In den letzten Jahren ist klar geworden, dass Krebs auf molekularer Ebene nicht nur durch genetische Läsionen im Sinne einer Punktmutation, Deletion oder Translokation gekennzeichnet ist, sondern auch so genannte „epigenetische“ Aberrationen für die Entstehung und Progression maligner Neoplasien eine ganz wesentliche Rolle spielen [1, 2].

Was ist Epigenetik?

Das Forschungsfeld der Epigenetik beschäftigt sich mit stabil vererbten, aber potenziell reversiblen Modifikationen der Genexpression, die nicht mit Änderungen der DNA-Sequenz einhergehen [3, 4]. Die Tatsache, dass die über 200 verschiedenen Zelltypen des menschlichen Körpers phänotypisch und funktional sehr unterschiedlich sind, obwohl sie alle genetisch identisch sind (mit Ausnahme der Keimzellen und ausgereiften Lymphozyten), und diese Diversität mit einer gewissen Plastizität auch stabil über die Lebensspanne der einzelnen Zellen und des Gesamtorganismus aufrechterhalten wird, ist ein klassisches epigenetisches Phänomen (Abb. 1). Beispiele für weitere epigenetische Phänomene sind die Inaktivierung des zweiten X-Chromosoms in weiblichen Körperzellen, das so genannte „Imprinting“, also die strikt monoallelische Expression einer kleinen, aber wichtigen Gruppe menschlicher Gene sowie, als ungewollter Störeffekt, die Inaktivierung exogener genetischer Elemente, die im Rahmen eines Gentherapieversuchs in Körperzellen eingeführt wurden.

Abb. 1
figure 1

Die über 200 verschiedenen Zelltypen des menschlichen Körpers sind funktional und phänotypisch sehr unterschiedlich, und diese Unterschiede werden stabil aufrechterhalten über die Lebensspanne der Zelle und des Gesamtorganismus, obwohl alle Zellen (mit Ausnahme der Keimzellen und der ausgereiften Lymphozyten) genetisch völlig identisch sind. Verantwortlich sind dafür so genannte epigenetische Mechanismen (Details s. Text)

Verschiedene molekulare Mechanismen sind an der Etablierung und Aufrechterhaltung epigenetischer Phänomene beteiligt. Am längsten bekannt und am besten untersucht ist die DNA-Methylierung [5, 6]. Weitere molekulare Systeme sind die Polycomb-/Trithorax-Proteinkomplexe, die in erster Linie die korrekte Expression der HOX-Gene regulieren [7], die zahlreichen und hochkomplex miteinander interagierenden Modifikationen der Histonproteine durch u. a. Acetylierung, Methylierung und Phosphorylierung [8], nicht für Proteine kodierende RNAs (so genannte „Non-coding-RNAs“), die die Expression anderer Gene regulieren [9], sowie die räumliche Anordnung der Chromosomen im Zellkern (so genannte Chromosomenterritorien), die den Aktivitätszustand ganzer Chromosomenabschnitte maßgeblich beeinflussen ([10], Infobox 1).

Im Folgenden konzentriert sich diese Übersicht auf die DNA-Methylierung, da der Nachweis von Störungen der anderen genannten epigenetischen Mechanismen noch keinen Eingang in die Routinediagnostik gefunden hat. Diese Übersicht beschäftigt sich auch nur mit dem Nachweis von DNA-Methylierung im Tumorgewebe. Das hochinteressante und sich schnell entwickelnde Feld des Nachweises von DNA-Methylierung im Blut oder anderen leicht zugänglichen Körperflüssigkeiten zur Krebsfrüherkennung kann hier aus Platzgründen nicht berücksichtigt werden [11].

Was ist DNA-Methylierung?

Unter physiologischen oder pathophysiologischen Bedingungen findet eine Modifikation menschlicher DNA nur an der DNA-Base Cytosin am Kohlenstoffatom Nr. 5 statt, und zwar durch Addition einer Methylgruppe, was zur Ausbildung von 5’-Methylcytosin führt (Abb. 2). Diese Modifikation findet auch nur statt, wenn die Base Cytosin (C) von Guanosin (G) gefolgt wird. Deshalb spricht man meist von „CG“- oder „CpG“-Methylierung. Das „p“ steht hierbei für die Phosphodiesterbrücke im DNA-Rückgrat. Eine Methylierung der DNA führt in den allermeisten Fällen in synergistischer Kooperation mit Histomodifikationen durch Ausbildung einer sehr kompakten Chromatinstruktur („Heterochromatisierung“) zu einer Repression der Transkription [12]. Die primäre Gensequenz ist zwar unverändert vorhanden, kann aber nicht abgelesen werden, weswegen man auch von einer „funktionellen Deletion“ spricht. In Ausnahmefällen kann die Hypermethylierung reprimierend wirkender Sequenzen auch indirekt zu einer Aktivierung der Transkription benachbarter Gene führen.

