Zusammenfassung
Low-Grade-Infekte bzw. Infektpseudarthrosen sind eine medizinische Herausforderung, da sie schwer zu diagnostizieren und komplex zu therapieren sind. Die tatsächliche Inzidenz ist nicht bekannt. Jedoch finden sich in der aktuellen Literatur zunehmend Hinweise, dass Infektpseudarthrosen wesentlich häufiger sind als bisher angenommen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie sind eine korrekte Diagnosestellung sowie die Erregeridentifikation, um eine gezielte antibiotische Therapie zu ermöglichen. Goldstandard in der Diagnostik ist die Biopsie, wobei diese bei fehlenden Infektzeichen und fehlenden Risikofaktoren auch einzeitig erfolgen kann. Eine alleinige Punktion ist nicht ausreichend. Neben den kulturellen Standardverfahren gibt es neuere Diagnostikverfahren wie die Sonikation und die „polymerase chain reaction“ (PCR), denen in aktuellen Studien eine höhere Sensitivität, insbesondere bei Biofilm-bildenden Bakterien oder vorheriger antibiotischer Behandlung, zugesprochen wird. Auch durch die Histologie kann eine Osteomyelitis bewiesen werden, selbst bei fehlendem Keimnachweis. Nachteil ist hier die fehlende Erregeridentifikation. Welche klinische Bedeutung die teilweise sehr hohe Rate positiver Keimnachweise mittels PCR oder auch mittels Sonikation im Einzelfall hat, muss noch abschließend untersucht werden. Zusammenfassend scheinen Low-Grade-Infekte wesentlich häufiger bei Pseudarthrosen vorzuliegen als bisher angenommen. Daher sollte jede Pseudarthrose, die operiert wird, auch biopsiert werden. Insbesondere bei fehlenden Infektzeichen und dem Verdacht auf Low-Grade-Infekt bieten sich neben den kulturellen Standardverfahren zusätzliche Verfahren wie die Sonikation an.
Abstract
Low-grade infections and infected non-unions are a therapeutic challenge. They are difficult to diagnose and extensive to treat. The actual incidence of low-grade infections is unknown but there is evidence in the current literature that low-grade infections and infected non-unions are more common than previously assumed. An accurate diagnosis as well as the identification of the pathogen are required for a successful therapy. Biopsies of the tissue are the gold standard and a swab or puncture is not sufficient. In addition to the standard tissue cultures there are more recent diagnostic methods, such as sonication or the polymerase chain reaction (PCR). They seem to have a higher sensitivity, particularly with respect to pathogens with biofilms or previous antibiotic therapy. Histological investigations can also verify an osteomyelitis but a big drawback of this method is the missing pathogen identification. The significance of very high rates of positive pathogen detection using PCR or sonication has to be investigated in the future. In summary, low-grade infections and infected non-unions seem to be more common than previously assumed; therefore, biopsies should be taken of every non-union before surgery. In addition to standard tissue cultures, other diagnostic methods, e. g. sonication, seem to be useful to improve the diagnostic accuracy, particularly in cases of missing clinical signs of infection.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Pseudarthrosen
Pseudarthrosen sind häufig. Eine verzögerte Frakturheilung tritt bei 5–10 % aller Frakturen auf. Eine Pseudarthrose entsteht bei 1–5 % aller Frakturen. Allerdings variiert die Inzidenz erheblich in Abhängigkeit von betroffenem Knochen, Weichteilschaden und individuellen Risikofaktoren. So sind bei Frakturen langer Röhrenknochen der unteren Extremität Pseudarthroseraten von 3–48 % publiziert [14], bei offenen Tibiaschaftfrakturen wird die Pseudarthroserate mit bis zu 30 % angegeben [28]. Bei initial II° und III° offenen Frakturen steigt das Risiko, eine septische Pseudarthrose mit chronischer Osteomyelitis (Infektpseudarthrose) zu entwickeln. Weitere Risikofaktoren für die Ausbildung einer Infektpseudarthrose sind individuelle Risikofaktoren des Patienten wie Komorbiditäten oder Immunsuppression.
