1 Einleitung

Angesichts aktueller gesellschaftlicher Transformationen wie z. B. dem demografischen Wandel und dem damit verbundenen Fachkräftemangel kommt der Fort- und Weiterbildung Berufstätiger eine zunehmende Bedeutung zu. Dies zeigt sich u. a. an den steigenden Teilnehmendenzahlen und Investitionen in der betrieblichen Weiterbildung. So nahmen in Deutschland im Jahr 2020 trotz der Corona-Pandemie 48 % der 18- bis 64-Jährigen an betrieblicher Weiterbildung teil (Bilger und Strauß 2021) und Unternehmen investierten im Jahr 2019 41,3 Mrd. € in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden (Seyda und Placke 2020). Mit diesen hohen Beteiligungsraten und Kosten gehen bestimmte Erwartungen an die Wirksamkeit von Weiterbildungsmaßnahmen einher, welche sich im Unternehmenskontext häufig auf die Anwendung des Gelernten am Arbeitsplatz sowie auf die daraus resultierenden organisationalen Veränderungen beziehen (Hense und Mandl 2011). Vor dem Hintergrund, dass die Wirksamkeit arbeitsbezogener Lernangebote diesbezüglich immer wieder als zu gering eingeschätzt wird, schlugen Kopp (2006) sowie Burke und Saks (2009) vor, die Verantwortung von Trainer/innen bezüglich der Trainingsergebnisse näher zu untersuchen. Entsprechende Befunde aus der Arbeits- und Organisationspsychologie wie auch aus der Unterrichtsforschung legen nahe, dass ein starkes Verantwortungsempfinden mit einer höheren Motivation (Hackman und Oldham 1976), mehr Engagement und Durchhaltevermögen (Halvorsen et al. 2009) sowie einer besseren Performanz (Humphrey et al. 2007) einhergeht. Gleichzeitig weisen Befunde aus der Trainingsforschung darauf hin, dass Lehrende Trainingsergebnisse beeinflussen können (Grohmann et al. 2021; Wißhak 2022). Um die Verantwortung von Trainer/innen systematisch zu untersuchen, griffen wir daher das Konzept der Verantwortung für Bildungsergebnisse aus der Unterrichtsforschung (Lauermann und Karabenick 2013) auf und passten es an den Trainingskontext an. In der Folge soll der Frage nachgegangen werden, in welchem Maß sich Trainer/innen im Rahmen eines einzelnen Trainings für verschiedene Trainingsergebnisse (1) persönlich verantwortlich fühlen und (2) von anderen verantwortlich gemacht werden.

2 Verantwortung von Lehrer/innen und Trainer/innen

Um den genannten Forschungsfragen nachzugehen, wird zunächst definiert, was unter Verantwortung zu verstehen ist. Dabei wird zwischen persönlich erlebter und von außen zugewiesener Verantwortung unterschieden.

Persönlich erlebte Verantwortung wird nach Lauermann und Karabenick (2011) definiert als ein Gefühl der inneren Verpflichtung, bestimmte Ergebnisse zu erzielen oder zu verhindern, oder dass diese Ergebnisse rückblickend hätten erreicht oder verhindert werden sollen. Gemäß des Dreiecksmodells nach Schlenker et al. (1994) hängt die persönliche Verantwortung von drei Bedingungen ab: (1) Die Person muss sich darüber im Klaren sein, welche Handlungsziele erreicht werden sollen und wie dies zu bewerkstelligen ist; (2) Aufgrund der Rolle, der Eigenschaften oder der Überzeugungen der Person fällt es in ihren Zuständigkeitsbereich, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen; (3) Die Person kann die Situation kontrollieren, in dem Sinne dass sie sowohl die Möglichkeiten als auch den Handlungsspielraum besitzt, die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen.

Von der persönlichen Verantwortung muss die von außen zugewiesene Verantwortung unterschieden werden, die im Englischen in Abgrenzung zu responsibility oft als accountability bezeichnet wird. Gemäß Schlenker et al. (1994) wird aus dem Dreiecksmodell der responsibility ein Pyramidenmodell der accountability, wenn die Verantwortung von außen (bzw. von oben) beurteilt und u. U. sanktioniert wird (Burke und Saks 2009; Wißhak und Barth 2021).