Abb. 2
figure 2

Die DNA-Base Cytosin und die so genannte „5. Base“ 5’-Methylcytosin. Nach neuesten Erkenntnissen gibt es im menschlichen Genom auch noch eine 6. Base: 5’-Hydroxymethylcytosin [51, 52]. Inwieweit der Nachweis von Hydroxymethylcytosin für die molekulare Tumorpathologie praxisrelevant werden wird, lässt sich aktuell allerdings noch nicht absehen

Störungen der DNA-Methylierung in menschlichen Tumoren

In den 1980er Jahren wiesen erste Pionierarbeiten auf charakteristische Veränderungen der DNA-Methylierung in menschlichen Tumorzellen hin [13, 14, 15]. In den folgenden Jahren konnten diese Befunde in zahlreichen Publikationen unter Einsatz eines ständig weiterentwickelten analytischen Instrumentariums [16, 17] bestätigt und für praktisch alle menschlichen Krebserkrankungen gezeigt werden [18, 19, 20]. Dabei kommt es nicht nur zu einer genspezifischen Hypermethylierung mit nachfolgendem Ausfall der mRNA- und Proteinexpression, sondern auch zu einer generalisierten Hypomethylierung [21]. Letztere führt nicht nur zu einer möglichen Reexpression onkogen wirkender Loci, sondern in erster Linie zu einer Erhöhung der chromosomalen Instabilität, da eine korrekte DNA-Methylierung und die damit verbundene Chromatinstruktur essenziell ist für die Aufrechterhaltung der chromosomalen Integrität. In einigen speziellen Fällen kann es aber auch zu einer Erhöhung des globalen Methylierungslevels kommen [22].

Trotz der in den letzten 20 Jahren erzielten enormen Fortschritte unseres Wissens über die Funktion von DNA-Methylierung und deren Störungen in menschlichen Erkrankungen haben bisher nur einige wenige Nachweise den Eingang in die molekularpathologische Routinediagnostik menschlicher Tumoren gefunden.

hMLH1

Ein wichtiger molekularer Defekt, der zur Entstehung eines kolorektalen Karzinoms führen kann, ist die so genannte „Mikrosatelliteninstabilität“ [23]. Ist die Mikrosatelliteninstabilität durch einen Ausfall der Expression des Reparaturgens hMLH1 verursacht, kann dies 2 Gründe haben:

  1. 1.

    eine Keimbahnmutation im hMLH1-Gen oder

  2. 2.

    eine sporadische Inaktivierung des hMLH1-Gens durch aberrante Hypermethylierung des Promotors.

Da der Ausschluss einer familiären Krebserkrankung für die Familie der Patientin/des Patienten von großer Bedeutung ist, ist bei negativer hMLH1-Färbung im Tumorgewebe der Ausschluss einer sporadischen biallelischen Hypermethylierung angezeigt.

Da Rahner et al. 2008 einen Patienten mit Keimbahnmutation des MLH1-Gens bei gleichzeitiger Hypermethylierung publiziert haben [24], ist, wenn auch mit recht geringer Wahrscheinlichkeit, diese Konstellation mitzubedenken, insbesondere bei sehr verdächtiger Familienanamnese.

Die Situation wird weiter verkompliziert durch die Tatsache, dass eine konstitutive Hypermethylierung des hMLH1-Gens vererbt werden und diese „Epimutation“ zum klinischen Bild eines Lynch-Syndrom führen kann [25]. Die Identifizierung dieser sehr seltenen Fälle (weltweit etwa 30 Fälle beschrieben) setzt allerdings eine allelspezifische Analyse der DNA-Methylierung voraus, die Zentren mit entsprechender Erfahrung vorbehalten bleiben sollte.

MGMT

Die Hypermethylierung des O6-Methylguanosin-Methyltransferase- (MGMT-)Gens ist im Glioblastom sowohl ein prognostischer als auch ein prädiktiver Marker. Ein methyliertes MGMT-Gen geht mit einer besseren Prognose sowie einem besseren Ansprechen auf Therapie mit alkylierenden Reagenzien einher. Auch wenn der prognostische Wert eines Markers ganz generell ein störender Einflussfaktor („confounding factor“) bei der Bestimmung des prädiktiven Wertes sein kann, so ist doch die prädiktive Bedeutung der MGMT-Hypermethylierung in mehreren Studien gut belegt [26, 27, 28, 29].