Low-Grade-Infekte/Infektpseudarthrosen
Während Frühinfekte in der Regel mit eindeutigen infekttypischen Symptomen und Erhöhung der laborchemischen Entzündungsparameter einhergehen und damit sicher diagnostizierbar sind, verlaufen Spätinfekte nicht selten klinisch und laborchemisch diskret oder inapparent (Low-Grade-Infekte). Diese sog. Low-Grade-Infekte werden in der Regel durch wenig virulente Keime verursacht, z. B. Staphylococcus epidermidis oder Propionibacteriaceae. Einziges „Symptom“ kann die Ausbildung einer Pseudarthrose sein. Entsprechend schwierig ist die korrekte Diagnosestellung eines Low-Grade-Infekts bzw. einer Infektpseudarthrose. Dies kann dazu führen, dass Low-Grade-Infekte nicht als solche diagnostiziert werden oder die Diagnosestellung deutlich verspätet erfolgt [7, 9].
Die tatsächliche Inzidenz von Infektpseudarthrosen/Low-Grade-Infekten ist nicht bekannt. In der aktuellen Literatur werden je nach Studie und Untersuchungstechnik Infektraten bis zu 88 % der untersuchten Pseudarthrosen genannt [12, 17, 24].
Für den Behandler stellt die Infektpseudarthrose eine medizinische Herausforderung dar. Ziele sind zum einen die Infektberuhigung und zum anderen die Frakturheilung. Häufig ist ein interdisziplinäres Vorgehen – Unfallchirurgie, plastische Chirurgie, Gefäßchirurgie und Mikrobiologie – erforderlich.
Biofilm
Ein wesentliches Problem bei der Diagnostik von Low-Grade-Infekten ist die Fähigkeit der Bakterien, einen Biofilm zu bilden.
Bei Bakterien kann man 2 Lebensformen unterscheiden: die planktonische (frei lebende) Form und den Biofilm. Während die planktonische Form die metabolisch aktive mit einer raschen Replikation ist, sind Bakterien im Biofilm metabolisch wenig aktiv. Sie befinden sich in einer stationären Wachstumsphase. Beim Biofilm unterscheidet man weiterhin zwischen einem frühen (unreifen) Biofilm, der sich nach ca. 3 Wochen in einen reifen Biofilm umwandelt. Bei einem reifen Biofilm findet man eine stabile Zellmatrix; die Bakterien sind vor Antibiotikawirkung geschützt. In einem solchen Biofilm sind Bakterien bis zu 1000-mal resistenter gegen Antibiotika. Zudem ist eine Kommunikation der Bakterien im Biofilm durch sog. Quorum-sensing-Moleküle möglich. Insgesamt gibt es nur wenige Antibiotika, die Bakterien im (unreifen) Biofilm abtöten können, wie das Rifampicin oder Chinolone [1, 23].
Therapie von Low-Grade-Infekten/Infektpseudarthrosen
Für die erfolgreiche Therapie von Low-Grade-Infekten bzw. Infektpseudarthrosen gelten die Regeln der Osteomyelitisbehandlung.
Ziele sind Infektberuhigung und Frakturheilung. Meist sind zur Infektberuhigung mehrere operative Revisionen mit Metallentfernung, Débridement, Sequestrektomie, ggf. auch Markraumaufbohrung sowie die Einlage lokaler Antibiotikaträger erforderlich. Neben der chirurgischen Therapie sind eine systemische resistenzgerechte antibiotische Behandlung und damit die Erregeridentifikation Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Die Frakturheilung ist in der Regel erst nach erfolgter Infektberuhigung möglich.
Wird der Infekt nicht erkannt, kommt es unter Umständen zu einer inadäquaten Therapie. Ohne Identifizierung des Erregers kann zudem keine gezielte antibiotische Therapie erfolgen. In der Folge kann es zu Therapieversagern kommen mit der Notwendigkeit erneuter operativer Revisionen, Erregerpersistenz und Ausbildung neuer Antibiotikaresistenzen bei insuffizienter Antibiose und Verlängerung der Dauer bis zur knöchernen Konsolidierung.
Um eine gezielte und damit erfolgreiche Therapie durchführen zu können, ist eine korrekte Diagnosestellung also zwingend erforderlich. Entsprechend wird eine zuverlässige und genaue Diagnostik benötigt.
Diagnostik von Infektpseudarthrosen
Eine zuverlässige Diagnose von Low-Grade-Infekten ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht möglich [7, 9].
Die zur Verfügung stehenden diagnostischen Verfahren bzw. die Art und Weise der Probengewinnung sind durch eine in der klinischen Praxis geringe Standardisierung und durch eine geringe Sensitivität gekennzeichnet. Falsch negative Ergebnisse nach Probenentnahme werden je nach Studie und Untersuchungsmethode in 10–50 % der Fälle beschrieben [10, 15, 19]. Als Gründe hierfür werden u. a. Art und Aufarbeitung der Proben angegeben. Ein weiterer wichtiger – wenn nicht der entscheidende – Grund ist die Fähigkeit der Bakterien, sog. Biofilme zu bilden und sich damit zu schützen.
