Hintergrund und Fragestellung

Die Spondylodiszitis wird als Infektion durch Erreger mit Befall der Bandscheibe und mit unterschiedlichem Ausmaß der angrenzenden Wirbelkörper definiert [1,2,3,4,5]. Die Letalität liegt heute immer noch zwischen 2 und 17 % [1, 3, 4, 6,7,8]. Insgesamt ist die Spondylodiszitis mit einer Inzidenz von 1:100.000 Bewohnern/Jahr eine seltene Erkrankung [6, 9,10,11]. Die häufig unspezifischen Symptome, wie belastungsunabhängige und nächtliche Rückenschmerzen, Fieber und radikuläre Beschwerden, erschweren eine schnelle Diagnosestellung mit frühzeitiger Therapie, sodass die Spondylodiszitis häufig erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird [1, 3,4,5,6, 8]. Hinsichtlich der Therapieoptionen stehen das konservative sowie operative Verfahren zur Verfügung. Während beim Vorliegen von neurologischen Ausfällen, Sepsis sowie Instabilitäten, spinalen Raumforderungen und Deformitäten ein operatives Vorgehen angestrebt wird, ist in anderen Fällen mit geringer klinischer, radiologischer und laborchemischer Entzündungsausbreitung eine konservative Therapie möglich. Ziele sind die rasche schmerzarme Mobilisation und Infektionssanierung sowie das Vermeiden relevanter Fehlstellungen. Des Weiteren sollen neurologische Defizite, Wirbelsäulendeformitäten und Rezidive vermieden und bestenfalls beseitigt werden. Auch die Stabilisierung der Wirbelsäule ist von großer Bedeutung, um eine schnellstmögliche Mobilisation zu fördern [5, 9]. Insgesamt ist das Ergebnis der Therapie von einem frühzeitigen effektiven Beginn der Behandlung abhängig [4, 10]. Hier können Risikofaktoren wie z. B immunsuppressive Erkrankungen, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Tumorleiden, das hohe Alter und Adipositas den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen [1, 5, 9]. Prognostische Kriterien sind bisher unzureichend untersucht. Bisher gibt es lediglich Hinweise darauf, dass das hohe Alter hinsichtlich der erhöhten „Inpatient“-Mortalität und Einjahresmortalität mit einer schlechteren Prognose einhergeht [11]. Außerdem haben das Alter über 75 Jahre, ein Nachweis von S. aureus sowie das Versagen der antibiotischen Therapie negativen Einfluss [5]. Des Weiteren scheint sich ein niedriger CRP-Wert positiv auf das Outcome auszuwirken (nichtsignifikante Ergebnisse) [12]. Wünschenswert wären auch Kriterien, welche den stationären Verlauf beeinflussen. So könnte das therapeutische Vorgehen für die Spondylodiszitis optimiert und dessen Ergebnisse für die stationäre Primärtherapie könnten verbessert werden.

Ziel dieses Beitrages ist es daher, ausgewählte, intrinsische Parameter hinsichtlich ihres Einflusses auf den stationären Verlauf bei Patienten mit Spondylodiszitis zu analysieren. So sollen Kriterien, welche möglicherweise eine Aussage über den stationären Verlauf zulassen, identifiziert werden.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Die vorliegende, retrospektive Studie umfasst insgesamt 112 Patienten, die aufgrund einer Spondylodiszitis im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2012 in einem singulären Wirbelsäulenzentrum operativ behandelt wurden. Die stationäre Aufnahme der Patienten mit einer Spondylodiszitis erfolgte über die Notaufnahme oder im Rahmen von Zuverlegungen aus externen Krankenhäusern oder aus anderen Fachabteilungen innerhalb der Klinik. Als Nachuntersuchungszeitraum galt der gesamte stationäre Aufenthalt. Eingeschlossen wurden alle operativ behandelten Patienten mit einer pyogenen Spondylodiszitis, bei denen die Diagnose mithilfe einer positiven Keimkultur und/oder histologisch gesicherten Entzündungsreaktion nachgewiesen wurde. Patienten, die keinen gesicherten Keimnachweis und unauffällige histologische Befunde aufwiesen, wurden ausgeschlossen. Obwohl sowohl die konservative als auch operative Versorgung durchgeführt wird, wurden auch konservativ versorgte Patienten ausgeschlossen, da die Sicherstellung der Spondylodiszitis mit positiven mikrobiologischen oder histologischen nicht ebenbürtig gewährleistet wäre. Im Rahmen der Fokussuche und Detektion weiterer Infektionsherde wurden zudem Röntgenaufnahmen des Thorax, Urinstatus/-kultur, eine Echokardiographie sowie eine MRT der gesamten Wirbelsäule durchgeführt. Als Follow-up-Zeitraum wurde die Phase der stationären Behandlung im eignen Krankenaus, inklusive der stationären Liegedauer auf anderen Fachabteilung der eigenen Klinik, erfasst.