Der alternativ denkbare Nachweis eines Ausfalls der MGMT-Expression mittels Immunhistochemie hat sich bislang aufgrund der Schwierigkeiten mit der Etablierung und Standardisierung der Färbung nicht durchsetzen können. Aufgrund dieser Probleme gibt es keine überzeugenden Korrelationen zwischen der immunhistochemischen Färbung, der mRNA-Expressison und der DNA-Methylierung sowie der Prognose [30]. Aufgrund der klinischen Konstellation sind für einige behandelnde Neurochirurgen und Onkologen der prognostische Wert wegen der generell sehr schlechten Prognose des Glioblastoms und der prädiktive Wert wegen mangelnder Therapiealternativen allerdings eingeschränkt, so dass die MGMT-Methylierungsanalyse noch nicht flächendeckend nachgefragt und durchgeführt wird.

Störungen des Imprintings

Die Methylierungsmuster von Genen, die ein „Imprinting“, also eine strikt monoallelische Expression zeigen, können ebenfalls in menschlichen Erkrankungen gestört sein [31, 32, 33]. In der Humangenetik ist die Methylierungsanalyse verschiedener Loci zur Identifizierung z. B. eines Imprinting-Defekts bei Prader-Willi- oder Angelman-Syndrom bereits Bestandteil der Routinediagnostik [34]. Obwohl es in verschiedenen menschlichen Tumoren ebenfalls z. T. sehr ausgeprägte Störungen des Imprintings geben kann, haben diese Erkenntnisse noch nicht Eingang in die molekularpathologische Routinediagnostik maligner Neoplasien gefunden.

In Zukunft?

Im Folgenden werden einige DNA-Methylierungsstörungen aufgeführt, die möglicherweise in näherer Zukunft Eingang in die molekularpathologische Routine finden werden.

MSH2

Ähnlich wie das hMLH1-Gen kann das DNA-Reparaturgen MSH2 ebenfalls durch aberrante Hypermethylierung in Abwesenheit einer Keimbahnmutation inaktiviert werden [35]. Und auch diese aberrante Hypermethylierung kann in seltenen Fällen vererbt werden, so dass es zur Ausbildung eines typischen Lynch-Syndroms kommen kann, mit Ausfall der MSH2-Proteinexpression, aber in Abwesenheit einer MSH2-Keimbahnmutation. In sporadischen kolorektalen Karzinomen scheint eine Hypermethylierung des MSH2-Gens nicht aufzutreten. Sollten diese sehr aktuellen Ergebnisse [36] unabhängig bestätigt werden, könnte in Zukunft der Nachweis einer MSH2-Methylierung Bestandteil der molekularen Lynch-Syndrom-Diagnostik werden.

HPV

Ein noch nicht befriedigend gelöstes Problem der HPV- (humane Papilloma-Virus-) Diagnostik ist die Differenzierung der persistierenden, nicht spontan regredierenden HPV-positiven Läsionen von den HPV-positiven Läsionen, die spontan verschwinden. Ein möglicher zukünftiger molekularer Marker ist die Hypermethylierung bzw. Hypomethylierung bestimmter regulatorischer Abschnittes des HPV-Genoms, die ein stabiler und zuverlässiger Surrogatmarker für den Integrations- und transkriptionellen Aktivitätszustand des HPV-Genoms zu sein verspricht [37, 38, 39, 40]. Die allermeisten Studien haben sich in diesem Kontext auf die Methylierung zelleigener Gene (wie z. B. CDKN2A, DAPK, CDH13 oder MGMT) konzentriert, bisher ohne jeden greifbaren Erfolg (wegen unzureichender Sensitivität und/oder Spezifität, [41]). Die auf einem plausiblen und experimentell gestützten Modell basierende Fokussierung auf die Analyse der DNA-Methylierung des HPV-Genoms stellt eine eher erfolgversprechende Alternative dar.

CIMP

Zahlreichen Studien zeigen, dass verschiedene Tumoren nicht nur durch eine genetische Instabilität im Sinne einer chromosomalen Instabilität (CIN) oder einer Mikrosatelliteninstabilität (MSI), sondern auch durch eine epigenetische Instabilität charakterisiert sind. Letztere zeichnet sich durch die konkordante Hypermethylierung zahlreicher Gene aus, ein Phänomen, welches als „CpG island methylator phenotype“ (CIMP) bezeichnet wird [42]. Am besten beschrieben ist der CIMP-Phänotyp für das kolorektale Karzinom [43]. Je nach Fortgang der Entwicklung so genannter „epigenetischer Therapien“ im Sinne einer Hemmung der DNA-Methylierung und/oder der Histonacetylierung auch für solide Tumoren, wird in Zukunft die Stratifizierung von Tumoren hinsichtlich einer epigenetischen Instabilität möglicherweise von Bedeutung werden.