Bisher finden sich in der Literatur überwiegend Studien zur Diagnostik von Endoprotheseninfekten [5, 13, 25, 27]. Die Diagnostik von Infektpseudarthrosen ist erst in jüngerer Zeit Gegenstand der Betrachtung.
Biopsie ja – aber wie?
Der Erregernachweis aus Gewebeproben gilt nach wie vor als Goldstandard [9]. Punktionen oder Abstriche sind nicht ausreichend. Wenn eine offene Biopsie durchgeführt wird, sollten – insbesondere bei fehlenden klinischen Infektzeichen und dem Verdacht auf einen Low-Grade-Infekt – mindestens 3 bis 6 Proben von unterschiedlichen Stellen entnommen werden. Zusätzlich sollte, wenn medizinisch vertretbar, vor der Biopsie eine mindestens 14-tägige Antibiotikapause eingehalten werden.
Einzeitig versus zweizeitig
Bei der einzeitigen Biopsie werden die Proben im Rahmen der definitiven Pseudarthrosenrevision (in der Regel mit Dekortikation, Defektauffüllung und Reosteosynthese) entnommen. Bei der zweizeitigen Biopsie hingegen erfolgt zunächst nur eine Biopsie. Erst nach Vorliegen des endgültigen Ergebnisses nach 14-tägiger Bebrütung wird in Abhängigkeit dieses Ergebnisses das weitere Prozedere festgelegt.
Um zu entscheiden, ob eine Biopsie ein- oder zweizeitig erfolgt, muss eine Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen: Eine zweizeitige Biopsie bedeutet eine zusätzliche Operation, die im Falle einer aseptischen Pseudarthrose nicht notwendig wäre. Andererseits unterscheidet sich das weitere operative Vorgehen im Falle eines positiven Keimnachweises erheblich von der definitiven aseptischen Pseudarthrosenrevision. Wir favorisieren die einzeitige Biopsie nur bei fehlenden klinischen Infektzeichen und fehlenden Risikofaktoren für das Vorliegen einer Infektpseudarthrose (Abb. 1).
Untersuchungsmethoden
Für den Erregernachweis bei Infektpseudarthrosen werden in der Literatur verschiedene diagnostische Methoden mit unterschiedlichen Ergebnissen beschrieben.
Kulturelle Standardverfahren
Die kulturellen Verfahren sind der Goldstandard.
Olszewski et al. [16] untersuchten retrospektiv 453 Patienten mit Pseudarthrose und Risikofaktoren (offene Fraktur, Infektvorgeschichte), aber ohne klinische Infektzeichen zum Zeitpunkt der Operation mittels kultureller Standardverfahren. Bei 91 Patienten (20 %) fand sich intraoperativ ein positiver Keimnachweis, 83 Patienten wurden daraufhin für mehrere Wochen mit systemischer Antibiose behandelt. Bei 78 % mit Keimnachweis heilte die Pseudarthrose ohne weitere operative Intervention aus, während 96 % der Pseudarthrosen ohne Keimnachweis heilten. Dieser Unterschied ist signifikant, sodass die Autoren schlussfolgern, dass der positive Keimnachweis auch ohne klinische Infektzeichen von Bedeutung ist und entsprechend behandelt werden sollte.
In aktuellen Studien wird für die herkömmlichen kulturellen Verfahren jedoch eine höhere Rate falsch negativer Ergebnisse, insbesondere bei Biofilmbildnern und bei vorher durchgeführter antibiotischer Therapie, angegeben [2, 17, 25, 26].
Sonikation
Gegenwärtig erfährt insbesondere die Aufbereitung von explantierten Implantaten zur mikrobiologischen Untersuchung mit dem Verfahren der Sonikation zunehmende Beachtung. Hierbei werden die zu untersuchenden Proben in einem Ultraschallbad mit niederfrequentem Ultraschall behandelt, sodass die Bakterien aus ihren Biofilmen abgelöst werden, ohne hierbei zerstört oder devitalisiert zu werden. Anschließend erfolgt eine Analyse der Sonikationsflüssigkeit durch Ausstreichen einer definierten Flüssigkeitsmenge auf einer Agarplatte.