Es erfolgte die Analyse hinsichtlich potenzieller Prognosekriterien, bezogen auf die Krankenhausverlaufsergebnisse (Tab. 1). Einige Parameter dienen als Prognosekriterium und können gleichzeitig zur Beurteilung des Behandlungsverlaufs eingesetzt werden. Dazu zählen das Vorhandensein eines Abszesses und der Frankel-Grad [13].

Tab. 1 Darstellung der Parameter, die den stationären Verlauf beeinflussen, sowie der Parameter, mit denen der stationäre Verlauf analysiert werden kann

Die Lokalisation der Spondylodiszitis wurde in Halswirbelsäule (HWS), Brustwirbelsäule (BWS) und Lendenwirbelsäule (LWS) eingeteilt, wobei für die Auswertung der zervikothorakale Übergang zur HWS, der thorakolumbale Übergang zur BWS und der lumbosakrale Übergang zur LWS gezählt wurden.

Anhand der radiologischen Daten wurde das Vorhandensein eines Abszesses überprüft und hinsichtlich der Krankenhausverlaufsergebnisse der Spondylodiszitistherapie validiert. Es wurden intra- und extraspinale Abszesse berücksichtigt. Zu den zuletzt genannten zählen paravertebrale Abszesse.

Der Erregernachweis erfolgte intraoperativ oder in der Blutkultur und wurde den mikrobiologischen Patientendaten entnommen.

Als Komorbiditäten wurden diejenigen ausgewählt, welche in früheren Studien als relevant beurteilt wurden [1, 5, 9] und welche in mindestens 20 % der Patienten vorlagen, sodass eine Aussagekraft zu erwarten ist. Beides traf für die arterielle Hypertonie, Nierenerkrankungen, koronare Herzkrankheiten, eine Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus sowie Herzrhythmusstörungen zu. Die Diagnosenerhebung beruhte ausschließlich auf der Aufführung in den Patientenakten zum Aufnahmezeitpunkt. Auch der Schweregrad sowie der akute und chronische Verlauf der jeweiligen Komorbidität wurden nicht berücksichtigt. Die sensomotorischen Defizite wurden der Dokumentation aus den Krankenakten entnommen und mit dem Frankel-Score definiert.

Der Body-Mass-Index (BMI) wurde präoperativ erfasst und für die Beurteilung des Übergewichts der jeweiligen Patienten genutzt, wobei die Gruppierung an die Form der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) angelehnt ist. Zudem wurde das Patientenkollektiv zusätzlich in 2 Gruppen eingeteilt (BMI > 30 kg/m2 und BMI < 30 kg/m2).

In Tab. 1 sind die potenziellen Kriterien mit Einfluss auf den stationären Verlauf sowie die Kriterien für die Beurteilung der Krankenhausverlaufsergebnisse tabellarisch dargestellt.

Für die statistische Analyse kam das „SPSS-Statistics-17.0“-Programm zur Anwendung (T-Test, Oneway ANOVA, Mann-Whitney-Test, Kruskal-Wallis-Test, Fisher’s Exact-Test bzw. Chi-Quadrat-Test). Im Fall einer Normalverteilung wurde der T‑Test verwendet, anderenfalls der Mann-Whitney-Test. Beim Vorliegen von mehreren Gruppen erfolgte analog die Varianzanalyse mit dem ANOVA-Test bzw. dem Kruskal-Wallis-Test. Für kleine Stichproben wurde der Fisher’s Exact Test und für große Stichproben der Chi-Quadrat-Test angewendet. Die Berechnung von Korrelationen erfolgte nach Pearson und nach Spearman. Als signifikant wurden Unterscheidungsmerkmale mit einem p < 0,05 gewertet.

