Die Aufgabe von Pathologie-Informationssystemen ist die Speicherung und das Management von fallbezogenen Daten in einem Institut für Pathologie. Die bisher eingesetzten Systeme arbeiten dabei fall- und dokumentenzentriert, d. h. von zentraler Bedeutung ist die Erfassung eines Falls im System beim Eingang in das Labor und schließlich die eindeutige Zuordnung eines Befundberichts zum Fall am Ende des diagnostischen Prozesses. Bisher handelte es sich bei Befundberichten in der Regel um reine Textdokumente. Mit besserer Verfügbarkeit der digitalen Fotografie und der zunehmenden Einführung der virtuellen Mikroskopie (VM) müssen verstärkt Bilddaten in das Informationssystem integriert werden, die z. T. auch Elemente eines Befundberichts werden können. Darüber hinaus wird der Befundbericht der Pathologie Teil der elektronischen Patientenakte.

Die VM ist der Schlüssel für die Entwicklung der digitalen Pathologie, und es entsteht damit die Möglichkeit, die gesamten Prozesse in einem Institut digital abzubilden und in einem Pathologie-Labor-Informationssystem (PLIS) zu erfassen und zu steuern. Dabei stellt das Scannen (Digitalisieren) der Objektträger den Prozessschritt am Ende des Laborprozesses dar, um virtuelle Schnitte (WSI, „Whole Slide Images“) für den diagnostischen Prozess, für die Qualitätssicherung [1], Telekonsultation [2], Lehre [3, 4, 5] und Forschung [6] verfügbar zu machen. Von großer Bedeutung ist daher, dass die VM von der Digitalisierung über die Bildanalyse bis hin zur Auswertung in den gesamten Labor- und Diagnostikprozess nahtlos integriert ist.

Softwarehersteller für PLIS haben das Problem, dass sie ein Informationssystem bereitstellen müssen, das komplexe Anforderungen aus dem Bereich des Dokumenten-, Bild- und Patientenmanagements erfüllen soll. Ein PLIS muss sich in die bestehende Systemlandschaft durch die Anwendung von medizinischen Kommunikationsstandards integrieren lassen.

Die IHE („Integrating the Healthcare Enterprise“) ist ein Zusammenschluss von Softwareherstellern, Gesundheitsdienstleistern, Forschungseinrichtungen und Berufsorganisationen [7, 8]. Ausgehend von einer Anforderungsanalyse für die jeweilige Domäne und basierend auf der Praxis werden die jeweiligen notwendigen Elemente aus den Standards ausgewählt und aufeinander abgestimmt, um die bestmögliche Systemintegration zu erreichen. In domänenspezifischen so genannten „Technical Frameworks“ formuliert die IHE Integrationsprofile, die die konkrete Anwendung von HL7 und DICOM im Systemumfeld beschreiben [9].

Material und Methoden

Arbeitsgruppen und -treffen

2005 wurde auf Initiative der ADICAP („Association for the Development of Informatics in Cytology and Pathology“), GMSIH („Group Promoting the Modernization of Hospital Information Systems in France“), SEAP („Spanish Society of Anatomic Pathology“), SEIS („Spanish Health Informatics Society“) und IHE-Japan die IHE-Arbeitsgruppe „Anatomic Pathology“ gegründet, der sich inzwischen auch die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) angeschlossen hat. In der Erarbeitung des Technical Framework für die Pathologie arbeiteten 10 PathologInnen und HämatologInnen, 8 SpezialistInnen für medizinische Informatik und 7 Softwarehersteller zusammen. In 12 Treffen zwischen September 2005 bis Januar 2008 wurde ein so genanntes Integrationsprofil (Technical Framework) erstellt.

Die Standards von HL7 und DICOM wurden hinsichtlich der Anforderungen an und der Bedingungen in europäischen Pathologieinstituten analysiert und die Spezifikationen entsprechend angepasst. Einen Schwerpunkt bildete dabei das Datenmodell für die Verwaltung des Materials (eingesandtes Material, Blöcke und Schnitte) im PLIS. Eng daran geknüpft ist die Verwaltung der Bilder, die den jeweiligen Entitäten von Material, Block und Schnitt zugeordnet werden müssen. Die Komplexität von Material, so genannten Containern (jegliche Form von Behälter), Beschreibung und Bericht sowie Bildern wurde in einem eigenen Specimen-Modell abgebildet, welches wiederum mit den Standardisierungsorganisationen HL7 und DICOM abgestimmt wurde und dort Eingang fand [10].

Inzwischen gibt es eine internationale Arbeitsgruppe im Rahmen der COST Action IC0604 EURO-TELEPATH „Telepathology Network in Europe“ [11], die sich aufbauend auf den Arbeiten der IHE mit der Modellierung von Geschäftsprozessen in der Pathologie beschäftigt.

