattung | Der Gebrauchswert wird bestimmt durch einen schnellen Zugriff auf Informationen und Daten. Dabei ist die Kürze der Informationsübermittlung entscheidend |
Originalität | |
Originalität bestimmt die Besonderheit und den damit verbundenen Leseanreiz, den ein journalistisches Produkt für den Rezipienten besitzt | |
Bitte beachten Sie, dass nicht alle Kriterien zur Erstellung der Concept Map verwendet werden müssen | |
Sollten Sie zwei Kriterien als inhaltlich gleichbedeutend ansehen, vermerken Sie dies bitte auf Seite 4 in der dafür vorgesehenen Zeile. (z. B. xxx = yyy) |
Concept Map
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Wellbrock, CM., Klein, K. Journalistische Qualität – eine empirische Untersuchung des Konstrukts mithilfe der Concept Map Methode. Publizistik 59, 387–410 (2014). https://doi.org/10.1007/s11616-014-0212-6
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DOI: https://doi.org/10.1007/s11616-014-0212-6