In der akuten myeloischen Leukämie (AML) definieren DNA-Methylierungssignaturen anscheinend neue biologische Subgruppen und stellen neue unabhängige Marker für das Überleben dar [44]. Sollten diese erst kürzlich publizierten Ergebnisse sich bestätigen, wird die molekulare Diagnostik der AML in Zukunft möglicherweise auch die Bestimmung von DNA-Methylierungsmustern beinhalten.

Zur Methodik

Bisulfitkonversion

Die allermeisten Verfahren zum Nachweis von DNA-Methylierung basieren auf der Behandlung genomischer DNA mit Bisulfit, der so genannten „Bisulfitkonversion“ [45]. Diese chemische Behandlung transformiert die in konventioneller Sanger-Sequenzierung unsichtbare epigenetische Information der 5’-Methylcytosin-Methylierung in einen Unterschied der DNA-Sequenz, der nachfolgend mit einem breiten Spektrum an Methoden analysiert werden kann (Abb. 3, [46]). Trotz weitgehender Standardisierung und Vereinfachung dieses Reaktionsschrittes durch die Verfügbarkeit sehr zuverlässiger kommerzieller Kits, bleibt als Hauptproblem der Bisulfitkonversion der enorme Verlust intakter amplifizierbarer DNA aufgrund der sehr harschen chemischen Bedingungen [47]. Dadurch sind die Anforderungen an Menge und Güte der zu untersuchenden DNA wesentlich höher als z. B. bei konventioneller Mutationsanalytik.

Abb. 3
figure 3

Prinzip der Bisulfitkonversion. Bei der Behandlung von einzelsträngiger DNA mit Bisulfit wird Cytosin zur RNA-Base Uracil deaminiert, während 5’-Methylcytosin vor dieser „Konversion“ geschützt ist. Nachfolgend wird Uracil als Thymidin amplifiziert. Dies übersetzt die Methylierungsinformation in einen Primärsequenzunterschied

Methylierungsspezifische PCR

Obwohl die methylierungsspezifische Polymerase-Ketten-Reaktion (MSP-PCR) die nach wie vor am weitesten verbreitete Methode für den Nachweis von DNA-Methylierung ist und zahlreiche auch konzeptionell wichtige Studien auf ihr basieren, ist sie in der Routinediagnostik den anderen hier aufgeführten Verfahren eindeutig unterlegen. Sie ist schwer oder gar nicht zu standardisieren, birgt die große Gefahr falsch-positiver Ergebnisse, kann die Vollständigkeit der Bisulfitkonversion nicht kontrollieren und hat eine unzureichende so genannte „horizontale“ Auflösung hinsichtlich der Methylierung einzelner CpG-Dinukleotide [11].

Real-time-MSP

Ein Teil der Probleme der konventionellen MSP, insbesondere die fehlende Quantifizierbarkeit, konnte durch Entwicklung der „Real-time-PCR-basierten“ qMSP behoben werden [48]. Allerdings hat auch diese Methode eine beschränkte horizontale Auflösung und keine Möglichkeit, die Vollständigkeit der Bisulfitbehandlung in der zu untersuchenden Sequenz zu verifizieren.

Pyrosequenzierung

Die Pyrosequenzierung ist seit einigen Jahren auch in ihrer Anwendung für die Methylierungsanalyse kommerziell verfügbar. Bei dieser Sequenziertechnologie führt der Einbau eines Nukleotids zur Erzeugung eines Lichtblitzes, dessen Stärke direkt proportional zur Menge an eingebautem Nukleotid ist (Abb. 4). Sie gestattet die exakte Quantifizierung des Methylierungsgrades jeder einzelnen Methylierungsstelle. Dies ermöglicht relativ einfach und direkt die Etablierung von Schwellenwerten. Zusätzlich lässt sich die Vollständigkeit der Bisulfitbehandlung kontrollieren. Dies ist sehr wichtig, da eine unvollständige Bisulfitbehandlung zu falsch-positiven Ergebnissen führen kann. Diese beiden Vorteile zeichnen diese Technologie vor vielen anderen Methoden der Methylierungsanalyse aus, insbesondere vor der immer noch weit verbreiteten konventionellen MSP-PCR [49]. Ein Nachteil der Pyrosequenzierung ist die begrenzte Leseweite (im Vergleich zur klassischen Bisulfitsequenzierung) sowie das nicht selten sehr schwierige Assay-Design.