Die Zusammenhänge zwischen persönlich erlebter Verantwortung und beruflicher Performanz werden durch das Job Characteristics Model von Hackman und Oldham (1976) erklärt. Hierbei stellt die erlebte Verantwortung gemeinsam mit der erlebten Sinnhaftigkeit und dem Wissen über die Handlungsresultate einen von drei psychologischen Prädiktoren für Arbeitsresultate dar. Die Zusammenhänge sind empirisch bestätigt: So weisen die Befunde einer Metaanalyse von Humphrey et al. (2007) darauf hin, dass persönliche Verantwortung die Zusammenhänge zwischen Autonomie und den Zielvariablen subjektive Performanz, Arbeitszufriedenheit und intrinsische Motivation mediiert. Halvorsen et al. (2009) liefern in einer Längsschnittstudie zudem Hinweise darauf, dass Erzieher/innen und Lehrer/innen, die sich verantwortlich fühlen, mehr Zeit in die (Unterrichts‑)Vorbereitung investieren, eine höhere Bereitschaft zur eigenen Weiterbildung aufweisen und einen positiven Einfluss auf die Lesekompetenzen der Lernenden haben.

Hinsichtlich zugewiesener Verantwortung argumentieren Lauermann und Karabenick (2011), dass u. a. die Self-Determination Theory (Ryan und Deci 2020) mit ihrer Betonung internaler Ziele dagegen spricht, dass die Zuschreibung von Verantwortung von außen zu positiven Ergebnissen führt. Entsprechend fanden Flink et al. (1990) in einem Experiment, dass Lehrer/innen, die unter Druck gesetzt wurden, hohe Unterrichtserfolge zu erzielen, weniger effektiv waren als Lehrer/innen, die lediglich darum gebeten wurden, ihre Schüler/innen beim Lernen zu unterstützen.

Während sich die genannten Befunde auf schulische Lehrer/innen oder Berufstätige generell beziehen, gilt die Verantwortung von Trainer/innen als weitgehend unerforscht (Wißhak und Barth 2021). Zwei Interviewstudien zu ihrer Verantwortung für Trainingstransfer weisen darauf hin, dass sich Trainer/innen gegenüber den Teilnehmenden und hinsichtlich der Trainingsgestaltung verpflichtet fühlen, gleichzeitig aber auf organisationaler Ebene wenig eigenen Handlungsspielraum sehen (Freitas und Silva 2017; Wißhak und Barth 2021). Eine Befragung von unternehmensinternen Trainer/innen ergab zudem, dass deren persönliche Verantwortung für Trainingsergebnisse einen Mediator darstellt zwischen den Prädiktoren berufliche Autonomie und organisationale Unterstützung und der Zielvariable Transferförderung als Teil ihrer beruflichen Rolle (Freitas et al. 2017). Unerforscht sind bisher Zusammenhänge zwischen der Verantwortung mit Variablen des Trainingsdesigns wie etwa der Trainingsinhalte oder der Trainingsdauer. Auch die Ausprägung der persönlich erlebten und der zugewiesenen Verantwortung von Trainer/innen bezüglich verschiedener Trainingsergebnisse stellt eine Forschungslücke dar.

3 Trainingsergebnisse

Kirkpatrick skizzierte erstmals 1959 und 1960 in mehreren Artikeln vier Ebenen der Trainingsevaluation, welche bis heute breit rezipiert und beforscht wurden (z. B. Grohmann und Kauffeld 2013; Kirkpatrick und Kirkpatrick 2012). Die vier Ebenen umfassen (1) die Reaktionen der Teilnehmenden, (2) ihren Lernerfolg, (3) ihr Verhalten (Transfer) und schließlich (4) die Resultate, welche sich aus der Trainingsmaßnahme für die Organisation ergeben. Wang und Wilcox (2006) nahmen die Ebenen nach Kirkpatrick auf und argumentieren, dass man diese – wenn man von deren Erhebungszeitpunkten ausgeht – in kurzfristige Ergebnisse (Reaktionen und Lernen) und langfristige Ergebnisse (Verhalten und Resultate) zusammenfassen kann. Eine feinere Unterteilung der Ebenen nahmen Alliger et al. (1997) in einer Metaanalyse vor. So unterschieden sie auf der Ebene der Reaktionen zwischen affektiven Reaktionen der Teilnehmeden und dem erlebten Nutzen der Trainingsmaßnahme – eine Vorgehensweise, die in weiteren Studien empirisch bestätigt wurde (Grohmann und Kauffeld 2013). Eine zusätzliche Differenzierung des Modells stammt von Blume et al. (2010), die auf der Verhaltensebene zwischen der grundsätzlichen Anwendung bzw. dem Transferversuch einerseits und der erfolgreichen Anwendung bzw. dem erfolgreichen Transfer andererseits unterscheiden. Auch für die Ebene der Resultate wurde eine stärkere Differenzierung vorgeschlagen: So argumentieren Grohmann und Kauffeld (2013), dass hier zwischen den Resultaten einzelner Mitarbeitender (z. B. erhöhte Arbeitsleistung) und Ergebnissen der gesamten Organisation (z. B. verbesserte Arbeitsabläufe) unterschieden werden kann. Mithilfe von Faktorenanalysen lieferten sie empirische Evidenz für eine solche Unterteilung wie auch – in deutlich geringerem Maße – für eine mögliche Grobgliederung in kurz- und langfristige Trainingsergebnisse, wie von Wang und Wilcox (2006) vorgeschlagen.