Höhere Sensitivitäten als bei den Standardkulturen, insbesondere bei Biofilm-bildenden Erregern und Mischinfektionen oder vorheriger antibiotischer Behandlung, wurden in mehreren Studien nachgewiesen [6, 8, 25, 27]. Allerdings beziehen sich die meisten vorliegenden Studien auf die Diagnostik von Endoprotheseninfekten [5, 25, 27]. Bei der Identifikation von Infektpseudarthrosen bzw. implantatassoziierten Infekten hat die Sonikation bisher keinen gesicherten Stellenwert; Daten bezüglich Infektpseudarthrosen sind sogar teils widersprüchlich [11]. Allerdings geben mehrere Studien Hinweise darauf, dass die Sonikation auch bei der Diagnostik von Infektpseudarthrosen höhere Sensitivitäten erzielt [2, 5, 6, 20, 26].
So haben Dapunt et al. [2] in ihrer Studie 49 Patienten mit atropher Pseudarthrose und 45 Patienten mit geplanter Metallentfernung prospektiv mittels Sonikation und kulturellen Standardverfahren untersucht: 32,7 % der Pseudarthrosengruppe zeigten präoperativ jedoch bereits klinische Infektzeichen (Rötung, Fistel, Pus). Während nur bei 10,2 % der Pseudarthrosengruppe mittels klassischer kultureller Standardverfahren Bakterien nachgewiesen werden konnten, wurden mit dem Verfahren der Sonikation in 57,1 % Bakterien nachgewiesen, v. a. typische Erreger von Low-Grade-Infekten. Allerdings fand sich auch bei 40 % der elektiven Kontrollgruppe ein positiver Keimnachweis. Dementsprechend stellt sich die Frage, welche klinische Relevanz diese Keimnachweise haben.
„Polymerase chain reaction“
Bei der „polymerase chain reaction“ (PCR) wird bakterielle DNA gebunden, amplifiziert und schließlich zum Nachweis gebracht (klassische Endpunkt-PCR).
In der aktuellen Literatur finden sich Hinweise darauf, dass auch molekularbiologischen Verfahren wie der PCR ein Stellenwert in der Infektdiagnostik zukommen könnte. In einzelnen Studien konnten mittels PCR sehr hohe Raten positiver Keimnachweise erzielt werden.
Palmer et al. [17] verglichen in ihrer Studie die herkömmlichen Standardkulturen mit dem Verfahren der PCR bei 34 Patienten mit Pseudarthrose. Während mittels der Standardkulturen in 23,5 % Bakterien nachgewiesen wurden, gelang mittels PCR ein positiver Keimnachweis in 88,2 %. Insbesondere Propionibakterien als typische Erreger von Low-Grade-Infekten wurden ausschließlich mittels PCR nachgewiesen. Die Autoren schlussfolgern, dass durch die kulturellen Standardverfahren Bakterien im Biofilm nicht nachgewiesen werden können. Allerdings stellt sich bei einem positiven Keimnachweis von 88,2 % auch die Frage, inwieweit eine „oversensitivity“ bei der PCR vorliegt.
Gille et al. [7] verglichen in ihrer Studie ebenfalls die Ergebnisse von kulturellen Standardverfahren mit denen der PCR, allerdings ausschließlich bei Tibiaschaftpseudarthrosen ohne klinische Infektzeichen. Mittels kultureller Standardverfahren gelang hier kein Keimnachweis, während mittels PCR immerhin bei 8,7 % ein Keimnachweis gelang.
Aus ökonomischer Sicht erfordern molekularbiologische Verfahren wie die PCR einen hohen Investitionsaufwand mit zusätzlich hohen laufenden Kosten.
Weitere Verfahren
Ein weiterer neuer Ansatzpunkt ist der Nachweis von Biomarkern. Erste Studien zeigen eine signifikante Erhöhung von antimikrobiellen Peptiden und proinflammatorischen Zytokinen wie IL (Interleukin)-1β, IL-6 und TNF (Tumor-Nekrose-Faktor)-α in der Synovialflüssigkeit bei Endoprotheseninfekten [3, 4]. Inwieweit diese Ergebnisse auch auf Infektpseudarthrosen übertragen werden können, ist bisher ungeklärt.