Abb. 4
figure 4

Prinzip der Pyrosequenzierung [53]. Das zur Verlängerung des Sequenzierprimers jeweils einzubauende Nukleotid liegt nicht im Reaktionsansatz vor, sondern wird separat hinzu pipettiert. Das anschließend beim Nukleotideinbau freigesetzte Pyrophosphat aktiviert eine enzymatische Kaskade, die zur Generierung eines Lichtblitzes führt. Die Stärke dieses Lichtblitzes ist direkt proportional der Menge an eingebautem Nukleotid. Bevor das nächste Nukleotid hinzu pipettiert wird, baut die Apyrase überschüssiges Nukleotid ab. Ein Reaktionszyklus besteht aus Nukloetid einspritzen und einbauen, Pyrophosphatfreisetzung, Messung der Menge an eingebautem Nukleotid sowie überschüssiges Nukleotid abbauen und dauert etwa 1 min. (Reproduktion mit freundlicher Genehmigung der Firma Qiagen)

Notwendige Voraussetzungen

Der Nachweis von DNA-Methylierungsaberrationen für die Routinediagnostik setzt ausreichende Erfahrungen mit PCR-basierter Diagnostik voraus, insbesondere hinsichtlich der Analyse formalinfixierter und paraffineingebetteter Patientenproben (Labororganisation, Kontaminationsproblematik, Ausbildungsstand des technischen Personals, DNA-Extraktion aus FFPE-Material, Assay-Design). Die erforderliche technische und apparative Ausstattung entspricht der eines normalen molekularpathologischen Labors. Für die Pyrosequenzierung wird ein eigenes Gerät benötigt, welches allerdings auch für die Mutationsanalytik (z. B. K-ras, oder c-kit) eingesetzt werden kann.

Darüber hinaus sind umfangreiche Erfahrungen in der Durchführung von DNA-Methylierungsanalysen zur Identifizierung und Beseitigung von Fehlerquellen im Labor, zur adäquaten Interpretation der Laborergebnisse, zur kritischen Analyse und Würdigung neuer publizierter Studien sowie zur Umsetzung dieser Studien in der Praxis absolut essenziell. Zur Einordnung der Ergebnisse ist klinisch-histopathologisches Wissen und Verständnis sowie eine enge Zusammenarbeit von Molekularpathologen mit den diagnostizierenden (Neuro-)Pathologen (Identifizierung geeigneter Gewebeproben, Tumorzellgehalt? Nekrose? Normalgewebe als Vergleich usw.) und ggf. auch den behandelnden Ärzten unabdingbar. Außerdem sollte das Probenaufkommen einen Umfang haben, der sicherstellt, dass die entsprechenden Nachweise nicht nur gelegentlich durchgeführt werden.

In einer Metaanalyse aus dem Jahr 2007 zur Analyse der DNA-Methylierung des MLH1-Gens konnten Capel et al. [50] nachweisen, dass zahlreiche Studien funktionell völlig irrelevante Regionen hinsichtlich ihrer DNA-Methylierung untersuchen und viele publizierte Ergebnisse daher von zweifelhaftem Wert sind. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der eingehenden Beschäftigung mit der Primärliteratur und der kritischen Würdigung publizierter Ergebnisse.

Für die kritische und überzeugende Evaluation weiterer klinischer DNA-Marker wäre es sehr hilfreich, wenn prospektive Studien durchgeführt werden könnten, die völlig unabhängig von kommerziellen Interessen geplant und durchgeführt werden. Wünschenswert wäre es auch, wenn alle Studien mit negativem Ausfall angemessen und nachvollziehbar publiziert würden.

Fazit für die Praxis

  • Epigenetische Aberrationen sind sehr wichtig in der Entstehung und Progression humaner maligner Neoplasien.

  • Der Nachweis von Störungen der DNA-Methylierung ist bereits praxisrelevant.

  • Eine Hypermethylierung des hMLH1-Gens schließt bei Verdacht auf Lynch-Syndrom mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine MLH1-Keimbahnmutation aus.

  • Eine Hypermethylierung des MGMT-Gens ist ein günstiger prognostischer und prädiktiver Marker beim Glioblasom.

  • Zahlreiche weitere Methylierungsmarker sind in der Entwicklung und ergänzen möglicherweise in Zukunft die molekularpatholgoische Diagnostik.

  • Voraussetzungen für die Durchführung von Methylierungsanalysen sind ein gut ausgestattetes molekularpathologisches Labor sowie umfangreiche technische und theoretische Expertise.