Empirische Befunde zu den Zusammenhängen zwischen den einzelnen Trainingsergebnissen deuten darauf hin, dass eine hohe Zufriedenheit der Teilnehmenden wie auch ihr Lernerfolg nicht zwangsläufig dazu führen, dass das Gelernte langfristig am Arbeitsplatz angewandt wird (Alliger et al. 1997). Der Übergang zwischen den ersten beiden Stufen aus Kirkpatricks Modell, Reaktionen und Lernen, und der dritten und vierten Stufe, Verhalten und Resultate, scheint somit eine kritische Schwelle darzustellen, was an der jahrzehntelangen intensiven Beforschung transferförderlicher und -hinderlicher Faktoren zu sehen ist (z. B. Burke und Hutchins 2007; Ford et al. 2018; Wißhak 2022). Dennoch geht aus eben dieser Forschung hervor, dass Transfer seitens Trainer/innen gefördert werden kann. So fasst Wißhak (2022) in ihrem systematischen Literaturreview Befunde zu Transferfaktoren aus 19 Metaanalysen zusammen und wertet sie im Hinblick auf die Handlungsmöglichkeiten der Lehrenden aus. Demzufolge können Trainer/innen bspw. die Relevanz der Trainingsinhalte für die Teilnehmenden sicherstellen, indem im Vorfeld eine Bedarfsanalyse durchgeführt wird. Des Weiteren sollten sie auf die Trainingsziele abgestimmte Methoden auswählen. Ein gewisses Maß an Mitbestimmung und Teilnehmendenorientierung scheint zudem wichtig zu sein, so wie wiederholtes Üben, Feedback und eine langfristige Begleitung von Lern- und Transferprozessen.

4 Forschungsfragen

Aufbauend auf der bis hierhin beschriebenen Theorie und Empirie werden in der Folge sowohl die persönlich erlebte als auch die von außen zugewiesene Verantwortung seitens Trainer/innen für Trainingsergebnisse dimensional abgebildet, wobei für die Konzeptualisierung das Trainingsevaluationsmodell von Kirkpatrick und Kirkpatrick (2012) und seine in Abschn. 3 vorgestellten Weiterentwicklungen herangezogen wurden. Es ergeben sich folgende Forschungsfragen:

Forschungsfrage 1a

Welche dimensionale Struktur liegt der persönlich erlebten Verantwortung für Trainingsergebnisse zugrunde?

Forschungsfrage 1b

Welche dimensionale Struktur liegt der von außen zugewiesenen Verantwortung für Trainingsergebnisse zugrunde?

Darauf aufbauend stellt sich die Frage nach den Ausprägungen der vorgefundenen Dimensionen:

Forschungsfrage 2a

Inwiefern unterscheiden sich die Ausprägungen der persönlich erlebten Verantwortung für die unter Forschungsfrage 1a identifizierten Dimensionen?

Forschungsfrage 2b

Inwiefern unterscheiden sich die Ausprägungen der von außen zugewiesenen Verantwortung für die unter Forschungsfrage 1b identifizierten Dimensionen?

Darüber hinaus soll geprüft werden, ob die persönlich erlebte Verantwortung von Trainer/innen mit Variablen des Trainingsdesigns zusammenhängt.

Forschungsfrage 3

Welche Zusammenhänge ergeben sich für die Ausprägungen der identifizierten Dimensionen der persönlich erlebten Verantwortung mit Variablen des Trainingsdesigns?

