Zusammenfassung
Der vorliegende Artikel berichtet von einem Forschungsprojekt an der Universität Klagenfurt im April/Mail 2018. Das Forschungsinteresse orientierte sich an den Lebens- und Arbeitsentwürfen der Millennials und Nexters und ging von der Annahme aus, dass diese in den T‑Gruppenprozessen sichtbar werden. Die Forschung wurde in drei Etappen durchgeführt. Sechs parallel laufende T‑Gruppen wurden mit dem Fokus auf Generationenunterschiede während einer Woche beobachtet. Die Beobachtungsprotokolle wurden transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Befindlichkeiten der Teilnehmer/innen wurden täglich mit dem PANASg Fragebogen abgefragt. Nach ca. vier Wochen wurden Nachinterviews mit Teilnehmer/innen durchgeführt.
Die Ergebnisse deuten auf ein verhaltenes Sich-Einlassen der jüngeren Generationen auf den Gruppenprozess und ein verändertes Verhältnis zur Trainer/innen Autorität (Mentor/innen) hin. Zugehörigkeitsgefühle entstehen spät. Selbstoptimierung und die Kontrolle des eigenen Verhaltens steht im Vordergrund. Direkte Kommunikation verunsichert die jüngeren Generationen, ihr Medium sind Soziale Netzwerke. Individualisierung, Selbstoptimierung, Digitalisierung der Kommunikation, Kontakt- und Interaktionsarmut könnten Indikatoren für veränderte Bindungs- und Zugehörigkeitsmuster sein.
Abstract
The paper reports about a research project at the University of Klagenfurt in April/May 2018. The project refers to the behavioral patterns of millennials and nexters and how such patterns appear in group dynamic processes. The research process was executed in three stages. Expert interviews with long term trainers were conducted beforehand, followed by observations of T‑group processes throughout one week of group dynamic training. Daily, data of the emotional state oft the participants were collected with the PANASg questionnaire. About four weeks later, additional interviews with participants were conducted.
The results indicate that younger generations show a rather restraint engagement in the group process activities and a different relationship approach towards authorities. Group affiliation starts rather late. Participants focus on strategies of self-optimization, self-control and guarded behavior. Being used to social network communication the younger generations were unsettled by a direct communication mode in the here and now of group dynamics. Individualism, optimizing the individual performance, computer mediated communication, lack of contact and interaction were indicators for modified modes of bonding and affiliation.
Notes
Für die Bezeichnung der Generationen Millennials (GenY) und Nexters (Gen Z) werden in dem Text beide Bezeichnungen verwendet. Manchmal wird auch nur von den jüngeren Generationen die Rede sein, da gerade an der Altersgrenze eine trennscharfe Unterscheidung nicht möglich, bzw. sinnvoll ist.
Zur Generationenforschung siehe Abschn. 3.2 in diesem Artikel sowie den Beitrag von Andrione in diesem Heft.
Schäfer et al. (2014) trennen die beiden Generationen Y (1981 bis 1995 Geborene) und Z (ab 1995 Geborene).
Die Instruktion des PANAS wurde an die gruppendynamische Situation angepasst: „Nun möchten wir gerne von Ihnen wissen, wie Sie sich gefühlt haben. Die folgenden Wörter beschreiben unterschiedliche Gefühle und Empfindungen. Lesen Sie jedes Wort und markieren Sie dann in die Skala neben jedem Wort die Intensität. Geben Sie bitte an, wie Sie sich heute gefühlt haben“.
In der Zusammenfassung sind unter den Älteren die Generationen X und Baby Boomer zusammengefasst, wobei der größere Anteil der Teilnehmer/innen zahlenmäßig der Generation X angehört. Unter die Jüngeren fallen alle Teilnehmer/innen der Generation Y und Z.
zur genauen Beschreibung der Stichprobe siehe Abschn. 4.3.2 in diesem Artikel.
siehe Abschn. 4.4.
Aus den Beobachtungsprotokollen der T‑Gruppen konnte insbesondere bei den jüngeren Teilnehmer/innen der Generation Z eine auffallende Zurückhaltung und Vorsicht in der verbalen Kommunikation festgestellt werden, die sich erst langsam am Tag 5 und 6 aufzulösen begann. In der Auswertung der Beobachtungsprotokolle wurden diese Aussagen der Kategorie „Sicherheitsbedürfnis und Orientierung“ zugeordnet. Unter anderem wurde sehr oft von Ängsten, Bedenken und Zurückhaltung gesprochen.
Mit den beobachteten zurückhaltenden Kommunikationsmustern korrespondierten auch die Ergebnisse der PANASg Befragung. Personen der Gen Z bewegten sich „flacher“, weniger intensiv im gruppendynamischen Geschehen. Sie waren weniger aufmerksam, entschlossen, aktiv, wacher, fühlten sich weniger frei und offen als die älteren Generationen. Sie waren erschrockener und ängstlicher. Erst am Tag 5 und 6 des T‑Gruppenprozesses gleichen sich die emotionalen Befindlichkeitskurven der Generationen einander an. Gen Z brauchte mehr Zeit.
http://majastorch.de/download/identitaet.pdf. Abgelesen am 14.08.2018.
Ausführlich beschrieben und argumentiert im Beitrag von Andrione, L. in diesem Heft.
http://majastorch.de/download/identitaet.pdf. Abgelesen am 14.08.2018).
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Danksagung
Das Forschungsprojekt wurde von dem Institut für Angewandte Gruppendynamik (IFAG) und der Österreichischen Gesellschaft für Gruppendynamik (ÖGGO) unterstützt. Dafür möchten wir uns bedanken, denn ohne die uns zur Verfügung gestellten Mittel wäre die Verwirklichung unseres Vorhabens nicht möglich gewesen. Unser Dank gilt auch dem Staff des T‑Gruppen Laboratoriums im April 2018, der unsere permanente beobachtende Anwesenheit mit Geduld ertragen hat und uns dabei sowohl professionell als auch motivationsfördernd unterstützt hat.
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Die Publikation ist unter Mitwirkung einer Gruppe von Studierenden der Universität Klagenfurt entstanden. Am Forschungsprozess beteiligt waren: Adelt, Ch., Andrione, L., Heidegger, L., Oswald, Ph., Schnabel, und Vagt, A.
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Lackner, K. Millennials und Nexters. Gr Interakt Org 49, 361–378 (2018). https://doi.org/10.1007/s11612-018-0433-7
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