Ergebnisse

Es wurden insgesamt 112 Patienten in diese Studie eingeschlossen, wobei sich eine Geschlechterpräferenz für die Männer (1,8:1; ♂: 72; 64,3 %/♀: 40; 35,7 %), mit einem durchschnittlichen Alter von 68,3 Jahren (±12,9) zeigte.

Die Krankenhausverweildauer betrug im Durchschnitt 34,0 Tage (±23,6). Insgesamt verbrachten 46 Patienten (41,1 %) mindestens einen Tag auf der Intensivstation (ITS) (Durchschnitt 4 Tage; ±11,0; Range: 1–68). In diesem Kollektiv sind 12 Patienten (10,7 %) während des Klinikaufenthalts verstorben.

Operative Strategie

Als Therapiestrategien wurden das isoliert dorsale Vorgehen (n = 81; 72,3 %), rein ventrale Versorgungen (n = 16; 14,3 %) sowie kombinierte dorsoventrale Techniken (n = 15; 13,4 %) angewendet. Betrachtet man die unterschiedlichen Wirbelsäulenabschnitte, so erfolgte an der HWS mehrheitlich das isoliert ventrale Vorgehen (73,6 %), während die rein dorsalen Strategien an der BWS (82,9 %) und LWS (82,7 %) überwogen. Die dorsoventralen Versorgungen wurden sowohl einzeitig (n = 12; 80 %) als auch zweizeitig (n = 3; 20 %) durchgeführt. Insgesamt verbachten die Patienten, die kombiniert dorsoventral versorgt wurden, signifikant länger im Krankenhaus, als dies bei rein ventralem oder rein dorsalem Vorgehen der Fall war (p = 0,009). Ansonsten ließen sich keine statistisch signifikanten Korrelationen zwischen den operativen Strategien und den Verlaufsergebnissen, insbesondere der Mortalität und Anzahl der Revisionen, nachweisen.

Alter

Die Notwendigkeit einer Revision nahm mit aufsteigendem Alter signifikant ab (p = 0,016). Dementsprechend waren Patienten ohne Revisionen signifikant älter (n = 68; Mittelwert = 71,1 J.; p = 0,006). Insgesamt waren die verstorbenen Patienten signifikant älter als die Überlebenden (p = 0,008), wobei die Mortalität bei den über 70-Jährigen auf 17 % anstieg (p = 0,07; Mortalitätsrate <70 Jahre: n = 2; 3,8 %) (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Durchschnittsalter in Jahren im Zusammenhang mit der Mortalität. Das Boxplot-Diagramm zeigt das Alter der Verstorbenen im Vergleich zu den überlebenden Patienten. Der Punkt und die Sternchen, welche sich außerhalb der Whisker befinden, stellen die Ausreißer im Boxplot-Diagramm dar

Lokalisation der Spondylodiszitis

In Abb. 2 ist die Lokalisation der Spondylodiszitis dargestellt. Bei 85 Patienten (75,9 %) lässt sich ein entzündliches Segment diagnostizieren. In 16 Fällen (14,3 %) waren 2 und bei 11 Patienten (9,8 %) 3 Segmente befallen. Patienten mit lumbaler Spondylodiszitis waren länger hospitalisiert (38,2; ±25,3 Tage; p = 0,05) als Patienten mit anderen betroffenen Wirbelsäulenabschnitten. Des Weiteren waren bei Patienten mit lumbaler Beteiligung signifikant häufiger Abszesse (n = 35; 60,3 %) nachweisbar als bei den anderen Patienten (p = 0,014).