Histologie
Bei positivem histologischem Nachweis gilt der Infekt auch bei negativer Mikrobiologie als bestätigt [21, 22]. Sensitivitäten >85 % und Spezifitäten bis 100 % sind beschrieben. Allerdings erfolgt durch die histologische Untersuchung keine Erregeridentifikation, sodass durch dieses Verfahren keine gezielte antibiotische Therapie möglich ist, was die weitere Behandlung erschwert. Der alleinige Nachweis einer Osteomyelitis ist demnach zur Indikation einer gezielten Therapie nicht ausreichend.
Zusammenfassend muss aufgrund oben genannter Ergebnisse davon ausgegangen werden, dass der Anteil von Infektpseudarthrosen wesentlich größer ist als bisher angenommen. Je nach Risikofaktoren und Studie wird die Inzidenz von Infekten bei Pseudarthrosen mit bis zu 88 % angegeben.
Einschränkend muss berücksichtigt werden, dass die vorliegenden Studien nicht miteinander vergleichbar sind. Sie unterscheiden sich in ihren Ein- und Ausschlusskriterien und vergleichen verschiedene diagnostische Methoden.
Einigkeit besteht – trotz aller Unterschiede zwischen den Studien – darin, dass Biofilm-bildende Bakterien problematisch sowohl im Nachweis als auch in der Therapie sind. Zudem scheint sich herauszukristallisieren, dass die kulturellen Standardverfahren nicht ausreichend sind und neuere Verfahren – wie die Sonikation oder die PCR – eine höhere Sensitivität aufweisen. Insbesondere dem Verfahren der Sonikation wird zukünftig ein hoher Stellenwert in der Infektdiagnostik zugesprochen.
Bedeutung für die Praxis?
Nicht abschließend geklärt ist die Frage, welche klinische Relevanz positive Keimnachweise für die weitere Therapie im Einzelfall haben, auch wenn die Therapie bei Infektnachweis grundsätzlich nach den Kriterien der Osteomyelitisbehandlung erfolgen sollte. Denn in einzelnen Studien wurden Bakterien auch bei problemlos ausgeheilter Fraktur im Rahmen der elektiven Metallentfernung nachgewiesen [2]. In anderen Studien wurde dargestellt, dass die Pseudarthrosen trotz eines positiven Keimnachweises ohne weitere Intervention ausheilten. Insofern stellt sich die Frage, inwieweit es sich bei positiven Keimnachweisen in nur einem Diagnostikverfahren um „echte“ Befunde oder um Kontamination handelt bzw. ob insbesondere bei dem Verfahren der PCR nicht eine „oversensitivity“ zu beachten ist [17, 18]. Diese Frage ist bisher nicht abschließend geklärt.
Der Algorithmus, den wir in unserer Klinik zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen bei Pseudarthrosen verwenden, ist in Abb. 1 dargestellt.
Fazit für die Praxis
-
Low-Grade-Infekte bzw. Infektpseudarthrosen sind häufiger als bisher angenommen.
-
Die korrekte Diagnosestellung ist schwierig, aber für eine gezielte Therapie zwingend erforderlich.
-
Jede Pseudarthrose, die operiert wird, sollte auch biopsiert werden.
-
Bei fehlenden Risikofaktoren und fehlenden Infektzeichen kann die Biopsie einzeitig erfolgen.
-
Der Erregernachweis aus Gewebeproben gilt nach wie vor als Goldstandard.
-
Bei Verdacht auf Low-Grade-Infekt sind die herkömmlichen kulturellen Standardverfahren unter Umständen nicht ausreichend, hier bieten sich zusätzliche Diagnostikverfahren wie die Sonikation an.