Spezifikation der Anforderungen – Entwicklung eines Workflow-Modells

Bei der Entwicklung eines „Workflow-Modells“ für die Pathologie wurden bestehende Prozesse in den Institutionen der beteiligten PathologInnen analysiert und verallgemeinert. Dabei wurde sowohl Datenfluss als auch Materialfluss in Diagrammen mit standardisierten Diagrammtypen abgebildet. Es wurden dazu die Beschreibungssprache BPMN („Business Process Modeling Notation“) sowie EPC („Event-driven Process Chain“) verwendet.

BPMN ist ein von der „Object Management Group“ (OMG) gepflegter Standard zur Beschreibung von Geschäftsprozessen [12, 13] und dient vor allem zur graphischen Abbildung dieser Prozesse. Es bestehen enge Beziehungen zu den EPC-Diagrammen, die ineinander überführt werden können. EPC stellt ebenfalls eine semiformale Modellierungssprache mit syntaktischen Regeln dar. Die Beschreibungssprachen können über mehrere Verarbeitungsschritte in so genannte Ausführungssprachen überführt werden, mit denen komplexe Softwaresysteme gesteuert werden können [3, 4, 5, 14, 15, 16]. Im Integrationsprofil ist zunächst die detailliertere Spezifikation beschrieben worden, und dabei wurden Kommunikationsdiagramme sowie Sequenzdiagramme aus UML („Unified Modeling Language; [17]) modelliert. Sie beschreiben, wann Informationen übermittelt werden, und ordnen Sender und Empfänger eindeutig einander zu.

Entwicklung des Technical Framework der IHE Pathologe

Bestreben der Arbeitsgruppe Anatomic Pathology war es, die Methodik und Sichtweise der IHE auf die Domäne der Pathologie anzuwenden, um damit die Integration und Verflechtung der Standards HL7 und DICOM in die Systemstruktur von Krankenhaus und Pathologieinstitut zu ermöglichen. Die Modelle geben eine abstrakte Sicht auf bestehende Prozesse in einem Institut wieder und definieren die Schnittstellen zu den anderen Informationssystemen. Zentrale Elemente in dem Technical Framework sind 2 Begriffe:

  • Actor (Aktor) – als Aktor werden alle Systemelemente und Strukturen bezeichnen, die aktiv an einem Kommunikationsprozess teilnehmen. Das können Applikationen oder Systemkomponenten sein.

  • Transaction (Transaktion) – als Transaktion wird der Austausch von Information zwischen den Aktoren bezeichnet.

Der Fokus der ersten Version des Technical Frameworks lag in den Bereichen der Anforderung und des Managements von Untersuchungen („Ordering“) sowie dem Management von Befundberichten („Reporting“) und Bildern („Imaging“; Abb. 1). Dafür wurde ein allgemeiner Workflow der Pathologie (PWF) modelliert, welcher aus Aktoren und Transaktionen besteht.

Abb. 1
figure 1

Schwerpunkte und Ziele des Technical Frameworks (Version 1)

Im PWF werden Transaktionen und Aktoren aus schon bestehenden Integrationsprofilen übernommen und für die Pathologie spezifiziert. Damit werden Verbindungen zu anderen medizinischen Domänen hergestellt und die Voraussetzungen geschaffen, um Daten systemweit austauschen zu können (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Beziehungen des PWF zu anderen Profilen (Verwendung gleicher Aktoren und Transaktionen: direkte Verbindung von PWF den anderen Profilen, bzw. Referenzierung auf diese Profile: gestrichelte Linie)

Ergebnisse

Das Technical Framework [18] besteht aus 2 Teilen:

  • Das Volume 1 beschreibt auf abstrakter Ebene den Workflow, die Aktoren und die damit verknüpften Transaktionen.

  • Das Volume 2 enthält die detaillierte technische Beschreibung der Aktoren und Transaktionen, die notwendig ist, um eine Systemimplementierung vornehmen zu können.

Aus der Analyse der Arbeit in den Instituten entstand eine Übersicht mit den zentralen Aufgaben, die ein Institut für Pathologie zu erfüllen hat (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Zentrale Aufgaben und Ergebnisse der Arbeit eines Institutes für Pathologie

Über die eigentliche diagnostische Leistung hinaus gibt es untrennbar Aufgaben in der Forschung und Lehre. Das unmittelbare Ergebnis des diagnostischen Prozesses ist der Befundbericht der Pathologie. Als Forschungsdienstleistung kann ein Institut z. B. Gewebedatenbanken aufbauen bzw. Untersuchungen an „Tissue Micro Arrays“ (TMA) durchführen. Die Aufgaben der Lehre sind vielseitig und reichen von der Durchführung von Vorlesungen und Seminaren bis zur Erstellung von Lerneinheiten für das „E-Learning“ [19].

Der Fokus der Arbeit der IHE-Arbeitsgruppe Anatomic Pathology lag auf dem diagnostischen Prozess, berücksichtigte aber auch Probleme, wie sie etwa bei der konsistenten Verwaltung von TMAs für die Forschung auftreten können. Die Kommunikationsprozesse wurden so modelliert und beschrieben, dass ein Zusammenspiel mit Informationssystemen der klinischen Abteilungen und innerhalb des Instituts möglich ist.