Abb. 2
figure 2

Lokalisation der Spondylodiszitis. Es ist die Anzahl der Bandscheibenbeteiligungen, bezogen auf den jeweiligen Wirbelsäulenabschnitten, im Säulendiagramm dargestellt. Dabei wurden die Übergangszonen zervikothorakal zur HWS, thorakolumbal zur BWS und lumbosakral zur LWS gezählt

Abszess

Insgesamt wurde bei 55 unserer Patienten (49,1 %) ein Abszess diagnostiziert. Dabei zeigte sich der Psoasabszess bei 27 Patienten mit 49,1 % als häufigster Manifestationsort. Der intraspinale Abszess wurde bei 22 Patienten (40 %) und der extraspinal gelegene Abszess bei 14 Patienten (25,5 %) beobachtet. Die Gruppe der Patienten mit einem Abszess verbrachte mehr Tage im Krankenhaus (41,1 Tage; ±24,9; p = 0,001; Abb. 3) und wurde tendenziell häufiger intensivmedizinisch betreut (15 Tage; ±18,1; p = 0,09). Dabei war die Liegedauer auf der ITS signifikant höher als bei Patienten ohne Abszessformation (p = 0,001). Zusätzlich wurde bei Patienten mit Abszessnachweis signifikant häufiger eine operative Revision durchgeführt (p = 0,004: mit Abszess: n = 29; 52,7 %; ohne Abszess: n = 15; 26,3 %).

Abb. 3
figure 3

Mittlere Länge des stationären Aufenthalts (Anzahl der Krankenhaustage) in Abhängigkeit von dem Vorhandensein eines Abszesses. Das dargestellte Boxplot-Diagramm zeigt die mittlere stationäre Verweildauer im Krankenhaus in Bezug auf das Vorhandensein eines Abszesses. Der Punkt und die Sternchen, welche sich außerhalb der Whisker befinden, stellen die Ausreißer im Boxplot-Diagramm dar

Body-Mass-Index

Es ließ sich ein durchschnittlicher BMI von 27,8 kg/m2 (±5,75) errechnen. Betrachtet man die Patienten mit einem Abszess (n = 55), so wies diese Gruppe signifikant (p = 0,034) häufiger ein BMI über 30 kg/m2 auf (43; 78,2 %).

Erreger

Der Nachweis eines Erregers gelang bei 68 Patienten (60,7 %). So wurden bei 60 Patienten (53,6 %) ein Erreger und bei 8 Patienten (7,1 %) 2 Erreger festgestellt. Die Tab. 2 verschafft eine Übersicht über die nachgewiesenen Erreger.

Tab. 2 Das Keimspektrum

Gelang der Erregernachweis, so verbrachten die Patienten durchschnittlich 38,7 Tage (±24,6) im Krankenhaus. Diejenigen ohne einen Keimnachweis waren dagegen signifikant kürzer hospitalisiert (26,7 Tage; p = 0,006). Während die Verlegung auf die ITS bei Patienten mit einem Erregernachweis signifikant häufiger erfolgte (p = 0,017), war die durchschnittliche Liegedauer in beiden Gruppen ähnlich (Mittelwerte mit Erreger: 10,2 Tage ±14; ohne Erreger: 10,1 Tage ±19,5). Es mussten schließlich 34 Patienten (50 %) mit und 12 Patienten (27,3 %) ohne Erregernachweis intensivmedizinisch behandelt werden.

Komorbiditäten

Hinsichtlich des Krankenhausaufenthalts zeigte sich, dass bei Patienten mit einer Nierenerkrankung (n=51; 41,9 Tage; p = 0,004) oder einem Diabetes mellitus (n=48; 41,3 Tage; p = 0,01) im Vergleich zu den anderen Patienten ohne diese Erkrankung signifikant die meisten Tage gezählt wurden. Des Weiteren wiesen Patienten mit einer Nephropathie signifikant gehäuft 3 Segmentbeteiligungen auf. Dies war in 9 Patienten mit Nephropathie der Fall, während nur 2 dieser Patienten keine Nephropathie aufwiesen (p = 0,024). Unter den Verstorbenen wurde in 75 % der Fälle eine Nephropathie diagnostiziert, und unter den Nierenerkrankten lag die Mortalitätsrate bei 17,7 % (n = 9; Mortalität bei Patienten ohne Nephropathie: n = 3; 4,9 %; p = 0,036).