Zusätzlich zu den offen formulierten Forschungsfragen wurde eine ungerichtete Hypothese formuliert. Ausgehend von der Unterscheidung zwischen responsibility und accountability und den Argumenten von Lauermann und Karabenick (2011) für die Unterscheidung zwischen persönlicher und zugewiesener Verantwortung wird erwartet, dass die zwei Arten der Verantwortung bei den Trainer/innen unterschiedlich ausgeprägt sind.

Hypothese 1

Die Ausprägung der persönlich erlebten Verantwortung für Trainingsergebnisse unterscheidet sich von der Ausprägung der von außen zugewiesenen Verantwortung für Trainingsergebnisse.

5 Methoden

Die Stichprobe setzte sich aus N = 393 Trainer/innen zusammen, wovon 59 % männlich und 41 % weiblich waren. Das Alter betrug durchschnittlich 51,1 Jahre (SD = 9,9; 23–84). Die Mehrheit der Befragten besaß eine Trainerausbildung (79 %; siehe Tab. 2).

Um Trainer/innen aus dem Bereich der berufsbezogenen Weiterbildung zu kontaktieren und für die Online-Befragung zu rekrutieren, wurden Homepages öffentlicher und privater Weiterbildungsinstitute, Webauftritte selbständiger Trainer/innen sowie Trainerdatenbanken genutzt. Zusätzlich wurden Verantwortliche in Personalabteilungen kontaktiert sowie Posts auf beruflichen Plattformen getätigt. Es wurde den Befragten zugesichert, dass ausschließlich anonyme Daten entstehen, welche nicht an Dritte weitergegeben werden.

Neben Fragen zur Soziodemographie sollten die Trainer/innen bei der Bearbeitung des Fragebogens Angaben zu ihrem zuletzt durchgeführten Training machen, um sich in der Folge auf dieses konkrete Training zu beziehen: Es wurde u. a. abgefragt, ob es sich bei den vermittelten Inhalten eher um intra-/interpersonelle Soft-Skills handelte oder eher um fachbezogene Hard-Skills (Laker und Powell 2011).

Aufgrund fehlender validierter Instrumente wurden eigene Items entwickelt, um die Verantwortung für Trainingsergebnisse in der Rückschau zu erfassen. Als Ausgangspunkt diente das Rahmenmodell von Kirkpatrick und Kirkpatrick (2012). Pro Ebene wurden zwei Items konstruiert (8 Items insgesamt), wobei folgende inhaltliche Präzisierungen vorgenommen wurden: Auf Ebene eins wurde gemäß Alliger et al. (1997) zwischen der Verantwortung hinsichtlich der Zufriedenheit (Item 1) und hinsichtlich des wahrgenommenen Nutzens (Item 2) unterschieden. Die zweite Ebene erhob den Grad der Verantwortung hinsichtlich der Lernergebnisse (Item 3, Item 4). Auf Ebene drei wurde in Anlehnung an Blume et al. (2010) zwischen der Verantwortung für die Anwendung des Erlernten (Item 5) und der Verantwortung für die erfolgreiche Anwendung des Erlernten unterschieden (Item 6). Bei den organisationalen Ergebnissen wurde gemäß Grohmann und Kauffeld (2013) die Verantwortung für individuelle (Item 7) respektive organisatorische Ergebnisse (Item 8) erhoben.

Die Items zur persönlich erlebten Verantwortung wurden eingeleitet mit dem Itemstamm „In meinem letzten Training fühlte ich mich als Trainer/in persönlich verantwortlich dafür, …“, gefolgt beispielsweise von „… dass die Teilnehmenden das neu Erlernte erfolgreich bei ihrer Arbeit umsetzen.“. Als Antwortformat wurde eine elfstufige Skala verwendet, beginnend mit „zu 0%“ und endend bei „zu 100%“. Die Kategorie „weiß nicht“ konnte alternativ gewählt werden.

Die acht Items zur zugewiesenen Verantwortung waren parallel formuliert und unterschieden sich lediglich im einleitenden Satz „In meinem letzten Training wurde von mir als Trainer/in erwartet, …“.