Literatur
Costerton JW, Stewart PS, Greenberg EP (1999) Bacterial biofilms: a common cause of persistent infections. Science 284:1318–1322
Dapunt U, Spranger O, Gantz S et al (2015) Are atrophic long-bone nonunions associated with lowgrade infections? Ther Clin Risk Manag 11:1843–1852
Deirmengian C, Hallab N, Tarabishy A et al (2010) Synovial fluid biomarkers for periprosthetic infection. Clin Orthop Relat Res 468:2017–2023
Enayatollahi MA, Parvizi J (2015) Diagnosis of infected total hip arthroplasty. Hip Int 25:294–300
Esteban J, Gomez-Barrena E, Cordero J (2008) Evaluation of quantitative analysis of cultures from sonicated retrieved orthopedic implants in diagnosis of orthopedic infection. J Clin Microbiol 46:488–492
Esteban J, Sandoval E, Cordero-Ampuero J et al (2012) Sonication of intramedullary nails: clinically-related infection and contamination. Open Orthop J 6:255–260
Gille J, Wallstabe S, Schulz AP et al (2012) Is non-union of tibial shaft fractures due to nonculturable bacterial pathogens? A clinical investigation using PCR and culture techniques. J Orthop Surg Res 7:20–26
Holinka J, Bauer L, Hirschl AM et al (2011) Sonication cultures of explanted components as an Add-on test to routinely conducted microbiological diagnostics improve pathogen detection. J Orthop Res 4:617–622
Kanakaris NK, Tosounidis TH, Giannoudis PV (2015) Surgical management of infected non-unions: an update. Injury 46(Suppl 5):S25–S32
Levine BR, Evans BG (2001) Use of blood culture vial specimens in intraoperative detection of infection. Clin Orthop Relat Res 382:222–231
Maniar HH, Wingert N, McPhillips K et al (2016) Role of sonication for detection of infection in explanted orthopaedic trauma implants. J Orthop Trauma 30(5):e175–e180
Militz M, Hackl S, Hungerer S et al (2014) Infektpseudarthrosen – Wann werden wir aktiv? Trauma Berufskrankh 16(Suppl 4):444–451
Minassian AM, Newnham R, Kalimeris E et al (2014) Use of an automated blood culture system (BD BACTEC™) for diagnosis of prosthetic joint infections: easy and fast. BMC Infect Dis 14:233
Miranda MA, Moon MS (2007) Treatment strategies for nonunions and malunions. In: Stannard JP, Schmidt AH, Kregor PJ (Hrsg) Surgical treatment of orthopedic trauma. Thieme, New York, S 77–100
Neut D, van Horn JR, van Kooten TG et al (2003) Detection of biomaterial-associated infections in orthopaedic joint implants. Clin Orthop Relat Res 413:261–268
Olszewski D, Streubel PN, Stucken C et al (2016) Fate of patients with a “surprise” positive culture after nonunion surgery. J Orthop Trauma 30(1):e19–e23
Palmer MP, Altman DT, Altman GT et al (2014) Can we trust intraoperative culture results in nonunions? J Orthop Trauma 28(7):384–390
Panousis K, Grigoris P, Butcher I et al (2005) Poor predictive value of broad-range PCR for the detection of arthroplasty infection in 92 cases. Acta Orthop 76(3):341–346
Podleska LE, Lendemans S, Schmid E et al (2012) Sample taken during orthopedic surgery: sensitivity and specificity using the BACTEC blodd culture system. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 31(2):201–206
Puig-Verdié L, Alentorn-Geli E, González-Cuevas A et al (2013) Implant sonication increases the diagnostic accuracy of infection in patients with delayed, but not early, orthopaedic implant failure. Bone Joint J 95-B(2):244–249
Schmidt HGK, Tiemann AH, Braunschweig R et al (2011) Zur Definition der Diagnose Osteomyelitis–Osteomyelitis-Diagnose-Score (ODS). Z Orthop Unfall 149:449–460
Simpson AH, Wood MK, Athanasou NA (2002) Histological assessment of the presence or absent of infection in fracture non-union. Injury 33:151–155
Trampuz A (2013) Expertengruppe „Infektionen des Bewegungsapparats“ der Schweiz
Trampuz A, Widmer AF (2006) Infections associated with orthopedic implants. Curr Opin Infect Dis 19(4):349–356
Trampuz A, Piper K, Jacobsen M et al (2007) Sonication of removed hip and knee prostheses for diagnosis of infection. N Engl J Med 357:654–663
Yano MH, Klautau GB, da Silva CB et al (2014) Improved diagnosis of infection associated with osteosynthesis by use of sonication of fracture fixation implants. J Clin Microbiol 52:4176–4182
Zhai Z, Li H, Quin A et al (2014) Meta-analysis of sonication fluid samples from prosthetic components for diagnosis of infection after total joint arthroplasty. J Clin Microbiol 52:1730–1736
Zimmermann G, Wagner C, Schmeckenbecher K et al (2009) Treatment of tibial shaft non-unions: bone morphogenic proteins versus autologous bone graft. Injury 40:S50–S53
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
E. Steinhausen gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine vom Autor durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
The supplement containing this article is not sponsored by industry.
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Steinhausen, E. Low-Grade-Infekt. Trauma Berufskrankh 19 (Suppl 3), 267–271 (2017). https://doi.org/10.1007/s10039-017-0297-z
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s10039-017-0297-z