Die wichtigen demografischen Daten und klinischen Parameter sind in Tab. 3 zusammengefasst dargestellt.

Tab. 3 Zusammenfassung der wichtigen demografischen und klinischen Daten unseres operativ versorgten Patientenkollektivs

Diskussion

Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie waren, dass zum einen ein positiver Keimnachweis sowie das Vorhandensein eines Abszesses mit einem aufwendigen Krankenhausverlauf einhergehen. Des Weiteren stieg die Mortalität bei den älteren Patienten signifikant an.

Interessanterweise zeigte sich, dass Patienten ohne eine Revision signifikant älter waren (Mittelwert = 71,1 J.; ±11; mit Revision: Mittelwert = 64,0; ±14,5; p = 0,006) und die Revision mit zunehmendem Alter signifikant abnahm (p = 0,016). Nicht überraschend ist dagegen, dass die Verstorbenen signifikant älter waren als Überlebende (p = 0,008), wobei die Mortalität bei den über 70-Jährigen auf 17,5 % anstieg. Die Einstellung der optimalen Antibiotikatherapie bei Älteren scheint schwieriger zu sein [11], was wiederum zu einer erhöhten Mortalitätsrate führen könnte. Eine weitere mögliche Erklärung für die geringere Revisionszahl ist möglicherweise die im Zweifelsfall etwas zurückhaltende Indikationsstellung zur Revision bei alten multimorbiden Patienten mit kritischem Verlauf. Dies könnte auch durch das höhere Durchschnittsalter der Verstorbenen (76 Jahre) bestärkt werden. Des Weiteren kann vermutet werden, dass in Einzelfällen aufgrund einer ungünstigen Prognose, unter Beachtung der im Vorfeld angefertigten Patientenverfügung, keine Revision mehr durchgeführt wurde. Zudem könnte bei jüngeren Patienten primär aggressiver vorgegangen worden sein, was mit einer höheren Komplikations- und Revisionsrate einhergehen könnte.

Die in dieser Studie nachweisliche Geschlechterpräferenz für die Männer (1,8:1; ♂: 72; 64,3 %/♀: 40; 35,7 %) entspricht auch den Angaben der Literatur [4,5,6]. Signifikante Assoziationen zeigten sich bezüglich des Geschlechts nur im Zusammenhang mit der Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Betreuung.

Hier zeigte sich, dass männliche Patienten doppelt so häufig auf der ITS betreut werden mussten, als dies bei den weiblichen Patienten der Fall war. Somit könnte man denken, dass die Männer möglicherweise kränker waren als die Frauen, was die erhöhte Intensivbetreuung erklären würde. Das Geschlecht hatte jedoch keinen Einfluss auf die Liegedauer auf der ITS, auf den Frankel-Grad, das Vorhandensein eines Abszesses, Revisionen und die Mortalität. Schließlich fanden sich auch hinsichtlich der Krankenhausverlaufsergebnisse beider Geschlechter keine signifikanten Unterschiede. Anhand der vorliegenden Daten gibt es auch keinen Hinweis für die unterschiedliche Häufigkeit der Inanspruchnahme der intensivmedizinischen Betreuung. Auch Parra et al. [14] fanden keinen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und den Krankenhausverlaufsergebnissen.

Wie auch in anderen Studien beschrieben [4, 9] war hier ebenfalls die Spondylodiszitis in der Lendenwirbelsäule am häufigsten präsent (n = 54; 48,2 %). In dieser Gruppe zeigten sich eine signifikant längere Liegedauer im Krankenhaus (38,2 Tage; p = 0,05), tendenziell mehr Bandscheibenbeteiligungen und signifikant häufiger ein Abszess (n = 35; p = 0,014). Der lumbale Rückenschmerz ist in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet und wird daher bei fehlenden „red flags“ in den meisten Fällen, gemäß der Leitlinie, über 6 Wochen, zunächst ohne bildgebende Diagnostik, konservativ behandelt [15]. Somit könnte es sein, dass Diagnosestellung und Therapiebeginn in Einzelfällen bei Verläufen, die ohne Fieber und relevante Infektionszeichen einhergehen, zeitverzögert erfolgten, was in unserer Studie jedoch nicht untersucht wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Entzündung möglicherweise bereits fortgeschritten, sodass es zu einer Abszessentwicklung kommen kann. Hinsichtlich des Frankel-Grades, der Notwendigkeit einer Revision und der Mortalität scheint es keine signifikanten Unterschiede zu den anderen Patienten zu geben.