Zur Überprüfung der Dimensionalität der persönlichen sowie der zugewiesenen Verantwortung wurden zwei explorative Faktorenanalysen durchgeführt. Die Faktoren wurden mittels einer Hauptkomponentenanalyse extrahiert, aus Interpretationsgründen wurde nach der Varimaxmethode orthogonal rotiert. Für die identifizierten Faktoren wurden Mittelwerte gebildet, welche für die weiteren Analysen verwendet wurden: Zum einen wurden deskriptive Statistiken sowie Interkorrelationen zur persönlichen Verantwortung und Variablen des Trainingsdesigns berechnet, zum anderen wurden die Ausprägungen der einzelnen Dimensionen mittels t‑Test verglichen.

6 Ergebnisse

6.1 Forschungsfrage 1a: Dimensionale Struktur der persönlichen Verantwortung

Es wurde eine Hauptkomponentenanalyse mit orthogonaler Rotation nach der Varimaxmethode durchgeführt (N = 371). Der KMO-Wert von 0,83 bestätigte, dass die Stichprobe für die Art der Analyse passend ist (Kaiser und Rice 1974). Gemäß dem Kaiser-Kriterium wurden Faktoren mit Eigenwerten, welche größer als 1,0 waren, extrahiert. Es ergab sich eine zweifaktorielle Lösung, welche durch den Screeplot bestätigt wurde mit einer erklärten Gesamtvarianz von 67,75 % (siehe Tab. 1). Auf den ersten Faktor luden die vier Items 5–8. Der Faktor wurde, der Bezeichnung von Wang und Wilcox (2006) folgend, mit persönliche Verantwortung für langfristige Trainingsergebnisse bezeichnet. Der zweite Faktor umfasste die vier Items 1–4 und wurde entsprechend persönliche Verantwortung für kurzfristige Trainingsergebnisse genannt.

Tab. 1 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zur persönlich erlebten Verantwortung (N = 371)

6.2 Forschungsfrage 1b: Dimensionale Struktur der zugewiesenen Verantwortung

Analog zur Vorgehensweise unter Forschungsfrage 1a wurde eine Hauptkomponentenanalyse mit orthogonaler Varimaxrotation für die zugewiesene Verantwortung durchgeführt (N = 352). Es ergab sich ebenfalls eine zweifaktorielle Lösung mit einem KMO Wert von 0,80 sowie identischer Zuordnung der acht Items (Faktor 1: Items 5–8; Faktor 2: Items 1–4). Die aufgeklärte Gesamtvarianz betrug 65,98 %. Faktor 1 zugewiesene Verantwortung für langfristige Trainingsergebnisse hatte einen Eigenwert von 2,91 bei 36,41 % anteiliger Varianz, Faktor 2 zugewiesene Verantwortung für kurzfristige Trainingsergebnisse trug bei einem Eigenwert von 2,36 mit 29,57 % zur Varianzaufklärung bei. Die Hauptladungen der einzelnen Items waren beträchtlich mit > 0,7, die Querladungen fielen gering aus mit < 0,25, was für die Güte der Faktorenstruktur spricht. Die interne Konsistenz innerhalb der Faktoren war zufriedenstellend und betrug α = 0,87 (Faktor 1) und α = 0,76 (Faktor 2).

6.3 Forschungsfrage 2a: Unterschiede in der Ausprägung der Dimensionen der persönlichen Verantwortung

Um Mittelwertvergleiche zwischen den zwei entstandenen Dimensionen anzustellen, wurden für die zwei Faktoren Mittelwerte über jeweils vier Items gebildet. Die persönliche Verantwortung für langfristige Trainingsergebnisse betrug im Mittel 7,16 (SD = 2,43) und fiel damit niedriger aus als die persönliche Verantwortung für kurzfristige Trainingsergebnisse mit einem Wert von M = 8,95 (SD = 1,18). Der anschließende t‑Test ergab einen signifikanten Unterschied, t (370) = 15,87, p < 0,001 mit einer Effektstärke von d = 0,82, was als hoch zu bewerten ist (Cohen 1992).

6.4 Forschungsfrage 2b: Unterschiede in der Ausprägung der Dimensionen der zugewiesenen Verantwortung

Auf Basis der vier zugehörigen Items wurde erneut pro Faktor ein Mittelwert gebildet, was für die zugewiesene Verantwortung für langfristige Trainingsergebnisse einen Wert von 7,94 (SD = 2,02) ergab, welcher niedriger war als die zugewiesene Verantwortung für kurzfristige Trainingsergebnisse mit einem Wert von 8,76 (SD = 1,26). Der Unterschied war statistisch signifikant, t (351) = 7,90, p < 0,001 mit einer mittleren Effektstärke von d = 0,42 (Cohen 1992).