Aktoren und Transaktionen im diagnostischen Prozess in der Pathologie

Für die Beschreibung des Informationsflusses im diagnostischen Prozess wurden 8 Aktoren identifiziert und beschrieben (Abb. 4). Es gibt 3 Aktoren, die mit dem Management der Untersuchungsanforderung zu tun haben:

Abb. 4
figure 4

Übersicht über die Aktoren und Transaktionen im Technical Framework der IHE Pathology. (Nach [18])

  • „order placer“: ermöglicht das Erzeugen einer Untersuchungsanforderung aus anderen Systemen heraus,

  • „order filler“: ist für die Verwaltung der Anforderungen im Institut verantwortlich,

  • „order result tracker“: verwaltet alle Änderungen, die im Zusammenhang mit der Anforderung auftreten, z. B. Material eingetroffen, zugeschnitten usw.

Weiterhin gibt es den Aktor „acquisition modality“, der die Aufgabe hat, Bilder zu erzeugen (in der Pathologie ist hier die Schnittstelle zu den „Slide-Scannern“ definiert). Der so genannte „evidence creator“ ist ein Aktor, der für die Nachverarbeitung von Bildern und Befunddaten verantwortlich ist, um zusätzliche Informationen oder Daten bereitzustellen. Die Aktoren „image manager“, „image archive“ und „image display“ sind Systemkomponenten für das Bildmanagement im PLIS und stellen Bilder sowohl für den Arztarbeitsplatz als auch für die klinischen Abteilungen bereit, wenn über die standardisierte Schnittstelle mit den Aktoren kommuniziert wird.

Transaktionen verknüpfen die einzelnen Aktoren und beinhalten definierte Informationseinheiten, die übertragen werden. Dabei wird unterschieden zwischen obligatorischen und fakultativen Daten, die zwischen den Aktoren ausgetauscht werden können.

Diskussion

Das PWF-Integrationsprofil stellt eine wichtige Grundlage dar, um die digitale Pathologie weiterzuentwickeln, indem es die Befundverwaltung und das Anforderungsmanagement mit dem Labormanagement und dem Bildmanagement in einem gemeinsamen Systemmodell verbindet. Es repräsentiert damit den „Goldstandard“ der Systemintegration, basierend auf der Modellierung des diagnostischen Prozesses. In den PWF sind die notwendigen Kommunikationskomponenten und der Inhalt der ausgetauschten Nachrichten definiert. Dabei wurde berücksichtigt, dass sowohl Kommunikationsprozesse innerhalb eines Instituts stattfinden als auch nach außen zu den klinischen Abteilungen. Deshalb ist die Verwendung der Standards HL7 und DICOM besonders wichtig.

Im PWF wurden außerdem die unterschiedlichen Implementierungsmöglichkeiten sowie die unterschiedlichen Anforderungen in konkreten Einrichtungen berücksichtigt, indem innerhalb der übertragenden Nachrichten zwischen obligatorischen und fakultativen Daten unterschieden wurde. Der hohe Grad an Flexibilität kommt dadurch zustande, dass sehr unterschiedliche Partner am Prozess der Erarbeitung beteiligt waren. Firmen haben notwendigerweise ihre eigene Software im Auge, die PathologInnen berücksichtigen konkrete Anforderungen aus der Routine, Einrichtungen mit Forschungsschwerpunkt gehen genau auf die Probleme in der Forschung ein. Die Ausarbeitung des Integrationsprofils PWF durch die IHE-Arbeitsgruppe Anatomic Pathology hat einen Reifegrad erreicht, der eine Testimplementierung durch die Softwarehersteller vorsieht. Im Gegensatz zu den Standardisierungsgremien HL7 und DICOM werden die Anwendungen der Technical Frameworks jährlich in den so genannten „connectathons“ praktisch getestet. Hier werden die Systeme der unterschiedlichen Hersteller bezüglich ihrer Integrierbarkeit in eine Systemarchitektur geprüft und differenziert beschrieben, welche Funktionen (im Sinne von Transaktionen) ein System so implementiert hat, dass es Nachrichten austauschen kann.

In der aktuellen Version des PWF werden die mit der VM zusammenhängenden Prozesse noch nicht vollständig abgebildet. Die zugehörigen Transaktionen und Aktoren sind bisher nicht definiert worden, stellen aber den Entwicklungsschwerpunkt der nächsten Version des Integrationsprofils dar. Mit der IHE ist eine Institution geschaffen worden, die ganz praktisch das Problem der Systemintegration aufgreift und die unterschiedlichen Welten der Standards HL7 und DICOM verbindet. Sie stellt nicht nur das Bindeglied zwischen den Anwendern und den Softwareherstellern dar, sondern beeinflusst auch die Arbeit der Standardisierungsorganisationen. Fehler bzw. auch Probleme der Implementierung und widersprüchliche Modellauffassungen können von der IHE aufgegriffen und zur Diskussion in die HL7- und DICOM-Organisation eingebracht werden.