Eine Spondylodiszitis geht häufig mit einem begleitenden Abszess einher. Dies wird in der Literatur mit einer Häufigkeit von 48,2 % angegeben [9]. Einhergehend damit wurde im eigenen Patientengut bei fast jedem zweiten Patienten ein Abszess diagnostiziert. Die Liegedauer bei Patienten mit Abszess war im Krankenhaus um ca. 30 % und auf der ITS um ca. 80 % signifikant länger. Ebenfalls konnte eine signifikante Erhöhung der Revisionsrate bei diesen Patienten beobachtet werden. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass der Abszess ein Maß für die Entzündungsausbreitung darstellt und daher mit größeren operativen Eingriffen und höheren Komplikationsgefahren einhergeht, bzw. dass der Abszess nicht ausreichend in der primären Operation angegangen sein könnte oder unterschätzt wurde. Jedoch scheint der Abszess die relative Mortalitätsrate nicht negativ zu beeinflussen (analog zum Gesamtkollektiv 50 % der Verstorbenen mit Abszessnachweis).

Der Erregernachweis gelang in dieser Studie in 60,7 % der Fälle, wobei Staphylococcus (S.) aureus der häufigste Erreger war, was auch den Angaben in der Literatur entspricht [5, 12]. Insgesamt ist die Keimnachweisrate analog zu den Ergebnissen von Bhagat et al. [16], die über eine Rate an positiven Keimnachweisen von 62,3 % berichteten, jedoch niedriger als die 76,6 %, die Kehrer et al. [17] angaben. Möglicherweise kann die niedrigere Rate an Keimnachweisen dieser Studie daran liegen, dass vermehrt Patienten zuvor bereits antibiotisch anbehandelt wurden oder bei längeren Verläufen ein gewisser Anteil von „ausgebrannter“ Spondylodiszitiden vorlag. Insbesondere das relativ kurze Zeitintervall von 27 Tagen zwischen erstmaligen Symptomen und erfolgreicher Diagnose einer Spondylodiszitis in der Studie von Kehrer et al. [17] könnte diese These stützen.

Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass Patienten mit einem nachgewiesenen Erreger signifikant länger im Krankenhaus hospitalisiert und intensivpflichtig waren. Geht man davon aus, dass der Erregernachweis nur bei einer höheren Keimlast möglich ist, so spiegelt ein erfolgreicher Nachweis möglicherweise einen fulminanteren Entzündungsprozess wider. Umgekehrt könnte ein negativer Keimnachweis auf eine ausgebrannte Spondylodiszitis oder einen „Low-grade“-Infekt hinweisen. Schließlich könnte bei einer positiven Keimkultur von einem ausgedehnten Befund ausgegangen und eine längere Liegedauer im Krankenhaus mit häufigerer intensivmedizinischer Betreuung erwartet werden. Unterstützend für diese Annahme scheint jedoch die Tatsache, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Erregernachweis und dem Vorhandensein eines Abszesses beobachtet werden konnte. So wurde bei Patienten mit einem Abszess in 74,6 % der Fälle ein Erreger nachgewiesen. Dies könnte darauf hinweisen, dass bei Vorliegen eines Abszesses der Keimnachweis aufgrund der höheren Keimzahl wahrscheinlicher ist. Özmen et al. [18] zeigten jedoch in einer aktuellen Studie, dass die Art und Weise der Biopsie von paravertebralem Gewebe oder Bandscheibengewebe keinen Einfluss auf das Ergebnis der histopathologischen und mikrobiologischen Ergebnisse hat. Andererseits könnte ein Abszessnachweis mit einem fulminanteren Verlauf der Entzündung einhergehen und somit den Verlauf negativ beeinflussen. Außerdem war die Notwendigkeit einer Revision bei Patienten mit einem Erregernachweis signifikant höher. Auch diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Erregernachweis mit dem Entzündungsumfang korreliert. Auch wenn vermutet werden könnte, dass bei einer positiven Keimkultur eine gezielte antimikrobielle Therapie durchgeführt und somit ein besseres Therapieergebnis erwartet werden könnte, liefern die vorliegenden Ergebnisse einen möglichen Hinweis auf den Zusammenhang zwischen dem Erregernachweis und dem Ausmaß der Spondylodiszitis.