6.5 Forschungsfrage 3: Korrelationen der Dimensionen persönlicher Verantwortung mit Variablen des Trainingsdesigns

Neben Mittelwerten und Standardabweichungen sind in Tab. 2 Korrelationen zwischen den beiden Dimensionen der persönlichen Verantwortung und weiteren Untersuchungsvariablen dargestellt. Dabei wird ersichtlich, dass die persönliche Verantwortung für langfristige Ergebnisse (F1 langfristig) mit dem Trainingsdesign korreliert: So fühlen sich Trainer/innen bei der Vermittlung von Hard-Skills stärker verantwortlich für langfristige Ergebnisse gegenüber Trainer/innen von Soft-Skills (Τ = −0,14, p < 0,01). Ebenso steht die Verantwortung der Trainer/innen für langfristige Ergebnisse in positivem Zusammenhang mit Trainings, bei denen eine Teilnahme verpflichtend ist (r = −0,11, p < 0,05).

Tab. 2 Deskriptive Statistiken und Korrelationen der Untersuchungsvariablen (N = 393)

6.6 Hypothese 1: Unterschiede zwischen der persönlichen und der zugewiesenen Verantwortung

Da sich für die zwei Konzeptualisierungen die gleichen Dimensionen ergaben, wurden die Werte der entsprechenden Faktoren miteinander verglichen. Die Mittelwerte der persönlichen Verantwortung (M = 8,95; SD = 1,18) und der zugewiesenen Verantwortung (M = 8,76; SD = 1,26) für kurzfristige Trainingsergebnisse unterschieden sich kaum, der t‑Test ergab zwar ein statistisch signifikantes Ergebnis, t (368) = 2,94 p = 0,002, allerdings war der Effekt vernachlässigbar, d = 0,15 (Cohen 1992).

Der Vergleich zwischen der persönlichen Verantwortung (M = 7,16; SD = 2,43) und der zugewiesenen Verantwortung (M = 7,94; SD = 2,02) hinsichtlich langfristiger Trainingsergebnisse ergab signifikante Unterschiede, t (350) = −6,15 p < 0,001, d = 0,33 bei kleiner Effektstärke.

7 Diskussion

Ziel der quantitativ-empirischen Studie war es, die Sichtweise von Trainer/innen hinsichtlich ihrer Verantwortung für die Ergebnisse arbeitsbezogener Lehr-Lernangebote abzubilden. Da diverse Autorinnen und Autoren in Bezug auf die Trainingsforschung kritisierten, dass es sich bei der Verantwortung um ein relevantes und gleichzeitig vernachlässigtes Thema ohne konzeptionelle Rahmung handelt (Burke und Saks 2009; Kopp 2006), wurden zwei Konzepte aus der Schulforschung übernommen (persönliche und zugewiesene Verantwortung) und an den Trainingskontext angepasst, indem das Erhebungsinstrument angelehnt war an das etablierte Vier-Ebenen-Modell der Trainingsevaluation (Kirkpatrick und Kirkpatrick 2012).

Die Befunde der explorativen Faktorenanalysen weisen sowohl für die persönliche als auch für die zugewiesene Verantwortung auf eine zweidimensionale Struktur hin. Die Dimensionen wurden jeweils gemäß Wang und Wilcox (2006) als Verantwortung für kurzfristige Trainingsergebnisse und Verantwortung für langfristige Trainingsergebnisse interpretiert. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kam die Studie von Grohmann und Kauffeld (2013), in der die Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigen Trainingsergebnissen eine etwas bessere Passung aufwies als eine vierdimensionale Struktur im Sinne Kirkpatricks.

In Bezug auf die persönliche Verantwortung für langfristige Trainingsergebnisse konnten zudem Zusammenhänge mit den Trainingsinhalten und der Teilnahmeregelung festgestellt werden. Dies weist darauf hin, dass die Verantwortung von Trainer/innen kontextabhängig unterschiedlich ausfallen kann.

