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Pflegepräferenzen und regionale Mobilität

Einflussfaktoren auf die pflegebezogene Umzugsneigung älterer Menschen in Partnerschaften im ländlichen Raum

Care preferences and spatial mobility

Factors influencing care-related willingness to move of elderly people in partnerships in a rural area

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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Unterstützungs- und Pflegeangebote am Wohnort sind für ältere Menschen ein wichtiger Aspekt der lokalen Versorgungssituation. Eine Möglichkeit, der im ländlichen Raum oftmals unzureichend ausgebauten Pflegeinfrastruktur zu begegnen, ist die Verlagerung des Wohnorts in eine Region mit umfassenderen Pflegemöglichkeiten. Die vorliegende Untersuchung geht den Fragen nach, welche Präferenzen ältere Menschen in Partnerschaften in Bezug auf Unterstützungs- und Pflegearrangements aufweisen, und inwieweit ältere Paare im ländlichen Raum die regionale Pflegeinfrastruktur als umzugsrelevanten Faktor in ihr Entscheidungskalkül bei einer altersgerechten Anpassung der Wohnsituation einbeziehen. Befragt wurden Personen ab 50 Jahren in einer Gemeinde im ländlichen Raum. Im Rahmen eines quasiexperimentellen faktoriellen Survey wurden den Probanden fiktive Situationsbeschreibungen mit randomisierten Umzugsanreizen vorgelegt, um so den isolierten Effekt regionaler Pflegemöglichkeiten auf die Mobilitätsbereitschaft zu messen. Die Determinanten pflegebezogener Umzugsneigung von Paaren werden durch Tobit-Modelle analysiert.

Die Ergebnisse zeigen, dass neben der Versorgung durch den eigenen Partner die Pflege durch ambulante Dienste am stärksten präferiert wird. Seniorenpflegeheime werden v. a. von älteren Befragten als attraktiv wahrgenommen, wohingegen „neue“ Unterstützungsformen, wie Seniorengenossenschaften, überproportional häufig von den jüngeren Altersgruppen als attraktiv eingeschätzt werden. Eine zielgruppenspezifische Informations- und Beratungspraxis sollte ältere Menschen demnach bereits zu einem frühen Zeitpunkt über lokale Pflegemöglichkeiten informieren. Die Umzugsneigung älterer Paare wird signifikant durch lokal verfügbare Unterstützungs- und Pflegeangebote determiniert. Der Ausbau aller betrachteten Pflegeangebote am Wohnort kann die Umzugsneigung signifikant reduzieren. Die stärkste Reduktion der Umzugsneigung ist mit einer Angebotsausweitung von ambulanten Diensten verbunden. Hierdurch kann die Bindung an periphere Regionen gestärkt und Abwanderungsüberlegungen gezielt vorgebeugt werden. An einem alternativen Wohnort kann das Vorhandensein einer betreuten Wohnanalage oder eines Seniorenpflegeheims die Mobilitätsneigung signifikant erhöhen und somit einen Umzugsanreiz für ältere Menschen in Partnerschaften generieren.

Abstract

The availability of local support and care infrastructures at the place of residence is an important issue for the elderly living in rural areas. Spatial mobility can be seen as a strategy to cope with a lack of local care facilities. This study analyzes the preferences of older people living in long-term relationships concerning support and care arrangements. Furthermore, it is analyzed how far and under which circumstances older couples are willing to relocate their place of residence in response to regional care infrastructures. Using a quasi-experimental survey design, inhabitants of a small rural community aged over 50 years were interviewed and confronted with descriptions of fictitious situations with randomized options for moving residence. A Tobit model estimation method is applied to examine the determinants of older couples’ care-related willingness to move their residence.

The results show that most people prefer either the support of their own partner or outpatient care. Residential care is especially preferred by people aged 75 years and above, whereas new forms of support, such as senior cooperatives, are evaluated as attractive especially by younger age groups. Thus, information and advisory campaigns should address the target group in question even at an early stage in older peoples’ life course. Care-related willingness to move home of couples aged 50 years and more is significantly determined by local provision of support and care infrastructures. The expansion of any care infrastructure at older peoples’ place of residence can significantly reduce their willingness to move. In particular an increased availability of outpatient care is associated with a comparatively large reduction in couples’ likelihood to move. In this way local commitment to rural areas can be sustained and rural depopulation can be prevented. At an alternative place of residence assisted living and residential care in particular can significantly enhance the willingness to relocate and can thus generate incentives to move for older couples.

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Abb. 1
Abb. 2

Notes

  1. Auf eine gendergerechte Anpassung einzelner Formulierungen wurde im Fortfolgenden zugunsten des inhaltlichen Leseflusses verzichtet.

  2. Mit dieser Maximum-Likelihood-Methode kann in einer integrierten Schätzung der abhängigen Variablen \( {y}_{i} \) sowohl die Wahrscheinlichkeit geschätzt werden, eine zensierte Beobachtung zu erhalten (\( {y}_{i} \) = 1), als auch das Ausmaß von \( {y}_{i} \) für \( {y}_{i} \)>1. In diesem Sinne kann ein Tobit-Modell als Kombination eines Probit-Modells mit einer kupierten Normalregression für den kontinuierlichen Teil der abhängigen Variablen begriffen werden.

  3. Zu der Frage, inwieweit sich der negative Effekt des Lebensalters auf die Umzugsbereitschaft bei jüngeren Kohorten abschwächt, kann im Rahmen der vorliegenden Querschnittsanalyse keine Aussage getroffen werden.

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Rudel, M., Abraham, M. & Görtler, E. Pflegepräferenzen und regionale Mobilität. Z Gerontol Geriat 50, 200–209 (2017). https://doi.org/10.1007/s00391-015-0991-z

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