Hinsichtlich der Komorbiditäten konnte die Nephropathie als prognostisches Kriterium gewertet werden. Bei diesen Patienten zeigten sich eine signifikant erhöhte Mortalität (n = 9; 17,7 %; p = 0,036), eine längere Liegedauer im Krankenhaus (41,9 Tage; p = 0,004) sowie ein häufigeres Auftreten von einem Mehretagenbefall (n = 9; 17,6 %; p = 0,024). Geht man davon aus, dass die Nierenerkrankung häufig mit einer Immunsuppression vergesellschaftet ist und es sich hier oft um sehr kranke Patienten handelt, scheinen diese Ergebnisse nicht verwunderlich zu sein. Auch andere Autoren geben an, dass Patienten mit einer Nierenerkrankung ein schlechteres Krankenhausverlaufsergebnis aufweisen [19, 20]. Interessant wäre an dieser Stelle, zwischen bekannter und neu aufgetretener Nephropathie zu unterscheiden, um dieses Krankheitsbild als prognostisches Kriterium genauer differenzieren zu können.

Bezugnehmend auf den Einfluss der Versorgungsstrategien auf die Verlaufsergebnisse konnte bis auf einen verlängerten stationären Aufenthalt nach dorsoventralem Vorgehen keine statistisch relevanten Korrelationen festgestellt werden. Dies ist zumindest teilweise dadurch erklärbar, dass einige Untergruppen bei detaillierter Betrachtung der Versorgungsstrategie je Wirbelkörperabschnitt mitunter sehr klein waren.

Limitation

Limitierend an dieser Studie sind der retrospektive, nichtrandomisierte Charakter, das inhomogene Patientenkollektiv sowie der fehlende Nachuntersuchungszeitraum über den Krankenhausverlauf. Insbesondere die fehlende Nachuntersuchung nach Entlassung führt dazu, dass diese Arbeit keine Hinweise auf etwaige Ausheilungsergebnisse liefern kann. Die Mehrzahl der Patienten hatte bei Entlassung noch eine laufende meist orale Antibiotikatherapie und befindet sich somit noch im therapeutischen Zeitfenster. Dennoch bringen unseres Erachtens die Ergebnisse über den stationären Verlauf neben den gewonnenen epidemiologischen Daten durchaus interessante Erkenntnisse, denen weiter nachgegangen werden sollte, wie z. B. die Risikofaktoren Abszess und Nephropathie als auch die Wertung negativer Keimnachweise. Zudem wurden der Schweregrad sowie der akute und chronische Verlauf der jeweiligen Komorbiditäten nicht berücksichtigt. Auch die Zeitspanne zwischen dem Auftreten der Symptome und der Diagnosestellung wurde nicht erfasst. Wünschenswert für weiterführende Studien sind die Beachtung der Komorbiditäten hinsichtlich der chronischen und akuten Verläufe sowie die Nachuntersuchung mit einem Follow-up von mindestens 12 Monaten, idealerweise im Sinne einer prospektiv angelegten Multizenterstudie.

Fazit für die Praxis

  • Geriatrische Patienten weisen eine signifikant höhere Krankenhausmortalitätsrate auf.

  • Das Vorhandensein eines Abszesses geht mit einem höheren Therapieaufwand einher (längere Liegedauer im Krankenhaus und auf der Intensivstation [ITS], häufiger Revisionen).

  • Positive Keimkulturen gehen mit einer längeren Krankenhausliegedauer, häufiger intensivmedizinische Behandlung, Revisionen und Abszesse einher.

  • Risikofaktoren für Abszesse sind die lumbale Lokalisation der Spondylodiszitis, die Nephropathie sowie Adipositas.