7.1 Kurzfristige versus langfristige Trainingsergebnisse

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie besteht darin, dass sich Trainer/innen stärker für kurzfristige Trainingsergebnisse als für langfristige Resultate verantwortlich fühlen. Der Unterschied in der Ausprägung trifft vor allem auf die persönliche Verantwortung zu: Nach Einschätzung der Trainer/innen liegen somit hauptsächlich die Zufriedenheit der Teilnehmenden sowie die Vermittlung von Lerninhalten in ihrem Verantwortungsbereich. Den langfristigeren Transfer verbunden mit einer erhöhten Arbeitsleistung scheinen sie hingegen deutlich weniger zu ihrem Verantwortungsbereich zu zählen. Hier stellt sich die generelle Frage, wie viel Verantwortung die Lehrenden überhaupt übernehmen können: Im Sinne der Ermöglichungsdidaktik schaffen Lehrende Angebote, um damit Lern- und Transferprozesse lediglich zu begünstigen (und nicht zu erzeugen), so dass die Verantwortung der Trainer/innen als begrenzt beschrieben wird (Arnold und Pachner 2011). Zu einem ähnlichen Schluss kommt eine qualitative Interviewstudie von Wißhak und Barth (2021): Hier gaben Trainer/innen an, dass neben ihnen vor allem die Lernenden selbst für den Transfer verantwortlich sind. Zusätzlich schätzten sie ihre Einflussmöglichkeiten diesbezüglich als gering bis moderat ein, weshalb sie sich in der Rolle als Facilitator sehen.

Der markante Abfall zwischen der Verantwortung für kurz- und langfristige Ergebnisse könnte auch dadurch erklärbar sein, dass in der Praxis primär kurzfristige Ergebnisse häufig in Form von Happy-Sheets erhoben werden (van Buren und Erskine 2002; Kennedy et al. 2013) und sich dieser Umstand auf das Verantwortungsgefühl der Lehrenden auswirkt.

7.2 Persönliche versus zugewiesene Verantwortung

Die Hypothese, dass die von Trainer/innen wahrgenommene persönliche und zugewiesene Verantwortung unterschiedlich ausgeprägt sind, konnte beibehalten werden: Es wurden signifikante, wenn auch kleine Unterschiede gefunden. Die Tatsache etwa, dass Außenstehende von Trainer/innen erwarten, langfristige Trainingsergebnisse zu erzielen, impliziert somit nicht, dass sich Trainer/innen auch persönlich dafür verantwortlich fühlen. Dieses Ergebnis deckt sich sowohl mit dem Modell der Verantwortung von Schlenker et al. (1994), welches die Unterscheidung zwischen responsibility und accountability vornimmt, als auch mit Erkenntnissen der Bildungsforschung (Lauermann und Karabenick 2011) und wird als Hinweis dafür gewertet, dass es sich bei der persönlichen und der zugewiesenen Verantwortung um zwei abgrenzbare Konstrukte handelt.

7.3 Limitationen und Forschungsdesiderata

In der vorliegenden Studie wurden Trainer/innen zu ihrer persönlichen wie auch der ihnen zugewiesenen Verantwortung befragt. Wünschenswert wären ergänzende Erhebungen, in denen weitere Beteiligte, beispielsweise Teilnehmende oder Personalverantwortliche, Auskunft geben über ihre Erwartungshaltung gegenüber Trainer/innen. Ebenso wenig wurde erhoben, ob sich das unterschiedliche Verantwortungsempfinden auf das Verhalten der Trainer/innen niederschlägt und damit indirekt z. B. den Lernerfolg oder Transfer der Teilnehmenden beeinflusst. Da es sich bei den Maßnahmen mehrheitlich um off-the-job Trainings handelte, können ferner keine Aussagen gemacht werden über alternative Trainingsformate wie z. B. Trainings on-the-job, bei denen sich die Lernenden unmittelbar auseinandersetzen mit ihrer Tätigkeit, was in der Folge Transfer begünstigen kann (Kauffeld 2016). Diesbezüglich könnte eine interessante Fragestellung lauten, ob hier eine Verschiebung der Transferverantwortung in Richtung der Lernenden stattfindet. Ferner sprechen die Befunde dafür, dass in zukünftigen Studien spezifische Ausgestaltungsmerkmale von Weiterbildungen in die Analyse aufgenommen werden sollten, um gezielt z. B. die Wirkung spezifischer Trainingsinhalte und -formate auf die erlebte Verantwortung näher zu untersuchen. Analog dazu könnte man ebenso der Frage nachgehen, ob auch Trainer/innenvariablen mit der persönlichen Verantwortung zusammenhängen: So wäre denkbar, dass interne Trainer/innen mehr Verantwortung verspüren als externe Trainer/innen, da sie über mehr Handlungsspielraum verfügen was die kontinuierliche Begleitung der Teilnehmenden betrifft (Wißhak und Barth 2021).

8 Fazit und Transfer

Sich für eine berufliche Aufgabe verantwortlich zu fühlen führt zu einer Reihe positiver Konsequenzen, u. a. zu einer Steigerung der Arbeitsmotivation (Hackman und Oldham 1976) und des Durchhaltevermögens (Halvorsen et al. 2009). Darüber hinaus erscheint das Thema lohnend für die Trainingsforschung, da Verantwortung für Trainingsergebnisse bisher einem Graubereich gleicht (Kopp 2006) und unzureichend geklärt ist.

Die deskriptiven Befunde der vorliegenden Studie machen insgesamt deutlich, dass Trainer/innen bereits eine hohe Verantwortung für die Ergebnisse arbeitsbezogener Lehr-Lernangebote erleben. Gleichzeitig ist ersichtlich, dass die Verantwortung mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Trainingssituation schwindet. Dies kann mit der generell begrenzten Einflussnahme von Lehrenden auf sämtliche Teilnehmendenprozesse im Sinne eines konstruktivistischen Lernverständnisses erklärt werden (Arnold und Pachner 2011). Allerdings soll hier betont werden, dass Lehrende durchaus zahlreiche Möglichkeiten zur Transferförderung haben (Wißhak 2022). Somit widerspricht die Forderung nach einer stärkeren Verantwortlichkeit von Trainer/innen für langfristige Ergebnisse nicht der konstruktivistischen Sichtweise. Vielmehr kann Transferförderung im Sinne der Ermöglichungsdidaktik stattfinden, wenn Trainer/innen sich verantwortlich fühlen, vor, während und nach Weiterbildungen transferförderliche Maßnahmen anzubieten. Aus diesem Grund schlagen wir vor, das benötigte Wissen und Können wie auch die verschiedenen Rollen und Verantwortlichkeiten in Trainerausbildungen zu behandeln.

Des Weiteren könnte man das Verantwortungsgefühl in Bezug auf langfristige Resultate durch verschiedene Vorgehensweisen fördern: Zunächst sollte eine stärkere organisationale Einbettung von Trainings stattfinden, insbesondere wenn es sich um Trainings off-the-job handelt: Unternehmen sollten mit Trainer/innen umfassender kooperieren und diese verstärkt und dauerhaft in Personalentwicklungsprozesse involvieren (Freitas und Silva 2017). Zusätzlich sollten Verantwortungsbereiche explizit gemacht werden und Trainer/innen könnten zu sogenannten Transfermanager/innen ernannt werden (Broad und Newstrom 1992), welche die Teilnehmenden, deren Führungskräfte und Kolleg/innen vor, während und nach einem Training instruieren und beraten (Burke und Saks 2009; Wißhak und Barth 2021). Dies ist sowohl für präsenzförmige als auch für digitale arbeitsbezogene Lehr-Lernangebote möglich, wobei sich digitale Formate u. U. leichter in langfristige Personalentwicklungsprozesse einbinden lassen, da sich eine längerfristige Begleitung der Lernenden einfacher realisieren lässt (Wißhak und Hochholdinger 2021). Ein weiterer Ansatzpunkt könnte darin bestehen, die Praxis der Trainingsevaluation auszuweiten und häufiger Indikatoren auf der Verhaltensebene sowie betriebliche Kennziffern zu erheben, um alternative Anreize zu setzen. Laut Saks und Burke (2012) signalisiert eine Evaluation, dass etwas als bedeutsam bewertet wird, und dass z. B. ein erfolgreicher Transfer seitens Unternehmen erwartet wird (Burke und Saks 2009; Schlenker et al. 1994), was in der Folge zu einer erhöhten Verantwortung seitens Trainer/innen führen könnte.

Zusammenfassend liefert die Studie auf Basis einer quantitativen Erhebung deskriptive Ergebnisse zur Verantwortung von Trainer/innen. Sie zeigt in erster Linie auf, dass die Verantwortung für kurzfristige Weiterbildungsergebnisse höher ausfällt als die Verantwortung für langfristige Ergebnisse und kann als Ausgangspunkt für weitere Erhebungen dienen.